Einleitung
Die Extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) ist ein intensivmedizinisches Verfahren zur temporären Herz- und/oder Lungenunterstützung, wenn konventionelle Therapien nicht ausreichen.
Wichtige Funktionen der ECMO:
- Kreislaufunterstützung
- Oxygenierung und CO₂-Elimination
- Bridging
zur definitiven Therapie (z.B. Herztransplantation )
Die ECMO kann als veno-venöse (vv) ECMO zur Lungenunterstützung oder als veno-arterielle (va) ECMO zur Kreislaufunterstützung und Lungenunterstützung genutzt werden.
DefinitionECLS (Extracorporeal Life Support):
- Übergeordneter Begriff für alle Verfahren der extrakorporalen Kreislaufunterstützung
- Beinhaltet Systeme, die Herz und/oder Lunge
temporär unterstützen oder ersetzen - Umfasst verschiedene Techniken wie:
- ECMO: extrakorporale Membranoxygenierung
- pECLA: pumpless Extracorporeal Lung Assist
- VAD: Ventricular Assist Devices
- CPB: Cardiopulmonary Bypass/Herz-Lungen-Maschine
ECMO-Typen und Kanülierungstechniken
Veno-venöse ECMO (vv-ECMO)
- Wird hauptsächlich zur reinen Lungenunterstützung verwendet
- Blut wird aus einer großen Vene (V. femoralis
oder V. jugularis) entnommen, oxygeniert und decarboxyliert und zurückgeführt - CO₂-Elimination
und Oxygenierung erfolgen über einen Membranoxygenator
Veno-arterielle ECMO (va-ECMO)
- Wird zur Kreislaufunterstützung genutzt
- Entnahme des Blutes aus einer großen Vene (meist V. femoralis
) und Rückführung in eine Arterie (meist A. femoralis )

Figure 1 aus: Extracorporeal Membrane Oxygenation as a Bridge for Heart Failure and Cardiogenic Shock.Zhong ZP, Wang H, Hou XT – Biomed research international (2016), © 2016 Zhao-peng Zhong et al., doi: 10.1155/2016/7263187, Creative Commons Attribution License
Kanülierungsoptionen
- Kanülierungsmöglichkeiten: Venöse und arterielle Kanülen
können peripher oder zentral gesetzt werden - Perkutane femorale Kanülierung (Standard in Notfallsituationen)
- Zentrale Kanülierung (direkte Verbindung zur Aorta ascendens
oder rechtem Herzohr - meist postoperativ)
- Systemische Perfusion: Die Kanülierungsstelle hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Perfusionsverhältnisse
- Eine stark eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion kann zu einem Rückstau in die Lunge
, Lungenödem und Thrombenbildung führen - Harlekin-Phänomen: Bei femoraler Kanülierung mit Funktionsausfall der Lungen
und einem sich erholendem Herzen kann desoxygeniertes Blut in die obere Körperhälfte gelangen, was eine kardiale und zerebrale Hypoxie verursachen kann. Dies resultiert aufgrund der konkurrierenden Blutflüsse zwischen ECLS und Herz - Bei einer femoralen Kanülierung besteht das Risiko einer Beinischämie → Empfehlung zur zusätzlichen distalen Perfusion
Indikationen
Veno-venöse ECMO (vv-ECMO)
- Refraktäres hypoxisches Lungenversagen (z.B. ARDS, COVID-19-Pneumonie)
- Hyperkapnisches Versagen mit therapierefraktärer respiratorischer Azidose
- Bridging
zur Lungentransplantation
Veno-arterielle ECMO (va-ECMO)
- Kardiogener Schock
(Myokardinfarkt, Myokarditis, Postkardiotomiesyndrom ) - Refraktäres Kreislaufversagen trotz maximaler Katecholamintherapie
- E-CPR (Extrakorporale Reanimation bei therapierefraktärem Herz-Kreislauf-Stillstand)
- Intoxikationen mit schwerer kardiovaskulärer Depression
Kontraindikationen
InfoIn lebensbedrohlichen Situationen sind die Kontraindikationen als relativ zu bewerten und sollten stets im individuellen Fall bewertet werden.
- Ablehnung durch den/die Patient:in
- Irreversibler neurologischer Schaden
- Terminale Multiorganinsuffizienz
- Unkontrollierbare Gerinnungsstörungen oder aktive Blutungen (z.B. intrakranielle Blutung
) - Heparininduzierte Thrombopenie II → Antikoagulation
mit Argatroban oder Bivalirudin möglich - Kontraindikationen zur Antikoagulation
- Hohes Alter mit schwerer Multimorbidität
- Lebenserwartung <1 Jahr
- Malignome ohne kurative Option
- Fortgeschrittene Sepsis mit schlechter Prognose
- Invasive Beatmung mit einem FiO2 von >90% und einem Plateaudruck von >30 mbar länger als 7 Tage lang
- COPD
Gold IV - Prolongierte kardiopulmonale Reanimation
mit unzureichender Gewebeperfusion - Immunsuppression
- Allogene Stammzelltransplantation
TippEine ECMO ist eine sehr effiziente Möglichkeit zur Unterstützung der Herz- und Lungenfunktion. Sie stellt jedoch keine kausale Therapie dar. Die ECMO stellt somit eine Option als bridge-to-recovery (Brücke zur Erholung), als bridge-to-bridge (Brücke zur Brücke → z.B. LVAD
-Implantation ) oder als Brücke zur Transplantation dar. Bei unklaren Befunden kann die ECMO auch als bridge-to-decision dienen.
Management unter ECMO-Therapie
Antikoagulation
- Ziel: Vermeidung thromboembolischer Komplikationen
- Standard: Intravenöses unfraktioniertes Heparin
- Überwachung der Heparinwirkung:
- Activated Clotting Time (ACT):
- Alle 3–6 Stunden; direkt bei Blutungszeichen oder thrombotischen Komplikationen
- Zielbereich: 160–180 s
- Vorteil: Bettseitige Messung möglich
- Aktivierte Thromboplastinzeit (aPTT):
- Ziel: 1,5-faches des Referenzbereiches
- Alternative oder Ergänzung zur ACT
- Weitere Kontrollen:
- Heparin-Plasmakonzentration
- Antithrombin-III-Plasmakonzentration, v. a. bei hohem Heparinbedarf (Heparinwirkung hängt von Antithrombin-III-Plasmakonzentration ab)
- Activated Clotting Time (ACT):
- Zusätzliche Parameter:
- Thrombelastographie
- Anti-Xa-Aktivität
- Bei unklaren Gerinnungssituationen: Von-Willebrand-Faktor, da dieser unter ECLS früh abfallen kann und Blutungsrisiken erhöht
- Alternativen: Argatroban oder Bivalirudin bei HIT II
AchtungBei jeder ECMO muss aufgrund der Fremdoberfläche eine Antikoagulation erfolgen.
Kreislauf- und Perfusionsüberwachung
Parameter zur Überwachung der Hämodynamik:
- Mittlerer systemischer arterieller Blutdruck (MAP), zentraler Venendruck (ZVD), zentral-/gemischtvenöse Sauerstoffsättigung (SvO2), Diurese und Laktatkonzentration
- Es sollte eine kontinuierliche Überwachung des mittleren arteriellen Blutdrucks (MAP) erfolgen: Zielwert >60 mmHg
- Ggf. kontinuierliche Überwachung der ZVD-Kurve → der absolute ZVD sollte nicht als Parameter des Volumenstatus genutzt werden
- Stündliche Kontrolle der Diurese über einen Dauerkatheter: Zielwert >0,5 ml/KgKG/Stunde
- Kontrolle der ScvO2/SvO2 und des Laktatwertes: mindestens 12-stündlich (ggf. häufiger bei klinischem Bedarf)
- ScvO2: ≥60%
- SvO2: ≥65%
- Laktat-Plasmakonzentration: ≤2 mmol/l
Echokardiografie zur Herzfunktionskontrolle:
- Durchführung mindestens einmal täglich, bei Bedarf häufiger (z. B. bei Änderungen des Pumpenflusses oder Volumenstatus)
- Beurteilung der kardialen Entlastung (rechts- und linksventrikulär)
- Kontrolle der Aortenklappenöffnung
- Flussmessung durch die Aortenklappe als Hinweis auf residualen kardialen Blutfluss
- Detektion von Thromben in der Aortenwurzel und den Herzhöhlen
- Rechtsventrikuläre Vorlast:
- Beurteilung über echokardiographische Größen des rechten Vorhofs und Ventrikels
- Meist nur mittels transösophagealer Echokardiographie (TEE) möglich
- Zentraler Venendruck (ZVD) nur als groben Schätzparameter nutzen
- Keine Verwendung des ZVD als Volumenreagibilitätsparameter, da der Sogeffekt der cavoatrialen ECLS-Kanüle die Beurteilbarkeit einschränkt
- Linksventrikuläre Vorlast:
- Bestimmung über LVEDD (linksventrikulärer enddiastolischer Durchmesser)
- Alternativ Beurteilung über den Schweregrad einer Mitralklappeninsuffizienz
- Linksventrikuläre Inotropie:
- Evaluation anhand des Öffnungsverhaltens der Aortenklappe und der Pulsatilität
- Hinweise auf fehlenden nativen Herzauswurf:
- Nicht-pulsatile arterielle Druckkurve
- Fehlendes Öffnungs- und Schließverhalten der Aortenklappe
- Fehlende bis angedeutete Herzkontraktionen
- Indirekte Kontrolle der kardialen Entlastung: Röntgen-Thorax-Aufnahme nach klinischem Bedarf
EKG-Überwachung:
- Obligatorisch bei kritisch kranken Patient:innen unter ECLS
- Kontinuierliche Erfassung von Herzfrequenz und Herzrhythmus
- Frühzeitige Erkennung von Komplikationen:
- Arrhythmie-Überwachung zur Detektion von Herzrhythmusstörungen
- ST-Streckenanalyse zur Identifikation einer kardialen Ischämie
Überwachung der Endorganfunktion:
- Ziel: Früherkennung einer möglichen Organ-Minderperfusion
- Leberfunktionsparameter:
- Transaminasen (AST, ALT)
- Cholinesterase
- INR
- Nierenfunktionsparameter:
- Harnstoff
- Kreatinin
- Frequenz: Mindestens einmal täglich zu überprüfen
Weiteres:
- Unter ECMO sollten die Katecholamine möglichst weit reduziert werden
Bilanzierung unter ECLS
- Multifaktorielle Steuerung:
- Abhängig von Grunderkrankung (z. B. SIRS/Sepsis), Volumenstatus, MAD, Herzfrequenz, kardialem Auswurf, Vorlast des ECLS-Systems
- Überwachung mittels Echokardiographie, Röntgen-Thorax, ggf. Pulmonalarterienkatheter (PAOP)
- Monitoring:
- PiCCO nicht möglich (Interferenz mit ECLS)
- Weaning:
- Negativbilanz anstreben
Gasaustausch und Oxygenierung
- Regelmäßige Messungen:
- Kontinuierliche periphere Sauerstoffsättigung (SpO₂): Zielwert 95-98%
- Arterielle Blutgasanalyse (BGA) mind. alle 4 h, bei Änderungen der Ventilation oder ECLS-Einstellungen innerhalb von 30 min.
- Parameter zur Beurteilung:
- pO₂ / SaO₂ → Oxygenierung:
- Zielwert paO2: 60-90 mmHg
- pCO₂ → Ventilation
- pH → Säure-Basen-Gleichgewicht
- pO₂ / SaO₂ → Oxygenierung:
- Kanülierungsabhängige Blutentnahme:
- Femorale arterielle Kanülierung:
- Risiko für zentrale Hypoxie (Harlekin-Phänomen)
- BGA-Entnahme aus der rechten oberen Extremität (z.B. A. radialis rechts)
- Zerebrale NIRS-Überwachung empfohlen
- Kanülierung der rechten A. axillaris:
- Geringeres Risiko für zentrale Hypoxie
- BGA-Entnahme aus der linken oberen Extremität oder Femoralarterien beidseits
- Zentrale arterielle Kanülierung (Aorta):
- BGA-Entnahme aus Arterien beider oberer Extremitäten und Femoralarterien möglich
- Femorale arterielle Kanülierung:
- Pulmonalarterieller Verschlussdruck (PAOP):
- Hilfreich zur Erkennung einer ventrikulären Überlastung
- Besonders aussagekräftig durch repetitive Messungen im zeitlichen Verlauf
- Indikation: Unklare Fälle oder divergierende Befunde
- Kapnographie und Kapnometrie:
- Kapnometrie: Bestimmung des Kohlendioxid-Partialdrucks (petCO₂) im Atemgas mittels Infrarotspektrometrie
- Kapnographie: Zusätzlich graphische Darstellung des CO₂-Verlaufs
- Genauigkeit: ± 5 %
- Überwachungsziele:
- Kontrolle der Normoventilation
- Beurteilung der Kohlendioxid-Produktion und -Elimination
- Rückschluss auf Herzzeitvolumen (HZV) bei unverändertem Atemminutenvolumen:
- Sinkender petCO₂ → Hinweis auf verminderte Gewebeperfusion
- Wieder steigender petCO₂ → Hinweis auf suffizienten Kreislauf
- DIVI-Empfehlung zur Ausstattung:
- Kapnographie für jede invasive Beatmungseinheit erforderlich
- Abgleich des petCO₂ mit paCO₂ zur präziseren Interpretation
Neurologisches Monitoring
- Tägliche klinisch-neurologische Basisuntersuchung
- Mehrfache tägliche Kontrolle der Pupillomotorik
- Keine routinemäßige apparative Überwachung empfohlen (mangelnde Evidenz)
Weitere Maßnahmen:
- Während einer ECMO sollte eine Physiotherapie, Atemtraining und Lagerungsmaßnahmen erfolgen
- Bei einer stabilen Flusssituation sollte eine Frühmobilisation im Team mit erfahrenen Physiotherapeut:innen erfolgen
- Es sollte eine adäquate Analgesie erfolgen
- Die Sedierungstiefe sollte so gering wie möglich gewählt werden → Einige Substanzen können unter einer ECMO eine veränderte Pharmakokinetik aufweisen
- Es sollte eine Extubation angestrebt werden
- Überwachung der Extremitätenperfusion unter peripherer arterieller Kanülierung:
- Regelmäßige klinische Kontrolle:
- Alle 6 Stunden Überprüfung von:
- Hautkolorit
- Rekapillarisierungszeit
- Temperatur
- Die Befunde sollten ähnlich zur nicht arteriell kanülierten Seite sein
- Alle 6 Stunden Überprüfung von:
- Zusätzliche Überwachungsmethoden:
- Pulsoxymetrie an der kanülierten Extremität
- Dopplersonographie zur Beurteilung des Blutflusses
- Regionale Gewebe-Sauerstoffsättigung (rSO₂) mittels NIRS
- Frühzeitige Erkennung einer Extremitätenischämie
- Empfohlen als kontinuierliches Monitoring
- Regelmäßige klinische Kontrolle:
- Regelmäßige Kontrollen des ECLS-Systems
- 2-mal täglich: Schlauchsystem, Blutpumpe, Oxygenator (audio-visuelle Kontrolle), arterielle und venöse Kanüle, Strom- und Sauerstoffversorgung
- 1-mal täglich: Oxygenatorfunktion
Kontrollparameter bei der ECLS-Therapie
Parameter | Messintervall | Zielwerte |
---|---|---|
Oxygenator-Leistung | Mindestens einmal täglich | Stabiler Druckgradient gemäß Herstellervorgaben, stabiler O₂/CO₂-Austausch, ausreichende Oxygenierung unter FiO₂ 1,0, keine Anzeichen für Hyperfibrinolyse, niedrige D-Dimere, regelmäßige Spülung der Membran zur Entfernung von Kondenswasser |
Überprüfung der Energie- und Sauerstoffzufuhr | Mindestens zweimal täglich | Sicherstellung der kontinuierlichen Strom- und Sauerstoffversorgung ohne Unterbrechungen |
Fixierung und Position der Kanülen | Mindestens zweimal täglich | Sichere und korrekte Lage der arteriellen und venösen Kanülen |
Visuelle und akustische Systemkontrolle (Schläuche, Pumpe, Oxygenator) | Mindestens zweimal täglich | Keine Leckagen, keine Thrombenbildung, unauffällige Geräusche (z.B. keine abnormalen Pumpenkopf- oder Lagergeräusche), trockener Gasauslass, keine Hinweise auf Plasmaleckage oder Hämolyse |
Weitere patientenbezogene Kontrollparameter
Parameter | Messintervall | Zielwerte |
---|---|---|
Dauerüberwachung des Herzrhythmus (EKG) | Kontinuierlich | Keine Arrhythmien, Herzfrequenz stabil im Bereich von 40–120/min |
Echokardiographische Beurteilung | Einmal täglich oder nach klinischer Indikation | |
Körperkerntemperatur | Kontinuierlich (alternativ 4-stündliche Einzelmessungen) | |
Gerinnungsüberwachung (aPTT) | Alle 4–6 Stunden bis stabil, dann täglich | 1,5- bis 2-facher Referenzbereich |
Activated Clotting Time (ACT) | Alle 3 Stunden, bei stabilen Werten alle 6 Stunden | 160–180 Sekunden |
Laktat-Plasmakonzentration | Mindestens alle 4 Stunden | ≤2 mmol/l |
pH-Wert | Alle 4 Stunden | Zielbereich 7,35–7,45 |
CO₂-Partialdruck (paCO₂) | Alle 4 Stunden | |
Kapnographische Kontrolle | Kontinuierlich | Individuell im Vergleich zum paCO₂ |
Periphere Sauerstoffsättigung (SpO₂) | Kontinuierlich | 95–98 % |
Arterieller Sauerstoffpartialdruck (paO₂) | Alle 4 Stunden | 60–90 mmHg |
Zentral- oder gemischtvenöse Sättigung (ScvO₂/SvO₂) | Mindestens alle 12 Stunden | ScvO₂ ≥60 % SvO₂ ≥65 % |
Diurese | Stündlich | >0,5 ml/kg Körpergewicht pro Stunde |
Zerebrale Sauerstoffversorgung (NIRS) | Kontinuierlich | Keine signifikanten Abweichungen im Verlauf, stabile Werte |
Zentralvenöser Druck (ZVD) | Nach klinischem Bedarf | Relative Beurteilung |
Durchblutung der Extremitäten (besonders arteriell kanülierte Seite) | Kontinuierlich per NIRS, zusätzlich 1x klinisch pro Schicht + Doppler alle 6 Stunden | Vergleich mit der nicht arteriell kanülierten Seite Warm, rosig, vorhandener Puls |
Rekapillarisierungszeit | Alle 1–8 Stunden | <3 Sekunden |
Arterielle Pulskurve | Kontinuierlich | Pulsatil |
Mittlerer arterieller Blutdruck (MAP) | Kontinuierlich | >60 mmHg |
Komplikationen
AchtungBei Patient:innen unter ECLS-Therapie ist eine kontinuierliche Überwachung der Perfusion, Hämodynamik, kardialen Entlastung, Oxygenierung, Antikoagulation, des neurologischen Status sowie der Funktionalität des ECLS-Systems erforderlich, um potenzielle Komplikationen frühzeitig zu erkennen.
Häufige Komplikationen
- Blutungen: Kanülierungsstellen, operativer Situs, Gastrointestinal-Trakt, Lunge
, intrakranielle Blutungen - Entstehung eines erworbenen von Willebrand-Syndroms → erhöhtes Blutungsrisiko
- Thrombosen und Embolien (Pumpenthrombose, Schlaganfallrisiko)
- Häufigste neurologische Komplikation: Irreversibler Hirnfunktionsausfall, insbesondere bei ECLS-Einsätzen im Rahmen einer extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation
(eCPR) - Weitere mögliche Komplikationen: Intrakranielle Blutungen
, thromboembolische zerebrale Insulte, Krampfanfälle - Infektionen (besonders katheterassoziierte Sepsis)
- Häufigste verursachende Mikroorganismen: Koagulase-negative Staphylokokken
, Candida spec., Pseudomonas aeruginosa, Staphylococcus aureus
- Häufigste verursachende Mikroorganismen: Koagulase-negative Staphylokokken
- Extremitätenischämie (vorallem bei va-ECMO): Tritt vor allem bei peripherer Kanülierung auf, bedingt durch die Beeinträchtigung des Blutflusses in der betroffenen Extremität aufgrund der eingebrachten Kanüle
- Präventionsmaßnahmen: Einsatz einer distalen Perfusionskanüle, Vermeidung einer seitengleichen Kanülierung von Arterie und Vene, regelmäßige Perfusionskontrollen (z.B. klinisch, Duplexsonografie und NIRS)
Spezifische va-ECMO-Komplikationen
Linksventrikuläre Distension (verminderte linksventrikuläre Ejektion):
Bei der veno-arteriellen extrakorporalen Membranoxygenierung (va-ECMO) wird sauerstoffreiches Blut
- Erhöhter linksatrialer Druck → Gefahr eines Lungenödems
- Myokardiale Ischämie durch erhöhten Wandstress
- Risiko von intrakardialen Thromben durch Stase
Harlekin-Phänomen (Nord-Süd-Syndrom):
Diese Komplikation tritt auf, wenn der linke Ventrikel
Klinische Zeichen:
- Zyanose der oberen Körperhälfte
- Hypoxämie
bei arteriellen Blutgasanalysen (z.B. rechte A. radialis ) - Differente Sauerstoffsättigungswerte zwischen oberer und unterer Extremität
Weaning und Therapieende
Das Weaning ist eine der anspruchsvollsten Phasen der mechanischen Kreislaufunterstützung
- Erfolgsrate: Nur bei etwa 30–70 % der Patient:innen gelingt die erfolgreiche Entwöhnung
- Vorgehen vor Weaningversuch:
- Definition von Kriterien zur Abschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit
- Intensiviertes Monitoring zur frühzeitigen Erkennung eines Weaningversagens
- Eskalation der Kreislauftherapie (medikamentös/mechanisch) bei Bedarf vor dem Weaning
- Therapiezieländerung: Bei frustranen Weaningversuchen sollte eine Therapieanpassung bzw. Begrenzung erwogen werden
TippUmgang mit Therapiezieländerungen oder -limitationen
Therapiezieländerungen oder -limitationen bei ECLS-Patient:innen sollten unter Berücksichtigung sowohl medizinischer als auch ethischer Aspekte als patientenzentrierte Entscheidung im Austausch mit den Patient:innen, den Angehörigen und dem interprofessionellen Behandlungsteam erfolgen. Eine solche Situation tritt ein, wenn das angestrebte Therapieziel nicht erreicht werden kann oder wenn der/die Patient:in dieses Therapieziel nicht wünscht. In solchen Fällen ist eine sorgfältige Abwägung zwischen medizinischer Indikation, ethischen Grundsätzen und den individuellen Wünschen des/der Patient:in essenziell, um eine patientenorientierte Entscheidungsfindung zu gewährleisten.
- Regelmäßige Überprüfung zentraler Fragestellungen (nach DIVI-Empfehlung):
- Erreichbarkeit des Therapieziels: Ist das angestrebte Therapieziel aus fachlicher Sicht erreichbar?
- Patient:innenwille: Entspricht das aktuelle Therapieziel dem Wunsch des/der Patient:in?
- Belastungs-Nutzen-Abwägung: Stehen die Belastungen der Behandlung im Verhältnis zur aus Patient:innensicht erreichbaren Lebensqualität oder Lebensperspektive?
- Konsequenz:
- Bei einer negativen Antwort auf eine dieser Fragen sollte die ECLS-Therapie nicht weitergeführt werden
Prüfung der Reversibilität der Grunderkrankung:
- Bridge-to-Recovery bei reversiblen Ursachen (z.B. akute Myokarditis, akuter Myokardinfarkt
, Post-Kardiotomie-LCOS, Intoxikationen ) - Alternative Strategien wie Bridge-to-Transplant oder Bridge-to-Decision bei irreversiblen Zuständen
Zeitpunkt des Weaningversuchs:
- Kein Weaning innerhalb der ersten 48–72 Stunden nach ECLS-Implantation
, um dem geschädigten Myokard Zeit zur Erholung zu geben - Frühzeitiges Weaning (<4 Tage) ist mit erhöhter Letalität assoziiert
- Ausnahmen: Intoxikationen
oder nicht primär kardiale Erkrankungen ermöglichen ggf. ein früheres Weaning
Kriterien für das Weaning von der ECLS:
- Pulsatiler arterieller Blutdruck und biventrikuläre Kontraktilität in der Echokardiographie
- Mittlerer arterieller Blutdruck (MAP
): >60 mmHg - Venöse Sauerstoffsättigung
: SvO₂ ≥ 65 % bzw. ScvO₂ ≥ 60 % - Normwertiges oder fallendes Laktat (≤2 mmol/l)
- Niedrige oder fallende Vasopressoren-/Inotropika-Dosierung
- Ausreichende pulmonale Oxygenierungs- und CO₂-Eliminationsleistung unter lungenprotektiver Beatmung
- Kompensierte Endorganfunktionen, insbesondere der Leber (ein Nierenersatzverfahren schließt ein Weaning nicht aus → neue Verschlechterung der Nierenfunktion unter Weaning kann jedoch ein Hinweis auf eine inadäquate Endorganperfusion sein)
- Vor ECLS-Explantation:
- Erfüllung aller Kriterien (1-7) unter niedrigem ECLS-Fluss (<2,0 l/min)
- Niedriger Gasfluss (<2 l/min)
- Biomarker: Bieten keinen verlässlichen Zusatznutzen für Weaning-Entscheidungen
Überwachung der Kreislauffunktion im Weaningprozess von der ECLS:
- Klinische Parameter:
- Herzfrequenz
- Systolischer, diastolischer und mittlerer arterieller Blutdruck
- Blutdruckamplitude
- Rekapillarisierungszeit
- Urinausscheidung
- Herzfrequenz
- Vasopressoren-/Inotropikadosierung:
- Dokumentation und Überwachung des Bedarfs
- Laborparameter:
- Laktat zur Beurteilung der Gewebeperfusion
- Zentralvenöse Sauerstoffsättigung
(ScvO₂)
- Echokardiographische Überwachung:
- Linksventrikuläre Ejektionsfraktion
(LVEF) - Aortales VTI (Velocity Time Integral)
- E/A-Verhältnis
- Gewebedoppler
- Systolische Mitralringspitzengeschwindigkeit (TDSa)
- Früh diastolische Mitralringgeschwindigkeit
- Mindestens eine Echokardiographie
vor Beendigung der ECLS-Therapie zur möglichen Detektion von LV-Dilatation oder RV-Dysfunktion - Ggf. kontinuierliche Echokardiographie
mittels hTEE als ergänzendes Monitoring
- Linksventrikuläre Ejektionsfraktion
- Respiratorische Überwachung:
- SpO₂ und Atemfrequenz
- Arterielle BGA
zur Kontrolle von paO₂ und pCO₂ (rechte obere Extremität) - Röntgen-Thorax
- Endexspiratorischer CO₂-Partialdruck (ETCO₂)
- SpO₂ und Atemfrequenz
- Invasive hämodynamische Parameter (bei Bedarf):
- Zentralvenöser Druck
(ZVD ) - Zentralvenöse SpO₂ mittels ZVK
- Diastolischer Pulmonalarteriendruck
- Pulmonalarterieller Verschlussdruck
- Gemischt-venöse SpO₂ mittels Pulmonalarterienkatheter
- Zentralvenöser Druck
Zeitpunkt der Kontrollen:
- Etwa 30 Minuten nach jeder Reduktion des ECLS-Flusses:
- Arterielle BGA
(paO₂, pCO₂) - Zentralvenöse BGA (ScvO₂, Laktat)
- Überprüfung der echokardiographischen Parameter
- Arterielle BGA
Überwachung des pulmonalen Gasaustausches:
- Kontinuierliche Messung der peripher-venösen Sauerstoffsättigung
(rechte Hand) - Überwachung des endexspiratorischen CO₂-Partialdrucks (ETCO₂)
- Arterielle BGA
30 Minuten nach Flussreduktion zur Kontrolle von paO₂ und pCO₂ (rechte obere Extremität)
Anpassung der Überwachung:
- Ausmaß und Invasivität der Überwachung abhängig von:
- Klinischer Stabilität des/der Patient:in
- Ausmaß der Erholung der kardialen und pulmonalen Funktionen
Explantation der ECMO
- Engmaschige hämodynamische Überwachung
nach Entfernung - Kontrolle auf Rebound-Kreislaufversagen
Nachsorge
Nach der ECLS-Explantation ist eine engmaschige Überwachung essenziell, um Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Die Nachsorge sollte multidisziplinär erfolgen, um physischen und psychischen Spätfolgen entgegenzuwirken.
Monitoring nach ECLS-Explantation:
- Intensivmedizinisches Monitoring: Analog zu kritisch-kranken Patient:innen mit EKG
, Pulsoxymetrie , invasiver Blutdruckmessung , Flüssigkeitsbilanzierung, BGA (arteriell/zentralvenös) und Temperaturkontrolle - Invasive Blutdruckmessung
: Obligatorisch aufgrund unzureichender Genauigkeit nicht-invasiver Methoden und möglicher hämodynamischer Instabilität - Venöse Sauerstoffsättigung
(ScvO₂): Verlaufsbeobachtung wichtiger als Einzelwerte; prognostische Bedeutung bei Abweichungen (niedrige und erhöhte Sättigungen mit schlechterem Outcome assoziiert) - Echokardiographie
: Regelmäßige Kontrolle zur Beurteilung kardialer Funktion und Erkennung relevanter Pathologien - Kapnographie
: Bettseitig verfügbar zur Überwachung der CO₂-Elimination
Komplikationsmanagement:
- Thrombose- und Ischämieüberwachung: Risiko für Hämatome
, Kompartment-Syndrom , tiefe Venenthrombosen, Lungenarterienembolien , Schlaganfälle, periphere arterielle Verschlüsse sowie Pseudoaneurysmen und AV-Fisteln - Nach ECLS-Weaning: Fortlaufende Überwachung auf Intensiv- und Normalstation, besonders auf kardiale Dekompensationen und kanülierungsbedingte Komplikationen
Langzeitversorgung und Nachsorge:
- Post-Intensive-Care-Syndrom (PICS): Risiko für psychische, kognitive und physische Langzeitfolgen; unzureichende Nachsorge in Deutschland
- Spezialambulanzen (ICU-Follow-up-Clinics): In anderen Ländern etabliert, bieten interdisziplinäre Nachsorge durch Intensivmediziner:innen, intensivmedizinisches Pflegepersonal, Psycholog:innen und Therapeut:innen (z.B. Physiotherapeut:innen)
- Rehabilitation: Kardiologische Rehabilitation bei Patient:innen mit chronischer Herzinsuffizienz
verbessert körperliche Belastbarkeit und Lebensqualität, jedoch fehlen spezifische Daten zur Wirksamkeit der kardiologischen Rehabilitation im Rahmen der ECLS-Nachsorge
Quellen
S3-Leitlinie Extrakorporale Zirkulation (ECLS / ECMO), Einsatz bei Herz-und Kreislaufversagen, https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/011-021, Abgerufen am 17.02.2025
Lotz C, Muellenbach RM: Extrakorporale Membranoxygenierung. Anästh Intensivmed 2018;59:316325. DOI: 10.19224/ai2018.316, Abgerufen am 17.02.2025
Extrakorporale MembranoxygenierungSystemauswahl, (Kontra‑)Indikationen und Management, Univ.-Prof. Dr. T. Staudinger, Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin | Ausgabe 4/2017, Abgerufen am 17.02.2025
Haas A, Busjahn C, Crede D, Kilger E, Reuter DA. Extrakorporale Membranoxygenierung und Hämodynamik : Die Therapie ist nicht nur des Herzens Freund [Extracorporeal membrane oxygenation and hemodynamics : Therapy is not only a friend of the heart]. Anaesthesiologie. 2022 Dec;71(12):967-982. German. doi: 10.1007/s00101-022-01230-8. Epub 2022 Nov 30. PMID: 36449054; PMCID: PMC9709734.
Smith M, Vukomanovic A, Brodie D, Thiagarajan R, Rycus P, Buscher H. Duration of veno-arterial extracorporeal life support (VA ECMO) and outcome: an analysis of the Extracorporeal Life Support Organization (ELSO) registry. Crit Care. 2017 Mar 6;21(1):45. doi: 10.1186/s13054-017-1633-1. PMID: 28264702; PMCID: PMC5339999.