Zusammenfassung
Die chronische Gastritis ist eine häufige Erkrankung, die oft lange asymptomatisch bleibt. Symptome sind unspezifische Oberbauchschmerzen, Appetitmangel und gelegentlich Übelkeit. Sie wird in Typ-A-Gastritis (autoimmun), Typ-B-Gastritis (bakteriell, durch Helicobacter pylori) und Typ-C-Gastritis (chemisch, verursacht durch Gallereflux, Alkoholkonsum oder NSAR
Epidemiologie
- Häufigkeitsverteilung:
- Typ-A-Gastritis ~ 5%
- Typ-B-Gastritis ~ 85%
- Typ-C-Gastritis ~ 10%
Klassifikation und Pathophysiologie
Typ-A-Gastritis (autoimmune)
- Bei der Typ-A-Gastritis bestehen Antikörper gegen Parietalzellen
und die Bindungsstellen des Intrinsic-Factors - Der Intrinsic-Factor wird für die Absorption
von Vitamin B12 im Ileum benötigt. Wenn dieser fehlt, kommt es zu einem Vitamin-B12 -Mangel mit makrozytärer, hyperchromer Anämie (=perniziöse Anämie ) - Bleibt der B12- Mangel langfristig bestehen, kann sich eine Neuropathie entwickeln (funikuläre Myelose)
- Die Parietalzellen
atrophieren und weniger Magensäure wird sekretiert → Daraus resultiert eine Hypochlorhydrie (↓ HCl im Magen ) und eine kompensatorische Hypergastrinämie - Da die ulzerativ wirkende Magensäure
fehlt, gibt es bei Typ A in der Regel keine Ulzera - Assoziation mit anderen Autoimmunerkrankungen: Diabetes mellitus Typ-1
-, Hashimoto-Thyreoiditis , etc. - Typische Lokalisation: Kardia, Korpus
Typ-B-Gastritis (Bakterielle)
- Der Erreger ist meist Helicobacter pylori (H. pylori)
- Übertragung: fäkal-oral oder oral-oral
- Helicobacter pylori produziert das Enzym Urease, welches das säurehaltige Milieu des Magens alkalisiert und dafür sorgt, dass das Bakterium trotz Magensäure
überleben kann - Bei einer Infektion mit H. pylori kommt es zunächst zu einer akuten Gastritis
(oberflächliche Entzündung) - Die Entzündung beginnt typischerweise im Antrum und kann sich proximal bis zu einer Pangastritis ausbreiten
- Durch die Freisetzung von Proteasen kommt es zur Zerstörung der Drüsenarchitektur der Magenschleimhaut
- Unbehandelt kann eine H. pylori-Gastritis in eine atrophische Gastritis mit perniziöser Anämie
übergehen - Es kann zur Entstehung einer Hypochlorhydrie (↓ HCl
im Magen ) kommen (Nie zu einer Achlorhydrie) - H. pylori Bakterien, die VacA oder CagA (Virulenzfaktoren) produzieren, sind mit einer stärkeren Entzündung der Schleimhaut assoziiert.
- Typische Lokalisation: Antrum
Typ-C-Gastritis (Chemische)
- Durch eine Dysfunktion des Pylorus/ des Duodenums oder durch eine partielle Gastrektomie (z.B. Billroth Resektion) kann es zum Gallereflux in den Magen
kommen, welcher lokal eine Gastritis auslöst - Auch Noxen wie Alkohol und Zigaretten sowie Medikamente wie NSAR
können zu einer Typ C Gastritis führen - Typische Lokalisation: Antrum, Pylorus
Weitere Formen
- Eosinophile Gastritis (assoziiert mit Allergien, Therapie: Glukokortikoide
) - Granulomatöse Gastritis (Morbus Crohn
, Sarkoidose, Tuberkulose, Syphilis) - Morbus Ménétrier: Hypertrophe Gastritis „Riesenmagenfaltengastritis“
- Hyperplasie der Magenschleimhaut mit auffälliger Faltenbildung
- Diarrhoe
, Hypoproteinämie mit Ausbildung von Ödemen - Erhöhtes Risiko für ein Magenkarzinom
- Häufig assoziiert mit H. pylori-Besiedelung
- Therapie: H. pylori-Eradikation, regelmäßige Gastroskopien
Klinik
Meist lange asymptomatisch!
- Epigastrische Beschwerden: Unspezifische Oberbauchschmerzen, Druckgefühl im Epigastrium
- Gastrointestinale Symptome:
- Übelkeit, Erbrechen
- Appetitlosigkeit
- Blähungen
- Völlegefühl nach Mahlzeiten (postprandiales Völlegefühl), schnelle Sättigung
- Systemische Symptome:
- Müdigkeit und Schwäche, insbesondere bei Anämie
- Gewichtsverlust
- Müdigkeit und Schwäche, insbesondere bei Anämie
- Zusätzliche Symptome bei spezifischen Typen:
- Typ-A-Gastritis: Vitamin-B12
-Mangel, periphere Neuropathien, Zungenbrennen - Typ-B-Gastritis: Magenulzera, ggf. Blutungszeichen: Meläna
(Teerstuhl ), Hämatemesis (Bluterbrechen ) - Typ-C-Gastritis: Medikamenteneinnahme, Alkoholkonsum
- Typ-A-Gastritis: Vitamin-B12
Diagnostik
MerkeMerke: Zur Diagnosestellung einer chronischen Gastritis ist die Durchführung einer Gastroskopie
mit Biopsieentnahme und H. pylori-Diagnostik obligat. Die objektiven Befunde korrelieren nicht mit den Beschwerden der Patient:innen.
- Gastroskopie
mit Biopsieentnahme aus Antrum und Korpus - Indikation: Zur Diagnosesicherung obligat
- Bei Typ-A-Gastritis
- Jährliche Gastroskopien aufgrund Gefahr eines Magenkarzinoms
- Laboranalyse bei Verdacht einer Typ-A-Gastritis:
- Vitamin-B12
-Spiegel im Blut - Bestimmung von Autoantikörpern gegen Intrinsic-Factor und Parietalzellen
- Anämiediagnostik (makrozytär, hyperchrom)
- Vitamin-B12
H. pylori Diagnostik:
Es bestehen verschiedene Möglichkeiten, eine Infektion mit H. pylori nachzuweisen
- Histologisch (Biopsie): Giemsa oder Silberfärbung (sehr spezifisch, aber teuer)
- HUT = Helicobacter Urease Test (günstig & schnell): Nachweis von Ammoniak, welches durch die Urease gebildet wird
- 13C Atemtest (nicht-invasiv)
- Durchführung: → Gabe von markiertem 13C-Harnstoff
→ Spaltung durch H. pylori über die Urease → 13CO2 in der ausgeatmeten Luft bestimmbar - Indikation: Therapiekontrolle nach Eradikationstherapie
- Durchführung: → Gabe von markiertem 13C-Harnstoff
- H. pylori Antigen im Stuhl (nicht-invasiv)
- Indikation: Therapiekontrolle nach Eradikationstherapie
- Bakterienkultur (Sensitivität
niedriger, langwierig) - Indikation: Nur bei spezifischen Fragestellungen, V.a. resistente Erreger
- IgG-Serologie (schnell, günstig; auf unbestimmte Zeit positiv, daher keine Unterscheidung vorangegangener/präsenter Infektion möglich)
TippFalsch negative H. pylori-Testungen können v.a. bei Nutzung von PPIs, Antibiotika
oder Bismuth in den letzten 2-4 Wochen auftreten. Bei starkem Verdacht sollte die Testung wiederholt werden.
Therapie
- H. pylori-Eradikationstherapie
- Indikationen: Nachgewiesene Infektion mit H. pylori, auch bei asymptomatischen Verläufen
TippDie Wahl der Therapieregimen richtet sich nach der Resistenzlage gegen Clarithromycin. Früher galten die französische und italienische Triple-Therapie
als erste Wahl. Aktuell wird häufig direkt die Bismut-Quadrupel-Therapie empfohlen, was aufgrund einer erhöhten Resistenzlage gegen Clarithromycin beruht.
- Bismut Quadrupel Therapie (10 Tage):
- PPIs (Pantoprazol
) + Metronidazol + Tetracyclin+ Bismut - Indikation: Erste Wahl aufgrund erhöhter Resistenzlage gegen Clarithromycin
- PPIs (Pantoprazol
- Französische Triple Therapie (14Tage)
- PPIs (Pantoprazol
) + Clarithromycin + Amoxicillin - Indikation: zweite Wahl
- PPIs (Pantoprazol
- Italienische Triple Therapie (14 Tage)
- PPIs (Pantoprazol
) + Clarithromycin + Metronidazol - Indikation: zweite Wahl
- PPIs (Pantoprazol
Kontrolle des Therapieerfolges nach 4-8 Wochen
- Durchführung nicht-invasiver H.pylori-Diagnostik (z.B. 13C-Atemtest, H. pylori-Antigen im Stuhl)
- Bei Ulcus: Gastroskopische Kontrolle mit Biospieentnahme und invasiver H.pylori-Diagnostik
Typ-A-Gastritis
- Substitution von Vitamin-B12
(intramuskulär) & Folsäure - Falls Nachweis von H. pylori →H. pylori Eradikationstherapie
- Regelmäßige Kontroll-Gastroskopien
Typ-C-Gastritis
- Reizende Substanzen meiden (Alkohol, NSAR
) - Gabe von PPIs
Komplikationen
Typ-A-Gastritis
- Entwicklung einer atropischen Gastritis
- Perniziöse Anämie
- Magenkarzinom
- Neuroendokrine Neoplasien
Typ-B-Gastritis
Komplikationen | Beschreibung |
---|---|
Ulcus ventriculi | Durch H. pylori bedingte Schleimhautschäden → Blutung & ggf. Eisenmangelanämie |
Magenkarzinom | Eine maligne Entartung von Zellen im Magen |
MALT-Lymphom | Mucosa Associated Lymphoid Tissue-Lymphom, kann durch antibiotische H. pylori-Eradikation therapiert werden |
Eisenmangelanämie | Durch chronischen Blutverlust aufgrund von Ulkuserkrankungen |
Vitamin B12 | Durch Atrophie der Magenschleimhaut→ verminderte Bildung des Intrinsic-Factors → Entstehung einer perniziösen Anämie |
Typ-C-Gastritis
- Gastroduodenale Ulkuskrankheit
mit oberer GI-Blutung
Quellen
- S2k-Leitlinie: Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit, Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS)
- S2k-Leitlinie: Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis, Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS)
- S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome des Ösophagus, Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS)
- S2k-Leitlinie: Gastrointestinale Blutung, Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS)
- S1-Leitlinie: Eisenmangelanämie, Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO), Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ)