Zusammenfassung
Chronischer Alkoholkonsum oberhalb der Risikogrenze (Männer 30g reiner Alkohol/Tag, Frauen 20g reiner Alkohol/Tag) ist in Deutschland die Hauptursache für chronische Lebererkrankungen. Die Leberschäden entwickeln sich meistens durch langjährigen Alkoholkonsum von der reversiblen Steatosis hepatis, über die alkoholische Steatohepatitis (ASH) bis hin zur irreversiblen Leberfibrose. Bei weiterem Progress kommt es zur Leberzirrhose
Neben den chronischen Schäden entstehen auch bei einem akuten Alkoholexzess akut-toxische Leberschäden. Diese sind in der Regel vollständig reversibel (alkoholtoxischer Leberschaden)
Pathophysiologie
In der Leber wird Alkohol (Ethanol) hauptsächlich durch die Aldehyddehydrogenase (ADH) zu Acetaldehyd umgewandelt. Dieses lebertoxische Stoffwechselprodukt führt zu einer Schädigung der Leberzellen. Außerdem kommt es zu einer Störung des Fettstoffwechsels in der Leber. Die Folge ist eine Fettleber. Bei dauerhaftem Alkoholkonsum kann es zu einer Entzündung und Fibrose der Leber kommen.
Bei regelmäßigem Gebrauch wird zusätzlich CYP2E1 (MEOS: mikrosomales Ethanol-oxidierendes System) induziert. Dieses führt zu einem schnelleren Alkoholabbau und sorgt für die Gewöhnung an regelmäßigen Alkoholkonsum.
Klinik
Alkoholische Steatosis hepatis & alkoholische Steatohepatitis (ASH)
- Häufig symptomarme Verläufe
MerkeMerkspruch zu Erkrankungen der Leber: „die Leber leidet stumm“
- Allgemein: Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Fieber
- Hepatomegalie mit Völlegefühl oder Bauchschmerzen im rechten Oberbauch
- Ggf. Entzugssymptomatik
- Warnzeichen:
- Ikterus
- Hepatische Enzephalopathie
- Lebersynthesestörung (Koagulopathie, Albuminmangel
) - Zieve-Syndrom: alkoholtoxische Hepatitis + Hyperlipidämie + hämolytische Anämie
- Bei Progress: Symptome der Leberzirrhose
- Ikterus
- Extrahepatische Manifestation chronischen Alkoholkonsums (Auswahl)
- Alkoholtoxische Gastritis
- Akute & chronische Pankreatitis
- Mallory-Weiss-Syndrom
bei starkem Erbrechen - Wernicke-Korsakoff-Syndrom (Vitamin-B1-Mangel)
- Alkoholische Polyneuropathie (Vitamin-B6-Mangel)
- Alkoholische Kardiomyopathie
- Erhöhtes Krebsrisiko: Leber, Ösophagus, Kolon, Larynx, Pharynx, Brust
- Infektanfälligkeit
Diagnostik
- Anamnese: Menge & Häufigkeit des Alkoholkonsums (ggf. Einbezug von nahestehenden Personen zur Bestätigung) & Identifikation möglicher weiterer hepatotoxischer Faktoren (Medikamente, Dyslipidämie, metabolisches Syndrom
) - CAGE-Test
(Cut down drinking?, Annoying?, Guilty?, Eye-opener?)
- CAGE-Test
- Körperliche Untersuchung: Hepatomegalie, ggf. zirrhotische Leber
- Laboranalyse:
- Hinweise auf Alkoholmissbrauch: ↑ GGT, ↑ MCV, ↑ Ferritin
, ↑ IgA - Carbohydrate deficient Transferrin
(CDT): spezifischster Laborparameter für einen chronischen Alkoholabusus - DD: MASLD oder Alkoholtoxische Lebererkrankung
- Bei ASH zusätzlich:
- ↑ Transaminase (De-Ritis-Quotient
>1) - ↑ GLDH
- ↑ Bilirubin
- ↓ Syntheseparameter: ↓ Albumin
, ↓ Quick, ↓ Cholinesterase
- ↑ Transaminase (De-Ritis-Quotient
- Ggf. Ausschluss Hepatitis B & C, Ausschluss Cholestase
- Hinweise auf Alkoholmissbrauch: ↑ GGT, ↑ MCV, ↑ Ferritin
- Sonografie der Leber: das Gewebe bei der Steatosis hepatis zeigt sich echoreicher als die angrenzende Nierenrinde, typischerweise abgerundeter Leberrand; ggf. Zeichen einer Leberzirrhose
erkennbar - Weitere Bildgebungsverfahren:
- CT mit Kontrastmittel (typischerweise hypodense Leber)/MRT mit Kontrastmittel
- Sonografische Elastografie /MR Elastografie: Beurteilung des Fibrosegrads
- Invasiv: Leber-Biopsie
- Histologisch ist keine Differenzierung der nicht-alkoholischen zur alkoholischen Steatohepatitis möglich (beide Pathologien zeigen die gleiche Histologie)
- Möglichkeit der Differenzierung von Steatohepatitis (NASH), Leberfibrose und Leberzirrhose
Pathohistologie
Alkoholische Steatosis hepatis | Alkoholische Steatohepatitis (ASH) | Leberzirrhose |
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Therapie
- Am wichtigsten: Alkoholabstinenz
- Ggf. Selbsthilfegruppen
- Weitere Allgemeinmaßnahmen: Lebensstilanpassung
- Ggf. Gewichtsreduktion (0,5-1 kg/Woche), Sport
- Pharmakologische Therapie:
- Vitaminsubstitution: A, B, C (v.a. Vitamin B1 und B6)
- Ggf. Glukokortikoide
(Prednisolon ) bei schwerer Hepatitis (nur wenn eine virale Hepatitis oder andere Infektion ausgeschlossen wurde!)
→ Senkt das akute Sterblichkeitsrisiko
- Ggf. Lebertransplantation
- Bei akutem oder chronischen Leberversagen, wenn seit min. 6 Monaten kein Alkoholkonsum stattgefunden hat
- Aktive Suchterkrankungen (Alkohol/Drogen) stellen eine Kontraindikation für die Lebertransplantation dar
TippBei Patienten mit chronisch pathologischem Alkoholkonsum sollte direkt Vitamin B1 (Thiamin) gegeben werden, um einem Wernicke-Korsakow-Syndrom vorzubeugen.
Quellen
- S2k-Leitlinie Nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen, Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS)