Zusammenfassung
Claviculafrakturen treten häufig bei jungen Männern nach Sportunfällen nach lateralem Anprall der Schulter (z.B. Snowboardsturz, Fahrradsturz) auf. Dabei kommt es zu einer Stauchung und einem „Biege-Bruch“ der Clavicula an ihrer schwächsten Position, dem mittigen Schaftbereich. Seltener sind Frakturen nach direkter Gewalt auf die Clavicula oder durch einen Sturz auf den ausgestreckten Arm.
Klassifikationen
Allman-Klassifikation
Die Allman-Klassifikation bei Claviculafrakturen unterteilt diese Verletzungen in drei Hauptgruppen:
- Gruppe I für Frakturen des mittleren Drittels (80%)
- Gruppe II für Frakturen des lateralen Drittels (15%)
- Gruppe III für Frakturen des medialen Drittels der Clavicula (5%)

InfoLaterale Frakturen können nach Jäger und Breitner oder Neer weiter untergliedert werden. Beiden Klassifikationen liegt die Beurteilung der Stabilität und vor allem die Lagebeziehung der Fraktur zum Lig. coracoclaviculare zugrunde (vertikale Stabilität).
MerkeFrakturen lateral des Lig. coracoclaviculare gelten als
stabil. Innerhalb und medial des Bandes kommt es bei einer Fraktur hingegen zur Instabilität.

Diagnostik
Anamnese
Patient:innen mit isolierter Claviculafraktur stellen sich häufig nach Trauma selbständig in der Notfallambulanz vor und berichten von einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung im Schulterbereich
Körperliche Untersuchung
Inspektorisch fällt teilweise ein Hämatom, sowie ein Schultertiefstand (Zug des M. deltoideus, M. pectoralis und Eigengewicht des Armes) und Claviculahochstand (Zug des M. sternocleidomastoideus) mit sichtbarer Stufe der Clavicula auf. Die Fraktur lässt sich meist sehr gut palpatorisch feststellen und bei lateralen Frakturen kann ein Klaviertastenphänomen (DD: AC-Gelenksprengung) resultieren. Dabei kommt es zu einem federnden Widerstand der lateralen Clavicula durch Druck nach unten.

AchtungSchädigung des Plexus brachialis
, der A. subclavia und der Lunge (Pneumo-/ Hämatothorax) sollten ausgeschlossen werden!
Bildgebung
Radiologisch sollte ein Röntgenbild der Clavicula in 2 Ebenen (a.p

Therapie
Konservative Therapie
Die konservative Therapie wird bei undislozierten Frakturen, oder bei Schaftfrakturen bei einer summierten Verkürzung von bis zu 2cm oder einer summierten Dislokation
- Ruhigstellung für 3-6 Wochen in einer Armschlinge, einem Gilchrist- oder Rucksackverband (Rucksackverband wird eher nicht bevorzugt, da die Komplikationsrate durch Druckschäden höher ist)
- Lymphdrainage und Physiotherapie phasenadaptiert, schulterbelastende Sportarten ab
der 12. Woche (nach ca. 6 Wochen sollte ein normaler Bewegungsumfang wieder möglich sein) - Radiologische Kontrollen (z.B. nach 1, 2 und 6 Wochen)
InfoFrüher wurden fast alle Claviculafrakturen konservativ therapiert. Durch die verbesserten Operationstechniken und neue Studien kommen heutzutage viel häufiger auch operative Ansätze in Betracht.
AchtungRepositionsmanöver sind nicht sinnvoll, da eine Stabilisierung oder Ruhigstellung der Schulter nicht möglich ist. Daher kommt es nach Reposition zu einer erneuten Dislokation
!
Operative Therapie
Kriterien für eine operative Therapie sind deutlich dislozierte oder offene Frakturen. Bei Claviculaschaftfrakturen gilt eine Summe der Dislokationsstrecke von > 4cm sowie Summe einer Verkürzungsstrecke von > 2cm in 2 Röntgenebenen als
Die Art der operativen Therapie ist abhängig von der Lokalisation der Fraktur. Für mediale Frakturen gibt es kein Standardverfahren.
- Plattenosteosynthese
(Claviculaschaftfrakturen) - Elastische intramedulläre Nagelung = ESIN (Claviculaschaftfrakturen)
- Hakenplatten-Osteosynthese (laterale Claviculafraktur meist mit Ruptur der CC- und / oder AC-Bänder)
- Kombination: Plattenosteosynthese
+ Tight-Rope (laterale Claviculafrakturen meist mit Ruptur der CC- und / oder AC-Bänder)