Von einer Anämie spricht man bei einer Erniedrigung des Hb-Wertes, des Hämatokrits oder der Erythrozytenzahl.
Mittels der Transfusion von Erythrozytenkonzentraten kann eine Anämie kurzfristig therapiert werden. Eine nachhaltige Therapie ist jedoch nur möglich, wenn man die Ursache herausfindet. Neben akuten und chronischen Blutungen gibt es viele weitere Ursachen, wie z.B. eine Hämolyse, eine chronische Erkrankung oder ein Mangel an Eisen oder Vitaminen.
Im Folgenden geben wir euch eine Übersicht über die Ursachen und die Laborparameter, anhand derer ihr differenzialdiagnostisch vorgehen könnt. Die häufigste Anämie ist die Eisenmangelanämie. Im Artikel Eisenmangel gehen wir auf die Eisenmangelanämie und deren laborchemische Diagnostik gesondert ein. Im Artikel Hämolyse gehen wir gesondert auf die Hämolyseparameter ein.
Differenzialdiagnostik
Bei einem geringen Hb-Wert liegt eine Anämie vor. Abhängig vom MCV und MCH-Wert unterscheidet man:
MCV↓: Mikrozytäre Anämie
MCH↓: Hypochrome Anämie
MCV=: Normozytäre Anämie
MCH=: Normochrome Anämie
MCV↑: Makrozytäre Anämie
MCH↑: Hyperchrome Anämie
Mikrozytäre, hypochrome Anämie
Bei einer mikrozytären, hypochromen Anämie ist anhand des Ferritinwertes eine weitere Differenzierung möglich. Eine erniedrigter Ferritinwert ist praktisch beweisend für eine Eisenmangelanämie. Da Ferritin ein Akute-Phase-Protein ist, kann es bei einer Entzündung erhöht sein. Ist die Transferrinsättigung vermindert und der soluble (löslicher)Transferin-Rezeptorerhöht, so spricht dies für eine Eisenmangelanämie.
Anhand der Entzündungsparameter und der Hämolysezeichen lässt sich eine weitere Differenzierung zwischen Anemia of chronic disease und einer Thalassämie erreichen.
Die Eisenmangelanämie und die Anemia of chronic disease sind die häufigsten Anämieformen.
Normochrome Anämie
Bei einer normochromen Anämie liefern die Retikulozyten wichtige Hinweise auf die Genese. Bei einer erhöhtenBlutbildung kommt es zu erhöhten Retikulozytenwerten.
Bei einer subakutenBlutung sind die Retikulozyten daher erhöht. Die Hämolyseparameter geben Aufschluss über das Vorliegen einer Hämolyse. Bei dieser kommt es ebenfalls zu einer erhöhten Nachbildung der Erythrozyten.
Bei einer renalen oder aplastischen Anämie kommt es zu einer vermindertenBlutbildung im Knochenmark, auf der die Anämie beruht. Daher sind bei diesen Anämieformen die Retikulozytenerniedrigt.
Makrozytäre Anämie
Eine makrozytäreAnämie ist meistens auf einen Vitamin-B12- oder Folsäure-Mangel zurückzuführen. Bei dem Verdacht auf einen Vitaminmangel sollten die Vitamin-Spiegel bestimmt werden. Es sollte auch eine Abklärung der Ursache des Vitamin-Mangels erfolgen. So kann eine Typ-A-Gastritis zu einer verminderten Aufnahme von Vitamin-B-12 führen. In diesem Fall wird die Anämie als perniziöse Anämie bezeichnet.
Bei einer makrozytären Anämie sollte ebenfalls an ein myelodysplastisches Syndrom gedacht werden.
MCV & MCH bei einer Eisenmangelanämie und bei einem Vitamin-B12- oder Folsäuremangel
Bei einer Eisenmangelanämie kommt es zu einer mikrozytären, hypochromen Anämie. Dies liegt daran, dass zwar genug Erythrozyten gebildet werden können, jedoch nicht genug Eisen für die Synthese von Hämoglobin vorliegt. Es resultieren kleineErythrozyten mit einer geringenHämoglobinbeladung.
Bei einem Vitamin-B12- oder Folsäuremangel können nicht genug Erythrozyten gebildet werden. Die vorhandenen Erythrozyten werden übermäßig mit Hämoglobin beladen und es resultieren großeErythrozyten mit einem hohenHb-Gehalt.
Akute Blutung
Bei einer akuten Blutung ist der Hb-Wert in der Regel nichtsofort erniedrigt. Erst im Verlauf kommt es zu einem ausgleichendenFlüssigkeitseinstrom in die Gefäße und so zu einer Verdünnung des Hb-Wertes. Es kann also trotz (noch) normwertigem Hb-Wert eine akute Blutung vorliegen.
Achtung
Bei einer akuten Blutung ist der Hb-Wert in der Regel nichtsofort erniedrigt. Es kann also trotz normwertigem Hb-Wert eine akute Blutung vorliegen.
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Quellen
S1-Leitlinie Eisenmangelanämie, Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO), Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ)