Zusammenfassung
Die Aszitespunktion ist ein diagnostisches und therapeutisches Verfahren, bei dem Flüssigkeit aus der Peritonealhöhle entnommen wird. Indikationen umfassen die Abklärung unklarer Aszitesursachen sowie die Behandlung von Beschwerden durch massiven Aszites

James Heilman, MD, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons
Definition
- Diagnostische Aszitespunktion: Entnahme von 20–50 ml Ergussflüssigkeit zu diagnostischen Zwecken, um die Ursache des Aszites
zu klären - Therapeutische Aszitespunktion: Entnahme einer größeren Ergussmenge zur Linderung von Beschwerden bei symptomatischem Aszites
- Großvolumige Aszitespunktion: Entnahme von mehr als
5 Litern Punktat, meist bei massivem Aszites erforderlich
Indikationen
- Diagnostische Indikationen:
- Neu aufgetretener Aszites
: Zur Klärung der Genese - Verschlechterung des Allgemeinzustands bei Patient:innen mit Leberzirrhose
und Aszites : - Neu aufgetretene Komplikationen der Leberzirrhose
- Verschlechterung von Leberfunktionsparametern oder anderer laborchemischer Werte (z. B. Kreatinin
, Harnstoff , Elektrolyte) - Zum Ausschluss einer spontan bakteriellen Peritonitis (SBP
)
- Neu aufgetretene Komplikationen der Leberzirrhose
- Neu aufgetretener Aszites
- Therapeutische Indikationen:
- Linderung von Beschwerden durch massiven Aszites
(z. B. Dyspnoe, Bauchumfangszunahme) - Entlastung bei therapierefraktärem oder rezidivierendem Aszites
- Linderung von Beschwerden durch massiven Aszites
Kontraindikationen (Auswahl)
Absolute Kontraindikationen:
- Fehlende Einverständniserklärung der Patient:innen
- Fehlender Zugangsweg zum Aszites
(z.B. durch Infektionen oder Verbrennungen im Bereich der Punktionsstelle, Zystennieren, Hepatosplenomegalie) - Fehlende diagnostische oder therapeutische Konsequenz
Relative Kontraindikationen (individuelle Abwägung notwendig):
- Disseminierte intravasale Koagulopathie (DIC): Erhöhtes Blutungsrisiko
- Schwerwiegende Blutungsneigung (z. B. bei Thrombozytopenie
oder schweren Gerinnungsstörungen) - Nierenschädigung mit erhöhten Kreatininwerten (ab
>6 mg /dl)
AchtungVor
der Punktion sollte ein aktuelles Gerinnungslabor mit Thrombozytenzahl, Quick-Wert und PTT vorliegen. Bei einer Antikoagulation mit niedermolekularem Heparin (NMH) kann zusätzlich die Bestimmung des Anti-Xa-Spiegels erforderlich sein. Bei Thrombozytopenie <20.000/µl kann eine prophylaktische Thrombozytentransfusion vor der Punktion erfolgen.
TippDer Einsatz der Sonografie trägt wesentlich dazu bei, das Blutungsrisiko bei der Aszitespunktion deutlich zu senken und die Sicherheit des Eingriffs zu erhöhen.
Aufklärung
Die Patient:innen müssen vor
Inhalte der Aufklärung:
- Zweck der Punktion: Diagnostische oder therapeutische Ziele
- Ablauf: Lokalanästhesie, steriles Vorgehen, Dauer
- Risiken: Blutung, Infektion, Perforation innerer Organe
- Alternativen: Konservative Therapie oder bildgebende Verfahren (je nach Indikation)
- Ausschluss von Kontraindikationen: Disseminierte intravasale Koagulopathie (DIC)
Material
- Ultraschallgerät
- Hautdesinfektionsmittel
- Sprühdesinfektionsmittel
- Sterile Handschuhe
- Steriles Lochtuch
- Sterile Kompressen
- 5-20 ml Lokalanästhetikum
(z.B. Lidocain 2%) - 10 ml Spritze mit 2 Kanülen
(zum Aufziehen und zur Injektion) - Punktionskanüle
- a) Parazentesenadel: empfohlen bei therapeutischer Punktion (hohe Knickstabilität, bessere Drainage durch mehrere Seitenlöcher, höhere Kosten)
- b) Großlumiger peripherer Venenkatheter
, z.B. 16 G → grau oder 14 G → orange (hohe Verfügbarkeit, niedrige Kosten, häufigere Repositionierung notwendig)
- Für die Diagnostik
- a) Monovetten-Adapter
- b) EDTA-Monovette (rot) → Blutbild
(Leukozyten , Hämoglobin ) - c) Serum
-Monovette (orange) → Klinische Chemie (Gesamteiweiß, Albumin , LDH , Glukose, Lipase, Triglyzeride, Cholesterin, CEA ) - d) 20 ml Spritzen
für die zytologische Untersuchung in der Pathologie → Frage nach malignen Zellen - e) 20 ml Spritze und 1 Paar Blutkulturflaschen für die Mikrobiologie → Erregernachweis und Resistogramm
- Dreiwegehahn
mit Verlängerung - Auffangbeutel mit Schlauch und Luer-Anschluss
- Fixierpflaster
- Abwurfbehälter
Durchführung
Vorbereitung:
- Begrüßung und Vorstellung der eigenen Funktion
- Aufklärung über geplante Maßnahme und Einholung der mündlichen Einwilligung
- Name und Geburtsdatum der Person erfragen
- Sicherstellung eines zugänglichen und funktionstüchtigen peripheren Venenzugangs
- Lagerung der Person in Rückenlage mit leicht erhöhtem Oberkörper
- Identifikation der Punktionsstelle mittels Ultraschall
- Markierung der Punktionsstelle (z. B. McBurney-Punkt
oder kontralaterales Pendant) - Bereitstellung des Auffangbehälters
- Mundschutz anziehen
- Hygienische Händedesinfektion

"Aszites im Sonogramm" von Drahreg01, CC BY-SA 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons. Das rechte Bild ist ein Derivat des oben genannten Bildes. Es wurde dupliziert, zugeschnitten und mit der Markierung (Overlay) versehen.
TippUm die Punktion optimal vorzubereiten, sollten Blase und Darm vor
dem Eingriff entleert werden.
Desinfektion der Punktionsstelle:
- Großflächige Desinfektion, ggf. einmaliges Abwischen mit steriler Kompresse (Einwirkzeit des Herstellers beachten)
- Anlegen von sterilen Handschuhen
- Auflegen von einem sterilen Lochtuch über der markierten Punktionsstelle
- Erneute Desinfektion durch eine Hilfsperson (ausreichender Einwirkzeit beachten)
Lokalanästhesie:
- Lokalanästhetikum
steril aufziehen (mindestens 10 ml) und Subkutannadel aufsetzen - Ankündigung des Einstichs
- Setzen einer Hautquaddel mit Lokalanästhetikum
und langsames Vortasten unter Aspiration → Vermeidung intravasaler Applikation des Lokalanästhetikums durch Aspiration vor jeder Injektion - Wiederholte Applikation in tiefere Gewebeschichten, bis Aszites
aspiriert werden kann (Probepunktion)
Punktion:
- Ankündigung der Punktion
- Punktieren mit senkrecht zur Haut geführter Punktionskanüle
- Alternativ: 45°-Einstichwinkel oder Z-Durchstichtechnik → Zur Vermeidung einer Fistelbildung
- Fixierung der Kunststoffkanüle und Entsorgung des Stahlmandrins
- Anschluss eines 3-Wege-Hahns mit Auffangbeutel
- Fixierung der Kunststoffkanüle mit Pflasterstreifen
Drainage:
- Gewinnung von Material für diagnostische Untersuchungen → Makroskopische Beurteilung (blutig, klar, trüb)
- Beobachtung des klinischen Zustands, Kontrolle der Vitalparameter und ggf. intravenöse Flüssigkeitssubstitution bei Drainage von großen Aszitesmengen
Nachsorge
- Versorgung der Punktionsstelle
- Entfernung der Punktionskanüle und Abdeckung mit Pflaster
- Bei persistierender Leckage ggf. Einzelknopfnaht
- Umgang mit dem Punktat
- Dokumentation der Aszitesmenge und des Aussehens
- Punktat zeitnah zur weiteren Untersuchung einsenden
AchtungBei blutigem Aszites
sollte der Hb-Wert engmaschig kontrolliert werden. Findet sich Darminhalt in der aspirierten Flüssigkeit, ist unverzüglich eine chirurgische Mitbeurteilung einzuleiten.
Komplikationen
- Schmerzen an der Punktionsstelle
- Aszitesaustritt durch den Stichkanal → Prävention durch schrägen Stichkanal, Z-Durchstichtechnik oder Tabaksbeutelnaht
- Blutungen: Bauchwandhämatome, Hämoperitoneum → Prävention durch sonografische Punktion
- Peritonitis oder Abszesse (z.B. durch Darmperforation) → Prävention durch sterile Technik
- Blutdruckabfall → Monitoring
- Fehlpunktionen → Prävention durch sonografische Steuerung
Quellen
- S2k-Leitlinie Komplikationen der Leberzirrhose, Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS), Stand 2018, Abrufdatum 18.01.2025
- Herold: Internistische Intensivmedizin. FIM Herold (Verlag) 2016, ISBN: 978-3-000-32949-4.
- Braun, Dormann: Klinikleitfaden Innere Medizin. 10. Auflage Elsevier 2006, ISBN: 3-437-22292-9.