Das akute Abdomen beschreibt einen dringlichen Notfall mit plötzlichen, starken Bauchschmerzen, oft begleitet von Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Kreislaufproblemen oder Abwehrspannung. Die rasche Ursachenfindung und Therapie sind entscheidend, da die Auslöser von harmlos bis lebensbedrohlich reichen. Die Schmerzanalyse, Vitalparameter und eine strukturierte Untersuchung nach dem xABCDE-Schema sind essentiell. In den meisten Fällen ist ein schneller Transport in ein spezialisiertes Krankenhaus erforderlich, um weitere Diagnostik und Therapie zu ermöglichen.
Das Verständnis der anatomischen Strukturen und Pathomechanismen ist für die Einschätzung entscheidend. Die Fähigkeit, differenzialdiagnostisch zwischen verschiedenen Krankheitsbildern zu unterscheiden, spielt eine zentrale Rolle in der präklinischen Versorgung.
Fallbeispiel
Um den Einstieg in das Thema Akutes Abdomen etwas zu erleichtern, wird im Folgenden ein Fall beschrieben, wie er sich präklinisch ereignen könnte.
Das Szenario
Einsatzmeldung:
Stichwort: „Akutes Abdomen“
Ort: Wohnung, Wohnzimmer
Alarmzeit: 16:20 Uhr
Anrufer: Ehefrau
Anzahl der Betroffenen: 1
Zusatzinfo:
32-jähriger Patient
Rechtsseitige Unterbauchschmerzen und Fieber
Lageeinweisung vor Ort:
Der Patient liegt in Schonhaltung auf der Couch, wach, aber blass und kaltschweißig.
Die Lage ist wie folgt:
Die Ehefrau berichtet von plötzlich einsetzenden Schmerzen im rechten Unterbauchvor etwa sechs Stunden
Die Schmerzen haben seitdem zugenommen, und der Patient klagt über Übelkeit und Fieber
Die Umgebung ist ruhig, der Patient kooperativ, aber sichtbar erschöpft
Dieses Bild wurde mit der KI-Software DALL·E (OpenAI) erstellt. Es wurde automatisch generiert und dient ausschließlich illustrativen Zwecken.
Ersteindruck nach xABCDE-Schema
Um sich einen ersten umfassenden Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten in einer Notfallsituation zu verschaffen, bietet sich das xABCDE-Schema an. Um die Arbeit mit dem Schema zu veranschaulichen, ist hier ein xABCDE-Schema abgebildet, wie es im Falle einer Ersteinschätzung bei einer Patientin oder einem Patienten mit Akutem Abdomen aussehen könnte.
Es handelt sich dabei um die Befunde, die innerhalb der ersten paar Minuten erhoben werden können. Erweiterte Diagnostik und Abfragen sind natürlich von Bedeutung, jedoch würde zum Beispiel die Messung des Blutzuckers in diesem Fall hintangestellt und taucht zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf.
x
Keine kritischen Blutungen
A
Atemwege frei
Schleimhäute rosig
Pat. spricht selbständig
Kein A-Problem
B
Inspektorisch:
Thoraxexkursion beidseits unauffällig
Keine Hämatome, Prellmarken oder Ähnliches
Auskultatorisch:
Beidseits vesikuläres Atemgeräusch
Keine Nebengeräusche
Palpatorisch:
Thorax insgesamt stabil
SpO2: 97%
Kein B-Problem
C
Hautkolorit blass
Rekap-Zeit: 2 Sekunden
Große Blutungsräume ohne Zeichen auf akute Blutungen
Untersuchung nur eingeschränkt möglich wegen ausgeprägter Abwehrspannung im Abdomen
Palpation des Pulses am Handgelenk
Rhythmisch
Schwach tastbar
Tachykard, 110/min
Mittelbares C-Problem
D
Wach, orientiert, ansprechbar
GCS 15
Öffnen der Augen: 4
Beste verbale Reaktion: 5
Beste motorische Reaktion: 6
Pupillenkontrolle:
Isokor
Mittelweit
Lichtreagibel
Kein D-Problem
E
Keine Verletzungen ersichtlich
Symptome:
Plötzliche rechtsseitige Unterbauchschmerzen vor ca. 6 Stunden
Schmerz eher zunehmend
Vorher keine Schmerzen gehabt
Übelkeit
Fieber (38,5 °C)
Allergien/Infektionen: Keine bekannt
Medikamente: Weder Dauermedikation noch Akutmedikation genommen
Keine Dauermedikation vorhanden
Patientengeschichte: keine relevanten Vorerkrankungen
Letzte Mahlzeit: Vor 5 Stunden
Ereignis:
Erst leichtes Unwohlsein, dann Schmerz
Risikofaktoren: Keine
Akutes E-Problem
Achtung
Das hier gezeigte Assessment vermittelt nur einen exemplarischen ersten Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten. Im Verlauf der Behandlung müssen weitere Maßnahmen ergriffen und Informationen gesammelt werden. Das Schema erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll lediglich einen praktischen Einstieg in das Thema ermöglichen.
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Definition
Das akute Abdomen ist ein Syndrom, das durch plötzlich einsetzende Bauchschmerzen unterschiedlicher Intensität gekennzeichnet ist. Begleitend können Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Abwehrspannung oder Schocksymptome auftreten. Es erfordert eine sofortige Abklärung und Therapie, da potentiell lebensbedrohliche Ursachen vorliegen können. Die Begrifflichkeit umfasst eine Vielzahl von Erkrankungen, die sich durch ähnliche Symptome präsentieren, jedoch unterschiedliche Pathomechanismen und Dringlichkeiten aufweisen.
Merke
Das akute Abdomen ist keine eigenständige Krankheit, sondern stellt einen Symptomkomplex dar, der eine unmittelbare Diagnostik und Therapie erforderlich macht, um das Überleben der Patient:innen zu sichern.
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Ursachen
Info
Eine adäquate Therapie ist oft nur innerklinisch möglich. Damit direkt die richtige Fachrichtung konsultiert wird, ist eine gute Anamnese und eine ausführliche Untersuchung im präklinischen Bereich hilfreich, um zielführend handeln zu können.
Entzündungen:
Appendizitis
Cholezystitis
Pankreatitis
Divertikulitis
Perforationen:
Ulcus ventriculi oder Ulcus duodeni
Darmperforation
Blutungen:
Rupturiertes Aortenaneurysma
Milzruptur
Ischämie:
Mesenterialinfarkt
Mechanik:
Ileus
Hernieninkarzeration
Gynäkologie:
Extrauterine Schwangerschaft
Ovarialtorsion
Weitere:
Harnwegsobstruktion
Trauma
Seltenere Ursachen wie Volvulus oder Tumorruptur
Merke
Die Ursachen sind vielfältig und teils präklinisch kaum unterscheidbar. Eine gute Kenntnis der physiologischen Gegebenheiten und der Anatomie des Bauchraums erleichtern die Therapieentscheidungen und die Diagnosestellung.
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Pathophysiologie
Merke
Reminder: Physiologische Grundlagen
Peritoneum:
Auskleidung des Großteils des Bauchraums, hat Kontakt zu vielen Organen im Abdomen
Die viszerale Schmerzleitung erfolgt über langsame, unmyelinisierte C-Fasern und ist typisch bei Dehnung oderSpasmen von Hohlorganen
Somatische Schmerzen werden über schnelle, myelinisierte Aδ-Fasern geleitet und treten bei Irritation des parietalen Peritoneums auf
Gefäßversorgung:
Die Mesenterialarterien und -venen sind entscheidend für die Versorgung des Darmes
Bei einer Ischämie, z. B. durch einen Verschluss der A. mesenterica superior, kommt es zu Gewebsnekrosen, die schnell zur Peritonitis und zum septischen Schock führen können
Darmmotilität:
Hypoperistaltik tritt bei mechanischen Obstruktionen auf, während Hyperperistaltik ein Hinweis auf eine beginnende Obstruktion oder eine Reizung der Darmwand sein kann
Außerdem hängt die Darmmotilität auch von der Grundkonstitution, der Ernährung und der Dauermedikationab. Opiatmedizierte Patient:innen haben z.B. oft mit Obstipation zu kämpfen
Entzündung:
Durch die Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie Prostaglandinen und Zytokinen kann es zu einer Peritonitis kommen
Entzündungsschmerz kann in sehr klassischen Verlaufsformen vorkommen und hebt sich so z.B. von einem Zerreißungsschmerz oder einer Kolik ab
Kreislauf:
Hypovolämie entsteht durch Flüssigkeitsverlust ins dritte Kompartiment (z. B. Peritoneum) oder durch Blutungen
Ein septischer Schock kann sich entwickeln, wenn Toxine und Entzündungsmediatoren systemisch wirken, was zu Vasodilatation und Hypotonie führt
Wenn Körpergewebe sich entzündet oder ein Verschluss vorliegt, ist oft die Funktion des Organs eingeschränkt oder komplett aufgehoben. So kann anhand des Symptomkomplexes schon eine erste Einschätzung der vorliegenden Pathologie getroffen werden.
Neben Entzündungen sind Probleme der Durchblutung häufige Ursachen von abdominellen Beschwerden. Dabei kann sowohl ein Gefäßverschluss, im Sinne eines Mesenterialinfarktes, oder ein großer Blutverlust infrage kommen. Bei einem großen Blutverlust reagiert das Peritoneum durch eine Abwehrspannung, die sich im Verlauf auf den ganzen Bauchraum auswirkt. Außerdem kommt es bei großen Einblutungen in der Folge zu einem Volumenmangelschock, welcher kausal nur durch eine chirurgische Versorgung kuriert werden kann.
Mechanische Probleme spielen in der präklinischen Versorgung ebenfalls eine Rolle. Darunter fällt zum Beispiel das Krankheitsbild der Hernie oder ein mechanischer Ileus, bei dem die Passage des Speisebreis behindert wird, da das Lumen sich durch die Verlegung verringert.
Schmerzlokalisation anhand der anatomischen Gegebenheiten
Auch die anatomische Lage der Bauchorgane sollte als Wissen vorausgesetzt sein. So kann durch die Schmerzlokalisation eine Einordnung getroffen werden, um welches Organ oder Organsystem es sich handelt.
Rechter Oberbauch
Gallenkolik
Magenulcus
Duodenalulcus
Nierenkolik
Gastritis/Gastroenteritis
Pankreatitis
Gastrointestinale Blutung
Leberzirrhose
Stauungsleber
Pneumonie
Akutes Koronarsyndrom
Linker Oberbauch
Magenulcus
Milztrauma
Splenomegalie
Nierenkolik
Gastritis/Gastroenteritis
Pankreatitis
Gastrointestinale Blutung
Pneumonie
Akutes Aortensyndrom
Akutes Koronarsyndrom
Rechter Unterbauch
Appendizitis
Adnexitis
Salpingitis
Extrauterine Gravidität
Divertikulitis
Gastroenteritis
Gastrointestinale Blutung
Nierenkolik
Hernie
Peritonitis
Mesenterialinfarkt
Ileus
Linker Unterbauch
Divertikulitis
Adnexitis
Salpingitis
Extrauterine Gravidität
Appendizitis
Gastroenteritis
Gastrointestinale Blutung
Nierenkolik
Hernie
Peritonitis
Mesenterialinfarkt
Ileus
Periumbilikaler Bereich
Pankreatitis
Akutes Koronarsyndrom
Magenulkus
Duodenalulkus
Appendizitis
Gastroenteritis
Hernie
Akutes Aortensyndrom
Ösophagitis
Peritonitis
Splenomegalie
Mesenterialinfarkt
Achtung
Weiterhin können organferne Krankheitsbilder auch schmerzhafte Projektionen in den Bauchraum zeigen. So kann ein akutes Koronarsyndrom beispielsweise Oberbauchschmerzen verursachen oder sich ein psychischer Konflikt in Diarrhöen äußern.
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Klinischer Eindruck
Typische Zeichen
Je nach Krankheitsbild gibt es typische Zeichen, die einen guten Hinweis für die Diagnosestellung geben können. Die wichtigsten Schlüsselworte für gängige Krankheitsbilder findest du hier:
Gürtelförmiger Oberbauchschmerz, teils mit verstärkter Projektion in linken Oberbauch → Pankreatitis
Schmerz im rechten oberen Quadranten, exazerbiert nach fettigem Essen, ölige farblose Stühle → Obstruktion der Gallenwege durch Choledocholithiasis, Cholezystitis, oder Cholezystolithiasis
Schmerz im Epigatrium, oft begleitet von Sodbrennen → Gastritis → CAVE: Magenulkus
Schmerzen im rechten Unterbauch, teils auch Zerreißungsschmerz bei Ruptur, Loslassschmerz im linken Unterbauch → Appendizitis → DD: Gynäkologische Krankheitsbilder (Ovarialzystenruptur, Stiehldrehung), Schmerzprojektion bei rechtsseitigen Nierenkoliken
Schmerz im linken Unterbauch, teils kolikartig oder alsEntzündungsschmerz → Sigmadivertikulitis
Plötzlicher Zerreißungsschmerz im Oberbauch oder mit Ausstrahlung in den Rücken, mit gleichzeitiger Blutdruckdifferenz zwischen dem rechten und linken Arm → Aortendissektion
Tipp
Auch hier fällt auf, dass die Lokalisation des Schmerzes bei genauer Kenntnis der Anatomie sehr viel einfacher zuordnen kann als wenn man die Anatomie nicht beherrscht.
Generalisierte Zeichen
In vielen Fällen liegt eine Entzündung eines Bachorgans vor. Dabei hilft es, sich die klassischen Entzündungszeichen ins Gedächtnis zu rufen.
Info
Entzündungszeichen
Die folgenden Zeichen gehen typischerweise mit einer Entzündung einher und zeigen die Abwehrreaktion des Körpers: → Rubor (Rötung): Durch vermehrte Durchblutung der entzündeten Region → Calor (Überwärmung): Aufgrund erhöhterStoffwechselaktivität und verstärkter Durchblutung → Tumor (Schwellung): Durch Flüssigkeitsaustritt aus den Gefäßen ins Gewebe (Ödem) → Dolor (Schmerz): Durch Druck auf Nervenenden und die Freisetzung von Schmerzmediatoren (z. B. Prostaglandine) → Functio laesa (Funktionsverlust): Einschränkung der Funktion durch Schwellung, Schmerz oder Gewebeschädigung
Weiterhin können diffuse Zeichen vorliegen, wie:
Blässe
Kaltschweißigkeit
Hypotonie und Tachykardie
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Diagnostik
Anamnese
Neben der allgemeinen Anamnese sind bei Abdominalschmerzen spezifische Informationen, wie zum Beispiel die des Stuhlgangs, von besonderer Wichtigkeit.
Stuhlanamnese:
Da viele abdominelle Beschwerden mit Problemen des Gastrointestinaltrakts zu tun haben, ist eine Stuhlanamnese wichtig und kann relevante Informationen bereitstellen.
Zu erhebende Informationen sind dabei z.B.:
Frequenz des Stuhlgangs
Zeit des letzten abgesetztes Stuhlgangs
Anomalien in Konsistenz und Farbe
Info
Wenn eine Diarrhö beschrieben wird, ist es zur Vorsorge vor der Infektion mit übertragbaren Krankheiten immer ratsam zu erfragen, ob auch Erbrechen vorgelegen hat. Oft wird eine Person mit Diarrhö und Erbrechen auch im Krankenhaus zunächst isoliert behandelt, bevor eine Infektion ausgeschlossen ist.
Bei einigen Krankheitsbildern geht die Symptomatik mit einem oder mehreren Stuhlcharakteristiken einher:
Fettige Stühle, teils entfärbt → Obstruktion der Gallenwege durch Choledocholithiasis, Cholezystitis, oder Cholezystolithiasis
Voluminöser Stuhl mit üblem Geruch (Fettstühle bzw. Steatorrhö) → Pankreatitis
Teerstühle (Stuhl ist stark dunkel gefärbt, krümelig und stinkt) → Obere GI-Blutung
Schmerzanamnese:
Der Sammelbegriff des Akuten Abdomens beinhaltet normalerweise auch Schmerzen. Eine Schmerzanamnese ist dabei unerlässlich.
Tipp
OPQRST-Schema zur Schmerzanamnese
Zur standardisierten Schmerzanamnese hilft das OPQRST-Schemawichtige Erkenntnisse zu gewinnen. Das Akronym stammt aus dem Englischen, wobei jeder Buchstabe für eine wichtige Information über den Schmerz steht:
O = Onset (Beginn)
Zeit und Bedingungen bei Schmerzbeginn?
Kann Hinweis zur Kausalität der Schmerzen geben
P = Provocation (Auslöser)
Schmerz direkt an Bewegung, Nahrungsaufnahme oder Ähnliches gebunden?
Maßnahmen zur Linderung oder Exazerbation des Schmerzes
Q = Quality (Schmerzbeschreibung)
Stechender, dumpfer, brennender oder drückender Schmerz?
Tipp: Oft hilft es den Patient:innen Beispiele wie die obigen zu geben, um die Qualität des Schmerzes zu erfragen
R = Radiation (Ausstrahlungen)
Projektion des Schmerzes in distale Bereiche?
Differenzierung zwischen Ursprung und Ausstrahlung des Schmerzes
S = Severity (Schmerzstärke)
Einschätzung der Schmerzstärke auf einer Skala von 1 bis 10?
Teils wird auch die visuelle Analogskala (VAS) genutzt
T = Time (Verlauf)
Abgrenzung zwischen dauerhaftem Schmerz oder Schmerzattacken?
Abfrage, ob der Schmerz sich über die Zeit verändert hat und wenn ja, inwiefern
Weiterhin kann der Verlauf des Schmerzes wichtige Informationen zur Schmerzursache geben.
Kolikartige Schmerzen treten in Wellen auf und haben oft ein rhythmisches Muster
Entzündungsschmerzen nehmen initial konstant zu und bleiben dann auf einem konstant hohen Niveau
Zerreißungsschmerz äußert sich in einem sehr starken Schmerzereignis
Danach schließt sich oft ein schmerzfreies Intervall an, welchem eine Art Entzündungsschmerz angeschlossen ist
Schmerztyp
Schmerzverlauf
Beispiele
Perforationsschmerz
Typischerweise in drei Stadien:
Initial: plötzlich einsetzender, starker Schmerz
Anschließende Phase der relativer Schmerzlinderung
Erneute Schmerzzunahme mit Abwehrspannung
Kolikschmerz
Krampfartiger, wellenförmiger Schmerz, der in Intensität variiert
Häufig durch die Bewegung von Hohlorganen wie dem Darm, Ureter oder Gallengängen, wenn diese versuchen, ein Hindernis (z.B. Stein, Tumor) zu passieren
Entzündungsschmerz
Ein anhaltender, oft dumpfer Schmerz, der mit der Zeit stufenweise zunimmt
Mit lokaler Entzündungsreaktion wie Rötung, Schwellung und Überwärmung sowie systemischen Symptomen wie Fieber
Ganz nach der Namensgebung treten Zerreißungsschmerzen zum Beispiel bei Organrupturen auf (wie die Ruptur einer Ovarialzyste oder eine Ruptur des Appendix), während Entzündungsschmerzen für die Entzündung eines Organs sprechen. Kolikartige Schmerzen treten oft bei (Hohl-)Organen auf, welche Transport über Peristaltik vornehmen (zum Beispiel Cholezystolithiasis oder ein Ileus).
Schmerzausstrahlung:
Die Schmerzausstrahlung beschreibt das Phänomen, dass Schmerzempfindungen nicht nur am Ursprungsort wahrgenommen werden, sondern auch in entfernte Körperregionen projiziert werden können. Diese Ausstrahlung kann diagnostische Hinweise liefern, da bestimmte Erkrankungen des Abdomens charakteristische Muster der Schmerzausstrahlung aufweisen.
Klinische Untersuchung
Inspektion:
Blässe
Operationsnarben bei erfolgten Operationen
Aufgeblähter Bauch
Ikterus bei Lebererkrankungen
Merke
Auskultation vor Palpation
Vor der Palpation oder Perkussion sollte ganz besonders im Falle der abdominellen Untersuchungerst die Auskultation erfolgen, da die Peristaltik durch eine manuelle Manipulation (wie eine abdominelle Palpation) beeinflusst werden kann. Die auskultatorischen Befunde wären verfälscht, wenn zuvor die Palpation erfolgt ist.
Auskultation:
Die Auskultation des Abdomens solltest du typischerweise in den vier Quadranten des Bauches durchführen:
Rechter oberer Quadrant
Linker oberer Quadrant
Rechter unterer Quadrant
Linker unterer Quadrant
Die Punkte in der Abbildung zeigen dir die klassischen Auskultationspunkte. Diese sind natürlich individuell, abhängig von der Körperproportionen der Person, zu wählen.
Normalerweise ist immer ein gewisses Maß an Peristaltik in Form von gluckernden Geräuschen hörbar
Manche Krankheitsbilder gehen mit Änderung der Peristaltik einher und können auskultatorisch befundet werden
Peristaltik
Mögliche Ursachen
Hyperperistaltik
Durchfallerkrankungen
Gastroenteritis
Reizdarmsyndrom
Einname von Medikamenten (z.B. Pyridostigmin, Koffein)
Hypoperistaltik
Paralytischer Ileus
Peritonitis
Einname von Medikamenten (z.B. Butylscopolamin, Opiate)
Info
Da bei einem paralytischen Ileus oft keine Darmgeräusche mehr hörbar sind, wird dieses Phänomen auch als„Grabesstille des Darms“ bezeichnet.
Palpation:
Blähung des Bauchraums
Aszites:
Dabei werden beide Hände des Untersuchers an die lateralen Begrenzungen des Abdomens gelegt
Während eine Hand dort liegen bleibt und tastet, wird mit der gegenüberliegenden Handruckartig Druck auf den Bauchraum ausgeübt
Im Fall einer Aszites ist die Druckwelle durch das vorhandene Bauchwasser auf der Seite der tastenden Hand spürbar
Schmerzlokalisation durch druckschmerzhafte Provokation:
Erst erfolgt eine orientierende Palpation der vier Quadranten (oben links und rechts und unten links und rechts) sowie des Epigastriums
Begonnen wird dabei immer am schmerzärmsten Areal (Ist die Schmerzangabe also im linken Oberbauch, wird die Untersuchung im rechten Unterbauch begonnen und sich vorgearbeitet)
Wenn der Schmerz so nicht provoziert werden kann, folgt eine tiefe Palpation, bei der etwas mehr Kraft aufgewandt wird
Manche Schmerzlokalisationen sind typisch für einzelne Krankheitsbilder:
McBurney-, Lanz- und Blumberg-Punkt, sowie das Psoas-Zeichen, für eine Appendizitis
Murphy-Zeichen bei Cholelithiasis
Mehr Informationen zu diesen Charakteristika findet ihr in den Artikeln zu den jeweiligen Krankheitsbildern
Tipp
Bei Beschwerden wie Nierenkoliken (kolikartige Schmerzen über den Nierenlagern, den Flanken und/oder mit Ausstrahlung in die Genitalien) nicht vergessen, die Nierenlager abzuklopfen! Bei Obstruktion durch Nierensteine kann der Schmerz provoziert werden.
Perkussion:
Die indirekte Perkussion wird analog zu der Auskultation in allen vier Quadranten durchgeführt (siehe Abbildung):
Rechter oberer Quadrant
Linker oberer Quadrant
Rechter unterer Quadrant
Linker unterer Quadrant
Info
Für die indirekte Perkussion drückst du den Mittelfinger deiner nicht-dominanten Hand flach auf die Bauchhaut. Mit dem Mittelfinger (oder Mittel- und Zeigefinger) der dominanten Hand klopfst du dann leicht auf das Mittelglied des aufliegenden Fingers. Dabei entsteht ein charakteristisches Klang- und Vibrationsmuster, das bewertet werden muss.
Sonorer Klopfschall:
Hinweis auf luftgefüllte Bereiche
Normaler Klopfschall über den gesunden Lungen
Hyposonorer Klopfschall:
Schall stellt sich alsgedämpft und leise dar
Hinweis auf Gewebe unterhalb der perkutierten Fläche
Kann auch für Exsudat innerhalb der Lungen, zum Beispiel bei einer Pneumonie sprechen
Hypersonorer Klopfschall:
Schall stellt sich alslaut und hohl dar
Hinweis auf überblähte, luftgefüllte Räume, zum Beispiel bei
Tympanitischer Klopfschall:
Eher laut und hohl
Spricht für gasgefüllte Hohlorgane, zum Beispiel gasgefüllte Darmschlingen
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Therapie
Spezifische Maßnahmen
Schnellen Transport anstreben
Baudeckenentlastende Lagerung initiieren:
Beine anwinkeln
Oberkörper leicht erhöht
Bei kompromittierter Kreislaufsituation zweii.v.-Zugänge implementieren
Bei massivem Blutverlust mit Volumenmangelschock soll eine permissive Hypotension angestrebt werden
Analgesie, wenn notwendig:
In vielen Fällen reichen auch Nicht-Opioide aus
Weitere Informationen zur Analgesie (siehe Artikel Leitsymptom Abdominalschmerz)
Weitere Maßnahmen
Kreislaufmonitoring:
Insbesondere die Herzfrequenz und der Blutdruck sollen kontinuierlich überwacht werden, um einen Volumenmangel frühzeitig zu erkennen
Auch die Sauerstoffsättigung muss kontinuierlich kontrolliert werden
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Besondere Situationen
Schockmanagement:
Durch einen absoluten Volumenmangel bei großen Blutungen oder einen relativen Volumenmangel bei septisch-toxischen Krankheitsbildern kann es zu einem Schockgeschehen kommen.
Wichtig dabei ist es, den Schock schnell zu erkennen und dem Mechanismus entgegenzuwirken. Dabei ist eine angepasste Volumengabe, sowie die Gabe von Vasopressoren oder Katecholaminen denkbar.
Achtung
Insbesondere bei großen abdominellen Blutungen ist eine kausale Therapie nur durch eine chirurgische Intervention möglich und ein schneller Transport sollte hoch priorisiert werden.
Verschlechterung der respiratorischen Situation:
Im Fall eines Ileus kann ein Rückstaub des Kotes schwer verlaufen und eine Atemwegsbeeinträchtigung zur Folge haben. Je nachdem, wie gut die Bewusstseinslage sich darstellt, kommt eine Schutzintubation infrage.
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Weitere Therapie im klinischen Setting
In dieser Situation kann es helfen, sich mental auf die nächsten Schritte vorzubereiten. Dafür ist es ratsam, schon auf der Fahrt zum Krankenhaus zu erklären, wie das weitere Prozedere im Krankenhaus aussieht und worauf die erkrankte Person sich potenziell einstellen muss.
Achtung
Da die Therapie je nach aufnehmendem Krankenhaus und Behandler:in variieren kann, empfiehlt es sich nicht, einen bestimmten Behandlungsweg detailliert zu beschreiben. Eine grobe Skizzierung des weiteren Behandlungspfades reicht völlig aus, um Unsicherheiten zu minimieren. Die weiteren Informationen dienen ausschließlich eurer Information als Fachpersonal!
Diagnostik:
Um die genaue Krankheitsursache zu finden, ist eine erweiterte Diagnostik meist notwendig. Dafür stehen mehrere Methoden zur Verfügung, die je nach Verdachtsdiagnose geeignet sind.
Laboruntersuchungen von Blut-, Urin- oder Stuhlproben
Sonografie des Abdomens zur Erkennung struktureller Veränderungen
Radiologische Interventionen, wie Computertomografien oder auch Röntgen-Untersuchungen
Gastroskopie oder Koloskopie
Info
In seltenen Fällen kann durch nicht-invasive Verfahren keine Diagnose gestellt werden, während der Leidensdruck unverändert hoch bleibt oder sich weiter verstärkt. Dann kann es zu einer sogenannten explorativen Laparoskopie kommen, bei der durch ein minimalinvasives Verfahren ein Blick in die Bauchhöhle geworfen werden kann. In dem Verfahren ist auch eine Probengewinnung oder erste therapeutische Maßnahmen möglich.
Therapie:
Wenn eine Diagnose gefunden wurde, folgt eine Therapie. Diese kann chirurgisch oder konventionell vorgenommen werden.
Mögliche Maßnahmen sind:
Antibiose
Analgesie
Laparoskopie oder Laparotomie
Endoskopische Verfahren
Intensivmedizinsiche Betreuung:
Bei instabilen Vitalparametern oder massivem Blutverlust ist eine intensivmedizinische Überwachung und Therapie erforderlich, um die Kreislauffunktion und Organperfusion sicherzustellen.
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Transport
Die Wahl des Zielkrankenhauses richtet sich nach dem individuellen Fall. Idealerweise wird eine Klinik angesteuert, die sowohl eine endoskopische Versorgungals auch die Möglichkeit einer allgemeinchirurgischen Versorgung bietet.
Es sollte auf freie Atemwege bei Bewusstseinsminderung geachtet werden und eine ständige Überwachung der Vitalparameter erfolgen. Bei instabiler Kreislaufsituation sollte der Transport unter kontinuierlicher Kreislaufüberwachung und gegebenenfalls medikamentöser Unterstützung erfolgen.
Weiterhin muss die Lagerung stark abhängig vom aktuellen Bewusstseinszustand angepasst werden.
Bei einer akuten, schweren Bewusstseinsstörung ist eine Lagerung in stabiler Seitenlage oder eine Schutzintubation in Flachlagerung anzustreben
Bei einer guten Bewusstseinslage ist eine Oberkörperhochlagerung sinnvoll, erweitert werden die Beine angewinkelt gelagert, um die Bauchdecke zu entlasten
Merke
Wenn eine sofortige Intervention in der Klinik benötigt wird oder eine Stabilisierung des Zustands präklinisch nicht möglich sein sollte, muss immer eine telefonische Anmeldung im Krankenhaus erfolgen. Das gilt auch, wenn der Zustand sich innerhalb des Transportweges verschlechtert. Das Team in Krankenhaus kann sich dann entsprechend vorbereiten und weitere Maßnahmen vorbereiten.
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Prüfungswissen
Definition:
Dringlicher Notfall mit plötzlichen, starken Bauchschmerzen
Oft begleitet von Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Kreislaufproblemen oder Abwehrspannung
Ursachen:
Entzündungen (Appendizitis)
Ruptur eines Hohlorgans (Milzruptur)
Blutungen (Magenulkusruptur)
Ischämie (Mesenterialinfarkt
Obstruktion (Ileus, Cholelithiasis)
Klinischer Eindruck:
Schmerz, je nach Krankheitsbild mehr oder weniger charakteristisch
Entzündungszeichen
Blässe
Schmerzanamnese beachten
Koliken bei Hohlorganen mit peristaltischer Bewegung
Entzündungsschmerz bei Entzündungen
Zerreißungsschmerz bei Perforation
Stuhlauffälligkeiten
Veränderungen von Frequenz, Aussehen oder Konsistenz des Stuhls
Diagnostik:
Hyperperistaltik bei Diarrhö, Gastroenteritis, Reizdarmsyndrom
Hypoperistlatik bei paralytischem Ileus, Peritonitis
Info
Da bei einem paralytischen Ileus oft keine Darmgeräusche mehr hörbar sind, wird dieses Phänomen auch als„Grabesstille des Darms“ bezeichnet.
Therapie:
Lagerung mit Bauchdeckenentlastung
Analgesie
Volumenersatztherapie bei Volumenmangel
Antibiose bei bakteriellen Infektionen
Transport:
Zielkrankenhaus: Endoskopische Versorgung mit der Möglichkeit einer chirurgischen Intervention
Anmeldung im Krankenhaus bei sofort benötigter Therapie oder instabilem Zustand
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