Unter Asphyxie versteht man eine Störung des Gasaustausches im kindlichen Organismus, die zu einer Unterversorgung lebenswichtiger Organe mit Sauerstoff und zu einer perinatalen Azidose führt. Die postnatale, respiratorische und kardiozirkulatorische Adaptation ist dadurch stark gestört. Je nach Ausmaß der Asphyxie kann es akut zum Herz-Kreislauf-Stillstand kommen, den es therapeutisch zu verhindern gilt. Mit einem Anteil von ca. 25 % aller Todesfälle in der Perinatalperiode ist die Asphyxie die häufigste Todesursache in diesem Zeitraum. Grundsätzlich können alle Organsysteme durch Sauerstoffmangel langfristig geschädigt werden - insbesondere das Gehirn reagiert besonders empfindlich auf Sauerstoffmangel und es kann sich eine hypoxisch-ischämische Enzephalopathie (HIE) entwickeln. Um diese zu verhindern oder zu lindern, wird unter anderem die Hypothermie Behandlung eingesetzt. Die Prognose der perinatalen Asphyxie variiert je nach Ausprägung der HIE und weiterer möglicher Organdefekte zwischen folgenloser Genesung und Tod.
Risikofaktoren für das Auftreten einer Asphyxie
Asphyxie in der Perinatalperiode stellt eine ernsthafte medizinische Herausforderung dar, die mit erheblichen gesundheitlichen Risiken für das Neugeborene verbunden ist. Verschiedene Risikofaktoren können die Wahrscheinlichkeit für eine solche Sauerstoffunterversorgung erhöhen. Dazu zählen mütterliche, geburtsbedingte und kindliche Faktoren, wie beispielsweise mütterliche Vorerkrankungen, Komplikationen während der Geburt sowie Fehlbildungen oder Erkrankungen des Fötus.
Anhaltende Reanimation über die ersten 10 Lebensminuten
Anämie
Neuromuskuläre Erkrankungen
Erkrankungen der Atemwege und Lunge
Merke
Warnzeichen für pränatalen Sauerstoffmangel
Herzton Dezeleration
Pathologisches Frequenzmuster im CTG
Mekoniumhaltiges Fruchtwasser
Laktatazidose mit pH < 7,2 in kapillarer Mikroblutanalyse aus kindlicher Kopfhaut
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Pathophysiologie der Asphyxie
Ein gestörter Gasaustausch, beispielsweise durch Atemwegsobstruktion oder respiratorisches Versagen, führt dazu, dass Sauerstoff nicht mehr ausreichend in den Blutkreislauf gelangt. Diese Minderversorgung des Gewebes mit Sauerstoff (Hypoxie) hat eine kaskadenartige Folge von pathophysiologischen Ereignissen zur Konsequenz:
Hypoxie und primäre Apnoe (blaue Asphyxie)
In der Frühphase einer Hypoxie bleibt die Atmungsregulation zunächst aktiv, was durch eine gesteigerte Atemfrequenz gekennzeichnet ist. Bleibt die Sauerstoffzufuhr jedoch unterbrochen, setzt eine sogenannte primäre Apnoe ein. Diese ist durch eine bläuliche Verfärbung der Haut und Schleimhäute (Zyanose) infolge des Sauerstoffmangels im Blut charakterisiert. Der Begriff blaue Asphyxie beschreibt diesen Zustand.
Versagen der zentralen Atemsteuerung
Wenn die Hypoxie anhält, bleibt der Atemantrieb durch das Atemzentrum im Gehirn aus. Diese fehlende Reaktion ist eine direkte Folge des sinkenden Sauerstoff- und steigenden Kohlendioxidspiegels im Blut. Das Gehirn wird dadurch immer stärker geschädigt.
Hypotension und sekundäre Apnoe (weiße Asphyxie)
In der weiteren Progression entwickelt sich ein schwerer Blutdruckabfall (Hypotension), der durch den systemischen Sauerstoffmangel verursacht wird. Der Blutdruckabfall ist klinisch oft mit einer Blässe der Haut verbunden, da die periphere Durchblutung stark eingeschränkt ist. Diese Phase wird als sekundäre Apnoe oder weiße Asphyxie bezeichnet.
Bradykardie
Aufgrund der Hypoxie und der Hypotension verlangsamt sich die Herzfrequenz(Bradykardie). Dies geschieht als Schutzmechanismus, um den Sauerstoffverbrauch des Herzens zu minimieren und die verbleibenden Ressourcen für lebenswichtige Organe wie das Gehirn bereitzustellen.
Herzkreislaufstillstand
Ohne rechtzeitige Intervention, beispielsweise durch Sauerstoffzufuhr oder kardiopulmonale Wiederbelebung, führt die Kombination aus Hypoxie, Hypotension und Bradykardie letztlich zum vollständigen Versagen des Herzkreislaufsystems und somit zum Kreislaufstillstand.
Merke
Pathophysiologie der Asphyxie in der Perinatalperiode
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Klinik
Grundsätzlich können alle Organsysteme durch den Sauerstoffmangel auch langfristig geschädigt werden. Besonders das Gehirn reagiert empfindlich auf die Unterversorgung.
Zentrales Nervensystem
Hypoxisch-ischämische Enzephalopathie (HIE)
Hirnblutungen (v.a. bei Frühgeborenen)
Zerebralparese
Periventrikuläre Leukomalazie
Intelligenzminderungen
Zerebrales Krampfleiden
Herzkreislaufsystem
Myokardiale Ischämie
Hypotension
Lunge
Persistierende fetale Zirkulation
Pulmonale Hypertension
Atemnotsyndrom
Mikrozirkulation
disseminierte intravasale Gerinnung mit Thrombozyten Abfall
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Diagnostik
Zur Diagnosestellung einer perinatalen Asphyxie müssen Anzeichen von fetalem Stress vorliegen, begleitet von mindestens einem der folgenden Kriterien:
Nabelarterien-pH: <7,0
Base Exzess (BE): <-16 mmol/l
APGAR-Score nach 5 Minuten: <6
Beurteilung einer hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie (HIE) und ihres Schweregrades
Zur Einschätzung des Vorliegens und der Schwere einer HIE kommen folgende diagnostische Methoden zum Einsatz:
Klinische Scores
Sarnat-Score: Klassifikation des Schweregrades der Enzephalopathie anhand klinischer und neurologischer Symptome
Kriterium
Milde HIE (Sarnat I)
Moderate HIE (Sarnat II)
Schwere HIE (Sarnat III)
Bewusstsein
Wach, reizbar, Hyperalert
Lethargisch, schläfrig
Koma, keine Reaktion auf Stimuli
Muskeltonus
Normal oder leicht erhöht
Hypotonie, intermittierende Spastik
Schlaffe Muskulatur, schwere Hypotonie
Reflexe
Übererregbar, gesteigerte Moro- und Sehnenreflexe
Gedämpfte Reflexe, unvollständiger Moro-Reflex
Keine Reflexe
Krampfanfälle
Keine
Fokal oder multifokal
Häufig, schwer kontrollierbar
Atmung
Normal, evtl. periodisch
Hypoventilation, evtl. Apnoen
Apnoe, Beatmung erforderlich
Pupillenreaktion
Normal
Träge
Keine Reaktion
Herzfrequenzvariabilität
Normal
Eingeschränkt
Schwer gestört
EEG-Befund
Normal bis leicht abnormal
Moderat abnormal, Hintergrund verlangsamt
Stark abnormal, Suppression oder Burst-Suppression
Thompson-Score: Bewertung des klinischen Zustands durch Punktevergabe für spezifische neurologische Auffälligkeiten
Bildgebung
ZNS-Sonografie: Identifikation von Hirnödem, Blutungen oder anderen strukturellen Auffälligkeiten
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Therapie
Die therapeutische Hypothermie ist eine etablierte Methode zur Behandlung von Neugeborenen mit hypoxisch-ischämischer Enzephalopathie (HIE). Ziel ist es, neurologische Folgeschäden durch die Reduktion von Stoffwechselaktivität und zerebralen Schädigungsprozessen zu minimieren.
Zielparameter der Hypothermie
Körpertemperatur: 33,5 °C
Behandlungsdauer: 72 Stunden
Einschlusskriterien für die Hypothermie-Therapie
Die Hypothermie wird bei Neugeborenen mit folgenden Kriterien eingeleitet:
Klinische Befunde:
Mittelgradige oder schwere hypoxisch-ischämische Enzephalopathie (nach Sarnat-Score)
Geburtsdaten:
Postnatales Alter: <6 Stunden
Gestationsalter: ≥36 Schwangerschaftswochen
Laborwerte:
Nabelarterien-pH: <7,0 oder
Base Exzess (BE): <-16 mmol/l
Zusatzmaßnahmen bei Organversagen
Bei respiratorischem und/oder kardialem Versagen müssen unterstützende Maßnahmen ergriffen werden:
Kardiale Unterstützung: Reanimationsmaßnahmen entsprechend der neonatologischen Leitlinien
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Prognose
Die Prognose eines Neugeborenen mit Asphyxie hängt maßgeblich vom Schweregrad der hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie (HIE) ab. Die Einteilung erfolgt in milde, moderate und schwere HIE, wobei das Risiko für neurologische Spätfolgen und die Letalität mit zunehmendem Schweregrad deutlich ansteigen.
Prognostische Einschätzung je nach Schweregrad der HIE:
Milde HIE
Neurologische Entwicklung: In der Regel unauffällig
Langfristige Komplikationen: Geringes Risiko für bleibende Schäden
Moderate HIE
Risiko für bleibende neurologische Spätfolgen:
20–35 % der Fälle
Typische Spätfolgen: Motorische Einschränkungen (z. B. Zerebralparese), kognitive Defizite, Entwicklungsverzögerungen
Schwere HIE
Letalitätsrisiko: Etwa 75 %
Neurologische Spätfolgen bei Überlebenden:
Nahezu immer bleibende Schäden, häufig schwerwiegender Natur
Häufige Folgen: Schwere Zerebralparese, schwerer Entwicklungsrückstand, Epilepsie, Hör- und Sehbeeinträchtigungen
Klinische Implikation
Eine frühzeitige und präzise Einschätzung des HIE-Schweregrads ist essenziell für die Therapieplanung, die Prognoseabschätzung und die Beratung der Eltern. Moderne Ansätze wie die therapeutische Hypothermie können bei moderater und schwerer HIE die neurologische Prognose signifikant verbessern, erfordern jedoch eine strikte Selektion und engmaschige Überwachung.
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