Zusammenfassung
Bei Diabetes
Der zentrale Diabetes
Pathophysiologisch liegt der Erkrankung eine Störung der ADH
Die Diagnostik umfasst neben Anamnese und Basislabor auch funktionelle Tests, wobei der Kochsalzbelastungstest mittlerweile als Goldstandard in der differentialdiagnostischen Abklärung gilt.
Therapeutisch wird der zentrale Diabetes
Epidemiologie
Insgesamt handelt es sich bei Diabetes
- Diabetes
insipidus centralis: - Prävalenz: ca. 1:25.000
- Geschlechtsverteilung: Frauen und Männer sind etwa gleich häufig betroffen
Ursachen
Diabetes insipidus centralis
Der Diabetes
Ursachen:
- Idiopathisch: häufigste Form bei Erwachsenen (ca. ⅓ der Fälle sind idiopathisch)
- Traumatisch: z.B. Schädel-Hirn-Trauma, Schädelbasisfrakturen, neurochirurgische Eingriffe
- Tumoren: Hypophysentumor, Kraniopharyngeom, Pinealom etc.
- Infektionen: z.B. Meningitis, Enzephalitis
- Granulomatöse Erkrankungen: Sarkoidose, Tuberkulose etc.
Diabetes insipidus renalis
Der Diabetes
Ursachen:
- Erworben:
- Medikamente: z.B. Barbiturate
, Lithium, Amphotericin B - Elektrolytstörungen: Hyperkalzämie
, Hypokaliämie - Chronische Nierenerkrankungen
- Medikamente: z.B. Barbiturate
- Hereditär: seltener angeborener Defekt der ADH
-Rezeptoren
Pathophysiologie
ADH - Physiologische Funktion
ADH
Drpaulineneveu, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons. Es wurden die Markierungen und Beschriftungen ersetzt.
Es wird bei Bedarf freigesetzt und stimuliert über V2-Rezeptoren den Einbau von Aquaporinen in das Epithel der renalen Sammelrohre. Durch diesen Mechanismus kommt es zu einer vermehrten Wasserrückresorption (antidiuretischer Effekt).
Pathophysiologie
Der Diabetes
- Zentraler Diabetes
insipidus: verminderte Produktion und/oder Sekretion von ADH → ADH -Mangel - Renaler Diabetes
insipidus: vermindertes Ansprechen der renalen Sammelrohre auf ADH → ADH -Resistenz
Durch die Störung des physiologischen Regulationsmechanismus kann nicht mehr genügend Wasser resorbiert werden. Die Folge ist eine vermehrte Ausscheidung (Polyurie) von verdünntem Harn (Asthenurie) mit hypertoner Dehydratation. Als Kompensationsmechanismus kommt es zu einer Stimulation des Durstzentrums (Polydipsie). Außerdem erfolgt eine reaktiv gesteigerte Aldosteronsekretion, wodurch die Serumosmolarität weiter ansteigt.
Klinik
Leitsymptome:
- Polyurie
: bei schwerem Verlauf kann die Harnmenge bis zu 20 l/Tag betragen - Polydipsie: starkes Durstempfinden
- Nykturie
: häufiges nächtliches Wasserlassen - Asthenurie: Unfähigkeit der Nieren zur Harnkonzentrierung → verminderte Urinosmolalität
DefinitionUnter Polyurie
versteht man eine Harnausscheidung von mehr als 50 ml/kg KG/Tag bei nicht spezifizierter Trinkmenge.
MerkeIm Gegensatz zur psychogenen Polydipsie wird beim Diabetes
insipidus auch eine Nykturie beobachtet. Liegt keine Nykturie vor, ist das Vorliegen eines Diabetes insipidus nahezu ausgeschlossen.
Weitere Symptome:
- Schlaflosigkeit, Müdigkeit (durch Nykturie
und anhaltende Polydipsie) - Dehydratationszeichen bei inadäquater Wasserzufuhr (trockene Haut, Verwirrung, Schwindel, Tachykardie
etc.)
Diagnostik
Anamnese
- Typische Symptome: ausgeprägte Polyurie
, Nykturie und Polydipsie - Abklärung möglicher Ursachen: z.B. Traumata, Metastasen, entzündliche Erkrankungen, vergangene neurochirurgische Eingriffe etc.
- Familienanamnese: Hinweise auf genetische Komponente
Basisdiagnostik
24-Stunden-Sammelurin :
- Messung von Harnvolumen (über 24 Stunden) und Osmolalität → Nachweis einer hypotonen Polyurie
- Polyurie
: >50 ml/kg KG/Tag (Erwachsene) - Erniedrigte Harnosmolalität: <800 mOsm/kg
- Polyurie
TippEine Urinmenge von >6 l/Tag ist nahezu immer mit einem Diabetes
insipidus assoziiert.
Labor:
- Bestimmung von Natrium
und Osmolalität im Serum - Häufig Hypernatriämie
(>145 mmol/l) - Erhöhte Serumosmolalität (>295 mOsm/kg)
- Häufig Hypernatriämie
Spezielle Diagnostik
Durstversuch:
- Prinzip: Überprüfung der ADH
-Sekretion und der renalen Konzentrationsfähigkeit unter Flüssigkeitsrestriktion - Ziel: Unterscheidung zwischen Diabetes
insipidus und primärer Polydipsie - Ablauf:
- Unterbrechung der Flüssigkeitszufuhr
- Stationäre Überwachung mit regelmäßiger Kontrolle der Vitalparameter (Körpergewicht, Puls
, Blutdruck) - Regelmäßige Bestimmung der Serum
- und Urinosmolalität
- Interpretation:
- Urinosmolalität↑: unauffälliger Befund
- Urinosmolalität↓: Diabetes
insipidus → Desmopressin-Test
Desmopressin-Test:
- Prinzip: Überprüfung der renalen Konzentrationsfähigkeit bei ADH
-analoger Stimulation durch Desmopressin - Ziel: Differenzierung zwischen zentralem und renalem Diabetes
insipidus bei positivem Durstversuch - Ablauf: Verabreichung von Desmopressin (ADH
-Analogon) → Messung der Urinosmolalität - Interpretation:
- Urinosmolalität↑ → zentraler Diabetes
insipidus (→ Ausgleich der fehlenden zentralen ADH -Sekretion durch Desmopressin) - Keine signifikante Veränderung der Urinosmolalität → renaler Diabetes
insipidus (→ ADH -imitierende Wirkung von Desmopressin wird durch fehlende Ansprechbarkeit der renalen Rezeptoren verhindert)
- Urinosmolalität↑ → zentraler Diabetes
Kochsalz-Belastungstest mit Copeptin-Bestimmung:
- Prinzip: Induktion der physiologischen ADH
-Freisetzung durch Verabreichung einer hypertonen Kochsalzlösung - Ziel: Differenzierung zwischen zentralem Diabetes
insipidus, renalem Diabetes insipidus und primärer Polydipsie - Ablauf:
- Infusion einer 3%igen Kochsalzlösung (Hypernatriumlösung) über 2-3 Stunden
- Regelmäßige Messung von Serumnatrium, Serumosmolalität und Copeptin (Surrogatparameter von ADH
) - Parallelmessung der Urinosmolalität
Zentraler Diabetes | Renaler Diabetes | Primäre Polydipsie | |
Serumosmolalität | ↑ | ↑ | normal |
Urinosmolalität | weiterhin niedrig | weiterhin niedrig | ↑ |
Copeptin | weiterhin niedrig | ↑ | ↑ |
InfoDer Kochsalzbelastungstest hat sich mittlerweile als Goldstandard in der Differentialdiagnostik der Polyurie
/Polydipsie etabliert. Im Vergleich zum Durstversuch ist er zuverlässiger und weniger aufwendig.
AchtungZum Ausschluss eines Tumors ist bei Verdacht auf einen zentralen Diabetes
insipidus eine kraniale Bildgebung mittels MRT erforderlich.
Differentialdiagnosen
- Primäre Polydipsie
- Diabetes mellitus
(Polyurie aufgrund osmotischer Diurese) - Hyperkalzämische Krise
- Anwendungsfehler oder Missbrauch von Diuretika
Therapie
Zentraler Diabetes insipidus:
- Ausgleich des ADH
-Mangels durch Gabe von Desmopressin (nasal, p.o. oder s.c.) - Individuelle Anpassung der Dosierung
- Wichtige Nebenwirkung: Hyponatriämie
Renaler Diabetes insipidus:
- Thiaziddiuretika
(z.B. Hydrochlorothiazid): Natriumausscheidung↑ → Blutvolumen↓ → Natrium - und Wasserreabsorption↑ - Ggf. NSAR
(z.B. Indometacin): Steigerung der renalen ADH -Wirkung durch Hemmung der Prostaglandinsynthese
AchtungWenn möglich, sollte immer die Grunderkrankung behandelt werden.
Komplikationen
- Dehydratation
(bei unzureichender Flüssigkeitsaufnahme) - Elektrolytstörungen
- Einschränkung der Lebensqualität (insb. durch Nykturie
)
Prognose
Die Prognose des Diabetes
Zentraler Diabetes insipidus:
- Gute Prognose bei adäquater Desmopressin-Therapie
- Posttraumatische und postoperative Formen bilden sich häufig zurück
Renaler Diabetes insipidus:
- Therapie deutlich schwieriger
- Erworbene Formen können durch kausale Therapie gebessert werden
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Quellen
- Greten H et al.: Innere Medizin, Georg Thieme Verlag, 2010, ISBN: 978-3-13-552213-5
- S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie klinisch hormoninaktiver Hypophysentumoren, Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie e.V. (DGE)
- Mutter CM, Smith T, Menze O, Zakharia M, Nguyen H. Diabetes Insipidus: Pathogenesis, Diagnosis, and Clinical Management. Cureus. 2021 Feb 23;13(2):e13523. doi: 10.7759/cureus.13523. PMID: 33786230; PMCID: PMC7996474.