Zusammenfassung
Um die wichtigsten Befunde auf einer Röntgen-Thorax-Aufnahme zu erkennen, ist es entscheidend, die grundlegenden anatomischen Strukturen zu kennen. Dies kann jedoch herausfordernd sein, da sich diese Strukturen überlappen und oft nicht klar voneinander abgegrenzt sind. Der Grund dafür liegt in der Natur der Röntgenaufnahmen: Es handelt sich um Summationsbilder. Bei dieser Technik durchdringt die Röntgenstrahlung
Strukturen mit unterschiedlicher Dichte, wie das luftgefüllte Lungengewebe und das röntgendichtere Herz, lassen sich jedoch deutlich voneinander unterscheiden.
Anatomische Strukturen
Im Folgenden werden die anatomischen Strukturen von innen nach außen betrachtet.
MerkeRechts im Bild entspricht der linken Patient:innenseite und links im Bild entspricht der rechten Patient:innenseite.

Case courtesy of Usman Bashir, Radiopaedia.org, rID: 18394
Mediastinum
Das Mediastinum hat in der p.a.-Aufnahme
Der Mediastinalschatten sollte auf einem Röntgenbild der Lunge scharf begrenzt sein. Die Breite des Mediastinums und die Größe des Herzens sind ebenfalls wichtig. Zur Beurteilung der Breite des Mediastinalschattens wird der Herz-Thorax-Quotient (engl. cardio thoracic ratio bzw. CTR) bestimmt, der das Verhältnis des maximalen horizontalen Herzdurchmessers zum maximalen horizontalen Innendurchmesser des Thorax beschreibt. Dieser Quotient sollte kleiner als 0,5 sein, was bedeutet, dass das Herz normalerweise nicht mehr als die Hälfte der inneren Thoraxbreite in einer p.a.-Aufnahme
p.a.-Aufnahme

Case courtesy of Usman Bashir, Radiopaedia.org, rID: 18394

Case courtesy of Usman Bashir, Radiopaedia.org, rID: 18394
- Rechte Mediastinalsilhouette (von kaudal nach kranial):
- Untere Hohlvene (V. cava inferior, VCI)
- Rechter Vorhof (Rechtes Atrium, RA)
- Obere Hohlvene (V. cava superior, VCS)
- Rechte V. brachiocephalica (RBV)
- Linke Mediastinalsilhouette (von kaudal nach kranial):
- Linker Ventrikel (LV)
- Linkes Herzohr (LAA)
- Truncus pulmonalis (TP)
- Aortenbogen (AOB)
- Linke A. subclavia
(LAS)
TippIn der p.a.-Aufnahme
ist der rechte Ventrikel nicht randbildend!
Seitaufnahme

Case courtesy of Craig Hacking, Radiopaedia.org, rID: 40794

Case courtesy of Craig Hacking, Radiopaedia.org, rID: 40794
Hilusregion
Die Hilusregion wird radiologisch vor allem durch die Pulmonalarterien und -venen bestimmt. Man erkennt Gefäßzeichnungen (helle Linien) bis in die peripheren Lungenanteile. In der Regel ist die linke Hilusregion ca. 2 cm höher als die rechte.

Case courtesy of Usman Bashir, Radiopaedia.org, rID: 18394
Lunge und Atemwege
Die Lunge ist mit Luft gefüllt und daher im Röntgenbild dunkel. Die Lunge besteht auf der rechten Seite aus 3 Lungenlappen und auf der linken Seite aus 2 Lungenlappen. Sie sind durch Lappenfissuren getrennt, die im Röntgenbild sichtbar werden, wenn die Röntgenstrahlen genau senkrecht (orthograd) auf sie treffen (dies ist nicht immer der Fall). In der Regel sind sie in der seitlichen Aufnahme besser zu erkennen.
Aus diesem Grund spricht man bei der Befundung des Röntgenbildes statt von Lappen meist von Ober-, Mittel- und Unterfeld. Die Einteilung erfolgt durch zwei gedachte waagerechte Linien, die sogenannten Lungenfeldgrenzen, in Höhe des oberen und unteren Hiluspols. Wichtig für die Befundung sind zudem auch die Recessus costodiaphragmatici. Die Pleura ist im Normalfall nicht sichtbar

Case courtesy of Usman Bashir, Radiopaedia.org, rID: 18394
TippRippenknorpel sind im Röntgenthorax normalerweise nicht sichtbar, außer sie sind verkalkt. Verkalkte Rippenknorpel stellen sich oft fleckig verschattet dar und können einen Rundherd
vortäuschen!
Die mittelständige Trachea lässt sich meist gut als luftgefüllter Hohlraum (dunkel) erkennen. Häufig kann man noch vereinzelte Lappenbronchien (wie hier im linken Unterlappen) erkennen. Der Winkel der Carina tracheae sollte bei einer Stehendaufnahme einen Winkel von 70° nicht überschreiten.

Case courtesy of Usman Bashir, Radiopaedia.org, rID: 18394
TippDa der rechte Hauptbronchus eher dem Verlauf der Trachea folgt, landen sowohl aspirierte Fremdkörper als auch ein zu tief platzierter Tubus eher im rechten Hauptbronchus.

Case courtesy of Craig Hacking, Radiopaedia.org, rID: 40794
Knochen
Wichtige knöcherne Strukturen sind die Rippen, das Sternum und die Wirbelsäule. Das richtige Zählen der Rippen ist zu Beginn nicht immer einfach. Es hilft jedoch wenn man weiß, dass die 2. Rippe am Angulus sterni ansetzt. Darüber hinaus lassen sich die Claviculae, die Scapulae und Humerusköpfe abgrenzen.


Case courtesy of Usman Bashir, Radiopaedia.org, rID: 18394

Case courtesy of Craig Hacking, Radiopaedia.org, rID: 40794
Weichteilmantel
Der Weichteilmantel aus Haut, Unterhaut und Muskulatur sollte symmetrisch und auf beiden Seiten gleich hell sein. Als Strukturen lassen sich oft ein Mammaschatten (Brustgewebe) und Mamillenschatten

Case courtesy of Usman Bashir, Radiopaedia.org, rID: 18394
Oberbauch
Das Zwerchfell trennt den Brustkorb vom Bauchraum; die rechte Zwerchfellkuppel liegt wegen der rechtsseitig gelegenen Leber höher als die linke. Bei gesunden Patient:innen sind die Zwerchfellkuppeln nach oben gewölbt und scharf begrenzt. Manchmal, wie im vorliegenden Befund, sieht man Luft (dunkel) im linken Oberbauch. Hierbei handelt es sich um eine physiologische Luftansammlung im Magen

Case courtesy of Usman Bashir, Radiopaedia.org, rID: 18394
TippDie rechte Zwerchfellkuppel liegt ca. 2-4 cm höher als die linke wegen der rechtsseitig gelegenen Leber. Es gibt nur ein Zwerchfell. Daher spricht man immer von der rechten und linken Zwerchfellkuppel oder Hemidiaphragma (nicht vom rechten und linken Zwerchfell)!
Anatomische Pitfalls
Mamma- und Mamillenschatten
Mamillenschatten
Der Mammaschatten tritt vorwiegend bei Frauen auf. Eine Ausnahme stellt die Gynäkomastie, also die Vergrößerung der männlichen Brustdrüse, dar. Diese kann z.B. im Rahmen von endokrinologischen Erkrankungen oder der Einnahme von Medikamenten (z.B. Spironolacton) auftreten. Eine weitere Besonderheit stellt die Mastektomie (Brustentfernung) dar. Wurde nur eine Brust entfernt, z.B. wegen eines Tumors, kann die verbleibende Brust schnell als pathologische Weichteilvermehrung beschrieben werden.