Zusammenfassung
Diarrhoe stellt eine häufige Erkrankung dar und ist definiert als ein Stuhlgang mit wässriger Konsistenz, einer Frequenz ≥3x /Tag & einer Masse >250g/Tag. Es wird eine akute (<2 Wochen) von einer chronischen Form (>4 Wochen) unterschieden. Bei einer Dauer von 2-4 Wochen wird auch von persistenter Diarrhoe gesprochen. Auf der Bristol Stool Scale wird die Diarrhoe mit Typ 6 & 7 beschrieben.

Ursachen
Es werden vier grundlegende pathophysiologische Mechanismen unterschieden, die einzeln oder in Kombination vorliegen können:
- Osmotisch
- Sekretorisch
- Veränderte Motilität
- Entzündlich: Eine blutige Diarrhoe spricht für eine entzündliche Genese.
Iatrogene Diarrhoe kann durch folgende Verfahren verursacht werden:
- Vagotomie
- Dünndarmresektion
- Magenteilresektion mit Dumping Syndrom
- Fundoplicatio
oder bariatrische Verfahren - Cholezystektomie
Es gibt zwei Hauptarten von Ursachen für Diarrhoe:
- Organische Ursachen: z.B. virale Infektion
- Funktionelle Ursachen: z.B. Reizdarmsyndrom
Der Ursprungsort der Diarrhoe lässt sich grob an folgender Regel festmachen:
- Großvolumige Diarrhoe: Dünndarm
- Häufige kleinvolumige Defäkation: Dickdarm
InfoSteatorrhoe (Fettstuhl)
Eine Unterform der chronischen Diarrhoe ist die Steatorrhoe. Dies steht für fettigen („steato“) Stuhl (Diarrhoe) mit breiiger Konsistenz, gelb-orange-brauner Färbung und einem speziellen strengen Geruch. Bei Steatorrhoe ist der Fettanteil im Stuhl durch Fettmalabsorption erhöht (>7 g/24 Stunden). Mögliche Ursachen sind:
- Maldigestion
der Fette in der Nahrung: exokrine Pankreasinsuffizienz, d.h. das Pankreas produziert nicht genug Verdauungsenzyme, um Fette ordnungsgemäß zu verdauen - Fehlende Gallensäuren zur Fettemulsion: Obstruktion der Gallengänge, Lebererkrankungen, Kurzdarmsyndrom, Morbus Crohn
, Dünndarmfehlbesiedlung - Malabsorption
: Zöliakie , Morbus Whipple und weitere Infektionen
InfoDiarrhoe und Menstruation
Auch während der Menstruation können Frauen Veränderungen im Stuhlverhalten feststellen. Dies ist auf hormonelle Schwankungen zurückzuführen. Progesteron, das in der zweiten Zyklushälfte vermehrt ausgeschüttet wird, führt zu einer verminderten Darmmotilität. Völlegefühl und Blähungen sind die Folge. Zusätzlich werden während der Menstruation Prostaglandine ausgeschüttet, die eine Abstoßung der Gebärmutterschleimhaut durch Kontraktion der Gebärmutter bewirken. Bei Übertritt in die Blutbahn kann diese kontraktile Wirkung auch im Darm induziert werden. Durch die gesteigerte Darmmotilität kommt es zur Diarrhoe.
Übersicht
Ursache | Pathophysiologie | Beispiele |
---|---|---|
Osmotische Diarrhoe |
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Sekretorische Diarrhoe |
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Dysmotilität |
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Alternativ:
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Entzündliche Diarrhoe |
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Akute Diarrhoe
DefinitionEine bis zu 2 Wochen bestehende Diarrhoe gilt als akut.
Ursachen
Der häufigste Grund für eine akute Diarrhoe ist eine Infektion (viral > bakteriell > parasitär). In den meisten Fällen stoppt die Diarrhoe von selbst (meist in innerhalb von 3-7 Tagen).
Diagnostik
Da die akute Diarrhoe in den meisten Fällen eine selbstlimitierende infektiöse Ursache hat, sind spezifische Untersuchungen nur dann erforderlich, wenn die Anamnese und die körperliche Untersuchung auf eine entzündliche Ätiologie hinweisen oder wenn die Diarrhoe persistiert. Einige Bakterien (z.B. EHEC, Shigella) & Parasiten (z.B. Entamoeba histolytica) können eine akute blutige Diarrhoe (Dysenterie) verursachen, die eine höhere Komplikationsrate aufweist und ggf. antibiotisch behandelt werden sollte. Außerdem sollte der Flüssigkeits- und Elektrolytstatus überprüft und gegebenenfalls normalisiert werden.
- Anamnese & körperliche Untersuchung
- Dauer & Form des Beginns der Diarrhoe, Stuhlkonsistenz, Farbe & Volumen, Diät und Veränderungen, Relation zur Nahrungsaufnahme & zur Defäkation
- Vorgeschichte: GIT/systemische Erkrankungen mit Diarrhoe als Symptom
- Familienanamnese: Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
(CED)?, maligne Neoplasmen? - Vorangegangene Antibiotika
-Therapie (v.a. 3. Generation Cephalosporin, Fluorchinolone , Clindamycin : C.-difficile-Kolitis (pseudomembranöse Kolitis ) - Weitere eingenommene Medikation: Laxantien
, Prokinetika, Antazida , aktuelle Antibiotika -Therapie etc. - Vorangegangene Reise: Reisediarrhoe = infektiöse Diarrhoe (bspw. durch ETEC)
- Körperliche Untersuchung
- Komplikationen: Dehydratation? Gewichtsverlust? Anämie
? - Ursache:
- Narben vorangegangener chirurgischer Eingriffe
- vergrößerte Schilddrüse
- fühlbare Masse im Abdomen (Neoplasie? Morbus Crohn
? Obstruktives Phänomen?) - Arthritis (CED, Morbus Whipple
)
- Komplikationen: Dehydratation? Gewichtsverlust? Anämie
- Hautveränderungen: Dermatitis herpetiformis (Zöliakie
) - Gerötete Haut (Flush) & Bauchkrämpfe: Karzinoid-Syndrom
- Laboranalyse des Blutes: Blutbild
, Elektrolyte, Entzündungsparameter, TSH, Zöliakie -Diagnostik (Transglutaminase-IgA), ggf. selektive Testung auf Tumor sekretierte Stoffe (Gastrin, VIP, Glukagon, etc.) - Laboranalyse des Stuhls:
- Okkultes Blut
, weiße Blutzellen, pH, Osmolalität, Elektrolyte - Sudan Färbung (Fettgehalt)
- Screening nach Laxantien
- Infektion
- Parasitennachweis im Stuhl
- Bakterienkulturen (ETEC, Salmonella, Shigella, Campylobacter, Yersinia)
- Extra anordnen: C. difficile-Toxinnachweis (vorangegangene Antibiotika
-Therapie? Hospitalisierung?), EHEC (Dysenterie?)
- Okkultes Blut
- Bildgebung
- Ggf. endoskopische Bildgebung, wenn entzündliche Diarrhoe (mit blutigen Stuhlauflagerungen) vermutet wird
Therapie der akuten Diarrhoe
- Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt stabilisieren:
- Häufig ist die nicht-medikamentöse Therapie bestehend aus ausreichender Flüssigkeitszufuhr, Schonkost (Suppen, geriebener Apfel, etc.) und der Applikation einer Wärmflasche bei Krämpfen ausreichend.
- Ggf. Gabe von Antidiarrhoika
- Da Antidiarrhoika
die Erkrankungsdauer und Schwere bei falscher Anwendung verlängern können, wird ein routinemäßiger Einsatz nicht empfohlen. Bei Anzeichen einer entzündlichen Diarrhoe sollten sie unbedingt vermieden werden, da eine Verkürzung der Transitzeit die Ausscheidung des entzündlichen Erregers verlangsamen und zur Entwicklung eines Megakolons und einer Sepsis führen kann.
- Da Antidiarrhoika
- Ggf. Gabe von Antibiotika
- Bei Nachweis eines bakteriellen Erregers können im Einzelfall Antibiotika
zum Einsatz kommen. Antibiotika sind indiziert bei: - Sepsis, Immunsuppression
- Shigella, ETEC, C. difficile, V. cholerae, Giardia lamblia, Entamoeba histolytica, Cyclospora, Cryptosporidium, Salmonella typhi
- Anhaltende blutige Diarrhoe & Fieber
- Bei Nachweis eines bakteriellen Erregers können im Einzelfall Antibiotika
Chronische Diarrhoe
Definition: Eine Diarrhoe gilt als chronisch, wenn sie länger als vier Wochen anhält. Selten ist eine Infektion die Ursache.
Diagnostik
- Anamnese
- Dauer & Form des Beginns der Diarrhoe, Stuhlkonsistenz, Farbe & Volumen
- Diät und Veränderungen, Relation zur Nahrungsaufnahme & zur Defäkation
- Diarrhoe nach Nahrungsaufnahme & Besserung nach Defäkation: Reizdarmsyndrom
- Diarrhoe nach Nahrungsaufnahme & Besserung nach Defäkation: Reizdarmsyndrom
- Vorgeschichte: GIT/Systemische Erkrankungen mit Diarrhoe als Symptom
- Assoziierte Arthritis: CED
- Familienanamnese: CED?, maligne Neoplasmen?
- Vorangegangene Antibiotika
-Therapie (v.a. 3. Generation Cephalosporin, Fluorchinolone , Clindamycin : C.-difficile-Kolitis - Weitere eingenommene Medikation: Laxantien
, Prokinetika, Antazida , aktuelle Antibiotika -Therapie etc. - Dauer <3 Monate, konstante & nächtliche Diarrhoe, Komplikationen wie Gewichtsverlust/Anämie
: organischen Ursprungs - Keine Diarrhoe nachts/bei Fasten: Osmotische Diarrhoe
- Diarrhoe auch nachts/bei Fasten: sekretorische Diarrhoe
- Körperliche Untersuchung
- Wie bei akuter Diarrhoe
- Laboranalyse des Blutes: Blutbild
, Elektrolyte, Entzündungsparameter, TSH, Zöliakie Diagnostik (Transglutaminase-IgA), ggf. selektive Testung auf Tumor sekretierte Stoffe (Gastrin, VIP, Glukagon etc.) - Laboranalyse des Stuhls:
- Wie bei akuter Diarrhoe
- Calprotectin/Lactoferrin (bei V.a. Morbus Crohn
) - Erhöht bei entzündlichen Darmerkrankungen (DD funktionelle Genese)
- Bei blutiger Diarrhoe nicht notwendig, da eine entzündliche Genese wahrscheinlich ist
- Bildgebung
- Abdomensonografie
- Koloskopie
& Ileoskopie & ÖGD mit Biopsie - Alternativ: Videokapselendoskopie, MRT-Sellink (Dünndarm)
Therapie der chronischen Diarrhoe
Ist eine Laktoseintoleranz
- Ggf. Gabe von Anti-Diarrhoika
- Ggf. Antibiotika
-Therapie - Ggf. immunsuppressive Therapie (Morbus Crohn
, Colitis ulcerosa )
Quellen
- S2k-Leitlinie: Gastrointestinale Infektionen, Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS)