Wirkstoffe
Direkte nicht orale Antikoagulantien
- Bivalirudin: rekombinantes Hirudin (wird aus Blutegeln gewonnen)
- Argatroban: synthetisches L-Arginin-Derivat
Wirkprinzipien:
- Direkte Thrombinhemmung (unabhängig von Antithrombin
)
Indikationen
- Bivalirudin: Verwendung während der Herzkatheteruntersuchung
(intravenös) - Antikoagulation im Rahmen eines akuten Koronarsyndroms bei bekannter HIT 2 (Reserve-Antikoagulation)
- Argatroban: Therapie der HIT 2 (intravenös über eine Spritzenpumpe)
- Therapie der akuten HIT 2
- Therapie von akuten thromboembolischen Erkrankungen bei Kontraindikationen gegen Heparin
(insbesondere bei HIT)
Zu beachten
- Nur intravenöse Gabe möglich
- Bivalirudin: bei GFR <30 ml/min kontraindiziert
- Bivalirudin: kein Antidot vorhanden (schnelles Nachlassen der Wirkung (ca. 35-40 min.)
- Argatroban: regelmäßige Kontrolle der aPTT notwendig
- Argatroban: kein Antidot vorhanden
Laborkontrolle
- Kontrolle durch die aPTT
- Bei der Therapie einer HIT 2: Diagnose einer HIT 2 sollte bei der Therapie mit Argatroban durch den HIPA (siehe HIT) bestätigt werden (sollte den Behandlungsbeginn jedoch nicht verzögern)
- INR-Werte können bei gleichzeitiger Gabe von Argatroban je nach Assay verfälscht sein (siehe Fachinformation)
- Hb-Wert zur Identifikation von äußerlich nicht sichtbaren/okkulten Blutungen
- CAVE: der Hb-Wert kann bei einer akuten Blutung noch normwertig sein. Er fällt in der Regel erst im Verlauf durch den kompensatorischen Flüssigkeitseinstrom aus dem Gewebe in die Gefäße ab
Antagonisierung
- Kein Antidot
Nebenwirkungen (Auszug)
- Blutungen
- Bivalirudin: allergische Reaktionen
- Argatroban: Anämie
, Übelkeit, Purpura (Hauteinblutungen)
Dosierung
Bivalirudin siehe Fachinformation.
Argatroban:
- Zu Beginn: Heparin
absetzen und nach ca. 1-2 Stunden Ausgangswert der aPTT erheben - Anschließend: 2 µg pro Kg Körpergewicht pro Minute als Dauerinfusion in einer Spritzenpumpe (bei Leberinsuffizienz und kritisch kranken Patient:innen siehe unten)
- Kontrolle der aPTT alle 2 Stunden nach Beginn der Infusion ➜ bei 2 aufeinanderfolgend stabilen aPTT-Werten Reduktion der Kontrollintervalle möglich (mindestens einmal pro Tag)
- aPTT erreicht in der Regel innerhalb von 1-3 Stunden nach Beginn der Behandlung einen Gleichgewichtszustand
- aPTT-Zielbereich im Gleichgewichtszustand: 1,5 – 3-fache Verlängerung des Ausgangswertes (<= 100 Sekunden)
- Ggf. Dosisanpassung zur Erreichung des aPTT-Zielbereiches
- aPTT <1,5-fache Erhöhung des Ausgangswertes: Steigerung der Infusionsrate um 0,5 µg pro Kg Körpergewicht pro Minute als Dauerinfusion ➜ erneute Kontrolle der aPTT nach 2 Stunden
- Maximale Dosis: 10 µg pro Kg Körpergewicht pro Minute als Dauerinfusion
- aPTT 1,5 - 3-fache Erhöhung des Ausgangswertes (<= 100 Sekunden): keine Änderung der Infusionsrate notwendig ➜ aPTT-Kontrollen fortsetzen (siehe oben)
- aPTT >3-fache Erhöhung des Ausgangswertes oder >100 Sekunden: Infusion pausieren, bis aPTT im Zielbereich liegt (meistens innerhalb von unter 2 Stunden nach Pausierung der Infusion) ➜ anschließend Infusion mit der Hälfte der Infusionsgeschwindigkeit fortführen ➜ erneute Kontrolle der aPTT nach 2 Stunden
- aPTT <1,5-fache Erhöhung des Ausgangswertes: Steigerung der Infusionsrate um 0,5 µg pro Kg Körpergewicht pro Minute als Dauerinfusion ➜ erneute Kontrolle der aPTT nach 2 Stunden
- Behandlungsdauer in der Regel für 14 Tage (keine klinischen Erfahrungen bei längerer Anwendung)
AchtungBei einer Leberinsuffizienz oder kritisch kranken Patient:innen sollte eine Dosisreduktion erfolgen:
Es sollte mit einer Initialdosis von 0,5 µg pro Kg Körpergewicht pro Minute als Dauerinfusion begonnen werden.
Bei einer aPTT <1,5-fache Erhöhung des Ausgangswertes sollte eine Steigerung der Infusionsrate um 0,1 µg pro Kg Körpergewicht pro Minute als Dauerinfusion erfolgen.
Die Dosis sollte an den klinischen Status des/der Patient:in angepasst werden (z.B. bei einer Veränderung der Leberfunktion). Es sollten regelmäßige Kontrollen (bei instabilen Werten alle 4 Stunden) der aPTT erfolgen.
AchtungBei der Umstellung von Argatroban auf Vitamin-K-Antagonisten
ist zu beachten, dass je nach verwendetem Assay zur Messung der INR-Werte, eine Verfälschung der INR-Werte vorliegen kann. Vor der Umstellung sollte man sich anhand der Fachinformation über den Einfluss von Argatroban auf den INR-Wert des verwendeten Assays informieren.
Quellen
- S3-Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE), AWMF Arbeitsgem. der Wiss. Medizin. Fachgesellschaften e.V.
- Fachinformationen