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Anamnese des Kindes

5 Minuten Lesezeit

Anamnese

Bei der Anamnese sind vereinfacht folgende Bereiche zu berücksichtigen, über die Informationen zu sammeln sind:

  • Aktuelle Beschwerden
  • Allergien
  • Medikamenteneinnahme
  • Auffälligkeiten während der Schwangerschaft
  • Auffälligkeiten bei Geburt
  • Entwicklungsstand
  • Ernährung, Schlafverhalten
  • Vorerkrankungen
  • Familienanamnese
  • Soziale Anamnese 
 Achtung

Vor einer ausführlichen Anamnese sollte eine notfallmäßige Einschätzung des Kindes erfolgen, um bei Verdacht auf eine schwere Erkrankung unverzüglich die Notfallversorgung zu priorisieren.

Gehe hierfür nach der SAMPLER-Methode vor:

Sie steht für Symptome, Allergien, Medikamente, Patientengeschichte, Letzte Mahlzeit, Ereignisse, die zur Situation führten, und Risiken (z.B. Rauchen der Eltern). Diese Methode hilft, schnell relevante Informationen zu sammeln und eine fundierte Ersteinschätzung vorzunehmen.

Aktuelle Beschwerden

Die Erfassung der aktuellen Beschwerden ist ein entscheidender Schritt, um den Grund für den Arztbesuch zu verstehen und gleichzeitig potenzielle akute Erkrankungen frühzeitig zu erkennen. Indem die Hauptsymptome präzise beschrieben und die Entwicklung der Beschwerden genau nachverfolgt werden, kann eine fundierte Basis für die weitere Diagnostik und Behandlung geschaffen werden.

Beispielhafte Fragen: 

 Tipp

Zur Orientierung können folgende hilfreiche und nützliche Fragen gestellt werden:

  • Was sind die Hauptbeschwerden?
  • Seit wann bestehen die Symptome?
  • Gibt es begleitende Symptome?
  • Wie schnell haben sich die Symptome entwickelt und zeitlich verändert?
  • Sind Allergien bekannt?
  • Welche Maßnahmen wurden bisher durchgeführt (Medikamente, Hausmittel)?
  • Gab es kürzlich Kontakt zu Personen mit ansteckenden Krankheiten?
  • Bestehen Vorerkrankungen oder Voroperationen?

Schwangerschafts- und Geburtsanamnese

Informationen über die Schwangerschaft sind von großer Bedeutung, da sie einen wichtigen Aufschluss über mögliche Risikofaktoren geben können, die das Wohlbefinden und die Gesundheit des Kindes nachhaltig beeinflussen. Insbesondere können gesundheitliche Komplikationen der Mutter während der Schwangerschaft oder spezielle Umstände, wie etwa Infektionen oder Medikamente, Hinweise auf potenzielle Herausforderungen für das Kind liefern. Darüber hinaus spielen auch die genauen Umstände der Geburt eine zentrale Rolle, da sie wertvolle Informationen über den Geburtsverlauf bieten und Hinweise auf notwendige medizinische Maßnahmen sowohl in der sofortigen Versorgung als auch in der langfristigen Betreuung des Kindes geben können.

 Tipp

Hier einige beispielhafte und praxisorientierte Fragen zur Orientierung, die bei der strukturierten Erhebung der Schwangerschafts- und Geburtsanamnese hilfreich sein können:

  • Gab es Komplikationen (Blutungen, Infektionen, etc.) während der Schwangerschaft?
  • Wurden Medikamente während der Schwangerschaft eingenommen?
  • Wurde während der Schwangerschaft geraucht, Alkohol oder andere Drogen konsumiert?
  • In welcher Schwangerschaftswoche ist das Kind geboren worden?
  • Gab es vorherige Geburten, Schwangerschaften und Fehlgeburten?
  • War es eine vaginale Geburt oder ein Kaiserschnitt (Geburtsmodus)?
  • Gab es Geburtskomplikationen?
  • Wie waren das Geburtsgewicht, die Körperlänge und der Kopfumfang des Kindes bei der Geburt?
  • Gab es Auffälligkeiten im Neugeborenenscreening oder bei den Vorsorgeuntersuchungen?

Ernährungsanamnese

Die Erfassung der Ernährungsgewohnheiten eines Kindes stellt einen essenziellen Bestandteil der pädiatrischen Anamnese dar, da die Ernährung nicht nur maßgeblich das Wachstum und die körperliche Entwicklung beeinflusst, sondern auch das Immunsystem, die kognitive Entwicklung und das allgemeine Wohlbefinden des Kindes unterstützt. Eine detaillierte Ernährungsanamnese ermöglicht es, eventuelle Defizite oder Überversorgungen frühzeitig zu erkennen und entsprechende präventive oder therapeutische Maßnahmen einzuleiten.

 Tipp

Beispielhafte Fragen, die zur Erhebung des Ernährungszustandes eines Kindes gestellt werden können:

  • Welche Nahrung erhält das Kind aktuell (Muttermilch, Flaschennahrung, Breikost)?
  • Wie ist die genaue Zusammensetzung der Nahrung?
  • Gibt es Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Allergien?
  • Werden Nahrungsergänzungsmittel verabreicht?
  • Wird eine Rachitis- und Kariesprophylaxe mit Vitamin D und Fluor durchgeführt?

Entwicklungsanamnese

Die Überwachung der Entwicklungsmeilensteine hilft, frühzeitig Entwicklungsverzögerungen oder -störungen zu erkennen. 

 Tipp

Beispielhafte Fragen, die als Orientierung dienen, die Entwicklung des Kindes einzuschätzen:

  • Wann wurden wichtige Entwicklungsmeilensteine erreicht (z.B. Krabbeln, Laufen, Sprechen)?
  • Entspricht die Entwicklung der Körpermaße (Gewicht, Länge und Kopfumfang) den Perzentilen?
  • Gibt es Besonderheiten in der motorischen oder sprachlichen Entwicklung?
  • Bestehen Verhaltensauffälligkeiten?
 Info

Was sind Perzentilen?

Perzentilen sind ein in der Kinder- und Jugendheilkunde häufig genutztes statistisches Instrument, um Werte wie Körpergröße oder -gewicht in Bezug auf die Werte von Altersgenossen zu setzen und so die Entwicklung der Parameter einzuschätzen. Hierbei wird ein Einzelwert nach Rang bzw. Größe sortiert. Mithilfe von Perzentilen Kurven oder Tabellen lassen sich die Werte eines Individuums mit denen eines Vergleichskollektivs vergleichen. Vor allem der Verlauf des Wachstums und des Gewichts lässt sich so gut dokumentieren. Ein sogenanntes „Schneiden“ der Perzentile sollte die Behandelnden aufhorchen lassen und zu einer Überprüfung führen. Wichtig ist zudem, dass jeweils passende Vergleichskollektiv zu wählen - so gibt es beispielsweise für Geschlecht oder Herkunft unterschiedlichen Perzentilen Kurven.

Perzentilenkurve für das Gewicht von Mädchen
Gewichtsperzentilenkurve für Mädchen

Familienanamnese

Genetische Prädispositionen und familiäre Gesundheitsgeschichte können das Risiko für bestimmte Erkrankungen beim Kind erhöhen.

 Tipp

Beispielhaft einige Fragen, die gestellt werden können, um sich ein Bild über mögliche erbliche Erkrankungen eines Kindes zu machen:

  • Gibt es chronische Erkrankungen in der Familie?
  • Sind erblich bedingte Krankheiten, Fehlbildungen oder Allergien bekannt?
  • Besteht ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Eltern (Konsanguinität)?

Impfanamnese

Der Impfstatus ist entscheidend für den Schutz des Kindes vor vermeidbaren Infektionskrankheiten.

 Tipp
  • Welche Impfungen wurden durchgeführt?
  • Gibt es ausstehende oder versäumte Impfungen?

Soziale Anamnese

Das soziale Umfeld und Lebensbedingungen können die Gesundheit und Entwicklung des Kindes wesentlich beeinflussen.

 Tipp
  • Wie ist die Wohnsituation?
  • Wie ist die familiäre Situation (Patchworkfamilie, alleinerziehend etc.)?
  • Gibt es besondere Stressfaktoren oder Belastungen in der Familie (Trennung, Arbeitslosigkeit, Suchterkrankungen)?
  • Wie ist die Betreuungssituation (z.B. Kindergarten, Schule)?
  • Sind in Kindergarten oder Schule Schwierigkeiten aufgetreten?
  • Was ist der Beruf der Eltern?
Zuletzt aktualisiert am 04.11.2024
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