Der Bandscheibenvorfall, auch bekannt als Discusprolaps, beschreibt eine degenerative Wirbelsäulenerkrankung. Diese tritt besonders häufig im mittleren Alter auf, sowie bei Menschen mit starker Belastung der Wirbelsäule. Dabei verändert sich die Bandscheibe so, dass diese auf Rückenmark oder Nervenwurzeln drückt. Deshalb kann dies starke Schmerzen, Lähmungen und Empfindungsstörungen verursachen.
Fallbeispiel
Um den Einstieg in das Thema Bandscheibenvorfall etwas zu erleichtern, wird im Folgenden ein Fall beschrieben, wie er sich präklinisch ereignen könnte.
Das Szenario
Einsatzmeldung:
Stichwort: Rückenschmerzen
Ort: Baustelle
Alarmzeit: 15:00
Anrufer:in: Kollege
Anzahl der Betroffenen: 1
Zusatzinfo:
55-Jähriger männlicher Patient
Während Arbeit plötzlich stärksten Schmerz im Rücken
Lageeinweisung vor Ort:
Beim Eintreffen des Rettungsdienstes werden diese von einem Kollegen am Eingang der Baustelle eines Einfamilienhauses erwartet. Dieser begleitet die Besatzung zum Patienten.
Die Lage ist wie folgt:
Patient berichtet, er sei Maurer und habe die Mauer für heute noch schnell fertig mauern wollen
Er habe beim Hochheben mehrerer Ziegelsteine plötzlich stärksten Schmerz im unteren Rücken verspürt
Dort habe er seit Jahren immer wieder Schmerzen, aber noch nie so stark
Die Schmerzen strahlen heute in beide Beine aus, er könne kaum noch gehen oder stehen
Dieses Bild wurde mit der KI-Software ChatGPT (OpenAI) erstellt. Es wurde automatisch generiert und dient ausschließlich illustrativen Zwecken.
Ersteindruck nach xABCDE-Schema
Um sich einen ersten umfassenden Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten in einer Notfallsituation zu verschaffen, bietet sich das xABCDE-Schema an. Um die Arbeit mit dem Schema zu veranschaulichen, ist hier ein xABCDE-Schema abgebildet, wie es im Falle einer Ersteinschätzung bei einer Patientin oder einem Patienten mit Bandscheibenvorfall aussehen könnte.
Es handelt sich dabei um die Befunde, die innerhalb der ersten paar Minuten erhoben werden können. Erweiterte Diagnostik und Abfragen sind natürlich von Bedeutung, jedoch würde zum Beispiel die Messung des Blutzuckers in diesem Fall hintangestellt und taucht zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf.
x
Keine kritischen Blutungen
A
Atemwege frei
Schleimhäute rosig, feucht
Patient spricht selbstständig
Kein A-Problem
B
Inspektorisch:
Thoraxexkursion bds. normal
Inspektorisch unauffällig
Auskultatorisch:
Vesikuläres Atemgeräusch bds.
Palpatorisch:
Keine Krepitation spürbar
Thorax insgesamt stabil
SpO2: 99%
Atemfrequenz: 16/min
Kein B-Problem
C
Hautkolorit: rosig
Extremitäten warm
Rekap-Zeit: <2 Sekunden
Palpation des peripheren Pulses am Handgelenk
Rhythmisch
Gut tastbar
Normofrequent
Blutdruck: 150/80 mmHg
Große Blutungsräume ohne Zeichen auf akute Blutungen
Mittelbares C-Problem
D
Wach, orientiert, ansprechbar
GCS 15
Öffnen der Augen: 4
Beste verbale Reaktion: 5
Beste motorische Reaktion: 6
BEFAST unauffällig
Pupillenkontrolle:
Isokor
Mittelweit
Lichtreagibel
Missempfindungen rechtes Bein an Oberschenkelaußenseite und Schienbein
Deutliche Kraftminderung in der Fußhebung
Akutes D-Problem
E
Keine weiterenVerletzungen ersichtlich
Symptome:
Rückenschmerzen
Missempfindungen Oberschenkelaußenseite
Kraftminderung Fußheber
Allergien/Infektionen: keine
Medikamente:
Bei Bedarf Ibuprofen
Patientengeschichte:
Rezidivierende Rückenschmerzen
LetzteNahrungsaufnahme: Mittagessen gegen 12 Uhr
Ereignis:
Beim Heben von schweren Ziegelsteinen plötzlich einsetzender Schmerz
Kein Trauma
Risikofaktoren: körperlich belastende Arbeit, Übergewicht, Nikotin- und Alkoholabusus
Kein E-Problem
Achtung
Das hier gezeigte Assessment vermittelt nur einen exemplarischen ersten Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten. Im Verlauf der Behandlung müssen weitere Maßnahmen ergriffen und Informationen gesammelt werden. Das Schema erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll lediglich einen praktischen Einstieg in das Thema ermöglichen.
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Definition
Definition
Unter einem Bandscheibenvorfall versteht man die schlagartige oder langsam fortschreitende Verlagerung oder den Austritt von Gewebe aus dem Nucleus pulposus der Bandscheibe. Dabei werden das Rückenmark oder Nervenwurzeln gequetscht.
Der Bandscheibenvorfall lässt sich wie folgt definieren: der gallertartige Kern tritt aus dem Bandscheibengewebe aus und drückt dabei auf Nervenwurzeln oder Rückenmark. Der gallertartige, weiche Kern wird Nucleus pulposus genannt und kann durch einen Riss im Anulus fibrosus, welches der äußere faserige Ring der Zwischenwirbelscheibe ist, entweichen. Das entwichene Gewebe drückt dabei auf die Nervenwurzeln oder auf das Rückenmark. Durch die Kompression der Nerven kommt es zu sensiblen und/oder motorischen Ausfällen, welche in ihrer Gesamtheit als radikuläres Syndrom bezeichnet werden.
Die Vorstufe des Bandscheibenvorfalls ist die Bandscheibenprotrusion. Dabei handelt es sich um die Vorwölbung des gallertartigen Kerns der Bandscheibe, wobei der faserige Ring (Anulus fibrosus) noch intakt ist.
Info
Radikuläres Syndrom
Bei einem radikulären Syndrom handelt es sich um eine Schädigung der Nervenwurzel durch eine chronische oder akute Reizung. Damit gehen üblicherweise Empfindungsstörungen sowie Schmerzen oder Lähmungen einher. Diese Symptome breiten sich dabei meist im Bereich des nervlichen Verlaufs, den sogenannten Dermatomen, aus.
Im Volksmund wird dabei häufig ein „eingeklemmter Nerv“ beschrieben.
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Ursachen
Der Bandscheibenvorfall gehört zu einem häufigen Problem, welches 20 % aller Menschen zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr in Deutschland betrifft. Dabei ist jedoch nicht immer die Indikation für einen Transport durch den Rettungsdienst gegeben.
Akut tritt die Erkrankung vor allem nach schwerem Lastenheben, Gartenarbeit oder Sport auf. Außerdem tritt der Bandscheibenvorfall am häufigsten im Bereich der LWS auf. Die Ursache des Bandscheibenvorfalls ist die Bandscheibendegeneration (= Strukturveränderung der Bandscheibe).
Info
Mittels Dermatomen kann der Bandscheibenvorfall lokalisiert werden. Dermatome sind Hautareale, welche auf einen bestimmten Spinalnerv zurückzuführen sind.
Ursachen der Bandscheibendegeneration:
Genetische Disposition
Mechanischer Stress
Trauma
Körperliche, schwere Arbeit (Tragen, Heben, schwere Lasten) → Risikofaktor für alle Rettungsdienstmitarbeitenden, Pflegende und ärztliches Personal
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Pathophysiologie
Merke
Reminder: Physiologische Grundlagen
Die Wirbelsäule (Columna vertebralis) ist die größte Längsachse des Skeletts
Besteht aus 24 Wirbeln (Vertebrae) sowie Kreuz- und Steißbein
Umschließt das Rückenmark, aus dem die Spinalnerven entspringen
Stabilisation durch zahlreiche Bänder
Gliederung in fünf Abschnitte:
Halswirbelsäule (HWS) – 7 Wirbel
Brustwirbelsäule (BWS) – 12 Wirbel
Lendenwirbelsäule(LWS) – 5 Wirbel
Kreuzbein
Steißbein
Die Wirbelsäule ist unterschiedlich gekrümmt:
Nach vorne = Lordose
Nach hinten = Kyphose
Merkspruch Anzahl Wirbelkörper: Um 7 Uhr gibt es Frühstück, um 12 Uhr gibt es Mittagessen und Abendessen ist um 5 Uhr.
Zwischen den Wirbeln liegen die Bandscheiben (Discus intervertebralis), zur Stoßdämpfung und Beweglichkeit. Diese bestehen aus dem faserigen Außenring (Anulus fibrosus) und dem Gallertkern (Nucleus pulposus) und sind etwa 5 mm dick. Der Gallertkern verschiebt sich je nach Bewegung der Wirbelsäule und ermöglicht sich um die eigene Achse sowie nach vorne, hinten und seitlich zu bewegen.
Ab dem 20. Lebensjahr nimmt die Gefäßversorgung der Bandscheibe sowie der Wassergehalt des Gallertkerns ab. Dadurch wird der Faserring anfälliger und kleine Risse können entstehen. In diese Risse kann der Gallertkern eindringen. Dabei entstehen Vorwölbungen, welche auf die Nerven drücken können, dies wird als Bandscheibenprotrusion beschrieben. Sobald der Faserring reißt und der Gallertkern herausquillt, handelt es sich um den Bandscheibenprolaps. Begünstigt wird dies durch oben genannte Risikofaktoren.
Die Bandscheibenprotrusion ist meist konservativ gut behandelbar und reversibel. Der Bandscheibenprolaps hingegen endet häufiger in einem operativen Verfahren.
Definition
Dermatom:
Dermatom ist der sensorische Körperabschnitt, der auf einen bestimmten Spinalnerv zurückzuführen ist.
Wenn in einem bestimmten Dermatom ein Sensibilitätsverlust auftritt, deutet dieses auf eine Verletzung des zugehörigen Spinalnervens hin, zum Beispiel durch Druck des Gallertkerns der Bandscheibe auf diesen.
Der rettungsdienstliche Alltag belastet die eigene Wirbelsäule sehr. Daher sollte bei jedem Heben und Tragen auf die richtige Haltung geachtet werden. Ebenso ist eine Rückenschule mit entsprechenden Übungen hilfreich, die passende Rückenmuskulatur aufzubauen, damit Schäden vermieden werden können.
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Klinischer Eindruck
Typische Zeichen
Plötzlich auftretende, einseitige Schmerzen, teils in der Vergangenheit schon über Rückenschmerzen geklagt
Ziehender, einschießender Schmerz
Meist nach Belastung
Schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule → Schonhaltung
Lumboischialgie = ziehend-reißender Schmerz im lumbalen Bereich, der in die Extremität ausstrahlt
Lähmungen/Empfindungsstörungen: anhand des betroffenen Dermatoms zuzuordnen
Halswirbelsäule: hierbei sind besonders die Arme betroffen
Brustwirbelsäule: hierbei ist besonders der Rumpf betroffen
Lendenwirbelsäule: hierbei ist besonders das Becken und die Beine betroffen
Kribbelparästhesien in betroffenen Extremitäten
Generalisierte Zeichen
Vegetative Reaktion:
Tachykardie
Blutdruckanstieg
Kaltschweißigkeit
Angst
Achtung
Typische Red Flags bei Bandscheibenvorfall:
Blitzartige, brennende Schmerzen: Plötzliche, starke Schmerzen im Rücken, die bis in die Beine ausstrahlen können
Nervenausfälle: Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Lähmungserscheinungen in Armen oder Beinen
Reizung des Spinalnerven: Beschwerden, die auf eine Reizung des Spinalnerven L5 oder S1 hinweisen
Conus-medullaris- oder Kauda-equina-Symptomatik: Hinweise auf Schädigung des Rückenmarks, die durch Harn- oder Stuhlinkontinenz oder Lähmungserscheinungen in den Beinen gekennzeichnet sein kann
Progrediente neurologische Ausfälle: Verschlechterung der Nervenfunktionen, z.B. zunehmende Lähmungen oder Taubheitsgefühle
Unfall: Ein Unfall, der zu einer Verletzung der Wirbelsäule geführt haben könnt
Osteoporose und Bagatelltrauma: Schwache Knochen und ein leichtes Trauma, das eine Bandscheibenverletzung verursacht
Tumoranamnese: Eine Vorgeschichte von Tumoren, die eine Ursache für Rückenschmerzen sein könnte
Infektion: Eine Infektion, die die Wirbelsäule oder die Bandscheiben befallen kann
Gewichtsverlust, Fieber, Schmerzverstärkung in der Nacht: Hinweise auf eine Infektion oder eine andere ernsthafte Erkrankung
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Diagnostik
Merke
Anamnese und körperliche Untersuchung im Fokus
Die Diagnose eines Bandscheibenvorfalls wird durch die Anamnese, körperliche Untersuchung und bildgebende Verfahren, in der Regel durch ein CT/MRT, gestellt.
Da die Bildgebung in der präklinischen Versorgung nicht gegeben ist, müssen die Zeichen der Anamnese und der körperlichen Untersuchung umso besser erhoben und richtig eingeordnet werden, um dem Patienten schnellstmöglich die beste Behandlung zukommen zu lassen.
Anamnese
Aktuelle Anamnese:
S(Symptome): plötzlich stark auftretende Schmerzen, Lähmungserscheinungen (häufig in den unteren Extremitäten), Empfindungsstörungen, Harn- und Stuhlinkontinenz, Schmerzanamnese (OPQRST-Schema)
A (Allergien, Infektionen)
M (Medikation)
P (Patientenvorgeschichte): besonders nach starker Belastung, kein/wenig Sport, keine Rückenschule, oft rezidivierende Rückenschmerzen in den vergangenen Jahren, Wirbelsäulentrauma
L (Letzte …)
E (Ereignis): jahrelange starke Belastung (Überbelastung) des Rückens, Heben/Tragen von schweren Lasten
R (Risiko): arbeitsbezogene Risiken, Übergewicht, Trauma, Alter
S (Schwangerschaft)
Tipp
Nutze Schemata
Um die Anamnese strukturiert durchzuführen, bietet es sich an, Schemata, wie das SAMPLERS oder OPQRST-Schema zu benutzen. Am obigen Beispiel haben wir Fragen und Befunde dargestellt, die bei dem Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall abgefragt werden sollten und vorliegen könnten.
Körperliche Untersuchung
Inspektion: Schonhaltung vorhanden?
Palpation: Veränderungen der Wirbelsäule → bei einem Bandscheibenvorfall sind keine Fehlstellungen tastbar
Perkussion: Der Perkussionsbefund sollte physiologisch ausfallen. Ist das nicht so, muss differenzialdiagnostisch gedacht werden
Auskultation: Der Auskultationsbefund sollte physiologisch ausfallen. Ist das nicht so, muss differenzialdiagnostisch gedacht werden
Lasègue-Zeichen
Funktionsuntersuchung:
Bragard-Zeichen
Empfindungsstörungen und Lähmungen: Rückführung auf betroffenes Areal/Spinalnerv mittels Dermatom
Lasègue-Zeichen: ist ein Teil der neurologischen Untersuchung und löst einen Dehnungsschmerz aus, wenn die Spinalnerven im unteren Lendenwirbelbereich sowie im Kreuzbein, durch eine Kompression, betroffen sind. Dabei liegt der Patient auf dem Rücken und das gestreckte Bein wird im Hüftgelenk um 90% gebeugt. Wenn dies nicht ohne Schmerzen/Parästhesien im Rücken, Bein oder Gesäß durchführbar ist, ist das Lasègue-Zeichen positiv und deutet auf einen Bandscheibenvorfall hin. Die verursachten Symptome müssen im Zusammenhang stehen, entweder wurden bestehende Schmerzen verstärkt oder die vorher beschriebenen Schmerzen erneut ausgelöst.
Umgekehrtes Lasègue-Zeichen: hierbei wird das gestreckte Bein im Hüftgelenk nach hinten überstreckt, bei Schmerzen kann es auf einen Bandscheibenvorfall in der LWS hindeuten.
Bragard-Zeichen: auch dies ist ein Nervendehnungsschmerztest. Er wird ähnlich wie das Lasègue-Zeichen durchgeführt. Das gestreckte Bein wird ebenso im Hüftgelenk gebeugt und der Fuß wird passiv ausgestreckt (dorsal flektiert). Das Zeichen ist positiv, sobald Schmerzen/Parästhesien auftreten, und deutet auf eine Nervenschädigung im unteren LWS-Bereich und oberen Kreuzbein hin. Auch diese hervorgerufenen Symptome müssen im Zusammenhang stehen.
Vitalparameter: Überwachung der Vitalparameter, insbesondere bei Gabe von Schmerzmitteln relevant, aber auch um Veränderungen der körperlichen Reaktion auf den Schmerz zu erkennen
Achtung
Bei den Leitsymptomen Rückenschmerzen oder Lähmungen/Paresen sollte unbedingt eine ausführliche Anamnese und Diagnostik, mit Hilfe bekannter Schemata, erfolgen! Es können sich weitere, unteranderem lebensbedrohliche, Erkrankungen dahinter verbergen.
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Therapie
Präklinische Maßnahmen
Stufenbettlagerung
Lagerung:
Bei starken Schmerzen mit sensorischen und motorischen Auffälligkeiten sollte in einer Vakuummatratze immobilisiert werden
Bei betroffener Halswirbelsäule sollte die Anlage der Zervikalstütze erwogen werden
Ansonsten schonende Lagerung und entsprechend den Bedürfnissen des Patienten, sofern diese die Schmerzen lindern oder nicht verstärken (beispielsweise die Stufenbettlagerung)
Analgesie: (lokale Protokolle beachten)
Weitere Maßnahmen
Vitalparameter-Überwachung: regelmäßige Kontrolle der Herzfrequenz, des Blutdrucks und der Sauerstoffsättigung sowie der Atemfrequenz
Tipp
Lagerung situationsgerecht anpassen
Im Falle des Bandscheibenvorfalls kann durch die richtige Lagerung einiges an Schmerzen genommen werden und Wohlbefinden herbeiführen.
Stufenbettlagerung
Ggf. in der Vakuummatratze immobilisiert
Schonende Lagerung nach den Bedürfnissen des Patienten
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Besondere Situationen
Kaudasyndrom
Kompression der Nervenwurzeln im Lendenwirbelbereich, führt zu Taubheitsgefühl im Genitalbereich und Oberschenkelinnenseite („Reithosenanästhesie“) → Lähmung der Beine sowie Stuhl- und Urininkontinenz
Achtung
Dringender Notfall: Es muss unverzüglich ein schneller Transport in eine entsprechende chirurgische Abteilung erfolgen!
ISG-Blockade/-Syndrom (Iliosakralgelenk)
Die als ISG-Blockade (Iliosakralgelenk-Blockade) bezeichnete Bewegungseinschränkung ist durch Schmerzen gekennzeichnet und betrifft den Bereich des Iliosakralgelenks (Verbindung zwischen Kreuzbein (Os sacrum) und Darmbein (Os ilium)). Ihre Hauptursachen sind muskuläre Dysbalancen, Fehlbelastungen, degenerative Veränderungen oder Traumata, wie sie beispielsweise durch Stürze verursacht werden können. Die Betroffenen beklagen einseitige, tieflumbale oder gluteale Schmerzen, die bis in die Oberschenkel ausstrahlen, jedoch zumeist nicht über das Knie hinausreichen. Die Diagnose erfolgt klinisch durch den Einsatz spezifischer Provokationstests sowie durch den Ausschluss anderer potenzieller Ursachen. Aufgrund der ähnlichen Symptomatik wird dies gerne mit einem Bandscheibenvorfall verwechselt.
Rheuma
Die axiale Spondyloarthritis ist eine chronisch-entzündliche Rheumaerkrankung, die primär die Wirbelsäule und das Iliosakralgelenk betrifft und typischerweise mit tief sitzenden Rückenschmerzen einhergeht. Eine Unterform ist der Morbus Bechterew. Zu den charakteristischen Symptomen zählen entzündliche Rückenschmerzen, die sich in Ruhe verschlimmern, morgendliche Steifigkeit sowie gelegentlich periphere Gelenkentzündungen. Die Diagnose wird durch Laborwerte und Bildgebung, nach Ausschluss anderer potenzieller Krankheiten, ergänzt und getroffen. Aufgrund der ähnlichen Symptomatik wird dies gerne mit einem Bandscheibenvorfall verwechselt.
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Weitere Therapie im klinischen Setting
Versorgung in der Notaufnahme
In dieser Notlage kann es helfen, sich mental auf die nächsten Schritte vorzubereiten. Dafür ist es ratsam, schon auf der Fahrt zum Krankenhaus zu erklären, wie das weitere Procedere im Krankenhaus aussieht und worauf die Person sich potenziell einstellen muss.
Achtung
Da die Therapie je nach aufnehmendem Krankenhaus und Behandler:in variieren kann, empfiehlt es sich nicht, einen bestimmten Behandlungsweg detailliert zu beschreiben. Eine grobe Skizzierung des weiteren Behandlungspfades reicht völlig aus, um Unsicherheiten zu minimieren. Die weiteren Informationen dienen ausschließlich eurer Information als Fachpersonal!
Radiologische Kontrollen:
Im Krankenhaus wird mittels CT (Computertomographie), besser mit einem MRT (Magnetresonanztomographie), die Diagnose Bandscheibenvorfall gestellt.
Darstellung eines Bandscheibenvorfalls mit entsprechendem MRT Bild
Die Methode der Wahl ist die Magnetresonanztomographie (MRT), da sie Weichteile wie Bandscheiben und Nervenstrukturen detailliert darstellt. In bestimmten Fällen kann auch eine Computertomographie (CT) indiziert sein, insbesondere wenn eine MRT nicht möglich ist. Konventionelle Röntgenaufnahmen sind zur Beurteilung eines Bandscheibenvorfalls nicht geeignet, können aber knöcherne Veränderungen der Wirbelsäule zeigen.
Weitere Versorgung in der Klinik
Ursachenklärung und Prävention:
Die weitere Therapie ist von betroffener Höhe, Lage und Größe des Prolaps sowie von den radikulären Schmerzen, Sensibilitätsstörungen und Paresen abhängig und können in Folgende unterteilt werden:
Konservative Therapie: ohne radikulärem Syndrom, Kaudasyndrom
Adäquate Schmerztherapie (mit NSAR, Steroiden oder ggf. Opiaten)
Physiotherapie, damit die reflektorische Muskelspannung gelöst wird und ein normaler Bewegungsablauf ermöglicht wird
Es soll ebenso auf ausreichende Bewegung, trotz Schmerzen, geachtet werden
Minimalinvasive Intervention: keine motorischen Ausfälle sowie keine Blasen-Darm-Störung
Hierbei wird eine epidurale Injektion verabreicht, ebenso können Facetteninfiltrationen oder periduale Injektionen in Erwägung gezogen werden
Operative Therapie: bei konservativ nicht beherrschbaren Schmerzen/Paresen sowie Kaudasyndrom
Entnahme der betroffenen Bandscheibe und Stabilisierung der Wirbelsegments, dabei gibt es zwei mögliche Verfahren:
Versteifung der betroffenen Wirbelkörper
Implantation eines Bandscheibenersatzes
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Transport
Die Wahl der Zielklinik ist abhängig vom vorliegenden Notfall. Idealerweise ist eine Klinik mit unfallchirurgischer Notaufnahme mit orthopädischen oder neurochirurgischen Schwerpunkten die beste Option.
Der Transport sollte so schonend wie möglich erfolgen. Eine Immobilisation in der Vakuummatratze kann je nach Schmerzmaß erwogen werden. Sollte die Halswirbelsäule betroffen sein, ist eine Vollimmobilisation inkl.Zervikalstütze sinnvoll.
Bei geringer Schmerzstärke und Symptomatik, insbesondere ohne motorische und sensorische Ausfälle, sollte eine adäquate Lagerung zur Linderung beitragen. Beispielsweise kann hier auf eine Lagerung im Sitzen oder in der Stufenbettlagerung zurückgegriffen werden.
Merke
Zusammenfassung Transport
Zielkrankenhaus: unfallchirurgische Notaufnahme mit orthopädischen oder neurochirurgischen Schwerpunkten
Schonender Transport (z.B. Stufenbettlagerung), ggf. Immobilisation in der Vakuummatratze
Mit der richtigen Lagerung können Schmerzen gelindert werden!
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Prüfungswissen
Definition:
Bandscheibenvorfall = Austritt des gallertartigen Kerns der Bandscheibe mit Druck auf Nervenwurzeln oder Rückenmark, mit entsprechenden motorischen und sensiblen Ausfällen
Ursachen:
Meist zwischen 30. und 50. Lebensjahr
Degenerative Wirbelsäulenerkrankung
Verursacht durch körperlich anstrengende Arbeit, Übergewicht, Gene, Trauma
Akut auftretend meist nach körperlich anstrengender Tätigkeit, wie Heben/Tragen von schweren Lasten, Gartenarbeit oder Sport
Pathophysiologie:
Bandscheibenprotrusion = Gallertkern der Bandscheibe dringt in kleine Risse des Faserrings ein, wölbt sich dabei vor und drückt/reizt Nervenwurzel oder Rückenmark, Gallertkern tritt nicht aus
Bandschiebenprolaps/-vorfall = Gallertkern der Bandscheibe dringt durch die Risse des Faserrings aus, wobei er auf Nervenwurzeln und Rückenmark drückt
Dermatom = sensorisches Körperareal, welches auf einen bestimmten Spinalnerv zurückzuführen ist
Radikuläres Syndrom = Schmerzen, Lähmungen, Empfindungsstörungen, die mittels Dermatom dem entsprechenden Spinalnerv zugeordnet werden können
Klinische Zeichen:
Plötzliche, einseitige Schmerzen, meist ausstrahlend in die Extremitäten
Inspektion: Schonhaltung vorhanden, aufgrund plötzlichem Schmerzes
Palpation: Ausschluss von Wirbelfehlstellungen, Lokalisation des Schmerzes
Funktionsuntersuchung:
Lasègue-Zeichen: Beugung des ausgestreckten Beines in der Hüfte bei reproduzierbaren/verstärkenden Schmerzen/Parästhesien positives Zeichen, Hinweis auf Lokalisation im unteren LWS oder Kreuzbeinbereich
Umgekehrtes Lasègue-Zeichen: Bein wird im ausgestreckten Zustand nach hinten in der Hüfte gestreckt, ebenso bei Schmerzen/Parästhesien positiv, Lokalisation im LWS-Bereich
Bragard-Zeichen: Beugung des ausgestreckten Beines in der Hüfte, Fuß wird dabei ausgestreckt, auch dieses ist positiv bei Schmerzen/Parästhesien, Lokalisation im unteren LWS-Bereich und Kreuzbein
Vitalparameter: ggf. Hypertonie und Tachykardie schmerzinduziert
Therapie:
Präklinisch:
Lagerung: Immobilisation in Vakuummatratze, ggf. mit HWS-Immobilisation, bei nicht so ausgeprägter Symptomatik nach den Patientbedürfnissen (beispielsweise in der Stufenbettlagerung)
Überwachung: regelmäßige Kontrolle der Herzfrequenz, des Blutdruckes, der Atmung und der Sauerstoffsättigung
Analgesie
Klinisch:
Bildgebendes Verfahren: Goldstandard MRT, aber auch CT, danach Entscheidung des Behandlungspfades:
Konservative Therapie: adäquate Schmerztherapie, Physiotherapie und Bewegung
Minimalinvasive Intervention: epidurale Injektion
Operative Therapie: Bandscheibenersatz oder Wirbelsäulenversteifung nach Entnahme der betroffenen Bandscheibe
Besondere Situationen:
Kaudasyndrom: „Reithosenanästhesie“, Lähmungen Oberschenkelinnenseite, Harn- und Stuhlinkontinenz → dringender Notfall!
Differenzialdiagnosen mit Hilfe von Anamnese und Diagnostik ausschließen
Transport:
Zielkrankenhaus: Notaufnahme mit orthopädisch-neurochirurgischem Schwerpunkt
Überwachung: regelmäßige Kontrolle von Herzfrequenz, Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Atmung
Bei starken Schmerzen mit neurologischen Auffälligkeiten immobilisiert in Vakuummatratze transportieren
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Quellen
Kircher, E. retten – Notfallsanitäter, Thieme, 2023, ISBN: 978-3132421219
Klausmeier, M., Prüfungswissen Notfallsanitäter, Elsevier, 2019, ISBN: 978-3437454509
Flake, F., Dönitz, S., Mensch Körper Krankheit für den Rettungsdienst, Elsevier, 2018, ISBN: 978-3437462023
Reiser, M., Bauer-Melnyk, A., Glaser, C., Pareto-Reihe Radiologie Bewegungsapparat, Thieme, 2007, ISBN: 978-3132409163