Zusammenfassung
Adipositas ist eine chronische Erkrankung, die durch eine übermäßige Ansammlung von Körperfett gekennzeichnet ist. Die Diagnose erfolgt in der Regel anhand des Body Mass Index (BMI), wobei ein BMI von ≥30 kg/m² als
Die Prävalenz von Adipositas hat in den letzten Jahrzehnten weltweit zugenommen und stellt mittlerweile eine der größten Herausforderungen für die öffentliche Gesundheit dar. Adipositas ist mit einer Einschränkung der Lebensqualität verbunden und gilt als
Die Ätiologie ist multifaktoriell, wobei Lebensstilfaktoren wie Überernährung
Die Therapie der Adipositas ist mehrdimensional und umfasst Änderungen des Ernährungs- und Bewegungsverhaltens, psychologische Unterstützung sowie gegebenenfalls medikamentöse und chirurgische Interventionen. Die Ernährungsmedizin nimmt eine zentrale Stellung in der Prävention und Therapie von Adipositas ein. Sie liefert evidenzbasierte Ansätze, um das Risiko für Begleiterkrankungen zu senken und die allgemeine Gesundheit zu fördern.
DefinitionAdipositas ist eine chronische Erkrankung, die durch eine übermäßige Ansammlung von Körperfett gekennzeichnet ist. Zur Klassifizierung wird der Body Mass Index (BMI) herangezogen. Nach Definition der WHO liegt Adipositas ab
einem BMI von ≥30 vor.
- BMI = Körpergewicht/Körpergröße² (kg/m²)
Epidemiologie
- Prävalenz weltweit:
- Übergewicht: 1,9 Milliarden
- Adipositas: 650 Millionen
- Prävalenz in Deutschland:
- Übergewicht: etwa 60% der Männer und 47% der Frauen (→ Anzahl hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt)
- Adipositas: 23% der Männer und 24% der Frauen
Ursachen
Adipositas ist eine multifaktorielle Erkrankung. Sie entsteht durch das Zusammenwirken verschiedener Ursachen und Risikofaktoren. In ihrer Gesamtheit führen sie zu einem Missverhältnis zwischen Energieaufnahme und Energieverbrauch.
- Primäre Adipositas:
- Lebensstilfaktoren: hyperkalorische Ernährung, Bewegungsmangel
- Genetische Faktoren
- Genetische Prädisposition: starke genetische Komponente → Genetische Faktoren (häufige polygenetische Varianten) haben u.a. Einfluss auf Stoffwechsel, Appetit und Fettverteilung
- Monogene Formen: seltene genetische Varianten (z.B. Mutationen im Melanocortin-4-Rezeptor-Gen oder Leptin-Gen) können insb. zu stark ausgeprägter Adipositas führen (Manifestation meist schon im Kindesalter); quantitativ von untergeordneter Bedeutung (betrifft ca. 1-5% der extrem Adipösen)
- Psychologische & soziale Faktoren: Stress, Trauer („Emotionales Essen“), soziale Einflüsse (Familie, Freundeskreis) etc.
- Sekundäre Adipositas:
- Stoffwechsel- & Hormonstörungen (Hypothyreose
, Cushing-Syndrom …) - Medikamente (trizyklische AD, Glukokortikoide
, Lithium, Östrogenpräparate…) - Neurologische & psychiatrische Erkrankungen (Depression, Hirntumoren…)
- Stoffwechsel- & Hormonstörungen (Hypothyreose
Klassifikation
Die Klassifikation der Adipositas erfolgt auf der Grundlage des BMI (Tabelle gilt nur für Erwachsene):
Bezeichnung | BMI |
---|---|
Untergewicht | <18,5 |
Normalgewicht | 18,5-24,9 |
Übergewicht (Präadipositas) | 25-29,9 |
Adipositas Grad I | 30-34,9 |
Adipositas Grad II | 35-39,9 |
Adipositas Grad III (Adipositas permagna) | >40 |
Körperfettverteilung:
Neben dem BMI spielt auch die Verteilung des Körperfetts eine wichtige Rolle. Dabei gilt insbesondere das viszerale Fettgewebe als
Die Messung des Taillenumfangs dient als
- Von einer abdominalen Adipositas spricht man (laut DAG) ab
einem Taillenumfang von: - >88 cm bei Frauen
- >102 cm bei Männern
Ab
InfoDiese Grenzwerte unterscheiden sich von denen für die Diagnose des metabolischen Syndroms. Nach den Kriterien der IDF (International Diabetes
Federation) liegt eine abdominale Adipositas bei folgenden Taillenumfängen vor: ≥80 cm (Frauen) bzw. ≥94 cm (Männer).
Mithilfe der sog. Waist-to-Hip Ratio (WHR) kann zusätzlich der Fettverteilungstyp (zentral vs. peripher) abgeschätzt werden. Dabei wird der Taillenumfang in Relation zum Hüftumfang bestimmt. Ein Wert von >0,85 bei Frauen bzw. >0,9 bei Männern spricht für einen androgynen Fettverteilungstyp.
- Fettverteilungstypen:
- Gynoider Typ („Birnentyp“): hüftbetont, prognostisch vergleichsweise günstiger (mehr subkutanes Fettgewebe)
- Androider Typ („Apfeltyp“): stammbetont, prognostisch ungünstiger (überwiegend viszerales Fettgewebe → Erhöhtes Risiko für kardiometabolische Komplikationen)
Pathophysiologie
Die Pathophysiologie der Adipositas ist multifaktoriell und beruht auf einem chronischen Ungleichgewicht zwischen Energiezufuhr und Energieverbrauch. Dabei kommt es mitunter zu Veränderungen komplexer Regelkreise.
MerkeBei Adipositas sind die homöostatischen Regulationsmechanismen des Energiestoffwechsels verändert.
Energiehomöostase
Energieverbrauch und -aufnahme werden durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Signale gesteuert. Diese Regulation erfolgt hauptsächlich über das hypothalamische Sättigungszentrum im Gehirn, das auf periphere Signale reagiert.
Hypothalamische Regulation:
- Der Nucleus arcuatus des Hypothalamus
ist die zentrale Schaltstelle für den Energiehaushalt. Dort gibt es 2 Hauptgruppen von Neuronen, die an der Regulation der Nahrungsaufnahme beteiligt sind: - Orexigene Neurone: appetitsteigernd
- Anorexigene Neurone: appetithemmend
Diese Neurone reagieren auf verschiedene hormonelle Signale wie z.B. Leptin, Ghrelin, Insulin
Leptin:
- Wird vorwiegend in Adipozyten gebildet (Produktion erfolgt proportional zur Menge an Körperfett)
- Signalisiert aktuellen Energiespeicherstatus → Anstieg des Leptinspiegels bei erhöhten Fettreserven → Appetitzügelnde & stoffwechselregulierende Wirkung → Im Laufe der Zeit entwickelt sich jedoch eine Leptinresistenz → Hemmung des negativen Feedbackmechanismus
InfoLeptinresistenz
Die Leptinresistenz spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Persistenz von Adipositas. Leptin hat eine appetithemmende und stoffwechselregulierende Wirkung. Daher war Leptin zunächst als
Zytokin bekannt, das der Entstehung von Übergewicht entgegenwirkt. Bei Menschen mit Adipositas entwickelt sich jedoch eine Resistenz, sodass der Körper nicht mehr adäquat auf hohe Leptinspiegel reagiert. Dies hat zur Folge, dass das Hungergefühl steigt, die Sättigung vermindert ist und der Energieverbrauch sinkt. Trotz hoher Fettreserven reagiert der Körper so, als
müsse er Energie sparen und mehr Nahrung aufnehmen. Dieser Mechanismus fördert die Gewichtszunahme und erschwert die Gewichtsreduktion.
Insulin :
- Neben dem Glukosestoffwechsel auch an der Regulation der Nahrungsaufnahme beteiligt → Signalisiert Sättigung
- Gestörte Signalübertragung bei Insulinresistenz → Nahrungsaufnahme↑
Gastrointestinale Hormone :
- Ghrelin:
- Produktion v.a. in der Magenschleimhaut
- Wirkt appetitsteigernd (auch als
„Hungerhormon“ bezeichnet) - Ghrelinspiegel steigen zwischen den Mahlzeiten an und nehmen mit der Nahrungsaufnahme ab
(Ghrelinsekretion wird durch den Dehnungszustand des Magens beeinflusst) → Bei adipösen Personen bleibt der Ghrelinspiegel häufig erhöht → Appetit↑
- Appetithemmende Hormone
: Peptid YY (PYY), Glucagon -like Peptide-1 (GLP-1) oder Cholecystokinin (CCK) - Freisetzung oder Wirkung dieser Hormone
bei adipösen Personen oft gestört → Sättigungsgefühl↓
- Freisetzung oder Wirkung dieser Hormone
Fettgewebe als endokrines Organ
Fettgewebe, insbesondere das viszerale Fettgewebe, dient nicht nur der Speicherung von überschüssiger Energie, sondern fungiert auch als
Mit der Gewichtszunahme steigt die Produktion proinflammatorischer Adipokine, während die Produktion antiinflammatorischer Verbindungen abnimmt.
InfoAdipokine
Adipokine sind endokrin aktive Verbindungen, die vom Fettgewebe (insb. vom viszeralen Fettgewebe) produziert und sezerniert werden. Sie fungieren als
Signalmoleküle und beeinflussen verschiedene Prozesse im Körper, darunter die Regulation von Hunger & Sättigung, den Fett- & Glukosestoffwechsel sowie Entzündungsprozesse. Eine Dysregulation der Adipokinproduktion und -sekretion spielt nach heutigem Wissensstand eine entscheidende Rolle bei der Entstehung adipositasassoziierter Erkrankungen. Zu diesen zählen u.a. Diabetes mellitus
, Arteriosklerose , Hypertonie und das metabolische Syndrom.
Leptin und Adiponectin:
- Leptin (siehe Leptin)
- Adiponectin:
- Bildung durch leere Fettzellen → Verminderte Produktion bei Übergewicht (Blutspiegel verhalten sich umgekehrt proportional zur Menge an Körperfett)
- Insulinsensibilisierende, antiinflammatorische und antiatherosklerotische Eigenschaften
- Reduzierter Adiponectinspiegel erhöht das Risiko für Typ-2-Diabetes
, Gefäßschädigungen und koronare Verkalkung - Bei Patient:innen mit metabolischem Syndrom ist der Adiponectinspiegel häufig erniedrigt und kann als
Verlaufsparameter genutzt werden
InfoProinflammatorische Adipokine
Vermehrte Produktion proinflammatorischer Zytokine (z.B. Interleukin
-6 oder Tumornekrosefaktor-α) durch hypertrophe Adipozyten und infiltrierende Makrophagen im Fettgewebe → Entwicklung einer chronischen subklinischen Entzündung → Erhöhtes Risiko für Insulinresistenz, Atherosklerose , metabolisches Syndrom und andere übergewichtsassoziierte Komplikationen.
Diagnostik
Klinik und Anamnese:
- Symptome:
- Verminderte Leistungsfähigkeit, verstärkte Schweißproduktion
- Gastrointestinaltrakt: Gastroösophagealer Reflux (Sodbrennen), hepatische Störungen (insb. nicht-alkoholische Fettlebererkrankung
, NAFLD ) - Respirationstrakt: Dyspnoe (insb. Belastungsdyspnoe), Schlafapnoe
- Orthopädische Beschwerden: Gelenkschmerzen, Arthrose, degenerative Veränderungen des Bewegungsapparats
- Hormonelle Störungen: Insulinresistenz, PCOS, Hypogonadismus…
- Psychische Symptome: vermindertes Selbstwertgefühl, Angststörungen, Depressionen etc.
- Anamnese:
- Ausführliche Anamnese inklusive Ernährungsanamnese, Medikamentenanamnese und Erfassung der körperlichen Aktivität
- Familienanamnese: Abklärung familiärer Vorbelastungen (evtl. monogenetische Ursache?, Risikofaktoren?)
- Erfassung von Komorbiditäten wie Diabetes mellitus
, Hypertonie und Dyslipidämie
Körperliche Untersuchung:
- Bestimmung von: Übergewichtsgrad (BMI), Taillenumfang und Fettverteilungstyp
- Blutdruckmessung
(evtl. 24-h-Blutdruck-Messung), EKG , Ergometrie, Herzechographie (kardiovaskuläre Risikofaktoren ) - Ggf. Schlafapnoe-Screening, Oberbauchsonographie, Doppler-Sonographie
Labor:
- Basislabor: Nüchternblutzucker, HbA1c, Gesamt-, HDL
- und LDL -Cholesterin, Triglyzeride, Harnsäure , Kreatinin , Elektrolyte, TSH - Oraler Glukosetoleranztest
- Ggf. individuelle Parameter (z.B. Dexamethason
-Hemmtest bei Verdacht auf Hypercortisolismus )
Differentialdiagnostik
- Ausschluss sekundärer Ursachen
- Endokrine Erkrankungen (Hypothyreose
, Cushing-Syndrom ) - Essstörungen
- Medikamenteninduzierte Gewichtszunahme etc.
- Endokrine Erkrankungen (Hypothyreose
Therapie
Indikationen und Kontraindikationen:
Die Indikation zur Behandlung von Adipositas wird auf der Grundlage des Body-Mass-Index (BMI) und der Bewertung potenzieller Risikofaktoren gestellt.
- Therapieindikationen nach aktueller Leitlinie:
- BMI ≥30 kg/m2 oder
- BMI zwischen 25-30 in Kombination mit:
- Übergewichtsassoziierten Gesundheitsstörungen (Hypertonie, Typ-2-Diabetes
…) - Abdominaler Adipositas
- Erkrankungen, die durch Übergewicht verschlimmert werden (z.B. Arthrose oder Herzinsuffizienz
) oder - Hohem psychosozialen Leidensdruck
- Übergewichtsassoziierten Gesundheitsstörungen (Hypertonie, Typ-2-Diabetes
Kontraindikationen für eine Therapie: konsumierende Erkrankungen, Schwangerschaft
Therapieziele:
- Langfristige Gewichtsreduktion
- Reduktion von Komorbiditäten, Risikofaktoren und Sterblichkeit
- Steigerung der Lebensqualität
- Erhalt der Arbeitsfähigkeit
Behandlungskonzept:
Das Therapieregime der Adipositas erfordert einen multimodalen Ansatz. Das Behandlungskonzept sollte Elemente der Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie (Basistherapie) einschließen. In bestimmten Fällen können neben nicht-medikamentösen Maßnahmen auch medikamentöse und/oder chirurgische Interventionsverfahren sinnvoll sein. Die Therapie sollte immer individuell in Abhängigkeit vom Schweregrad der Adipositas, dem individuellen Risikoprofil und den Bedürfnissen der Patient:innen angepasst werden.
InfoTherapieverfahren – Überblick
- Basistherapie: Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie
- Pharmakotherapie (ggf. als
Ergänzung zur Basistherapie) - Chirurgische Therapie/Bariatrische Chirurgie (bei strenger Indikation)
Basistherapie
Die Basistherapie dient als
Ernährungstherapie
Grundlegende Aspekte:
- Beginn einer medizinisch betreuten Ernährungsberatung
- Individuelle Anpassung der Ernährungsempfehlungen (an Risikoprofil, Therapieziele etc.)
- Ausführliche und verständliche Aufklärung der Patient:innen über Ziele, Prinzipien und praktische Aspekte der Ernährungstherapie
- Miteinbeziehung persönlicher und beruflicher Faktoren
Praktische Leitlinienempfehlungen:
- Empfehlung von Ernährungsformen, die über einen ausreichend langen Zeitraum mit einem Energiedefizit verbunden sind, ohne dass dies zu einer Beeinträchtigung der Gesundheit führt
- Zur Reduktion des Körpergewichts ist eine energiereduzierte Mischkost mit einem Defizit von ca. 500-600 kcal/Tag anzustreben (in Einzelfällen kann auch ein höheres Energiedefizit angestrebt werden)
- Das Energiedefizit kann durch eine Reduktion der Fett- und/oder Kohlenhydratzufuhr erfolgen
- Je nach Situation des/der Patient:in kann der vorübergehende Einsatz (max. 12 Wochen) von Formulaprodukten mit einer Energiezufuhr von 800-1200 kcal/Tag erwogen werden. Dabei ist eine ärztliche Überwachung sicherzustellen.
- Extrem einseitige Ernährungsformen sind wegen des Nebenwirkungsrisikos und der fehlenden Evidenz eines Langzeiterfolges abzulehnen
Die wichtigsten Punkte der Ernährungstherapie:
- Energiezufuhr
- Das Ziel jeder diätetischen Therapiemaßnahme besteht in der Erreichung einer negativen Energiebilanz, um eine Reduktion der Körperfettmasse zu bewirken
- Kalorienreduktion: meist wird ein Defizit von 500–600 kcal pro Tag angestrebt, um eine moderate Gewichtsabnahme (ca. 0,5-1 kg pro Woche) zu erzielen
- Makronährstoffe
- Kohlenhydrate:
- Empfehlung einer moderaten Kohlenhydratzufuhr (ca. 45-55% der Gesamtenergie)
- Bevorzugung komplexer Kohlenhydrate (z.B. Vollkornprodukte, Gemüse, Hülsenfrüchte…), um Blutzuckerschwankungen zu minimieren
- Hohe Ballaststoffzufuhr (mind. 30 g pro Tag), um die Sättigung zu fördern und Verdauungsprozesse zu unterstützen
- Konsum zuckerhaltiger Getränke und Lebensmittel vermeiden
- Fette
: - Reduktion der Fettzufuhr auf max. 30% der Gesamtenergie (Richtwert: max. 60 g/Tag)
- Fokus auf gesunde Fette
: >10% einfach ungesättigte Fettsäuren (u.a. enthalten in pflanzlichen Ölen wie Rapsöl, Nüssen und Fisch)
- Proteine:
- Ausreichende Eiweißzufuhr zur Erhaltung der fettfreien Körpermasse & Förderung des Sättigungsgefühls
- Bevorzugung von Proteinquellen mit hoher biologischer Wertigkeit (Beispiele für geeignete Proteinquellen: mageres Fleisch, Fisch, fettarme Milchprodukte…)
- Kohlenhydrate:
- Mahlzeitenstruktur & Essverhalten
- Regelmäßige Mahlzeiten: strukturierter Speiseplan (z.B. 3 Hauptmahlzeiten) zur Unterstützung einer stabilen Blutzuckerkurve & Vermeidung von Heißhungerattacken
- Essverhalten: Förderung eines bewussten Essverhaltens (z.B. langsam essen, gut kauen und Sättigungssignale berücksichtigen)
- Beispiele für geeignete Diätformen
- DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension):
- Schwerpunkt der Ernährung liegt auf dem Verzehr von Gemüse, Obst, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten
- Tierische Produkte: Bevorzugung von magerem Fleisch, Fisch und fettarmen Milchprodukten (rotes Fleisch, verarbeitete Fleisch- & Wurstprodukte sowie fettige Milchprodukte reduzieren)
- Gesunde Fettsäuren: regelmäßiger Verzehr von Nüssen & Samen; Bevorzugung pflanzlicher Öle (z.B. Raps- oder Olivenöl)
- Reduzierung von: Salz, Zucker, verarbeiteten Lebensmitteln & Alkohol
- Mittelmeer-Diät:
- Weitgehend vergleichbar mit den Prinzipien der DASH-Diät
- Stärkere Betonung des Verzehrs gesunder Fette
(insb. in Form von Olivenöl, Fisch und Meeresfrüchten)
- Andere energiereduzierte Ernährungsformen, die ausreichende Mengen an essenziellen Nährstoffen und gesunden Fetten enthalten
- DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension):
- Beispiele für bedingt geeignete oder ungeeignete Diäten:
- Stark kalorienreduzierte Diäten (z.B. Formuladiäten) oder extreme Diätformen (z.B. ketogene Diät) sollten nur in speziellen Fällen und unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden
- Allgemein nicht empfehlenswert: alternative Diäten/“Wunderdiäten“
AchtungErfolgreiche Gewichtsreduktion durch dauerhafte Lebensstiländerung
Das Erlernen einer neuen, dauerhaften Ernährungs- und Lebensweise während der Diät ist entscheidend für den langfristigen Erfolg einer Gewichtsreduktion. Bei der Anwendung von Formuladiäten oder extremen Diätformen wird dieser Aspekt bspw. häufig vernachlässigt, was dazu führen kann, dass wichtige Verhaltensänderungen unterbleiben und das erreichte Gewicht langfristig nur schwer gehalten werden kann.
Bewegungstherapie
- Ermutigung zu vermehrter körperlicher Aktivität
im Rahmen der Gewichtsreduktion und -stabilisierung - Empfehlung: mind. 150 min ausdauerorientierte körperliche Aktivität
pro Woche (z.B. Radfahren)
Verhaltenstherapie
- Verhaltenstherapeutische Maßnahmen sollten immer Bestandteil des Gewichtsreduktionsprogramms sein und individuell angepasst werden
- Die Verhaltenstherapie kann im Einzel- oder Gruppensetting erfolgen und sollte verschiedene Elemente beinhalten (z.B. Stimuluskontrolle, Kompetenztraining, Zielsetzungen etc.)
Pharmakotherapie
Die medikamentöse Therapie ist keine primäre Behandlungsform von Übergewicht und Adipositas, da das Körpergewicht in der Regel auch durch Ernährungsumstellung und körperliche Aktivität
Indikation:
- BMI ≥28 kg/m2 und Vorliegen von Begleiterkrankungen bzw. BMI ≥30 kg/m2 bei folgenden Voraussetzungen:
- Gewichtsreduktion von <5% des Ausgangsgewichts innerhalb von 6 Monaten unter Basistherapie
- Gewichtszunahme von >5% des Ausgangsgewichts innerhalb von 6 Monaten nach einer Phase der Gewichtsreduktion
Zugelassene Medikamente:
- Orlistat: Lipase-Hemmer → Fettdigestion & -resorption↓
- GLP-1-Rezeptor-Agonisten (Liraglutid und Semaglutid): Insulinfreisetzung↑, Sättigungsgefühl↑
Chirurgische Therapie
Eine chirurgische Therapie erfolgt nur bei strenger Indikationsstellung.
- Beispiele möglicher Indikationen:
- Versagen konservativer Therapiemaßnahmen bei Adipositas Grad III oder
- Adipositas Grad II mit erheblichen Komorbiditäten
Verfahren: z.B. Schlauchmagenresektion, Roux-Y-Magenbypass
Komplikationen
Adipositas steht im Zusammenhang mit zahlreichen Folge- und Begleiterkrankungen.
- Beispiele für Adipositas-assoziierte Komplikationen:
- Insulinresistenz bzw. Diabetes mellitus Typ 2
- Dyslipoproteinämie
- Metabolisches Syndrom
- Gicht
- Cholezystolithiasis
- Fettleber
- Kardiovaskuläre Erkrankungen (KHK, Herzinsuffizienz
, Hypertonie etc.) - Demenz
- Hormonelle Störungen (z.B. PCOS)
- Schlaf-Apnoe-Syndrom
- Degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates
- Erhöhtes Karzinomrisiko (z.B. Kolonkarzinom, Mammakarzinom, Ösophaguskarzinom
…)
- Insulinresistenz bzw. Diabetes mellitus Typ 2
Prävention
- Allgemeine Empfehlungen zur Vermeidung von Übergewicht und Adipositas:
- Bedarfsgerechte Ernährung
- Regelmäßige körperliche Aktivität
- Regelmäßige Gewichtskontrolle
Quellen
- S3-Leitlinie Prävention und Therapie der Adipositas, Deutsche Adipositas-Gesellschaft e.V. (DAG)
- Biesalski H et al.: Ernährungsmedizin, Georg Thieme Verlag, 2017, ISBN: 978-3-13-100295-2
- Suter P.: Checkliste Ernährung, Georg Thieme Verlag, 2008, ISBN: 9783131526731