Zusammenfassung
Das Tourniquet ist ein lebensrettendes Hilfsmittel zur Blutstillung

“Tourniquet.jpeg”. von INDNAM, CC BY-SA 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons
Indikationen
- Indikationen zur sofortigen Anlage:
- Unstillbare Blutungen: Massive Blutungen an Extremitäten, die durch direkte Kompression, Druckverbände
, Hochlagerung oder Hämostyptika nicht gestillt werden können - Traumatische Amputationen proximal des Hand- oder Fußgelenks
- Multiple Blutungsquellen an einer Extremität
- Kritisches A-,B- und C-Problem und zusätzlich kritische Extremitätenblutung
- Unstillbare Blutungen: Massive Blutungen an Extremitäten, die durch direkte Kompression, Druckverbände
AchtungHinweise auf eine unstillbare Blutung: pulsierende Blutungen, blutdurchtränkte Kleidung oder Verbände, große Blutlache neben der betroffenen Person und sichtbare traumatische Amputation.
Kontraindikationen (Auswahl)
- Blutungen am Rumpf, Kopf oder Hals
- Ungünstige Lokalisation, insbesondere am proximalen Oberschenkel
Aufklärung
In Notfällen ist eine detaillierte Aufklärung nicht erforderlich, da die Blutstillung
Material
- Einmalhandschuhe
- Tourniquet
- Marker zur Dokumentation der Anlegezeit
- Sterile Kompressen
- Ggf. Hämostyptika zur zusätzlichen Blutstillung
Durchführung
Vorbereitung:
- Eigenschutz: Eigene Sicherheit beachten → Bei einer Unfallstelle sollte diese gesichert sein, Schutzkleidung
ist zu tragen - Handschuhe: Einmalhandschuhe
anziehen - Primäre Wundversorgung: Aufgrund des Verletzungsausmaßes kann ein Tourniquet erforderlich sein. Das benötigte Material sollte griffbereit liegen, die Wunde wird mit sterilen Kompressen unter kontinuierlicher Kompression abgedeckt
Durchführung:
- Platzierung: Tourniquet so distal wie möglich anbringen, um so viel gesundes Gewebe wie möglich zu erhalten, aber proximal der Verletzung (mindestens 5 cm/handbreit proximal der Verletzung) und immer proximal eines Gelenks
- Nicht über Gelenk, über Fremdkörpern (z.B. gefüllten Hosentaschen) oder offenen Frakturen anlegen
- Befestigung: Den Gurt in die Schnalle einfädeln, kräftig anziehen und den Stab so lange drehen, bis die Blutung sistiert
- Fixierung: Stab in der vorgesehenen Rille verhaken und mit dem Klettverschluss sichern
- Kontrolle: Überprüfen, ob die Blutung gestoppt ist. Falls weiterhin Blut
austritt, 2. Tourniquet proximal anlegen - Dokumentation: Zeitpunkt der Anlage notieren, um die Ischämiezeit nachvollziehen zu können
AchtungEin Tourniquet sollte nur angelegt werden, wenn andere Maßnahmen zur Blutstillung
erfolglos waren. Der Einsatz ist oft sehr schmerzhaft, kann jedoch lebensrettend sein. Es ist unbedingt auf eine ausreichende Analgesie, z.B. durch Ketamin oder Fentanyl zu achten.
TippIm Notfall kann auch eine Blutdruckmanschette verwendet werden. Diese kann über den systolischen Blutdruck aufgepumpt werden, sodass auch eine Blutstillung
erzielt werden kann.
Komplikationen
- Schmerzen: Aufgrund der notwendigen starken Kompression oft starke Schmerzen → Auf ausreichende Analgesie achten!
- Nervenschäden: Durch direkte Kompression der Nervenstrukturen
- Ischämie: Längere Anwendungsdauer kann zu irreversiblen Gewebeschäden führen
- Gewebeverlust: Insbesondere bei Anwendungszeiten >2 Stunden
- Reperfusionssyndrom: Nach Entfernung des Tourniquets Gefahr der metabolischen Azidose
und Hyperkaliämie - Kompartmentsyndrom
: Durch Drucksteigerung in geschlossenen Gewebekompartimenten möglich - Venöse Stauung mit verstärkter Blutung: bei zu niedrigem Druck wird nur der venöse Abfluss, nicht aber der arterielle Zufluss unterbrochen → verstärkte Blutung
TippDie Komplikationsrate steigt nach 2 Stunden an. Es sollte daher, sobald ausreichende Kapazitäten bestehen, die Abnahme des Tourniquets und Versorgung der Blutung mit Kompressionsverband
ggf. mit Hämostypika erfolgen.
Quellen
- Hossfeld, Bjoern & Josse, Florent & Kulla, Martin & Böttiger, Bernd & Fischer, Matthias & Gräsner, Jan-Thorsten & Walcher, Felix & Lampl, Lorenz & Helm, Matthias. (2016). Handlungsempfehlung prähospitale Anwendung von Tourniquets.. Anasthesiologie und Intensivmedizin. 57. 698-704.
- S3-Leitlinie Polytrauma / Schwerverletzten-Behandlung, Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU), Stand 2022, Abrufdatum 27.01.25
- Gotthardt et al.: Tourniquet im Einsatz aus: Notfall + Rettungsmedizin. Band: 21, Nummer: 1, 2017, doi: 10.1007/s10049-017-0296-4 p.62-64.
- Stöhr et al.: Blutstillung bei schweren Extremitätenverletzungen aus: Notfall + Rettungsmedizin. 2020, doi: 10.1007/s10049-019-00677-4