Zusammenfassung
Der Begriff Bradykardie
Zeichen einer bedrohlichen Bradykardie
- Thoraxschmerzen (inkl. Veränderungen im 12-Kanal-EKG
) - Zeichen einer Herzinsuffizienz
- Schocksymptomatik
- Synkope
Die präklinische Therapie ist in der Regel nur übergangsweise mit Medikamenten oder durch die Anlage eines transkutanen Schrittmachers möglich.
Fallbeispiel
Um den Einstieg in das Thema Bradykardie
Das Szenario
Einsatzmeldung:
- Stichwort: Bewusstseinsstörung, bradykarde Herzrhythmusstörung
- Ort: Rehaklinik, Patientenzimmer
- Alarmzeit: 14:18 Uhr
- Anrufer:in: Pflegekraft der Rehaklinik
- Anzahl der Betroffenen: 1
- Zusatzinfo:
- Männlich, 47 Jahre alt
- Zustand nach Herzinfarkt
vor 3 Wochen - Berichtet über Schwindel und wiederholte Synkopen
Lageeinweisung vor Ort:
Der Patient wird bei Eintreffen des Rettungsdienstes in einem Überwachungszimmer im Bett liegend vorgefunden. Die Pflegekraft berichtet, dass der Patient heute über Schwindel und allgemeine Schwäche klagte. Vor 30 Minuten sei er auf dem Weg zur Toilette kollabiert.
Die Lage ist wie folgt:
- Auf Ansprache fixiert euch der Patient, allerdings ist er desorientiert
- Er ist blass
, stark verschwitzt und wirkt schwach - Ein EKG wurde durch den diensthabenden Arzt der Rehaklinik abgeleitet und zeigt einen AV-Block 3. Grades mit einer Frequenz von 32 Schlägen pro Minute
- Die bisher erfolgte Gabe von insgesamt 1 mg Atropin
war erfolglos

Dieses Bild wurde mit der KI-Software DALL·E (OpenAI) erstellt. Es wurde automatisch generiert und dient ausschließlich illustrativen Zwecken.
Ersteindruck nach xABCDE-Schema
Um sich einen ersten umfassenden Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten in einer Notfallsituation zu verschaffen, bietet sich das xABCDE-Schema an. Um die Arbeit mit dem Schema zu veranschaulichen, ist hier ein xABCDE-Schema abgebildet, wie es im Falle einer Ersteinschätzung bei einer Patientin oder einem Patienten mit einer bedrohlichen Bradykardie
Es handelt sich dabei um die Befunde, die innerhalb der ersten paar Minuten erhoben werden können. Erweiterte Diagnostik und Abfragen sind natürlich von Bedeutung, jedoch würde zum Beispiel die Messung des Blutzuckers
x |
|
|
A |
| Kein |
B |
| Kein |
C |
| Akutes |
D |
| Mittelbares |
E |
| Kein |
AchtungDas hier gezeigte Assessment vermittelt nur einen exemplarischen ersten Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten. Im Verlauf der Behandlung müssen weitere Maßnahmen ergriffen und Informationen gesammelt werden. Das Schema erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll lediglich einen praktischen Einstieg in das Thema ermöglichen.
Definition
DefinitionAls Bradykardie
bezeichnet man eine Herzfrequenz von unter 60 Schlägen pro Minute beim Erwachsenen. Pathologische Bradykardien können durch Störungen des Sinusknotens, des AV-Knotens oder der Überleitung im Reizleitungssystem verursacht werden. Symptomatische Bradykardien können unter anderem mit Schwindel, Synkopen , Zeichen einer Herzinsuffizienz , Atemnot oder einem Schockzustand einhergehen.
Es werden folgende Formen der Bradykardie
- Sinusbradykardie
- Bradyarrhythmien bei Vorhofflimmern
- Höhergradige sinuatriale (SA) Leitungsstörungen
- Atrioventrikuläre (AV) Leitungsstörungen
Ursachen
Die Ursachen einer Bradykardie
Kardiale Ursachen:
- Sinusbradykardie
- Sinuatriale Blockierungen (SA-Block
) - Sick-Sinus-Syndrom
- Sick-Sinus-Syndrom
- Bradyarrhythmie bei Vorhofflimmern
- AV-Blockierungen
MerkeBedrohliche Bradykardien
können auch aufgrund einer akuten Herzerkrankung entstehen, z. B. einem akuten Koronarsyndrom (ACS ) oder einer dekompensierten Herzinsuffizienz .
Extrakardiale Ursachen:
- Hypoxie
- Hypothermie
- Medikamente, beispielsweise:
- Betablocker
- Kalziumkanalblocker
- Digitalis
- Opioide
- Betablocker
- Elektrolytstörungen, z. B.:
- Hyperkaliämie
, Hypokalzämie
- Hyperkaliämie
- Erhöhter Vagustonus
- Endokrine Ursachen (z. B. Hypothyreose)
Pathophysiologie
MerkeReminder: physiologische Grundlagen
- Herzfrequenz
und Herzleistung:
- Die Herzfrequenz
ist ein zentraler Faktor für das Herzzeitvolumen (HZV), das sich aus Herzfrequenz und Schlagvolumen zusammensetzt (HZV = HF × SV) - Eine normale Ruhefrequenz (60–100/Minute) ermöglicht eine optimale Füllung und Entleerung der Herzkammern
- Parasympathikus
und Sympathikus :
- Der Parasympathikus
senkt die Herzfrequenz (Bradykardie ), insbesondere nachts oder in Ruhephasen - Der Sympathikus
steigert die Herzfrequenz (Tachykardie ), z. B. bei körperlicher Aktivität , Stress oder Gefahr Eine funktionell angepasste Herzfrequenz
ist essenziell, um die Gewebe des Körpers mit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen.
Bradykarde Herzrhythmusstörungen
Störung der Erregungsbildung (Sinusbradykardie):
Reduzierte Impulsfrequenz des Sinusknotens, durch:
- Erhöhte parasympathische Aktivität (z. B. vagale Reflexe
, Medikamente) - Hypoxie
- Hypothermie
- Hypothyreose
- Sinusknotendysfunktion (Sick-Sinus-Syndrom
)
Störung der Erregungsleitung (AV-Block, Schenkelblock ):
Verzögerung oder Blockierung der Erregungsüberleitung vom Vorhof auf die Kammer, durch:
- Degenerative Veränderungen des AV-Knotens oder His-Bündels
- Myokardinfarkt (v. a. inferiorer Infarkt → Ischämie des AV-Knotens)
- Elektrolytstörungen (z. B. Hyperkaliämie
)
Auswirkungen:
- Reduziertes Herzzeitvolumen (HZV) → Mangelnde Durchblutung lebenswichtiger Organe
- Hypotonie und Synkopen
→ Gefahr einer Minderversorgung des Gehirns - Herzrhythmusinstabilität → Risiko für Asystolie oder Bradyarrhythmien
Klinischer Eindruck
Typische Zeichen
MerkeDie klinische Symptomatik einer Bradykardie
variiert je nach Ursache und möglichen Begleiterkrankungen, wie Myokardinfarkt oder Intoxikationen .
- Zeichen der Herzinsuffizienz → Kardiogener Schock
- Ggf. Thoraxschmerzen (inkl. Veränderungen im 12-Kanal-EKG
) - Dyspnoe
- Bewusstseinseintrübung
- Synkope
- Ggf. Zeichen zerebraler Minderperfusion:
- Müdigkeit
- Apathie
- Schwindel
- Kognitive Störungen
- Zusätzliche Symptome resultieren ggf. aus der zugrunde liegenden Erkrankung, z. B. Angina pectoris
bei Myokardinfarkt
AchtungIn schweren Fällen kann es zu kardiogenen zerebralen Krampfanfällen kommen.
Generalisierte Zeichen
- Unwohlsein
- Übelkeit
- Schwitzen
- Kollapsneigung
Diagnostik
AchtungDas Ziel der Diagnostik ist die Erkennung instabiler Bradykardien
. Dabei darf nicht nur die Herzfrequenz beurteilt werden, sondern es muss das Gesamtbild aus Frequenz, Rhythmus und Symptomen berücksichtigt werden.
Anamnese
- S (Symptome): Schocksymptomatik, Bradykardie
, Synkope , Bewusstseinstrübung , Schwindel, Zeichen der Herzinsuffizienz - A (Allergien, Infektionen): Liegen Allergien vor oder gibt es Hinweise auf eine Infektion
? - M (Medikation):
- Antikoagulantien
? - Thrombozytenaggregationshemmer
? - Medikamente, die eine Bradykardie
begünstigen: - Betablocker
- Kalziumantagonisten
- Digitalisglykoside
- Amiodaron
- Betablocker
- Antikoagulantien
- P (Patientengeschichte): Vorerkrankungen, insbesondere:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen:
- Koronare Herzkrankheit
(KHK ), Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz - Sick-Sinus-Syndrom
, AV-Block, frühere Bradykardie -Episoden
- Koronare Herzkrankheit
- Neurologische Erkrankungen:
- Erhöhte vagale Aktivität, autonome Dysfunktion (z. B. Parkinson)
- Stoffwechselerkrankungen:
- Hypothyreose, Elektrolytstörungen (Hyperkaliämie
, Hypokalzämie)
- Hypothyreose, Elektrolytstörungen (Hyperkaliämie
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen:
- L (Letzte…):
- Letzte Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme?
- Einnahme der Medikation?
- E (Ereignis): Plötzliches Auftreten der Symptomatik oder schleichender Verlauf?
- Hinweise auf Intoxikation, z. B. Medikamentenintoxikation
- Hinweise auf auslösende Erkrankung, z. B. ACS
- R (Risiko): Herztransplantation
, Vorerkrankungen, die eine Schrittmacherindikation begünstigen, Medikamente, die eine Bradykardie begünstigen - S (Schwangerschaft): Mögliche Schwangerschaft bei Patient:innen beachten
TippNutze Schemata
Um die Anamnese strukturiert durchzuführen, bietet es sich an, Schemata wie das SAMPLERS oder OPQRST-Schema
zu nutzen. Am obigen Beispiel haben wir Fragen und Befunde dargestellt, die bei dem Verdacht auf eine instabile Bradykardie abgefragt werden sollten und vorliegen könnten.
Körperliche Untersuchung
Inspektion:
- Hautkolorit und Durchblutung:
- Blässe → Kreislaufinsuffizienz, Schock
- Zyanose → Hypoxie, kardiorespiratorische Dekompensation
- Marmorierte Haut → Perfusionsstörung
- Blässe → Kreislaufinsuffizienz, Schock
- Atmung:
- Tachypnoe
- Dyspnoe
- Verlängerte Rekapillarisierungszeit
- Ggf. gestaute Halsvenen → erhöhter zentraler Venendruck
→ Rechtsherzbelastung (z. B. bei Herzinsuffizienz , Perikardtamponade ) - Ggf. Beinödem → kardiale Dekompensation
Palpation:
- Pulsstatus:
- Peripher oft schwach tastbar
- Langsam
- Ggf. arrhythmisch
- Kaltschweißige Haut
Perkussion:
- Der Perkussionsbefund sollte physiologisch ausfallen. Ist das nicht so, muss differenzialdiagnostisch gedacht werden
Auskultation:
- Ggf. feuchte Rasselgeräusche
→ Zeichen für Lungenödem bei kardialer Dekompensation
EKG-Diagnostik
AchtungDas 12-Kanal-EKG
spielt eine entscheidende Rolle in der Diagnostik bradykarder Rhythmusstörungen. Es liefert essenzielle Informationen, um die Ursache einer Bradykardie zu identifizieren und die richtige Therapie einzuleiten.
InfoHier werden nur die häufigsten EKG-Befunde als Ursache einer Bradykardie
grob dargestellt. Detaillierte Informationen sowie eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur EKG-Auswertung
sind im EKG-Kurs und in den EKG-Fallbeispielen zu finden.
Rhythmusstörung | EKG-Kriterien | Mögliche Ursache |
---|---|---|
Sinusbradykardie |
|
|
AV-Block 1° |
|
|
AV-Block 2° Typ I (Wenkenbach) |
|
|
AV-Block 2° Typ II (Mobitz) |
|
|
AV-Block 3° |
|
|
Bradykardie |
|
|
Bradykardie |
|
|
SA-Block |
|
|
SA-Block |
|
|
SA-Block |
|
|
SA-Block |
|
|
Bradyarrhythmia absoluta |
|
|
MerkeHinweise auf Asystolie (High Risk) bei AV-Blockierungen
:
- Breiter Kammerkomplex
- Umso breiter der Komplex, desto niedriger liegt das Ersatzautomatiezentrum
- Ventrikuläre Pausen
- Wechselnde Ersatzrhythmen (unterschiedliches Aussehen der QRS-Komplexe)

Therapie
MerkeDie Notfalltherapie einer Bradykardie
dient als vorübergehende Maßnahme, um die Organperfusion und Gewebeoxygenierung aufrechtzuerhalten. Dabei sollte ein ausreichender arterieller Mitteldruck (MAP ) > 65 mmHg sichergestellt werden.
InfoEine Bradykardie
erfordert nur dann eine therapeutische Intervention, wenn sie mit klinischen Symptomen einhergeht. Sportler:innen können z.B. bradykarde Herzrhythmen ohne eine Therapiebedürftigkeit aufweisen.
Standardisierte Therapie
Die folgenden Maßnahmen werden standardmäßig angewandt:
- Sauerstoffgabe
: Bei Patient:innen mit einer verminderten Sauerstoffsättigung (Hypoxie) wird Sauerstoff verabreicht, um die Sauerstoffversorgung des Gewebes zu verbessern und die Funktion lebenswichtiger Organe sicherzustellen
→ Die Sauerstoffgabeerfolgt angepasst an die Sauerstoffsättigung , je nach vorliegender Ursache für die Bradykardie - Kristalloide Infusionslösungen: Die Flüssigkeitstherapie ist essenziell zur Optimierung der Perfusion und zur Vermeidung einer Hypotonie
→ Bei instabilen Bradykardienist eine Normotonie anzustreben. Der systolische Blutdruckwert sollte nicht unter 90 mmHg fallen
Medikamentöse Therapie
Atropin :
- Indikation: Bradykardien
mit bedrohlichen Anzeichen
AchtungAtropingabe nicht sinnvoll / kontraindiziert:
- Patient:innen nach einer Herztransplantation
- Infrahisäre AV-Blockierungen
(häufig AV-Block 2° Typ II, immer AV-Block 3°) - Myokardiale Ischämie
MerkePraxistipp
- Nachweisbarer, aber noch unzureichender Effekt nach 1. Atropingabe (0,5 mg) → Erneute Gabe bis zum Erfolg (max. 3 mg)
- Kein Effekt nach 1. Atropingabe (0,5 mg) → Adrenalin
(2-10 µg) als PushDose Pressor
Adrenalin :
- Indikation:
- Versagen von Atropin
- Primär bei infrahisärer AV-Blockierung
- Bei Gefahr einer Asystolie als Überbrückungsmaßnahme bis zur Anlage eines transkutanen Schrittmachers
- Versagen von Atropin
- Initial immer als PushDose Pressor
- Im Verlauf → ggf. Gabe mittels Perfusor
MerkeAdrenalin
-Perfusor Bei der Dosierung auf etablierte, lokale Vorgaben achten. In der Notfallmedizin sind die Umgebungsbedingungen oft herausfordernd, weshalb die Medikamentengabe besonders sicher erfolgen muss. Niedrigere Konzentrationen in Kombination mit höheren Laufraten sind hierbei zu bevorzugen.
Vorteile:
- Eine zusätzlich laufende Trägerlösung, wie z. B. eine langsam tropfende Ringer-Lösung zum Einspülen des Wirkstoffs, ist bei höheren Laufraten in der Regel nicht erforderlich
- Akzidentielle Bolusgabe hat weniger gravierende Folgen
Beispieldosierung:
- 1 mg Adrenalin
/ 50 ml NaCl oder G5 % → 0,02 mg/ml - Laufrate: 6-30 ml/h (angepasst an klinischen Zustand + Herzfrequenz
)
Transkutaner Schrittmacher
- Indikation: Nach erfolgloser medikamentöser Therapie
- Primäre Anlage bei Gefahr einer Asystolie
- Zusätzlich 4-Pol-EKG
-Ableitung anbringen - Bevorzugt wird der Demand-Modus
Weitere Informationen zum praktischen Vorgehen findest du im Artikel transkutane Schrittmachertherapie.
Weitere Maßnahmen
- Kontinuierliche Kreislaufüberwachung
- Identifikation und Therapie der zugrunde liegenden kardialen Ursache (siehe akutes Koronarsyndrom
, dekompensierte Herzinsuffizienz ) - Ggf. Therapie der extrakardialen Ursache, z. B. Elektrolytstörungen, Hypothermie, Hypoxie
- Lagerung je nach Symptomatik: bei kardialem Lungenödem
, wenn möglich Oberkörperhochlagerung
TippLagerung situationsgerecht anpassen
- Hämodynamisch stabile Bradykardie
→ Flachlagerung oder Oberkörperhochlagerung - Hämodynamisch instabile Bradykardie
→ Flachlagerung
Algorithmus
Besondere Situationen
Intoxikation mit Alkylphosphaten
DefinitionAlkylphosphate, insbesondere Organophosphate, sind Cholinesterase-Hemmer, die vor allem in Pestiziden, Insektiziden und chemischen Kampfstoffen enthalten sind. Eine Vergiftung führt zu einer Überstimulation des parasympathischen Nervensystems
durch Hemmung der Acetylcholinesterase, was eine bedrohliche Bradykardie verursachen kann.
AchtungEigenschutz
Bei Verdacht auf eine Alkylphosphat-Intoxikation hat der Eigenschutz oberste Priorität, da bereits geringster Hautkontakt schwere Komplikationen verursachen kann. Daher ist das Tragen von Schutzkleidung
, Schutzbrille und doppelten Handschuhen unerlässlich. Zudem sollten frühzeitig Spezialkräfte der Feuerwehr zur Dekontamination und weiteren Maßnahmen nachgefordert werden.
Symptome:
- Miosis
- Bradykardie
- Hypotonie
- Übermäßige Sekretion: Erhöhter Speichelfluss, vermehrtes Schwitzen
- Dyspnoe
- Somnolenz bis Koma
- Epileptische Anfälle
MerkeTherapeutisch stehen Dekontamination, Atemwegssicherung und die hochdosierte Atropingabe als Antidot im Vordergrund.
Atropintherapie:
Atropin
- Hemmung der Bronchokonstriktion → Verbesserung der Atmung
- Reduktion der Bronchorrhoe und Speichelsekretion → Schutz der Atemwege
- Steigerung der Herzfrequenz
→ Stabilisierung des Kreislaufs
AchtungZur Therapie wird eine sehr hohe Dosis benötigt:
- Atropin
→ Gabe bis zum Rückgang der Symptome (Miosis, Speichelfluss, Schwitzen, Bradykardie ) - Ziel → Trockene Achseln
Weitere Therapie im klinischen Setting
Versorgung in der Notaufnahme
In dieser Notlage kann es helfen, sich mental auf die nächsten Schritte vorzubereiten. Dafür ist es ratsam, schon auf der Fahrt zum Krankenhaus zu erklären, wie das weitere Procedere im Krankenhaus aussieht und worauf die Person sich potenziell einstellen muss.
AchtungDa die Therapie je nach aufnehmendem Krankenhaus und Behandler:in variieren kann, empfiehlt es sich nicht, einen bestimmten Behandlungsweg detailliert zu beschreiben. Eine grobe Skizzierung des weiteren Behandlungspfades reicht völlig aus, um Unsicherheiten zu minimieren. Die weiteren Informationen dienen ausschließlich eurer Information als Fachpersonal!
EKG -Diagnostik:
Die EKG
Labordiagnostik:
Die Labordiagnostik spielt eine entscheidende Rolle bei der Identifikation möglicher Ursachen einer Bradykardie
- Blutgasanalyse
(BGA ) → Hypoxie, Azidose ? - Elektrolyte → Hyperkaliämie
, Hypokaliämie ? - Troponin → Myokardinfarkt oder Myokarditis?
- TSH
, T3 , T4 → Hypothyreose als Ursache? - Toxikologische Untersuchung → Digitalis, Betablocker
, Kalziumkanalblocker ?
Schrittmacherimplantation
Liegt eine Indikation für einen Herzschrittmacher
Hier wird die Funktion eines antibradykarden Schrittmachers näher erklärt:
Antibradykarde Herzschrittmacher
- Sick-Sinus-Syndrom
, SA-Blöcke - AV-Block II° Typ Mobitz
, AV-Block III° - Symptomatische Bradykardien
(Synkopen , Herzinsuffizienz , Adams-Stokes-Anfälle) - Bradykardes Vorhofflimmern
- Passager (z. B. bei einem akuten Myokardinfarkt oder bei einer Intoxikation)
Je nach Herzrhythmusstörung erfolgt die Anwendung verschiedener Modi. Je nach Indikation sind unterschiedlich viele Sonden notwendig:
- Einkammer-Schrittmacher
: eine Sonde im rechten Vorhof (1) - Zweikammer-Schrittmacher
: eine Sonde im rechten Vorhof (1) und eine Sonde in der rechten Kammer (2) - Dreikammer-Schrittmacher
: eine Sonde im rechten Vorhof (1), eine Sonde in der rechten Kammer (2) und eine Sonde im Sinus coronarius (3)
Zur Darstellung der Funktion von antibradykarden Schrittmachern wurde eine Buchstabenkodierung entwickelt. Diese besteht im klinischen Alltag in der Regel aus drei Buchstaben. Der erste Buchstabe gibt den Stimulationsort, der zweite den Ort der Signalwahrnehmung und der dritte die Reaktion des Schrittmachers an.
- 1. Stimulationsort: Ort, an den die Erregung abgegeben wird
- A = Atrium
- V = Ventrikel
- D = Dual (Atrium und Ventrikel)
- 2. Ort der Signalwahrnehmung: Ort, an dem die Erregung des Herzens erfasst wird
- A = Atrium
- V = Ventrikel
- D = Dual (Atrium und Ventrikel)
- 3. Reaktion: Antwort des Schrittmachers auf eine registrierte elektrische Aktivität des Herzens
Inhibierung des Herzschrittmachers - I = Inhibierung
- Es erfolgt eine durchgehende Stimulation des Myokards durch den Schrittmacher
. Wenn das Herz eine elektrische Eigenaktivität aufweist, wird die Stimulation des Schrittmachers pausiert / inhibiert - Es liegt beispielsweise eine Sinusbradykardie von 30 vor ➜ Herzfrequenz
zu gering ➜ Schrittmacher stimuliert, da die Stimulationsfrequenz des Schrittmachers über der des Sinusknotens liegt ➜ Sinusknoten weist vorübergehend eine Stimulationsfrequenz von über 70 auf ➜ Schrittmachererregung wird gehemmt
- Es erfolgt eine durchgehende Stimulation des Myokards durch den Schrittmacher
- I = Inhibierung
- T = Triggerung
- Es erfolgt nur eine Stimulation des Myokards durch den Schrittmacher
, wenn eine Eigenaktivität des Herzens registriert wird - Es liegt beispielsweise ein AV-Block vor ➜ atriale Schrittmacherelektrode erfasst eine Vorhoferregung –> Erregung wird physiologisch aufgrund des AV-Blocks nicht auf die Ventrikel übergeleitet ➜ erfasste Erregung im Vorhof wird an das Schrittmacheraggregat weitergeleitet und löst eine Stimulation des Myokards im Ventrikel über die Schrittmacherelektrode im Ventrikel aus
- Es erfolgt nur eine Stimulation des Myokards durch den Schrittmacher
- D = Dual (Inhibierung und Triggerung)
- Es liegt beispielsweise eine Sinusbradykardie und ein AV-Block vor
- Bei bestehender Sinusbradykardie erfolgt eine Stimulation über die atriale Sonde (1, 3). Erzeugt der Sinusknoten
jedoch eine ausreichend hohe Herzfrequenz erfolgt keine Stimulation über die atriale Sonde (= AAI) (2, 4) - Die Erregung des Vorhofs (entweder durch die Schrittmacherstimulation (1, 3) oder physiologisch durch den Sinusknoten
(2, 4) ausgelöst) kann aufgrund des AV-Blocks nicht auf die Ventrikel übergeleitet werden ➜ Die Vorhoferregung wird erfasst und führt zu einer Stimulation über die ventrikuläre Sonde (= VAT) (3, 4). Sollte die Erregung jedoch physiologisch übergeleitet werden, erfasst die ventrikuläre Sonde die Erregung in den Ventrikeln und hemmt die Schrittmacheraktivität (= VVI) (1, 2)
Schrittmacher-Modi
In den Beispielen dargestellte Modi noch einmal erklärt:
- AAI-Schrittmacher
: Es erfolgt eine Stimulation im Atrium (AAI). Wenn im Atrium eine Erregung wahrgenommen wird erfolgt folgende Aktion (AAI): Die Schrittmacherstimulation wird inhibiert (AA I) - Beispielsweise bei Sinusbradykardie mit intakter AV-Überleitung ➜ Es kommt zu einer dauerhaften Stimulation im Atrium (AAI), wenn im Atrium jedoch eine Eigenaktivität wahrgenommen wird (AAI) erfolgt keine Stimulation (AA
I)
- Beispielsweise bei Sinusbradykardie mit intakter AV-Überleitung ➜ Es kommt zu einer dauerhaften Stimulation im Atrium (AAI), wenn im Atrium jedoch eine Eigenaktivität wahrgenommen wird (AAI) erfolgt keine Stimulation (AA
- VAT-Schrittmacher
: Es erfolgt eine Stimulation im Ventrikel (VAT). Wenn im Atrium eine Erregung wahrgenommen wird erfolgt folgende Aktion (VAT): Triggerung der Stimulation im Ventrikel (VAT) - Beispielsweise bei AV-Block ➜ Es kommt zu einer Stimulation des Ventrikels (VAT), wenn im Atrium (VAT) eine Erregung wahrgenommen wird. Die Stimulation erfolgt nur bei wahrgenommener Erregung im Atrium (VAT)
- VVI-Schrittmacher
: Es erfolgt eine Stimulation im Ventrikel (VVI). Wenn im Ventrikel eine Erregung wahrgenommen wird erfolgt folgende Aktion (VVI): Die Schrittmacherstimulation wird inhibiert (VVI) - Beispielsweise bei Bradyarrhythmia absoluta
im Rahmen eines Vorhofflimmerns ➜ Es kommt zu einer dauerhaften Stimulation im Ventrikel (VVI), wenn im Ventrikel jedoch eine Eigenaktivität (z. B. durch einen intermittierenden normofrequenten Sinusrhythmus mit folgender physiologischer ventrikulärer Erregung) wahrgenommen wird (VVI) erfolgt keine Stimulation (VVI)
- Beispielsweise bei Bradyarrhythmia absoluta
- In der Regel erfolgt die Programmierung im DDD-Modus
: Vorhöfe werden stimuliert, wenn keine Eigenaktivität besteht und Kammern werden stimuliert, wenn keine Überleitung erfolgt. Bei einer physiologischen Eigenerregung der Vorhöfe und / oder Überleitung auf die Kammern erfolgt keine Stimulation
Selten wird auch eine vierte und fünfte Position zur Beschreibung der Schrittmacher
- 4. Position: Frequenzadaptierung
- R = Frequenzadaptierung vorhanden (z. B. Steigerung bei Sport
durch Messung der Beschleunigung oder des Atemminutenvolumens) - 0 = Keine Frequenzadaptierung
- R = Frequenzadaptierung vorhanden (z. B. Steigerung bei Sport
- Multifokale Stimulation: Stimulation an mehreren Stellen in einer Kammer
- A = Atrium (mehrere Stimulationsorte im Vorhof / Stimulation im rechten und linken Vorhof
) - V = Ventrikel (mehrere Stimulationsorte in der Kammer / Stimulation in der rechten und linken Kammer)
- D = Dual (mehrere Stimulationsorte auf Vorhof- und Kammerebene)
- 0 = Keine
- A = Atrium (mehrere Stimulationsorte im Vorhof / Stimulation im rechten und linken Vorhof
InfoDer DDDR-Schrittmacher
kommt der physiologischen Herzaktion am nächsten. Heutzutage erfolgt überwiegend die Implantation von DDDR-Schrittmachern. Der Modus kann je nach Indikation angepasst werden. Wird z. B. nur ein AAI-Schrittmacher aufgrund einer Sinusbradykardie implantiert und kommt es im Verlauf zusätzlich zu einem AV-Block, muss die Implantation einer weiteren ventrikulären Sonde erfolgen.
TippManchmal ist es einfacher, den Code rückwärts zu lesen: z.B. AAI ➜ I➜A➜A: Es erfolgt eine Inhibition der Impulsabgabe durch den Schrittmacher
, wenn im Atrium eine Eigenaktivität erfasst wird. Die Impulsabgabe bei ausbleibender Eigenaktivität erfolgt im Atrium. VAT ➜ T➜A➜V: Es erfolgt eine Triggerung der Impulsabgabe durch den Schrittmacher
, wenn im Atrium eine Eigenaktivität erfasst wird. Die Impulsabgabe erfolgt im Ventrikel.
Transport
Die Wahl des Zielkrankenhauses ist abhängig vom individuellen Fall. Das Zielkrankenhaus sollte über eine kardiologische Abteilung verfügen und eine Notaufnahme mit einem Schockraum vorweisen. Je nach dem Zustand des/der Patient:in ist eine intensivmedizinische Überwachung notwendig.
Während des Transports ist ein kontinuierliches Basismonitoring
- Wird der Transport unter laufender Perfusortherapie durchgeführt, muss auf folgende Punkte geachtet werden:
- Sichere Befestigung
- Batterieladung prüfen: Sicherstellen, dass die Batterien ausreichend geladen sind oder eine alternative Stromversorgung vorhanden ist
- Durchflussrate kontrollieren: Vor Transportbeginn die korrekte Flussrate und Funktion überprüfen
- Notfallmedikation bereithalten: Adrenalin
als PushDose Pressor
MerkeZusammenfassung Transport
- Zielkrankenhaus: Kardiologische Abteilung mit intensivmedizinischer Überwachung
- Kontinuierliche Kreislaufüberwachung
- Auf Besonderheiten während des Transports unter Perfusortherapie achten
Prüfungswissen
Definition:
DefinitionAls Bradykardie
bezeichnet man eine Herzfrequenz von unter 60 Schlägen pro Minute beim Erwachsenen. Pathologische Bradykardien können durch Störungen des Sinusknotens, des AV-Knotens oder der Überleitung im Reizleitungssystem verursacht werden. Symptomatische Bradykardien können unter anderem mit Schwindel, Synkopen , Zeichen einer Herzinsuffizienz , Atemnot oder einem Schockzustand einhergehen.
Es werden folgende Formen der Bradykardie
- Sinusbradykardie
- Bradyarrhythmien bei Vorhofflimmern
- Höhergradige sinuatriale (SA) Leitungsstörungen
- Atrioventrikuläre (AV) Leitungsstörungen
Ursachen:
- Kardiale Ursachen:
- Bradykardien
unterschiedlicher Genese, z. B. AV-Blockierungen - Akute Herzerkrankungen, z. B. ACS
- Bradykardien
- Extrakardiale Ursachen:
- Hypoxie
- Elektrolytstörungen
- Medikamentenebenwirkungen
- Hypothermie
Pathophysiologie:
- Störung der Erregungsbildung (Sinusbradykardie) → Reduzierte Impulsfrequenz des Sinusknotens
- Störung der Erregungsleitung
(AV-Block, Schenkelblock ) → Verzögerung oder Blockierung der Erregungsüberleitung vom Vorhof auf die Kammer
Auswirkungen:
- Reduziertes Herzzeitvolumen (HZV) → Mangelnde Durchblutung lebenswichtiger Organe
- Hypotonie und Synkopen
→ Gefahr einer Minderversorgung des Gehirns - Herzrhythmusinstabilität → Risiko für Asystolie oder Bradyarrhythmien
Klinischer Eindruck:
- Zeichen der Herzinsuffizienz
→ Kardiogener Schock - Ggf. Thoraxschmerzen (inkl. Veränderungen im 12-Kanal-EKG
) - Dyspnoe
- Bewusstseinseintrübung
- Synkope
- Bewusstseinsveränderungen
- Zusätzliche Symptome resultieren aus der zugrunde liegenden Erkrankung, z. B. Angina pectoris
bei Myokardinfarkt
Anamnese:
AchtungDas Ziel der Diagnostik ist die Erkennung instabiler Bradykardien
. Dabei darf nicht nur die Herzfrequenz beurteilt werden, sondern es muss das Gesamtbild aus Frequenz, Rhythmus und Symptomen berücksichtigt werden.
Inspektion:
- Hautkolorit und Durchblutung:
- Blässe → Kreislaufinsuffizienz, Schock
- Zyanose → Hypoxie, kardiorespiratorische Dekompensation
- Marmorierte Haut → Perfusionsstörung
- Blässe → Kreislaufinsuffizienz, Schock
- Atmung:
- Tachypnoe
- Dyspnoe
- Verlängerte Rekapillarisierungszeit
- Ggf. gestaute Halsvenen → erhöhter zentraler Venendruck
→ Rechtsherzbelastung (z. B. bei Herzinsuffizienz , Perikardtamponade ) - Ggf. Beinödem → kardiale Dekompensation
Palpation:
- Pulsstatus:
- Peripher oft schwach tastbar
- Langsam
- Ggf. arrhythmisch
- Kaltschweißige Haut
EKG
- Auf typische EKG
-Bilder achten, die zu einer bedrohlichen Bradykardie führen, z. B. AV-Blockierungen
MerkeHinweise auf Asystolie (High Risk) bei AV-Blockierungen
:
- Breiter Kammerkomplex
- Umso breiter der Komplex, desto niedriger liegt das Ersatzautomatiezentrum
- Ventrikuläre Pausen
- Wechselnde Ersatzrhythmen (unterschiedliches Aussehen der QRS-Komplexe)
Therapie:
- Organperfusion und Gewebeoxygenierung sicherstellen → arterieller Mitteldruck (MAP) >65 mmHg
- Sauerstoffgabe
- Antibradykarde Therapie:
- Atropin
- Adrenalin
- Transkutaner Schrittmacher
- Atropin
Besondere Situationen:
- Intoxikation mit Alkylphosphaten → Eigenschutz und spezielle Therapie beachten
Weitere Diagnostik und Therapie im klinischen Setting:
- EKG
-Diagnostik - Labordiagnostik
- Bei vorliegender Indikation → Schrittmacherimplantation
Transport:
- Zielkrankenhaus: Kardiologische Abteilung mit intensivmedizinischer Überwachung
- Kontinuierliche Kreislaufüberwachung
- Auf Besonderheiten während des Transports unter Perfusortherapie achten
Quellen
Reanimation 2021 – Leitlinien kompakt, Deutscher Rat für Wiederbelebung – German Resuscitation Council e.V. (GRC)
Meißner W C, von Meißner B. Aus dem Takt – Herzrhythmusstörungen. retten! 2017; 6(02): 120 - 129. doi:10.1055/s-0042-115375
Leschowski R, Boltze C. Bradykardien und Tachykardien. retten! 2021; 10(03): 178 - 189. doi:10.1055/a-1214-1108
Scholz J, Gräsner J, Bohn A,. Referenz Notfallmedizin. 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2019. ISBN: 978-3-13-241290-3
DBRD Musteralgorithmen 2025, DBRD Deutscher Berufsverband Rettungsdienst e.V., Stand. 18.06.2025