Zusammenfassung
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (= COPD) ist eine Erkrankung mit fortschreitender Entzündung und irreversibler Obstruktion der Bronchien. Die Inhalation
Epidemiologie
- COPD ist weltweit die dritthäufigste Todesursache (nach der Koronaren Herzkrankheit
(= KHK ) und dem Schlaganfall ) - Die Prävalenz der COPD liegt in Deutschland bei 5-10%
- Ca. 90% der COPD-Erkrankten sind Raucher:innen
- Die Häufigkeit der Erkrankung steigt mit zunehmendem Alter an (die meisten Patient:innen mit COPD sind >65 Jahre alt)
Ursachen
- Exogene Faktoren:
- Häufigster Risikofaktor: Jegliche Art von Rauchen (aktiv oder passiv): Zigaretten, Wasserpfeifen, Cannabiserzeugnisse, etc.
- Gewerbliche oder Umweltbelastung: Luftverschmutzung, Feinstaub, andere organische und anorganische Stäube
- Atemwegsinfektionen: Rezidivierende Infektionen führen zu häufigeren Exazerbationen und verschlechtern die Prognose einer COPD
- Endogene Faktoren:
- Vermutet wird eine polygenetische Prädisposition
- Alle Faktoren, die die Lungenentwicklung beeinflussen z.B. Frühgeburtlichkeit
, rezidivierende Infektionen im Kindesalter, Exposition gegenüber Zigarettenrauch während der Schwangerschaft - Alpha-1-Antitrypsin
-Mangel - Primäre, ziliäre Dyskinesie
- Antikörpermangelsyndrome (z.B. IgA-Mangel)
TippDa 90% der Patient:innen mit COPD eine Raucheranamnese haben, aber nur jede:r 5. Raucher:in an COPD erkrankt, wird von eine multifaktoriellen Krankheitsgenese ausgegangen.
Pathophysiologie
- Bei Rauchexposition:
- Einatmen
von Tabakrauch: Enthält zahlreiche schädliche Substanzen wie Teer, Nikotin, Kohlenmonoxid und freie Radikale - Reizung der Atemwege: Tabakrauch führt zu einer chronischen Entzündung der Bronchialschleimhaut
- Freisetzung von Entzündungsmediatoren: Makrophagen
und neutrophile Granulozyten setzen Entzündungsmediatoren wie Zytokine und Proteasen frei - Zerstörung des Lungengewebes: Proteasen bauen Elastin und andere Strukturproteine
im Lungengewebe ab, was zur Zerstörung der Alveolen (Lungenbläschen ) und bronchialer Instabilität führt - Oxidativer Stress: Freie Radikale aus dem Tabakrauch und durch Entzündungsreaktionen verstärken den oxidativen Stress, der das Lungengewebe weiter schädigt
- Schleimüberproduktion und Zilienfunktionsstörung: Chronische Entzündung führt zu einer Überproduktion von Schleim und zur Schädigung der Flimmerhärchen (Zilien), was die Selbstreinigung der Atemwege beeinträchtigt ➜ Chronische Bronchitis mit produktivem Husten
- Lumenverengung und Obstruktion der Atemwege
: im weiteren Verlauf kommt es zu einer entzündlichen Verdickung und Fibrosierung der Bronchialwände („airway-remodeling“) und Ansammlung von Schleim, welche das Lumen der Atemwege verengen, was die Exspiration behindert (Obstruktion) ➜ COPD - Air-Trapping und Überblähung der Lunge
: Aufgrund der Obstruktion der distalen Atemwege wird die Luft nicht vollständig ausgeatmet, was zu einer Überblähung der Lungenalveolen führt (Air-Trapping) - Lungenemphysem: Fortschreitende Zerstörung des Lungengewebes führt zur Erweiterung der Lufträume distal der Bronchioli terminales ➜ Lungenemphysem
- Einatmen
Klassifikation
Der Klassifikation in ABE-Gruppen richtet sich nach:
➜ Der Anzahl der Exazerbationen und/oder Krankenhauseinweisungen
➜ Der Symptomatik, erfasst durch die Fragebögen mMRC (modified medical Research Council) und CAT (COPD Assessment Test)
COPD-Klassifikation nach ABE-Einteilung

- Erklärung zur Einteilung nach ABE-Gruppen:
- Vielen Personen ist noch die alte Klassifikation nach GOLD in die Gruppen A, B, C und D geläufig
- Seit der neuen Leitlinie 2023 wurde die Einteilung angepasst und die Gruppen C und D als gemeinsame Gruppe E zusammengefasst
➜ Das bedeutet, dass bei einer Anzahl von mehr als zwei Exazerbationen pro Jahr die subjektive Erfassung der Symptome in den Hintergrund rückt
➜ Bei zwei oder mehr Exazerbationen, die ambulant behandelt wurden oder einer stationären Behandlung handelt es sich somit immer um die Gruppe E, welche mit einem höheren Risiko für schwere Krankheitsverläufe assoziiert ist
Fragebögen zur Einschätzung der Symptomatik
Klassifikation der COPD – mMRC | |
---|---|
Grad | Symptomatik: Dyspnoe |
Grad 0 | Bei schwerer Anstrengung |
Grad I | Beim schnellen Gehen in der Ebene oder Bergaufgehen, Treppensteigen |
Grad II | Beim Gehen in der Ebene |
Grad III | Pat. muss nach einer Gehstrecke von 100 m in der Ebene anhalten |
Grad IV | Bei leichteren Tätigkeiten z. B. dem Ent-/Ankleiden |
Auswertung:
|
Klassifikation der COPD – CAT | |
---|---|
Punktewerte | Symptomatik |
0–5 | 1. Husten |
0–5 | 2. Auswurf |
0–5 | 3. Thorakale Enge |
0–5 | 4. Dyspnoe unter körperlicher Belastung |
0–5 | 5. Einschränkung in Alltagskompetenzen |
0–5 | 6. Schlafqualität |
0–5 | 7. Allgemeines Energieniveau |
0–5 | 8. Bedenken, das Haus zu verlassen |
Auswertung |
|
Weitere Klassifikationen
- Bestimmung des Schweregrads der Atemflussbehinderung anhand der FEV1 (= maximale Einsekundenkapazität
; nach der ehemaligen GOLD-Klassifikation) - Die Einteilung nach der FEV1 (= Einsekundenkapazität
) ist eher von historischer Bedeutung und hat für die Therapieentscheidung keine Relevanz mehr. Trotzdem kann sie teilweise nützliche sein und ergänzende Informationen zum Grad der Atemwegsobstruktion liefern. - Bestimmung der FEV1: Nach inhalativer Bronchodilatation; nicht während der akuten Exazerbation
- Die Einteilung nach der FEV1 (= Einsekundenkapazität
- Erfassung der Symptome anhand der Einteilung nach NVL (= Nationaler Versorgungsleitlinie)
- Alternative Möglichkeit, die Symptome einer COPD einzuschätzen.
- Vorteile im Vergleich zu den Fragebögen mMRC und CAT:
- Die Dynamik der Symptomatik wird berücksichtigt
- Außerdem ist die Anwendung einfacher und aussagekräftiger, da die Fragebögen keine klaren Grenzwerte angeben und aufwendig in der Erhebung sind
Einschätzung der Symptomatik anhand NVL (= Nationaler Versorgungsleitlinie) | |||
---|---|---|---|
Schweregrad / Symptom | Dyspnoe | Husten | Auswurf |
Leicht | Unter leichter Belastung (>3 Stockwerke gehen) | Morgens | Morgens |
Mittelgradig | Unter moderater Belastung (1–3 Stockwerke gehen) | Tagsüber | Tagsüber |
Schwergradig | In Ruhe | Immer | Immer |
Auswertung: Das am stärksten ausgeprägte Symptom bestimmt den Schweregrad. |
Klinik
- Patient:innen mit COPD präsentieren sich typischerweise mit folgenden Symptomen:
- Atemnot bzw. Dyspnoe (initial nur unter Belastung, im Verlauf auch in Ruhe)
- Chronischer Husten mit Auswurf
(vor allem am Morgen) - Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit
- In fortgeschrittenen Stadien:
- Gewichtsverlust, Kachexie
- Osteoporose
- Depression, Angststörung
- Hautveränderungen durch Hypoxämie: Zyanose (an Lippen und Fingernägeln), Uhrglasnägel und Trommelschlägelfinger bei lange bestehender Hypoxie
- Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz
: Gestaute Halsvenen, Unterschenkelödeme - Vermehrte Infektanfälligkeit
MerkeMerkhilfe: AHA: Atemnot, Husten und Auswurf
!
Die Symptomatik kann saisonal und je nach Temperatur oder Wetter variieren. Um die Symptome einer COPD objektivieren zu können, gibt es die spezialisierten Fragebögen CAT und mMRC (siehe Klassifikation der COPD)
InfoVielleicht sind euch noch die Begriffe „Blue Bloater
“ oder „Pink Puffer “ bekannt. Diese Begriffe beschreiben zwei unterschiedliche klinische Präsentationen der COPD. Der „Blue Bloater “ leidet eher unter respiratorischer Insuffizienz mit zyanotischer Hautverfärbung. Der „Pink Puffer “ leidet eher unter Atemnot, einer Lungenüberblähung und besitzt trotz Atemproblematik einen rötlichen Hautton. Diese Einteilung gilt heute als überholt, da es sich meist um Mischformen handelt.
Diagnostik
Die Diagnose einer COPD wird anhand von der Symptomatik und der Ergebnisse der Lungenfunktionsdiagnostik
- Anamnese, körperliche Untersuchung
- Vitalparameter, Pulsoxymetrie
- Labordiagnostik (fakultativ)
- Lungenfunktionsdiagnostik
: Spirometrie - Bildgebung: Röntgen-Thorax
Anamnese
- Aktuelle Anamnese: Symptomatik (Atemnot, Husten, Auswurf
), wann die Symptome auftreten, Häufigkeit der Exazerbationen
➜ Erfassung der Symptomatik anhand der Fragebögen CAT und mMRC; oder anhand der Symptome anhand der NVL (s. Klassifikation) - Vegetative Anamnese: Husten, Aussehen des Schleimes, körperliche Leistungsfähigkeit, Fatigue, B-Symptomatik
, Schlafstörungen - Allergien
- Vormedikation
- Vorerkrankungen: Lungenerkrankungen, Atemwegsinfektionen
- Risikofaktoren wie Rauchen (mit Pack-years
), Passivrauchen, Atemwegsinfektionen in der Kindheit - Sozialanamnese: Raucherhaushalt, Berufsanamnese, Exposition gegenüber inhalativen Noxen
- Familienanamnese: Lungenerkrankungen in der Familie
TippEine ausführliche Raucheranamnese ist notwendig.
Körperliche Untersuchung
Es sollte eine komplette, körperliche Untersuchung mit Fokus auf die Lungenuntersuchung durchgeführt werden.
- Inspektion
- Zeichen der Hypoxie: Zyanose, Trommelschlägelfinger, Uhrglasnägel
- Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz
: Ödeme , Aszites , Pleuraergüsse, Halsvenenstauung - Vermehrte Atemarbeit, Verwendung der Atemhilfsmuskulatur, exspiratorisches Giemen
, Fassthorax
- Palpation: Verminderter Stimmfremitus
bei Überblähung - Perkussion: Hypersonorer Klopfschall bei Überblähung, reduzierte Atemverschieblichkeit der Lunge
, tiefstehendes Zwerchfell - Auskultation:
- Abgeschwächtes Atemgeräusch bei Überblähung (Maximalvariante „silent lung“)
- Exspiratorisches Giemen
und Brummen, verlängertes Exspirium - Bei begleitender Atemwegsinfektion: Feuchte Rasselgeräusche
Labordiagnostik:
- Allgemeine Indikation:
- Für die Erstdiagnose einer COPD ist eine Labordiagnostik nicht unbedingt notwendig
- Sie kann Hinweise auf Begleiterkrankungen geben
- Laborparameter:
- Differentialblutbild: Eosinophile
- Entzündungsparameter: kleines Blutbild
(Leukozytose ), CRP , ggf. PCT - Alpha-1-Antitrypsin
-Spiegel
➜ Indikation: Bei Erstdiagnose und Alter <50 Jahre sollte immer ein Alpha-1-Antitrypsinmangelausgeschlossen werden - Bei Fieber, Hinweise auf eine Infektion oder akute Exazerbation: Erregerdiagnostik mittels Blutkulturen
- Arterielle BGA
- Indikation:
- Bei einer Sauerstoffsättigung
(spO2) <94% oder bei Hinweisen auf eine Hyperkapnie - Verlaufskontrollen bei stationärem Aufenthalt
- Akut exazerbierte COPD
- Bei einer Sauerstoffsättigung
- Mögliche Befunde in der arteriellen BGA:
- Hypoxische respiratorische Insuffizienz
: pO2 vermindert - Hypoxische und hyperkapnische respiratorische Insuffizienz
(= Globalinsuffizienz): pO2 vermindert und pCO2 erhöht
- Hypoxische respiratorische Insuffizienz
- Indikation:
AchtungBei fortgeschrittener COPD weisen einige Patient:innen eine chronische Hyperkapnie
auf, die bereits metabolisch kompensiert ist. COPD-Patient:innen sind somit an hohe CO2-Werte gewöhnt. Ein Hinweis auf eine eher akute Störung liegt vor, wenn die Hyperkapnie nicht metabolisch kompensiert ist!
Lungenfunktionsdiagnostik
Die Lungenfunktionsdiagnostik
- Spirometrie
(oder Bodyplethysmografie ) - Nach nationaler Versorgungsleitlinie: FEV1
/FVC-Wert, der unterhalb der unteren Normgrenze gemäß den Referenzwerten der Global Lung Initiative (GLI) ➜ diese Referenzwerte berücksichtigen zusätzlich ethische Aspekte und sind geschlechts- und altersabhängig - Nach GOLD (Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease) und der deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DPG): Tiffeneau Index = FEV1/FVC <0,7, nach stattgehabter Bronchospasmolyse ➜ Hinweis auf eine fixierte Obstruktion
- Beachte: Bei sehr jungen oder sehr alten Patient:innen ist ein fixer Wert von FEV1/FVC<0,7 weniger aussagekräftig. Nur wenn diese Referenzwerte nicht verfügbar sind, gilt der feste Wert von FEV1/FVC <0,7. Die Werte der Lungenfunktionsdiagnostik
sollten nie während einer akuten Exazerbation erhoben werden - Befunde bei Lungenemphysem:
- Im Fluss-Volumen-Diagramm: Emphysemknick
- Residualvolumen erhöht
- Diffusionskapazität
reduziert (durch Reduktion der Gasaustauschfläche) - Resistance
-Schleife: „golfschlägerartige“ Verformung - Bronchospasmolyse zur Differentialdiagnostik zwischen Asthma
und COPD: - Ein Anstieg der FEV1
<200 ml bzw. um <12 % gegenüber dem Ausgangswert ist charakteristisch für das Vorliegen einer COPD = Irreversibilität der Obstruktion - Bei etwa einem Drittel der Patient:innen mit COPD liegt eine Teilreversibilität vor: Anstieg der FEV1
>200 ml und um >12% gegenüber dem Ausgangswert, ABER keine vollständige Normalisierung der Messwerte
- Nach nationaler Versorgungsleitlinie: FEV1
- Bronchospasmolyse zur Differentialdiagnostik zwischen Asthma
und COPD: - Ein Anstieg der FEV1
<200 ml bzw. um <12 % gegenüber dem Ausgangswert ist charakteristisch für das Vorliegen einer COPD = Irreversibilität der Obstruktion - Bei etwa einem Drittel der Patient:innen mit COPD liegt eine Teilreversibilität vor: Anstieg der FEV1
>200 ml und um >12% gegenüber dem Ausgangswert, ABER keine vollständige Normalisierung der Messwerte
- Ein Anstieg der FEV1
EKG
- Das EKG
kann differentialdiagnostische Hinweise auf koronare Herzkrankheiten (KHK ) und Herzrhythmusstörungen geben. Bei fortgeschrittener COPD können im EKG zudem Zeichen einer Rechtsherzbelastung zu finden sein, wie beispielsweise: - Rechts-Lagetyp
- P-pulmonale
bzw. P-dextroatriale : erhöhte Amplitude der P-Welle >0,25 mV in II, III oder aVF
TippBei pathologischen Befunden ist die Durchführung einer Echokardiografie
zur Beurteilung der Rechtsherzinsuffizienz notwendig.
Bildgebende Verfahren
- Röntgen-Thorax
- Indikation:
- Erstdiagnose COPD
- V.a. Infektion mit Lungeninfiltrat
- Mögliche Befunde
- Kleinere, fleckige Transparenzminderung
als Korrelat für Minderbelüftungen oder entzündlichen Infiltraten - Zeichen eines Lungenemphysems: Bullae
(= luftgefüllte Bereiche mit Alveolardestruktion), Fassthorax mit flachem Zwerchfell (weitere Informationen zur praktischen Befundung siehe Emphysem im Röntgen-Thorax ) - Zeichen einer Rechtsherzbelastung mit vergrößertem rechten Vorhof
- Ausschluss von Begleiterkrankungen: Pneumonie, Pneumothorax
, Lungenkarzinom
- Kleinere, fleckige Transparenzminderung
- Indikation:
- CT
-Thorax - Indikation:
- V.a. Lungenemphysem, V.a. andere Komplikationen
- Präoperative Diagnostik (z.B. vor operativer Entfernung von Bullae
) - Unklarer Befund im Röntgen-Thorax
(immer abklärungsbedürftig)
- Indikation:

Hellerhoff, CC BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons
Zusammenfassung: Diagnosekriterien der COPD
Anamnese und Klinik |
|
---|---|
Lungenfunktion |
|
Differentialdiagnosen
Im weitesten Sinne sind alle Erkrankungen, die einen chronischen Husten verursachen können, auch Differentialdiagnosen der COPD.
Andere Lungenerkrankungen
- Asthma bronchiale
:
Asthma bronchiale | COPD | |
---|---|---|
Epidemiologie | Auftreten ab dem Kindesalter | Auftreten ab dem 40.–50. Lebensjahr |
Ätiologie | Einteilung in allergisches und nicht-allergisches Asthma Allergie, Atopie | Rauchen als häufigster Risikofaktor |
Klinik |
|
|
Labor |
|
|
Lungenfunktions-diagnostik |
|
|
Therapie | Entzündungshemmung steht im Vordergrund
| Bronchodilatation steht im Vordergrund
|
- Asthma-COPD-Overlap (ACO): Begriff wird für obstruktive Lungenerkrankungen verwendet, die sich nicht eindeutig in Asthma bronchiale
oder COPD einteilen lassen ➜ meist Asthma bronchiale seit der Kindheit, dann Entwicklung einer COPD durch langjähriges Rauchen - Chronische Bronchitis:
- Definition der WHO: Husten in zwei aufeinanderfolgenden Jahren über einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten auftritt
- Definition nach NVL: Husten über mindestens ein Jahr chronischen Husten mit Auswurf besteht
- Sie wird häufig als Vorstufe der COPD angesehen und hat dieselben Risikofaktoren. Im Vergleich zur COPD sind die Symptome allerdings reversibel
- Bronchiektasen: Irreversible Erweiterung und Aussackung der Bronchien mit verminderter mukoziliärer Clearance ➜ begünstigt die Entstehung von rezidivierenden Atemwegsinfekten. Diese Erkrankung kann angeboren oder erworben sein und ähnelt in ihrer Symptomatik der COPD. Diagnostisch kann ein CT durchgeführt werden.
- Lungenkarzinom
: Kann sich mit ähnlichen Symptomen präsentieren, wie eine chronische Bronchitis. Muss bei Patient:innen >40 Jahren mit Symptomen einer COPD immer ausgeschlossen werden - Mukoviszidose
- Tuberkulose
- Lungenembolie
Nicht-pulmonale Erkrankungen
- Asthma
cardiale bei Linksherzinsuffizienz - Cor pulmonale
- Gastroösophageale Refluxkrankheit
: Kann persistierenden Husten verursachen
Differentialdiagnosen der aeCOPD
- Fremdkörperaspiration
- Pneumothorax
- Pneumonie
- Herzrhythmusstörungen
Therapie
MerkeDie Hauptziele der COPD-Therapie sind die Verbesserung der Lebensqualität, der körperlichen Leistungsfähigkeit und die Verringerung von Exazerbationen. Da die medikamentöse Therapie das Fortschreiten der COPD nicht aufhalten kann, besteht die wichtigste Therapie in der Vermeidung der ursächlichen Noxen.
Nicht-medikamentöse Therapie
- Raucherentwöhnung (wichtigste Maßnahme)
- Meidung anderer inhalativer Noxen
- Patient:innenschulung (z.B. Verwendung von Inhalatoren, Anwendung der Lippenbremse
) - Angepasstes körperliches Training (z.B. in Lungensportgruppen) ➜ steigert die körperliche Belastbarkeit, reduziert Exazerbationen und erhöht die Lebensqualität
- Impfungen gemäß STIKO-Empfehlungen gegen Pneumokokken, Influenza und Covid-19
- Ggf. Physiotherapie: zur verbesserten Sekretmobilisation
Medikamentöse Therapie
- Wichtige Substanzen in der Dauertherapie der COPD sind langwirksame Bronchodilatatoren (LABA, LAMA)
- Vor jeder Therapieintensivierung sollte der korrekte Umgang mit den Inhalatoren und die Therapieadhärenz überprüft werden
- Einsatz von Roflumilast (Phosphodiesterase-Hemmer
) sollte dann erwogen werden, wenn die FEV1 <50% beträgt, und Symptome einer chronischen Bronchitis bestehen - Die medikamentöse Therapie kann nach GOLD-Leitlinie (2023) anhand der ABE
-Klassifikation der COPD ausgewählt werden:
A | B | E |
---|---|---|
LAMA oder LABA | LAMA und LABA
|
|
|
AchtungPatient:innen sollten unbedingt in die Anwendung der Inhalationssysteme eingeführt werden. Eine Überprüfung der korrekten Anwendung ist immer erforderlich!
Anwendung von Inhalatoren
Die Auswahl der Inhalatoren richtet sich nach kognitiven und motorischen Fähigkeiten der Patient:innen, sowie dem inspiratorischen Fluss:
➜ Dosieraerosole: Auch bei langsamem inspiratorischen Fluss möglich
➜ Sprühvernebler: Auch bei langsamem inspiratorischen Fluss möglich
➜ Elektrische Vernebler: Auch bei langsamem inspiratorischen Fluss möglich
➜ Pulverinhalatoren: Erfordern eine forcierte Inhalation
Supportive Therapie
- Osteoporoseprophylaxe (Calcium
, Vitamin D ) - Behandlung von Begleiterkrankungen
- Hochkalorische Ernährung bei untergewichtigen Patient:innen
- N-Acetylcystein, das als Mukolytikum die Schleimviskosität vermindert, kann bei bronchitischen Beschwerden eingesetzt werden
- Langzeitsauerstofftherapie:
- Indikation: chronische, hypoxämische respiratorische Insuffizienz
; wiederholter pO2 <55 mmHg in Ruhe und unter adäquater Therapie (Je nach Symptomatik und Allgemeinzustand können die Grenzwerte auch niedriger liegen) - Nicht-invasive Beatmung
zu Hause (Heimbeatmung) - Indikation: Chronische Hyperkapnie
mit pCO2 >50 mmHg (tagsüber) und/oder pCO2 >55 (nachts)
Interventionelle Therapie
- Bei Lungenemphysem mit großen Bullae
: Bullektomie oder Lungenvolumenreduktion - Ultima ratio: Lungentransplantation
Akut exazerbierte COPD – Akutmanagement
Definition - Akut exazerbierte COPD
- Nach GOLD (2023): Verstärkte Dyspnoe und/oder Husten und Auswurf
, die sich innerhalb von < 14 Tagen verschlechtern und von Tachypnoe und/oder Tachykardie begleitet sein können - Nach Nationaler Versorgungsleitlinie (2021): Akute Verschlechterung der respiratorischen Symptome, die länger als 2 Tage anhält und eine Intensivierung der COPD-Therapie zur Folge hat
Ursachen
- Virale oder bakterielle Atemwegsinfektion
- Häufige virale Erreger: Rhino-, Influenza-, RS-, Adeno- oder Coronaviren
- Häufige bakterielle Erreger: Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis, Pseudomonas aeruginosa
AchtungJede aeCOPD
ist eine potentiell lebensbedrohliche Situation, da es zur respiratorischen Insuffizienz kommen kann!
Diagnostik:
- Körperliche Untersuchung : Tachypnoe, Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, Auskultation mit Giemen
oder Brummen, „silent lung“ - Bestimmung der Vitalparameter: Tachykardie
, Tachypnoe, ggf. Fieber, reduzierte Sauerstoffsättigung in der Pulsoxymetrie - Fokuassierte Anamnese
- Sputum
beurteilen - Labordiagnostik: Notfalllabor, inklusive CRP
, Blutbild , D-Dimeren, arterielle BGA - Erregerdiagnostik: Blutkulturen
, ggf. Sputumkultur + Antibiogramm - Röntgen-Thorax
, Indikation: V.a. Pneumonie
Anhand der Vitalparameter, des CRP
Schweregradeinteilung der akuten Exazerbation (nach GOLD 2023) | |||
---|---|---|---|
Leichtgradige Exazerbation | Mittelgradige Exazerbation | Schwere Exazerbation | Sehr schwere Exazerbation |
| ≥3 der 5 folgenden Kriterien:
| ≥3 der 5 folgenden Kriterien:
Zusätzlich:
| Wird als zusätzlicher Schweregrad abgegrenzt, sobald eine intensivierte Therapie auf Intensivstation/ ICU erfolgt. |
AchtungBei einer akuten Exazerbation sollten auch immer schwere Differentialdiagnosen, wie eine Lungenembolie oder ein Pneumothorax
bedacht werden und differentialdiagnostisch ausgeschlossen werden!
Therapie
- Aufrecht sitzende Positionierung
- Flüssigkeitsmanagement (in der Regel Flüssigkeitsgabe, bei kardialer Dekompensation Flüssigkeitsentzug durch Diuretikatherapie)
- Sauerstoffgabe
über Nasenbrille (Ziel: 88–92% unter regelmäßigen BGA -Kontrollen) - Bronchodilatation:
- SABA (short-acting beta-2-agonist, z.B. Salbutamol
) - SAMA (short-acting muscarinic antagonist, z.B. Ipratropiumbromid
) - Verwendung in Kombination möglich
- SABA (short-acting beta-2-agonist, z.B. Salbutamol
- Glukokortikoide
p.o. oder i.v. für 5 Tage (z.B. Prednisolon 40 mg p.o. oder i.v.) - Bei eitrigem Sputum
und Zeichen eines bakteriellen Infekts: Antibiotische Therapie (z.B. Amoxicillin oder Ampicillin/Sulbactam ) - Bei starker Dyspnoe: Morphin
- Beatmung:
- Bei respiratorischer Insuffizienz: nicht-invasive Beatmung
- Ultima ratio: invasive Beatmung
- Bei respiratorischer Insuffizienz: nicht-invasive Beatmung
Algorithmus: akut exazerbierte COPD
Komplikationen
Akute Komplikationen
- Akute Exazerbationen: s. Akutmanagement aeCOPD
- Respiratorische Insuffizienz (mit Hyperkapnie
)
Chronische Komplikationen
- Lungenemphysem: typische Spätkomplikation der COPD Erweiterung der Lufträume distal der Bronchioli terminales
- Lungenfunktionsdiagnostik
: - Obstruktive Ventilationsstörung
- Im Fluss-Volumen-Diagramm: Emphysemknick
- Residualvolumen erhöht
- Diffusionskapazität
reduziert (durch Reduktion der Gasaustauschfläche) - Resistance
-Schleife: „golfschlägerartige“ Verformung
- Obstruktive Ventilationsstörung
- Bildgebung:
- Hochauflösende Computertomografie (HRCT) liefert in frühen Stadien die besten Informationen.
- Labordiagnostik:
- Testung auf Alpha-1-Antitrypsinmangel
(insbesondere bei Alter <50 Jahre und Nicht-Raucher:innen)
- Testung auf Alpha-1-Antitrypsinmangel
- Lungenfunktionsdiagnostik
- Pulmonale Hypertonie
und Cor pulmonale : - Pathophysiologie: Chronische Hypoxie führt zur Vasokonstriktion der Lungenarterien (Euler-Liljestrand-Mechanismus
) ➜ Erhöhter Widerstand im Lungenkreislauf belastet das rechte Herz ➜ Dilatation und Hypertrophie des rechten Ventrikels (Cor pulmonale ) ➜ Entwicklung von Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz z.B. mit peripheren Ödemen , gestauten Halsvenen - Diagnostik: Echokardiografie
, ggf. Rechtsherzkatheteruntersuchung
- Pathophysiologie: Chronische Hypoxie führt zur Vasokonstriktion der Lungenarterien (Euler-Liljestrand-Mechanismus
- Pulmonale Kachexie: starker Gewichtsverlust durch gesteigerten Energiebedarf durch Atemarbeit
- Sekundärer Pneumothorax: durch Ruptur einer Bulla
- Schlafstörungen
- Psychische Erkrankungen (Depressionen, Angststörungen)
Prävention
MerkeDie Prävention der COPD richtet sich nach der Vermeidung der häufigsten Risikofaktoren . An erster Stelle stehen daher die Raucherentwöhnung und die Patientenschulung.
Prävention von Exazerbationen:
- Raucherentwöhnung
- Konsequente Medikamentenverwendung
- Atemwegsinfektionen ➜ Infektprophylaxe, Impfungen z.B. gegen Pneumokokken und Influenza
- Bei häufigen Exazerbationen kommt eine dauerhafte Antibiotikaprophylaxe mit Azithromycin oder Erythromycin in Frage (CAVE: Nebenwirkungen von Makroliden)
- Vermeiden folgender Medikamente:
- Unselektive Beta-Blocker (bronchokonstriktorische Wirkungen)
- Sedativa und Muskelrelaxanzien
(Atemdepression) - Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR
(z.B. Aspirin-sensitive Atemwegserkrankungen) - ACE-Hemmer
(ACE-Hemmer -Husten) - Systemische Kortikosteroide: Obwohl sie kurzfristig zur Behandlung von Exazerbationen eingesetzt werden, können sie langfristig das Risiko für Osteoporose und Infektionen erhöhen, die zu COPD-Exazerbationen führen können.
Prognose
- Allgemein:
- COPD ist eine progressive und irreversible Erkrankung
- Die medikamentöse Therapie ist rein symptomatisch und verhindert nicht die Krankheitsprogression
- Wichtigste prognostische Maßnahme ist die Vermeidung der ursächlichen Noxe (v.a. Rauchverzicht)
- Einflussfaktoren:
- Schweregrad der Erkrankung: Bestimmt durch die Lungenfunktion (FEV1
-Wert) und Symptome - Raucherstatus: Fortgesetztes Rauchen verschlechtert die Prognose erheblich
- Komorbiditäten: Vorhandene Begleiterkrankungen wie Herzinsuffizienz
, Diabetes und Osteoporose beeinflussen die Prognose negativ - Exazerbationen: Häufige akute Verschlechterungen (Exazerbationen) sind mit einer schlechteren Prognose assoziiert
- Hohes Alter: ist mit einer schlechteren Prognose assoziiert
- Schweregrad der Erkrankung: Bestimmt durch die Lungenfunktion (FEV1
Fallbeispiel
Für ein praktisches BGA
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Video Asthma vs. COPD
Quellen
- S3-Leitlinie Nationale VersorgungsLeitlinie COPD, Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften