Einleitung
Diagnostik in der Kardiologie
In der Kardiologie gibt es eine Vielzahl an diagnostischen Verfahren, um Herzkrankheiten zu diagnostizieren und genauer zu beurteilen. Ähnlich zu den anderen Fächern der Inneren Medizin sollte die Untersuchung des Herzens mit einer ausführlichen Anamnese und körperlichen Untersuchung beginnen. Mittels eines Herzultraschalls, der sogenannten Echokardiographie, können meistens bereits nicht-invasiv viele Informationen über die Herzanatomie und die Funktion erfasst werden (z.B. Funktion der Herzklappen, Hypertrophie, Wandbewegungsstörungen, Ejektionsfraktion). Weitere diagnostische Informationen über die Herzerregung kann das Elektrokardiogramm (= EKG) liefern. Ein invasives diagnostisches Verfahren ist die Herzkatheteruntersuchung. Diese kann gleichzeitig in der Therapie von Stenosen der Herzkranzgefäße (z.B. im Rahmen einer koronaren Herzerkrankung oder eines ST-Strecken-Hebungsinfarktes (= STEMI)) zum Einsatz kommen.
Diagnostische Verfahren im Überblick:
- Anamnese & körperliche Untersuchung (siehe
Kardiologische Untersuchung) - Elektrokardiogramm (= EKG) (siehe
EKG-Grundlagen) - Herzultraschall (= Echokardiographie)
- Röntgen-Thorax
- Herz-Computertomographie (Kardio-CT)
- Herz-Magnetresonanztomographie (Kardio-MRT)
- Herzkatheteruntersuchung (Links- und Rechtsherzkatheter) (siehe Herzkatheteruntersuchung)
Herzultraschall (Echokardiographie)
Aufgrund der nicht-invasiven Durchführbarkeit und der vielen diagnostischen Möglichkeiten, die die Echokardiographie bietet, ist sie eine der wichtigsten diagnostischen Methoden in der Kardiologie. Man unterscheidet zwischen der Transthorakalen Echokardiographie (TTE) und der Transösophagealen Echokardiographie (TEE). Da die Transösophageale Echokardiographie aufwändiger ist und zu Verletzungen des oberen Gastrointestinaltraktes führen kann, sollte sie nur bei gegebener Indikation durchgeführt werden.
Funktionsweise
- Ultraschallkopf, der Echowellen aussendet
- Je nach der Dichte des Gewebes werden diese unterschiedlich stark reflektiert und es entsteht ein Bild auf dem Bildschirm
Durchführung
- Transthorakale Echokardiographie (TTE): Patient liegt in Linksseitenlage auf einer Liege, während die Ultraschalluntersuchung durchgeführt wird


Creative Commons Attribution 2.5 License 2006, https://creativecommons.org/licenses/by/2.5/deed.en; Patrick J. Lynch, medical illustartor; C. Carl Jaffe, MD, Cardiologist
- Transösophageale Echokardiographie (TEE): Patient wird (meistens) sediert ➜ Ultraschallkopf wird oral über die Speiseröhre eingeführt und in der Speiseröhre in direkter Nähe zum Herzen platziert

Indikationen
TTE:
- Erfassung, Einschätzung/Quantifizierung von Herzklappenvitien:
- Die Einstufung der Schwere eines Aortenklappenvitiums erfolgt z.B. anhand der Klappenöffnungsfläche (KÖF), der Flussgeschwindigkeit über der Herzklappe (Vmax – m/s) und dem Druckgradienten über der Herzklappe in mmHg
- Stenosen: erhöhter Druckgradient, erhöhte Flussgeschwindigkeit, verminderte Klappenöffnungsfläche
- Insuffizienzen: erhöhter Reflux in der Farbduplexsonographie
- Anhand einer Farbduplexsonographie können weitere Rückschlüsse auf eine Klappeninsuffizienz (Insuffizienz = Undichtigkeit) oder eine Klappenstenose (Stenose = Engstelle) gezogen werden
- Bestimmung der Auswurfleistung (Ejektionsfraktion = EF)) des Herzens
- Erfassung von Wandbewegungsstörungen (Hinweis auf Ischämie/Narbe, Hypokinesie des rechten Ventrikels bei einer Lungenarterienembolie)
- Erfassung/Beurteilung einer Hypertrophie
- Erfassung einer Rechtsherzbelastung (z.B. im Rahmen einer Lungenarterienembolie)
- Sonstige: Beurteilung eines Septumdefektes, Thrombus, Aneurysma, (Sonographie allgemein: Füllungsstatus der V. cava, Beurteilung von Pleuraergüssen oder von Aszites)
CardioNetworks: Secretariat, CC BY-SA 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons
TEE:

Patrick J. Lynch, medical illustrator, CC BY-SA 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons: Das Bild wurde zugeschnitten.
- Genauere Beurteilung von Herzklappenvitien
- Ausschluss von Vorhofthromben vor einer Kardioversion
- Während einer Intervention (z.B. Mitralklappen- oder Trikuspidalklappenclips)
- Beurteilung einer Aortendissektion
Röntgen-Thorax
Das Röntgen-Thorax ist ein in der Kardiologie häufig angewandtes diagnostisches Verfahren. Es wird insbesondere in der Notaufnahme und auf der Station zur Differenzialdiagnostik von Symptomen wie Luftnot oder Husten eingesetzt. So lassen sich mit einem Röntgen-Thorax z.B. eine Pneumonie als nicht-kardiale Ursache von einem Pleuraerguss oder einem Lungenödem mit möglicher kardialer Ursache unterscheiden.
Weiterhin lässt sich z.B. bei dem Befund einer pulmonalvenösen Stauung ein linkskardialer Volumenrückstau diagnostizieren. Eine Kardiomegalie kann unspezifische Hinweise z.B. auf eine arterielle Hypertonie, eine Kardiomyopathie, eine Amyloidose oder ein Sportlerherz liefern.
Neben der primären Diagnostik kann ein Röntgen-Thorax auch zur Lagekontrolle von Schrittmacher-Kabeln genutzt werden. So wird beispielsweise nach jeder neu erfolgten Schrittmacher-Implantation ein Röntgen-Thorax zur Lagekontrolle durchgeführt.
Hellerhoff, CC BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons. Das Bild wurde zugeschnitten.
Kardio-CT & Kardio-MRT
Die Computertomographie (= CT) und die Magnetresonanztomographie (= MRT) sind Untersuchungsverfahren mit einer meistens hohen Spezifität, die auch in der Kardiologie Anwendung finden. Mit beiden Verfahren können auf unterschiedliche Art und Weise Schnittbilder des Körpers erzeugt werden.
Ein CT kann bei schweren Infekten oder unklarem Infektfokus zur weiteren Diagnostik genutzt werden. Auch Blutungen lassen sich im CT darstellen. Das MRT wird meistens bei spezifischen Fragestellungen wie bei dem Verdacht auf eine Spondylodiszitis (Infektfokussuche) oder bei Kontraindikationen für ein CT (z.B. Schwangerschaft) durchgeführt.
Wird das Herz fokussiert untersucht bezeichnet man dies als Kardio-CT oder Kardio-MRT.
Die Verfahren haben unterschiedliche Vor- und Nachteile und kommen bei unterschiedlichen Indikationen zum Einsatz:
Kardio-CT
+ Schnelle Durchführbarkeit, hohe Aussagekraft
- Strahlenbelastung, Kontrastmittelgabe (Kontraindikationen: häufige Extrasystolen, Tachyarrhythmien, Adipositas, Allergie gegen Jodhaltiges Kontrastmittel)
- CT-Koronarangiographie: Beurteilung der Verkalkung der Koronargefäße bei dem Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit
- Ermittlung des „Kalkscores“: hohe Genauigkeit ➜ kann eine Herzkatheteruntersuchung ersetzen
- Zur Therapieplanung vor einem interventionellen Aortenklappenersatz (Transkatheter-Aortenklappen-Implantation = TAVI)
- Kontrolle nach einer Intervention oder einer Bypass-Operation
InfoEine CT-Koronarangiographie hat eine sehr hohe Genauigkeit und kann eine koronare Herzerkrankung diagnostizieren oder ausschließen. Sie kann eine diagnostische Herzkatheteruntersuchung ersetzen.

Figure 1 aus: Clinical Significance of A Single Multi-Slice CT Assessment in Patients with Coronary Chronic Total Occlusion Lesions Prior to Revascularization
Qu X, Fang W, Gong K, Ye J, Guan S, et al. (2014) Clinical Significance of A Single Multi-Slice CT Assessment in Patients with Coronary Chronic Total Occlusion Lesions Prior to Revascularization. PLOS ONE 9(6): e98242. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0098242
Copyright: © 2014 qu et al. This is an open-access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License, which permits unrestricted use, distribution, and reproduction in any medium, provided the original author and source are credited.
Kardio-MRT
+ Vielfältige diagnostische Möglichkeiten und hoher Informationsgewinn
- Lange Dauer
- Nachweis einer Ischämie bei dem Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit oder einen Progress einer koronaren Herzkrankheit (Beurteilung der myokardialen Vitalität) ➜ Stress-MRT
- Genau Beurteilung der Ventrikelgröße und -funktion
- Bei dem Verdacht auf eine Myokarditis
- Bei dem Verdacht auf eine Kardiomyopathie
- Zur Diagnostik und Verlaufskontrolle von angeborenen Herzfehlern

Bionerd, CC BY-SA 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons
Stress-Echokardiographie
- Die Stress-Echokardiographie wird unter Belastung durchgeführt (Fahrradergometer oder medikamentös mittels Dobutamin)
- Bei Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit
- Nachweis einer verminderten Pumpfunktion/regionaler Wandbewegungsstörungen unter Belastung (in Ruhe reversibel)
Belastungs-EKG/Ergometrie
- Bei einem Belastungs-EKG erfolgt eine EKG-, Blutdruck- und Herzfrequenzmessung unter Belastungsbedingungen (Fahrradergometrie)
- Bei dem Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit (wenn Kardio-CT oder alternative nicht-invasive Verfahren nicht verfügbar sind)
- Bei dem Verdacht auf eine belastungsabhängige Hypertonie
- Bei dem Verdacht auf belastungsabhängige Herzrhythmusstörungen
- Nachteile: geringe diagnostische Genauigkeit (variable Sensitivität und Spezifität), kontraindiziert bei instabiler AP, Herzinfarkt oder akuter Herzinsuffizienz
Myokard-Szintigraphie/SPECT
- Bei der Myokard-Szintigraphie erfolgt die Injektion eines Radiopharmakons ➜ Anreicherung je nach Vitalität und Perfusion im Herzmuskelgewebe ➜ Detektion mit einer Gammakamera
- Ischämienachweis bei nicht-eindeutig relevanter Stenose im Kardio-CT
- Myokard-Vitalitätsdiagnostik: Differenzierung einer Narbe (irreversibel) und einer Myokardischämie (reversibel) bei Z.n. Myokardinfarkt
Myokard-Perfusions-PET
- Die Myokard-Perfusions-PET hat ähnliche Indikationen wie die Myokard-Szintigraphie: Ischämienachweis bei nicht-eindeutig relevanter Stenose im Kardio-CT, Differenzierung zwischen Narbe und Myokardischämie
- Vorteile gegenüber der Myokard-Szintigraphie: höhere räumliche Auflösung, niedrigere Strahlenexposition aufgrund geringerer Halbwertszeiten, Differenzierung zwischen einer Infarktnarbe und hibernierendem Myokard (Myokard, das sich in der Myokard-Szintigraphie wie eine Narbe darstellt, jedoch noch vital ist) möglich
- Nachteile gegenüber der Myokard-Szintigraphie: höhere Kosten, geringere Verfügbarkeit
Quellen
- Leitlinie: Durchführung der perkutanen Koronarintervention, Manual der Arbeitsgruppe Interventionelle Kardiologie (AGIK) der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK)
- Leitlinie: Diagnostische Herzkatheteruntersuchung, Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V.