Zusammenfassung
Asthma bronchiale ist eine chronische Entzündung der Atemwege. Es ist durch eine reversible Obstruktion der Bronchien und eine bronchiale Hyperreaktivität gekennzeichnet. Die Pathogenese des Asthma bronchiale ist multifaktoriell, wobei sowohl die genetische Prädisposition als auch Umweltfaktoren (z.B. Allergene oder Luftverschmutzung) eine wichtige Rolle bei der Entstehung spielen. Im akuten Asthmaanfall stellen sich die Patient:innen mit Dyspnoe, Husten, verlängertem exspiratorischem Giemen
Definitionen
- Die Diagnose Asthma bronchiale wird durch die folgenden 3 Kriterien gesichert:
- Charakteristische Anamnese und Klinik: Dyspnoe, Husten, Giemen
, Brummen, thorakale Enge - Lungenfunktionsdiagnostik
: Nachweis einer Obstruktion - Bronchospasmolysetest
: Nachweis der Reversibilität der Obstruktion
- Charakteristische Anamnese und Klinik: Dyspnoe, Husten, Giemen
- Ein akuter Asthmaanfall
, eine akute Exazerbation des Asthma bronchiale, ist gekennzeichnet durch - Eine akute Verschlechterung der Symptomatik und/oder eine progrediente Verschlechterung der Befunde der Lungenfunktionsdiagnostik
. - Überschreiten der individuellen Variabilität der Symptome
- Notwendigkeit einer Intensivierung der Therapie
- Eine akute Verschlechterung der Symptomatik und/oder eine progrediente Verschlechterung der Befunde der Lungenfunktionsdiagnostik
Epidemiologie
Die Erkrankung betrifft ungefähr 10-15 % aller Kinder und 5-7 % aller Erwachsenen. Die höhere Prävalenz im Kindesalter ist auf die höhere Prävalenz des allergischen Asthmas in diesem Alter zurückzuführen.. Asthma bronchiale ist die häufigste chronische Erkrankung bei Kindern.
Ursachen
Asthma bronchiale entsteht multifaktoriell auf der Grundlage einer genetischen Prädisposition und infolge von verschiedenen Umweltfaktoren.
- Endogene Risikofaktoren:
- Genetische Prädisposition
- Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis: atopische Dermatitis, allergische Rhinitis (wie auch das Asthma bronchiale, sind atopische Erkrankungen mit einer vermehrten Bildung von IgE assoziiert)
- Exogene Risikofaktoren:
- Allergene (z. B. Pollen, Hausstaub, Tierhaare)
- Körperliche Anstrengung
- Atemwegsinfektionen
- Inhalation
von Reizstoffen, kalter Luft, chemischen Noxen, Tabakrauch - Medikamenteneinnahme: Acetylsalicylsäure
(ASS ), Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR ) wie Ibuprofen , Betablocker (vor allem unselektive Betablocker ), Parasympathomimetika - Psychosoziale Belastungsfaktoren (z.B. Stress)
AchtungDie Exposition gegenüber Zigarettenrauch im häuslichen Umfeld erhöht das Risiko für die Entwicklung von Asthma bei Kindern.
AchtungHeuschnupfen (allergische Rhinitis) ist eine allergische, entzündliche Erkrankung des Nasen-Rachen-Raumes, die auf die unteren Atemwege übergreifen und dort zu Asthma führen kann („Etagenwechsel“).
Pathophysiologie
Asthma bronchiale entwickelt sich aus einer Kombination von endogenen Risikofaktoren wie genetischer Prädisposition und exogenen Risikofaktoren. Beim allergischen Asthma kommt es nach Allergenexposition (z.B. Pollen, Schimmelpilz, Hausstaubmilben, Tierepithelien) zu einer allergischen Reaktion vom Soforttyp (IgE-vermittelt) mit Mastzelldegranulation und Freisetzung von Histamin, Leukotrienen und Bradykininen (siehe unten). Zusätzlich kann es zu einer IgG-vermittelten Immunreaktion vom Spättyp kommen.
Beim nicht-allergischen Asthma können Faktoren wie körperliche Anstrengung, Kälte, inhalative Noxen oder Infektionen Auslöser der Asthmasymptome sein.
Als Reaktion auf diese Auslöser kommt es zur Aktivierung von Immunzellen und zur Freisetzung von Entzündungsmediatoren, die zu einer Entzündung der Atemwege und zu einer Überempfindlichkeit gegenüber verschiedenen Reizen (bronchiale Hyperreagibilität) führen. Es kommt zur charakteristischen Asthma-Trias aus Bronchokonstriktion, Schleimhautödem und vermehrter Schleimproduktion, die zur Obstruktion der Atemwege
Klassifikation
Asthma bronchiale ist eine heterogene Erkrankung. Durch pathophysiologische Unterschiede und klinische Eigenschaften kann die Erkrankung in Untergruppen eingeteilt werden.
- Allergisches Asthma bronchiale (extrinsisches Asthma):
- Ausgelöst durch spezifische Allergene (Pollen, Schimmelpilz, Hausstaubmilben, Tierepithelien)
- Vorwiegend im Kindesalter
- Anamnese: Zusammenhang der Symptomatik mit der Allergenexposition, positive Familienanamnese, andere atopische Erkrankungen
- Allergiediagnostik
- Nicht-allergisches Asthma bronchiale (intrinsisches Asthma):
- Kein Nachweis spezifischer IgE-Antikörper, ausgelöst insbesondere durch Atemwegsinfekte, aber auch körperliche Anstrengung, Kälte oder inhalative Noxen
- Prävalenz steigt im Erwachsenenalter (>40 Jahre)
- Weitere Unterformen:
- Die Einstufung in eine andere Form ist immer dann sinnvoll, wenn sich daraus therapeutische Konsequenzen ergeben.
- Eosinophiles Asthma bronchiale: Definiert über >300 Eosinophile/µl Blut + Sputumuntersuchung ➜ spricht besser auf inhalative Glukokortikoide
(=ICS) an - Belastungsasthma = Anstrengungsinduzierte Bronchokonstriktion: Asthmasymptome treten nur unter körperlicher Belastung auf (Belastungs-Lungenfunktion) ➜ schnell wirksame Bronchodilatatoren bei Bedarf, Aufwärmphase vor Beginn der körperlichen Belastung
- Analgetika-Asthma: Samter-Trias
: Asthma, chronische Sinusitis mit Nasenpolypen, Intoleranz gegenüber COX-1-Hemmern.(Acetylsalicylsäure , Ibuprofen , etc.) ➜ ASS -Desaktivierung durch Dauertherapie mit ASS - GERD
-assoziiertes Asthma: Gastroösophageale Refluxkrankheit + Asthmasymptomatik (hier liegt mutmaßlich eine Mikroaspiration oder eine Vagusreizung durch den Reflux vor) ➜ meist Besserung durch Protonenpumpeninhibitoren (PPIs ) und Standard-Asthmatherapie
- Eosinophiles Asthma bronchiale: Definiert über >300 Eosinophile/µl Blut + Sputumuntersuchung ➜ spricht besser auf inhalative Glukokortikoide
- Die Einstufung in eine andere Form ist immer dann sinnvoll, wenn sich daraus therapeutische Konsequenzen ergeben.
Klinik
Die Symptome sind häufig unspezifisch:
- Chronischer Husten
- Räusperzwang
- Dyspnoe
- Kurzatmigkeit
- Andere atopische Erkrankungen, Neurodermitis
MerkeDie Symptome von Asthma bronchiale manifestieren sich in Form von diskontinuierlichen Episoden, die als akute Asthmaanfälle auftreten. Diese Anfälle treten oft nachts, in den frühen Morgenstunden oder in Reaktion auf bestimmte Auslöser wie körperliche Anstrengung auf. Gelegentlich kann es zu saisonalen Häufungen von Symptomen kommen, die auf die Exposition gegenüber Allergenen zurückzuführen sind.
Symptomatik des akuten Asthmaanfalls
- Anfallsartige Atemnot, Dyspnoe
- Thorakales Engegefühl
- Exspiratorischer Stridor (durch Obstruktion der kleinen Bronchien), verlängertes Exspirium
- Giemen
- Trockener Husten
- Bei schweren Anfällen:
- Einsatz der Atemhilfsmuskulatur („Kutschersitz
“) - Respiratorischer Alternans (Wechsel zwischen abdomineller und thorakaler Atmung)
- Kreislaufinstabilität (Tachykardie
, Blutdruckabfall) - Pulsus
paradoxus (Blutdruckabfall bei Inspiration >10 mmHg, inspiratorisch abgeschwächter Puls ) - Thorakale Einziehungen
- Einsatz der Atemhilfsmuskulatur („Kutschersitz
AchtungFolgende Symptome sollten an einen schweren Asthmaanfall denken lassen und erfordern eine umgehende notärztliche Einweisung in die Klinik (siehe Schweregradeinteilung).
- Dyspnoe beim Sprechen
- Tachypnoe
- Tachykardie
(CAVE: Es kann auch zur Bradykardie oder zu anderen Herzrhythmusstörungen kommen) - „Silent chest“ in der Lungenauskultation
- Frustrane Atemarbeit, flache Atmung
- Zyanose
- Bewusstseinsstörungen, Koma
Diagnostik
Die Diagnose Asthma bronchiale wird anhand typischer Anamnese, Symptomen und der Ergebnisse der Lungenfunktionsdiagnostik gestellt. Eine Labordiagnostik ist nur in bestimmten Situationen hilfreich. Ergänzend sollte bei Erstdiagnostik zur ätiologischen Einschätzung eine Allergiediagnostik durchgeführt werden.
Anamnese
- Aktuelle Anamnese: Verlauf und Symptomatik der akuten Asthmaanfälle? Auftreten zu welcher Tageszeit? Wie häufiges Auftreten? Auslöser, Atemwegsreize, Aufenthaltsort, Belastung? Saisonale Häufung? Symptome ab welchem Alter? Raucherstatus?Vegetative Anamnese: Husten mit oder ohne Auswurf?
- Vorerkrankungen: Allergien, atopische Erkrankungen (atopisches Ekzem, allergische Konjunktivitis), Atemwegsinfektionen? COPD, psychische Erkrankungen?
- Vormedikation: bronchokonstriktive Medikation?
- Sozialanamnese: Raucherhaushalt? Haustiere? Berufsanamnese (z.B. Bäckerasthma)? Psychosoziale Faktoren?
- Familienanamnese: Atopische Erkrankungen oder Fälle von Asthma bronchiale in der Familie?
Klinische Untersuchung
Es sollte eine vollständige körperliche Untersuchung mit Schwerpunkt auf der Lungenuntersuchung durchgeführt werden. Häufig ist diese Untersuchung unauffällig, so dass weitere diagnostische Untersuchungen durchgeführt werden sollten.
Lungenuntersuchung:
- Inspektion: Einsatz der Atemhilfsmuskulatur? Thorakale Einziehungen (vor allem im Kindesalter)?
- Perkussion: Hypersonorer Klopfschall, tiefstehende Zwerchfelle
- Auskultation: Trockene Nebengeräusche wie Giemen, Pfeifen, Brummen, verlängertes Exspirium (verlängerte Ausatmung)
- Maximalbefund „silent chest“: Atemgeräusche aufgrund einer massiven Lungenüberblähung und ausgeprägter Obstruktion stark abgeschwächt oder nicht mehr hörbar
Labor
- Indikation:
- Schwere oder therapierefraktäre Verläufe von Asthma bronchiale
- Rezidivierende Atemwegsinfektionen
- Vorliegen von Lungeninfiltraten
- Akuter Asthmaanfall
- Laborparameter:
- Differentialblutbild: Leukozytose, Eosinophilie
- Entzündungsparameter: CRP, Leukozyten
- Gesamt-IgE, spezifisches IgE
- Bei schwerem, akutem Asthmaanfall: arterielle Blutgasanalyse (= BGA)
AchtungJe höher die Eosinophilie, desto höher das Risiko für Exazerbationen und desto höher die Wahrscheinlichkeit für ein Therapie ansprechen einer Anti-IL-5-Therapie!
Blutgasanalyse (BGA)
BGA bei Asthma bronchiale kann je nach Symptomatik und Schweregrad unterschiedliche Befunde zeigen. Sie dient vor allem der differentialdiagnostischen Untersuchung von Dyspnoe.
- Indikation:
- Akute Dyspnoe
- Schwerer Asthmaanfall
- PEF <50%, Sauerstoffsättigung <94%
- Mögliche Befunde:
- Bei Hyperventilation: Respiratorische Alkalose
- Hypoxische, respiratorische Insuffizienz
- Respiratorische Insuffizienz (Hypoxie und Hyperkapnie), respiratorische Azidose, eventuell metabolische Azidose
Lungenfunktionsdiagnostik
Die Ergebnisse der Lungenfunktionsdiagnostik sichern die Diagnose eines Asthma bronchiale.
Indikation:
- Erstdiagnostik des Asthma bronchiale
- Eine Spirometrie muss zur Diagnosesicherung immer durchgeführt werden
- Es sollten immer drei Untersuchungen erfolgen und davon der beste Wert zur Interpretation herangezogen werden
- Die Bodyplethysmografie kann ergänzend durchgeführt werden, ist für die Diagnosestellung aber nicht obligatorisch
- Verlaufs- und Therapiekontrolle
MerkeDie Diagnosestellung des Asthma bronchiale in der Lungenfunktion beruht auf:
- Dem Nachweis einer Obstruktion anhand des Tiffeneau-Index und
- Einer kompletten Reversibilität nach Bronchospasmolysetest oder alternativ nach Inhalation von Glukokortikoiden für mehr als 4–6 Wochen
- Liegt keine Obstruktion vor, kann eine bronchiale Hyperreagibilität nach Provokationstests die Diagnose stützen
Lungenfunktionsdiagnostik bei Asthma bronchiale
Obstruktive Ventilationsstörung
- Die Atemflussgeschwindigkeiten PEF und MEF sind durch die erschwerte Exspiration bei Obstruktion der Atemwege reduziert (Sesselform mit typischer Innenkrümmung)
- Bei einer reinen Obstruktion sind die Lungenvolumina oft nicht verändert
Bronchospasmolysetest
- Mögliche Ergebnisse:
- Vollständige Reversibilität: FEV1 normalisiert sich komplett
- Teilreversibilität: Anstieg der FEV1 >200 ml oder um >12%, aber keine Normalisierung der Messwerte im Vergleich zum Ausgangswert
- Keine Reversibilität: FEV1 steigt um <200 ml oder um <12 % im Vergleich zum vorherigen Wert an
- Interpretation der Ergebnisse des Bronchospasmolysetest:
- Eine vollständige Reversibilität der FEV1 ist ein Diagnosekriterium für Asthma bronchiale
- Eine Teilreversibilität spricht eher für das Vorliegen eines Asthma bronchiale, kann aber auch bei einer COPD auftreten (ca. 30% der Fälle)
- Liegt keine Reversibilität vor, spricht das für das Vorliegen einer COPD
Methacholinprovokationstest
- Indikation: Verdacht auf bronchiale Hyperreagibilität z. B. bei Verdacht auf Asthma bronchiale und unauffällige oder grenzwertige Befunde in der Lungenfunktionsdiagnostik ➜ auffälliger Befund macht Asthma wahrscheinlicher
- Durchführung:
- Inhalative Applikation von Methacholin
- Durchführen einer Lungenfunktionsdiagnostik vor und nach der Applikation
- Mögliche pathologische Ergebnisse bei bronchialer Hyperreagibilität:
- FEV1-Abfall ≥20%
- Anstieg der Resistance um 65% auf ≥2 kPa × s
AchtungIm Anschluss muss immer eine inhalative Bronchodilatation erfolgen , da sonst ein lebensbedrohlicher Asthmaanfall ausgelöst werden kann!
AchtungDie bronchiale Hyperreagibilität ist charakteristisch für Asthma bronchiale, tritt aber auch häufig bei COPD, allergischer Rhinitis („Heuschnupfen“) oder postinfektiös nach Atemwegsinfektionen auf. Es handelt sich also um einen unspezifischen Befund, der in Zusammenschau mit Anamnese, Klinik und Lungenfunktionsdiagnostik und weiterer Diagnostik beurteilt werden muss.
Bestimmung des exspiratorischen Stickstoffmonoxids (FeNO)
- FeNO (FeNO = Fraktioniertes exhaliertes NO) dient als indirektes Maß für die Schleimhautentzündung
- Hohe FeNO-Werte (bei Erwachsenen: >50 ppb, bei Kindern >35 ppb) erhöhen die Wahrscheinlichkeit für das Ansprechen auf inhalative Glukokortikoide
Peak-Flow-Messung:
- Indikation: Verlaufsbeurteilung, Selbstkontrolle (nicht zur Diagnosestellung!)
- Durchführung:
- Maximale Einatmung in Ruhe und forciertes Ausatmen ins Gerät
- Der zu ermittelnde Wert ist der persönliche Bestwert, also der höchste Wert in der Peak-Flow-Messung bei Beschwerdefreiheit
- Alle anderen Werte werden prozentual auf diesen Wert bezogen.
- Auswertung: Die Einteilung erfolgt beispielsweise in die drei Gruppen:
- 80–100%: kein Handlungsbedarf
- 50–80%: Handlungsbedarf nach Stufenschema. Bronchodilatatoren als Bedarfsmedikation einsetzen
- <50%: Notfallmedikation anwenden, unmittelbare ärztliche Vorstellung
- Zusätzlich kann die PEF-Variabilität bestimmt werden: (Höchster Wert – niedrigster Wert innerhalb einer Woche) / höchster Wert * 100 {%}
Allergiediagnostik
- Indikation: Verdacht auf allergisches Asthma bronchiale, Erstdiagnose Asthma bronchiale
- Durchführung: Allergologische Stufendiagnostik
- Vertiefende Allergieanamnese: Berufsanamnese, saisonales Auftreten, körperliche Belastung, Tagesrhythmus, Medikamentenanamnese, etc.
- Nachweis einer allergenspezifischen Sensibilisierung:
- Karenzversuche/Reexpositionstests/Provokationstests
- Labordiagnostik: spezifische IgE-AK im Serum, Gesamt-IgE im Serum
- Hauttestungen: Pricktest, Intrakutantest (IgE-vermittelten Soforttyp-Reaktion vom Typ I)
- Erweiterte Allergendiagnostik: molekulare Allergiediagnostik

BruceBlaus, CC BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons
Bildgebende Verfahren
Bildgebende Verfahren dienen vor allem der differentialdiagnostischen Abklärung (z.B. Ausschluss einer Pneumonie).
- Röntgen-Thorax:
- Indikation: Bei Erstdiagnose und atypischen Symptomen oder Infektzeichen
- Mögliche Befunde: Zeichen der Lungenüberblähung (Transparenzsteigerung, flache Zwerchfellkuppeln, schmale Herzsilhouette, verbreiterte Interkostalräume, Fassthorax)
- CT-Thorax
- Indikation: Schwere, anhaltende Symptomatik, Differentialdiagnostik
Zusammenfassung: Diagnosekriterien Asthma bronchiale
Anamnese und Klinik |
|
---|---|
Lungenfunktionsdiagnostik |
Falls keine komplette Reversibilität im Bronchospasmolysetest vorliegt, können folgende Kriterien trotzdem für ein Vorliegen eines Asthma bronchiale sprechen:
(siehe auch Lungenfunktionsdiagnostik bei Asthma bronchiale) |
Folgende Faktoren sprechen eher gegen das Vorliegen von Asthma:
|
Differentialdiagnosen
- COPD
: meist Raucher:innen, Obstruktion in der Lungenfunktionsdiagnostik ohne Reversibilitätsnachweis (s. Differentialdiagnostik Asthma – COPD ) - Asthma-COPD
-Overlap-Syndrom: Liegt ungefähr bei 30% aller Patient:innen mit COPD vor - Bronchiale Hyperreagibilität: Sie bildet einerseits die Grundlage des Asthma bronchiale, ist aber auch bei anderen Lungenerkrankungen vorhanden, beispielsweise bei allergischer Rhinitis, COPD
, Sarkoidose oder postinfektiös - Chronische Bronchitis
- Asthma cardiale
: Linksherzinsuffizienz mit Rückstau von Flüssigkeit in die Lunge , dadurch kommt es zum Lungenödem und Dyspnoe ➜ Lungenstauung im Röntgen-Thorax - Vocal Cord dysfunciton (= VSD) ➜ Ausschluss durch direkte Laryngoskopie
- Obstruktion der extrathorakalen Luftwege, beispielsweise durch Glottisödem oder Fremdkörperaspiration
➜ Inspiratorischer Stridor - Lungenfibrose
- Hyperventilationssyndrom
- Gastroösophageale Refluxkrankheit
(GERD ) - Exogen-allergische Alveolitis (Positive Berufsanamnese)
- Allergische bronchopulmonale Aspergillose
- Im weitesten Sinne alle akuten Erkrankungen, die zu Dyspnoe führen: Lungenembolie
, Pneumonie, Pneumothorax , Lungenkarzinom etc.
Therapie
Allgemein
- Therapieziel ist die symptomatische Kontrolle des Asthma bronchiale und die Vermeidung von krankheitsbedingten Einschränkungen
- Der Grad der Asthmakontrolle ist die Grundlage für die gewählte Therapie
- Je nach Ausprägung der Symptome in den letzten 4 Wochen nachts und tagsüber und der Notwendigkeit der Anwendung von Bronchodilatatoren werden drei Grade der Asthmakontrolle unterschieden
Grad der Asthmakontrolle
Grad der Asthmakontrolle | Kontrolliert: Alle Kriterien müssen erfüllt sein | Teilweise kontrolliert: 1–2 Kriterien | Unkontrolliert ≥3 Kriterien |
---|---|---|---|
Symptomatik bei Tag | ≤2 mal/Woche | >2 mal/Woche
| |
Symptomatik bei Nacht | Keine | Vorhanden | |
Anwendung von Bronchodilatatoren (Bedarfsmedikation oder Notfallmedikation) | ≤2 mal/Woche | >2 mal/Woche | |
Einschränkung der Alltagsaktivität | Keine | Vorhanden | |
Ergänzend zur Abschätzung der Prognose: | |||
Lungenfunktion: FEV1 oder PEF / persönlicher Bestwert | Normal: >80% | Vermindert: <80% | |
Exazerbation: Zunahme der Symptome / pfeifendes Atemgeräusch / Abfall von FEV1 oder PEF | Keine | ≥1 mal/Jahr | Aktuelle Exazerbation (<1 Woche) |
Stufentherapie des Asthma bronchiale
Asthma bronchiale ist eine chronische Erkrankung, die durch wiederkehrende Entzündungen und Verengungen der Atemwege gekennzeichnet ist. Die medikamentöse Behandlung konzentriert sich daher auf zwei Ansätze: die Verringerung der Entzündung, vor allem durch eine antiinflammatorische Dauertherapie mit inhalativen Glukokortikoiden
- Eine antiinflammatorische Therapie mit ICS (inhalativen Kortikosteroiden) auf Stufe I kann theoretisch verzichtet werden. Sie ist immer indiziert, sobald eine auffällige Lungenfunktion, nächtliche Symptome oder eine Exazerbation mit Notwendigkeit systemischer Kortikosteroide vorliegen
- Auf Stufe 5 kann je nach Asthmavariante eine zusätzliche Therapie mit Biologicals erfolgen
- Ein akuter Asthmaanfall
erfordert eine Intensivierung der Dauertherapie - Es sollte keine Monotherapie mit LABA oder LAMA durchgeführt werden
AchtungDer Stufenplan dient als Orientierungshilfe. Die medikamentöse Therapie des Asthma bronchiale kann anfangs sehr komplex sein. Daher ist es wichtig, dass Patient:innen eine intensive Schulung und einen klar verständlichen Therapieplan erhalten.
Stufentherapie | Stufe I | Stufe II | Stufe III | Stufe IV | Stufe V |
---|---|---|---|---|---|
Bedarfsmedikation |
|
| |||
Dauertherapie | Keine | Niedrigdosierte ICS | Niedrigdosierte ICS + LABA (Fixkombination) | Mittel dosierte ICS + LABA (Fixkombination) | Hochdosierte ICS + LABA (Fixkombination) |
Alternativen Dauertherapie | Niedrigdosierte ICS | Keine LTRA (Ausnahme) |
|
|
|
Zusatz | LAMA Anti-IgE Anti-IL-5/%R Anti-IL4-R | ||||
Basistherapie | Patientenschulung, Vermeidung auslösender Faktoren, Behandlung von Begleiterkrankungen, spezifische Immuntherapie (bei allergischem Asthma erwägen) | ||||
Abkürzungen |
|
InfoDie Substanzen sind beispielhaft als Wirkstoffgruppen aufgeführt. Andere Substanzen der gleichen Wirkstoffgruppe sind möglich. Für einige Fixkombination gibt es Kombinationspräparate.
TippDie vollständige Wirksamkeit inhalativer Glukokortikoide
(ICS) entfaltet sich erst nach einer kontinuierlichen Anwendung über 2 bis 4 Wochen.
Beginn der Therapie bei Erstdiagnose
- Richtet sich nach dem Grad der Asthmakontrolle:
➜ Bei teilweise kontrolliertem Asthma: Beginn auf Therapiestufe 2
➜ Bei unkontrolliertem Asthma: Beginn auf Therapiestufe 3 - Je nach Grad der Asthmakontrolle wird die Therapie um eine Stufe gesteigert oder gesenkt
➜ Eine Stufe niedriger (Deeskalation) bei gut kontrolliertem Asthma >3 Monate
➜ Eine Stufe höher (Eskalation) bei teilweise oder nicht kontrolliertem Asthma - Bei schneller Verschlechterung des Asthma bronchiale sollte man auch schneller die Therapie intensivieren
- Die Reduktion der Therapie auf eine niedrigere Stufe sollte hingegen langsam erfolgen
- Vor Therapieintensivierung sollte die Therapieadhärenz und Inhalationstechnik überprüft werden
Hinweise zur inhalativen Anwendung
- Dosieraerosolohne Inhalierhilfe: einfache Inhalation
, unabhängig von Inspirationsfluss - Dosieraerosol mit Inhalierhilfe = Spacer: leichtere Koordination, weniger Nebenwirkungen, auch zur Akuttherapie geeignet
- Pulverinhalatoren: Abhängig vom Inspirationsfluss, muss ausreichend sein, da schwerer auslösbar, nicht zur Akuttherapie geeignet.
- Feuchtvernebler: eher zur Akuttherapie mit Bronchodilatatoren verwendet
Therapiemonitoring
Bei jeder Verlaufskontrolle sollten folgende Parameter kontrolliert werden:
- Anamnese, körperliche Untersuchung, Vitalparameter
- Symptomatik: Verlauf, tagsüber, nachts, unter körperlicher Belastung
- Abfragen von auslösenden Faktoren: Allergenexposition, medikamentöse Auslöser, Einnahme von NSAR
oder ASS - Häufigkeit und Menge der Bedarfsmedikation
- Nebenwirkungen und Verträglichkeit der Medikamente
- Überprüfen der Compliance und Therapieadhärenz: Inhalationstechnik, regelmäßige Einnahme
- Einschränkung der alltäglichen Aktivitäten
- Häufigkeit von Exazerbationen
- Erfassung von Begleiterkrankungen
- Bei Bedarf: FeNO-Messungen, PEF
-Messungen
InfoAnwendung der Peak-Flow
-Messung zur Selbstkontrolle:
- Indikation: Die PEF
-Messung mit einem eigenen Gerät kann zur besseren Selbsteinschätzung durchgeführt werden - Der zu ermittelnde Wert ist der persönliche Bestwert, also der höchste Wert in der Peak-Flow
-Messung bei Beschwerdefreiheit. - Alle anderen Werte werden prozentual auf diesen Wert bezogen.
- Die Einteilung erfolgt beispielsweise in die drei Gruppen:
- 80–100%: kein Handlungsbedarf
- 50–80%: Handlungsbedarf nach Stufenschema. Bronchodilatatoren als Bedarfsmedikation einsetzen
- <50%: Notfallmedikation anwenden, unmittelbare ärztliche Vorstellung
Supportive Maßnahmen
- Eine kausale Behandlung ist nur bedingt möglich und besteht aus der Vermeidung der Exposition gegenüber Allergenen und Prävention und Therapie respiratorischer Infekte
- Andere Risikofaktoren, wie Anwendung von ASS
und NSAR , sollten ebenfalls vermieden werden. - Beim extrinsischen/allergischen Asthma kann eine Allergen-Immuntherapie (=AIT; Hyposensibilisierung) durchgeführt werden. (CAVE: Hierfür muss das Asthma stabil sein, FEV1 >0,7; nur bei bestimmten Allergenen möglich)
- Indikation: Nur wenn die allergische Komponente der asthmatischen Beschwerden gut dokumentiert und damit nachgewiesen ist
- Patientenschulung: Therapieadhärenz, Umgang mit Inhalatoren, selbstständige Peak-Flow
-Messung, Atemschulung, regelmäßige ärztliche Vorstellung - Behandlung von Begleiterkrankungen: Unter anderem Rhinosinusitis, gastroösophageale Refluxkrankheit
, Depression und Angststörungen
Therapie des akuten Asthmaanfalles
Schweregradeinteilung des Anfalls
Die Entscheidung, ob eine notfallmäßige Therapie notwendig ist, richtet sich nach der Schweregradeinteilung des Anfalls.
Leichter Anfall | Schwerer Anfall | Lebensbedrohlicher Anfall |
---|---|---|
|
|
|
Ambulante Vorstellung Therapieintensivierung | Notärztliche Krankenhauseinweisung | Notärztliche Krankenhauseinweisung Intensivmedizinische Überwachung |
Therapieprinzipien
- Glukokortikoide
werden im akuten Anfall oral oder intravenös verabreicht, da bei inhalativer Gabe der Wirkungseintritt verzögert ist - Bronchodilatatoren: Schnelle Bronchodilatation, v.a. kurzwirksame Beta-2-Agonisten (z.B. Salbutamol
) stehen im Vordergrund der Therapie - Beatmungstherapie bei Asthma bronchiale: nicht-invasive Beatmung
vor invasiver Beatmung - Indikation zur invasiven Beatmung: Erschöpfung der Atemhilfsmuskulatur, Bewusstseinstrübungen
Supportive Therapie im akuten Asthmaanfall
- Optimierung der Atmung: Hyperventilation
vermeiden, mit gespitzten Lippen atmen („Lippenbremse “) - Antibiotische Therapie bei Atemwegsinfektionen: analog zur COPD
- Diagnostik und Therapie von Elektrolytstörungen
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr unter Vermeidung von Überwässerung
- Inhalation
: Kochsalzlösung (Sekretolytika zeigen nicht unbedingt eine bessere Wirkung)
Therapie des akuten Asthmaanfalls
Komplikationen
- Akute Asthmaanfälle: Schwere und lebensbedrohliche Exazerbationen, die eine sofortige medizinische Behandlung erfordern
- Status asthmaticus: Definiert sich über anhaltende Orthopnoe/Tachypnoe, Tachykardie
, Zyanose >24 Std. trotz Therapie - Sekundärer Pneumothorax
: Asthma geht mit einem höheren Risiko für die Entwicklung eines Pneumothorax einher - Respiratorische Insuffizienz
Prävention
Präventiv sollten Risikofaktoren für prognostisch ungünstige Verläufe möglichst reduziert werden. Hierzu zählen:
- Atemwegsinfektionen ➜ Infektprophylaxe, Impfungen gegen Pneumokokken und Influenza
- Allergenexposition ➜ Allergenkarenz anstreben, Meiden von Kaltluft, Nebel, inhalativen Schadstoffen, AIT/Hyposensibilisierung im asthmafreien Intervall
- Einnahme von ASS und NSAR
➜ Absetzen - Körperliche Anstrengung ➜ Vermeidung übertriebener körperlicher Anstrengungen
- Medikamentennebenwirkungen: Einnahme von Betablockern, Sedativa, Parasympathomimetika ➜ Vermeiden asthmaverschlechternder Medikamente
- Exazerbationen: Hauptrisikofaktoren einer Exazerbation sind Rauchen, eine niedrige FEV1
<60%, eine bereits stattgehabte Exazerbation im Vorjahr, Nahrungsmittelallergien , andauernde Allergenexposition, Sputumeosinophilie und sozioökonomische Hintergründe ➜ Meiden von Tabakrauch, Therapie von Begleiterkrankungen, Gewichtsreduktion, psychotherapeutische Begleitung - Säuglinge, die in den ersten 4–6 Lebensmonaten ausschließlich gestillt werden, haben nachweislich ein geringeres Risiko, Allergien und Asthma bronchiale zu entwickeln.
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Video Asthma vs. COPD
Quellen
- Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma, Bundesärztekammer (BÄK) Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Ärztekammern, Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF)
- S2k-Leitlinie: S2k-Leitlinie zur fachärztlichen Diagnostik und Therapie von Asthma, Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V.