Zusammenfassung
Benzodiazepine sind Medikamente, die zur Behandlung von Angststörungen, Schlaflosigkeit, Muskelkrämpfen und zur Beruhigung vor medizinischen Eingriffen eingesetzt werden. Ihre Wirkung entfalten sie über die Bindung an GABAA-Rezeptoren. Dadurch erhöhen sie die Affinität des Neurotransmitters GABA für den Rezeptor, was eine sedierende, anxiolytische, muskelrelaxierende und antikonvulsive Wirkung zur Folge hat. Wichtige Benzodiazepine sind Diazepam
Wirkung
- Benzodiazepine binden an die ⍺-Untereinheit der GABAA-Rezeptoren
→ GABA-Wirkung verstärkt
→ Öffnungsfrequenz der GABAA-Rezeptoren erhöht
→ Verstärkte zentrale Inhibition

Indikationen
Wirkung | Indikation | |
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Anxiolytisch (angstlösend) |
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Sedierend |
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Amnestisch (zeitliche oder inhaltliche Erinnerung störend) |
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Zentral muskelrelaxierend |
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Antikonvulsiv |
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AchtungBei längerfristigem Einsatz kommt es zur Downregulation der Rezeptoren und zum Wirkverlust. Insbesondere die antikonvulsive Wirkung ist davon betroffen, sodass die Benzodiazepine nicht zur Dauertherapie geeignet sind!
TippAuch Alkohol bindet an den GABAA-Rezeptor. Benzodiazepine werden daher ebenfalls zur Linderung der Alkoholentzugssymptomatik eingesetzt.
Wirkstoffe
Wirkdauer | Wirkstoffe | Applikation | Indikation |
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Kurz (HWZ <5 Std.) |
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Mittel |
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Lang (HWZ >24 Std.) |
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Nebenwirkungen
- Amnesie
- Abhängigkeit und Missbrauch
- Atemdepression (vor allem bei Kombination mit anderen atemdepressiv wirksamen Substanzen)
- Muskelschwäche → Sturzgefahr
- Appetitsteigerung
- Libidoverlust
- Gleichgültigkeit
- Hangover am nächsten Tag
- Paradoxe Reaktion mit Rededrang, Angst und Unruhe (v.a. ältere Menschen)
Kontraindikationen:
- Myasthenia gravis
- Schwangerschaft und Stillzeit
- Respiratorische Insuffizienz (COPD
) - Schlafapnoe
- Ataxie
- Kombination mit Alkohol
- Suchterkrankungen
Besonderheiten:
- Je kürzer die Wirkdauer ist, desto höher ist das Abhängigkeitspotential (bspw. Lorazepam
> Diazepam ) - Rebound-Insomnie: Schlaflosigkeit bei plötzlichem Absetzen → Ausschleichen
- Benzodiazepine sind plazentagängig → Floppy-Infant-Syndrom mit Entzugserscheinungen bei Einnahme von Benzodiazepinen während der Schwangerschaft
TippEin Suizid durch eine Benzodiazepin-Überdosierung ist durch die geringe Toxizität sehr unwahrscheinlich. Als Antidot steht Flumazenil
als kompetitiver Benzodiazepin-Antagonist zur Verfügung.
Benzodiazepin-ähnliche Substanzen
Benzodiazepin-ähnliche Substanzen (Z-Substanzen) weisen eine andere chemische Struktur auf als Benzodiazepine. Sie binden allerdings ebenfalls an den GABAA-Rezeptor und haben daher eine ähnliche Wirkung.
- Wirkstoffe:
- Zolpidem
- Zopiclon
- Wirkung:
- Positive allosterische Modulatoren des GABA-A-Rezeptors
- Wirken vor allem sedierend und hypnotisch (geringer anxiolytisch und muskelrelaxierend)
- Indikationen:
- Schlafstörungen
- Nebenwirkungen:
- Schläfrigkeit
- Kopfschmerzen
- Beim Absetzen: Alpträume und Schlaflosigkeit
- Besonderheit:
- Ebenfalls mit Flumazenil
antagonisierbar - Seltener Abhängigkeit, Hangover und Rebound-Insomnie
- Ebenfalls mit Flumazenil
InfoBarbiturate
wirken ebenfalls als positive allosterische Modulatoren des GABA-A-Rezeptors. Sie binden an den Rezeptor und erhöhen in Anwesenheit von GABA die Öffnungswahrscheinlichkeit des Chloridkanals. Im Gegensatz zu vielen anderen Substanzen dieser Klasse können Barbiturate jedoch in hohen Dosen auch ohne die Anwesenheit von GABA den Rezeptor direkt aktivieren. Dies trägt maßgeblich zu ihrem höheren Risiko und ihrer potenziellen Toxizität bei.
Clomethiazol
Clomethiazol ist ein Wirkstoff, welcher ebenfalls eine ähnliche Wirkung wie Benzodiazepine besitzt. Er wirkt durch eine GABAA-Interaktion sedierend, hypnotisch und antikonvulsiv.
- Indikation:
- Alkoholentzugssyndrom (Delirium tremens)
- Nebenwirkungen:
- Atemdepression
- Verstärkte Speichel- und Bronchialsekretion
- Schläfrigkeit
- Niesreiz
- Kontraindikationen:
- Obstruktive Atemwegserkrankungen
- Ateminsuffizienz
- Schlafapnoe
- Schwangerschaft und Stillzeit
- Kombination mit Alkohol
AchtungClomethiazol hat selbst ein hohes Abhängigkeitspotential. Eine Gabe sollte nur kurzfristig unter stationärer Überwachung erfolgen!
Quellen
- Freissmuth et al.: Pharmakologie und Toxikologie. Springer 2012, ISBN: 978-3-642-12353-5.
- Karow, Lang-Roth: Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie 2012
- Lüllmann et al.: Pharmakologie und Toxikologie. 15. Auflage Thieme 2002, ISBN: 3-133-68515-5
- Wehling: Klinische Pharmakologie. 2. Auflage Thieme 2011, ISBN: 978-3-131-60282-4