Embryofetopathien durch Infektionserreger entstehen, wenn bestimmte pathogene Keime die Plazentaschranke überwinden und den Embryo oder Fetus während der Schwangerschaft infizieren. Solche Infektionen können zu schweren körperlichen oder neurologischen Schäden, Fehlbildungen, intrauterinem Fruchttod oder Frühgeburt führen. Besonders gefährdet ist der Embryo in der Frühschwangerschaft, da sich in dieser Phase die Organanlagen entwickeln.
Ein zentrales Konzept ist die TORCH-Gruppe, die für häufige plazentagängige Erreger steht:
Toxoplasma gondii: Risiko besonders bei Erstinfektion in der Schwangerschaft; mögliche Folgen sind Hydrozephalus, intrazerebrale Verkalkungen und Chorioretinitis.
Others: Dazu zählen u. a. Lues (Syphilis), Varizella-Zoster-Virus, Parvovirus B19 und HIV. Syphilis kann z. B. zu Hepatosplenomegalie, Knorpel-Knochen-Schäden und neurologischen Defiziten führen.
Rötelnvirus: Gefürchtet ist das kongenitale Rötelnsyndrom mit Katarakt, Herzfehlern (z. B. persistierender Ductus arteriosus) und Innenohrschwerhörigkeit.
Cytomegalievirus (CMV): Häufigste kongenitale Virusinfektion, oft asymptomatisch bei Geburt, aber mit Spätfolgen wie Schwerhörigkeit und Entwicklungsverzögerung.
Herpes-simplex-Virus (HSV): Meist perinatale Übertragung; kann zu Hautläsionen, Enzephalitis oder systemischer Infektion führen.
Diagnostik erfolgt über serologische Tests bei der Mutter sowie PCR aus Fruchtwasser, Nabelschnurblut oder Neonaten. Therapie ist je nach Erreger möglich (z. B. antibiotisch bei Lues oder toxoplasmosegerechte Therapie mit Spiramycin), aber oft nur symptomatisch. Prophylaxe spielt eine entscheidende Rolle – darunter Impfungen (z. B. gegen Röteln oder Varizellen), Screening in der Schwangerschaft und Hygienemaßnahmen.
Merke: Die Schwere der fetalen Schäden hängt stark vom Erreger, dem Infektionszeitpunkt sowie dem Immunstatus der Mutter ab. Die Prävention durch Impfungen und gezieltes Screening ist zentral für den Schutz des ungeborenen Kindes.
Einleitung und Übersicht
Infektionen in der Schwangerschaft, die auf das ungeborene Kind übertragen werden, werden als konnatale Infektionen bezeichnet. Die vertikale Transmission kann zu schweren embryofetalen Schädigungen führen. Besonders gefährdet ist das ungeborene Kind bei einer Primärinfektion der schwangeren Person, da mütterliche IgM-Antikörper nicht plazentagängig sind. Die Schwere der fetalen Schädigung hängt maßgeblich vom Zeitpunkt der Infektion ab:
Embryonalphase (3.–8. SSW): hohes Risiko schwerer Organfehlbildungen durch Störung der Organogenese
Fetale Phase (ab 9. SSW): häufig Wachstumsstörungen, ZNS-Schäden, Spätfolgen
Übertragungswege:
Diaplazentar: Über die Plazenta während der Schwangerschaft
Perinatal: Bei Geburt über Kontakt mit infektiösem Material
Postnatal: Über Stillen oder engen Kontakt zu infektiösen Personen
Merke
Erregergruppen – Akronym TORCH:
T – Toxoplasmose (Toxoplasma gondii)
O – Others: z. B. Syphilis, Varizella-Zoster-Virus, Parvovirus B19, Zika-Virus
R – Rötelnvirus
C – Cytomegalievirus (CMV)
H – Herpes-simplex-Virus (HSV)
Tipp
Die früher gebräuchliche Bezeichnung STORCH (Syphilis, Toxoplasmose, Others, Röteln, Cytomegalie, Herpes) wurde in vielen Fachquellen durch die modernere und präzisere Schreibweise TORCH ersetzt. Dafür gibt es mehrere Gründe:
Internationale Standardisierung
Die Bezeichnung TORCH ist international gebräuchlich und in der medizinischen Fachliteratur weltweit anerkannt. Das erleichtert den Austausch von Informationen zwischen Ländern und Fachdisziplinen. Die Schreibweise „STORCH“ mit „S“ für Syphilis ist im Deutschen entstanden, findet aber international keine Entsprechung.
Flexibilität durch „O“ für „Others“
In TORCH wird Syphilis als Teil der Kategorie „Others“ betrachtet. Das ermöglicht eine kompaktere Darstellung und macht das Akronym besser erweiterbar, etwa um Erreger wie Varizellen, Parvovirus B19, Zika-Virus oder HIV. In STORCH hingegen wird Syphilis einzeln aufgeführt, was die Struktur weniger flexibel macht.
Didaktische Klarheit
Die TORCH-Abkürzung ist leichter zu merken und in der englischen Fachliteratur besser etabliert. Sie wird oft auch als „TORCH-Screening“ bezeichnet, also als serologische Untersuchung der Schwangeren auf typische vertikal übertragbare Infektionen.
TORCH-Infektionen – Übersichtstabelle
Erreger
Übertragungsrisiko
Hauptmanifestation beim Kind
Besonderheiten
Toxoplasmose
↑ mit Gestationsalter (15–70 %)
Hydrozephalus, Chorioretinitis, Verkalkungen
Klassische Trias selten vollständig
Other: Syphilis
Hoch bei Primärinfektion (bis 100 %)
Hepatosplenomegalie, Pemphigus, Hutchinson-Trias
Frühform vs. Spätform; vollständig vermeidbar
Others (z. B. VZV, Parvovirus B19, Zika)
Variabel
Siehe unten
Pathogenabhängige Klinik
Röteln
90 % (bei <11. SSW)
Gregg-Trias: Innenohrdefekt, Katarakt, Herzfehler
Schwere Organfehlbildungen bei Infektion <17. SSW
CMV
30–50 % bei Primärinfektion
Mikrozephalie, Verkalkungen, Hörverlust
Häufigste kongenitale Virusinfektion
HSV
v. a. perinatal
Haut, Augen, ZNS, disseminierte Infektion möglich
Meist perinatal durch Genitalsekret übertragen
Zeitpunkt der Infektion und mögliche Folgen
Zeitraum
Risiko der Transmission
Mögliche Folgen
1.–12. SSW
Geringer, aber schwere Schäden
Abort, Fehlbildungen (v. a. Röteln, Toxoplasmose)
13.–20. SSW
Mittleres Risiko
FVS, ZNS-Schäden, Organhypoplasien
21.–40. SSW
Höheres Risiko, mildere Schäden
Spätschäden, Wachstumsretardierung
Perinatal
Hoch (z. B. HSV, VZV)
Neonatale Infektion (disseminiert, ZNS)
Diagnostikvergleich – Mutter und Fetus/Neugeborenes
Reisen vermeiden, Mückenschutz, kein ungeschützter Sex
Röteln
Ja (MMR-Impfung)
Impfung vor SS, keine Impfung in SS erlaubt
CMV
Nein
Hygiene, Risikoaufklärung bei Kleinkindkontakt
HSV
Nein
Genitallesionen beachten, Sectio bei Primärinfektion unter Geburt
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T - Konnatale Toxoplasmose (Toxoplasma gondii)
Die konnatale Toxoplasmose ist eine durch diaplazentare Übertragung verursachte Infektion des ungeborenen Kindes mit dem intrazellulären Parasiten Toxoplasma gondii. Der Erreger gehört zur Gruppe der Sporozoen und durchläuft im Menschen als Zwischenwirt einen Teil seines Lebenszyklus, während Katzen als Endwirte fungieren. Eine Primärinfektion der schwangeren Person stellt dabei das größte Risiko für eine Transmission auf den Fetus dar. Je später die Infektion in der Schwangerschaft erfolgt, desto höher ist die Übertragungswahrscheinlichkeit, jedoch sinkt mit fortschreitender Gestationsdauer die Schwere der kindlichen Manifestation.
Pathophysiologie
Toxoplasma gondii vermehrt sich in Makrophagen und ist in der Lage, die Plazentaschrankezu überwinden. Die Infektion kann zu nekrotisierenden Entzündungen insbesondere im zentralen Nervensystem und in der Retina führen. Die daraus resultierenden Schädigungen können dauerhaft sein und sich teils erst Monate bis Jahre postnatal manifestieren.
Therapie kann myelosuppressive unerwünschte Wirkung haben!
Prognose
Bei einer pränatalen Infektion beträgt das Letalitätsrisiko für den Fetus bei 20 %
Bei Überleben ist fast immer mit bleibenden Schäden zu rechnen
Durch Therapie kann das Risiko für den Fötus um 50-90 % vermindert werden
Je früher die Behandlung beginnt, desto geringer sind die Schäden beim Kind
Prävention
Aufklärung schwangerer Personen, insbesondere bei negativem Serostatus
Hygienemaßnahmen:
Kein Verzehr von rohem/halbgegartem Fleisch
Obst/Gemüse gründlich waschen
Handschuhe bei Gartenarbeit tragen
Kontakt mit Katzenkot (z. B. beim Reinigen der Katzentoilette) meiden
Gute Küchen- und Händehygiene
Merke
Die konnatale Toxoplasmose ist weitgehend vermeidbar durch konsequente Hygiene und gezielte Vorsorgeuntersuchungen bei Risikopatientinnen. Aufgrund der hohen Rate asymptomatischer Verläufe ist ein systematisches Screening (v. a. bei seronegativen Schwangeren) in vielen Ländern etabliert, in Deutschland allerdings (Stand 2024) keine Kassenleistung im Rahmen der regulären Mutterschaftsvorsorge.
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O - Other
Konnatale Syphilis
Die konnatale Syphilis ist eine systemische Infektion des Feten mit Treponema pallidum, verursacht durch diaplazentare Übertragung während der Schwangerschaft. Besonders gefährlich ist eine Primärinfektion der schwangeren Person im ersten oder zweiten Trimenon. Ohne Behandlung beträgt das Risiko einer Transmission bis zu 100 %.
“TreponemaPallidum.jpg” von CDC/ Dr. David Cox, Public domain, via Wikimedia Commons
Virologie & Pathogenese
Treponema pallidum ist ein gramnegatives, bewegliches Spirochät-Bakterium
Überwindet die Plazentaschranke ab der 10. SSW
Führt zu systemischen Entzündungen und Organschäden beim Feten
Klinik
Frühform (Lues connata praecox, Geburt bis 2. Lebensjahr):
Bei Penicillinallergie: Desensibilisierung empfohlen (keine Alternative mit gleicher Wirksamkeit)
Prävention
Screening: TPHA/VDRL im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge
Frühzeitige Behandlung der infizierten Schwangeren
Partnerbehandlung zur Reinfektionsvermeidung
Merke
Konnatale Syphilis ist bei adäquater Vorsorge vollständig vermeidbar. Ein frühzeitiges Screening und konsequente antibiotische Therapie sind essenziell zur Verhinderung schwerer fetaler Schäden.
Das fetale Varizellen-Syndrom (FVS) ist eine seltene, aber schwerwiegende Folge einer diaplazentaren Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV) während der Schwangerschaft. Der Erreger, ein humanes Herpesvirus (HHV-3), persistiert nach Erstinfektion in den sensorischen Spinalganglien und kann bei Reaktivierung als Herpes zoster (Gürtelrose) auftreten. Die Gefahr für das ungeborene Kind besteht primär bei einer mütterlichen Primärinfektion im ersten oder zweiten Trimenon. Bei Infektion nahe dem Geburtstermin droht hingegen eine schwere neonatale Varizelleninfektion.
Pathophysiologie
Nach hämatogener Streuung kann das Virus die Plazenta passieren und fetales Gewebe infizieren. Die virusbedingte Entzündung führt zu nekrotischen und fibrotischen Prozessen, v. a. in Haut, ZNS, Augen und Skelett. Die Schädigung entsteht meist im Zeitraum von 13.–20. Schwangerschaftswoche.
Zeitliche Risiken
Infektion bis zur 12. SSW: sehr selten, aber möglich
13.–20. SSW: maximales Risiko für das fetale Varizellen-Syndrom (~2%)
> 20. SSW: Risiko deutlich geringer
< 5 Tage vor oder < 2 Tage nach Geburt: Risiko für schwere neonatale disseminierte Varizelleninfektion (nicht fetales Varizellen-Syndrom!)
Postnatale Therapie bei Exposition kurz vor Geburt:
Varicella-Zoster-Immunglobulin (VZIG) innerhalb von 96 Stunden nach Exposition
Prävention
Vor der Schwangerschaft:
Impfung mit Lebendimpfstoff (mindestens 1 Monat vor Konzeption)
In der Schwangerschaft:
Keine Impfung erlaubt (Lebendimpfstoff kontraindiziert!)
Expositionsprophylaxe: Kontaktvermeidung mit Erkrankten
Nach Exposition: passive Immunisierung (VZIG) innerhalb von 96 Stunden
Bei Infektion der Mutter: ggf. stationäre Überwachung und antivirale Therapie mit Aciclovir (Off-label)
Merke
Das fetale Varizellen-Syndrom tritt ausschließlich bei einer Primärinfektion auf – eine frühzeitige Abklärung des Immunstatus bei Kinderwunsch oder zu Beginn der Schwangerschaft ist essenziell. Die neonatalen Varizellen sind vom FVS abzugrenzen und erfordern eine andere therapeutische Vorgehensweise.
Konnatale Parvovirus-B19-Infektion
Die konnatale Parvovirus-B19-Infektion ist eine durch diaplazentare Übertragung verursachte Infektion mit dem humanen Parvovirus B19 – dem Erreger der Ringelröteln (Erythema infectiosum). Besonders gefährlich ist die Infektion für das ungeborene Kind, wenn sie im zweiten Trimenon auftritt. Das Virus besitzt eine ausgeprägte Affinität zu erythropoetischen Vorläuferzellen und hemmt die Erythropoese. Dies kann beim Feten zu einer schweren aplastischen Anämie mit konsekutivem Hydrops fetalis führen.
Das Virus infiziert bevorzugt sich teilende Zellen, v. a. erythroide Vorläuferzellen im Knochenmark. Beim Feten kann dies zu einem ausgeprägten Erythrozytenmangel führen. Die dadurch ausgelöste Hypoxie begünstigt die Entwicklung eines Hydrops fetalis. Zusätzlich werden Myokardzellen und Hepatozyten geschädigt, was Herzinsuffizienz und Leberfunktionsstörungen zur Folge haben kann.
Nach Geburt: ggf. erneute Bluttransfusionen bei persistierender Anämie
Prävention
Keine aktive Impfung verfügbar
Hygienemaßnahmen in Schwangerschaft:
Händehygiene
Meiden von Kontakt zu akut erkrankten Personen (v. a. Kleinkinder im Kindergartenalter)
Bei Exposition: Aufklärung, serologische Kontrolle, fetale Überwachung bei Infektion
Merke
Die Parvovirus-B19-Infektion ist besonders im zweiten Trimenon kritisch und sollte bei jeder unklaren Hydrops fetalis in die Differenzialdiagnose einbezogen werden. Eine intrauterine Bluttransfusion ist bei frühzeitiger Diagnosestellung eine sehr effektive Therapieoption.
Konnatales Zika-Virus-Syndrom
Das Zika-Virus-Syndrom ist eine schwerwiegende Embryofetopathie, die durch eine diaplazentare Infektion mit dem Zika-Virus während der Schwangerschaft verursacht wird. Die Infektion kann zu Mikrozephalie, schweren zerebralen Fehlbildungen und weiteren Organschäden führen. Zika gehört zur Familie der Flaviviren und wurde ursprünglich in Afrika entdeckt, breitete sich aber in den letzten Jahren epidemisch in Mittel- und Südamerika sowie Teilen Asiens aus.
Virologie
RNA-Virus aus der Familie der Flaviviridae
Eng verwandt mit Dengue-, Gelbfieber- und West-Nil-Virus
Hauptüberträger: Stechmücken der Gattung Aedes (v. a. Aedes aegypti)
Sexuell: Virusnachweis im Sperma bis zu mehreren Wochen nach Infektion
Diaplazentar: Übertragung von der schwangeren Person auf den Feten
Bluttransfusion (selten)
Pathophysiologie
Nach Eintritt in den mütterlichen Blutkreislauf infiziert das Virus bevorzugt neuralen Zelllinien des Feten. Die Virusreplikation in neuronalen Progenitorzellen führt zu deren Apoptose, beeinträchtigt die Neurogenese und verursacht eine ausgeprägte Mikrozephalie mit kortikaler Atrophie und Kalzifikationen. Zusätzlich sind Augen, Leber, Gelenke und hämatopoetisches System betroffen.
Info
Erreger = Zika-Virus
RNA-Virus: Flaviviren
3 mögliche Infektionswege
Über Stich der Aedes-Mücken
Diaplazentar Übertragung von schwangerer Person auf ungeborenes Kind
Sexuell
Klinik beim Neugeborenen
Mikrozephalie (Leitsymptom): z. T. ausgeprägt mit Schädeldeformation
Kein ungeschützter Sexualkontakt mit Reiserückkehrer:innen aus Zika-Gebieten
Keine Impfung verfügbar (Stand 2025)
Merke
Das Zika-Virus-Syndrom ist durch die Mikrozephalie klinisch hoch suggestiv. Eine gezielte Diagnostik und umfassende Aufklärung sind bei geplanter oder bestehender Schwangerschaft essenziell – insbesondere bei Reisen in Risikogebiete.
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R - Konnatales Rötelnsyndrom
Das konnatale Rötelnsyndrom (Rötelnembryofetopathie) ist eine schwerwiegende Folge einer diaplazentaren Infektion mit dem Rötelnvirus (Rubellavirus) während der Schwangerschaft. Besonders kritisch ist eine Infektion im ersten Trimenon, da in dieser Phase die Organogenese des Embryos stattfindet. Überlebt das Kind die Infektion, können multiple Fehlbildungen resultieren, von denen die Gregg-Trias das klinisch bekannteste Syndrom darstellt.
Virologie
Behülltes, einzelsträngiges RNA-Virus (Familie Togaviridae, Genus Rubivirus)
Mensch ist einziges Reservoir
Übertragung: Tröpfcheninfektion, diaplazentar
Inkubationszeit: 14–21 Tage
Pathophysiologie
Nach Infektion der schwangeren Person repliziert das Virus in den lymphatischen Organen und erreicht hämatogen die Plazenta. Dort verursacht es eine chronische Plazentitis und infiziert den Feten systemisch. Der Schaden entsteht durch direkte Viruswirkung und durch Störung von Zellproliferation, Differenzierung und Migration.
Serologie: IgG-/IgM-Antikörper; Aviditätstest zur Datierung der Infektion
Bei Verdacht auf Primärinfektion < 17. SSW → invasive Pränataldiagnostik (z. B. Amniozentese mit PCR)
Fetal/postnatal:
PCR aus Nasen-Rachen-Abstrich, Urin, Liquor, Konjunktiva oder Plazentagewebe
Serologie: IgM (Hinweis auf eigene fetale Antikörperproduktion), IgG-Persistenz über > 6 Monate
Bildgebung: kraniale Sonografie, Augen- und Hördiagnostik
Therapie
Keine kurative antivirale Therapie verfügbar
Symptomatisch je nach Organschädigung (Hörgeräte, Kataraktoperation etc.)
Prävention
MMR-Impfung (Lebendimpfstoff):
Zwei Impfungen (z. B. im Kindesalter oder vor Schwangerschaft)
Schutzrate > 95 %
Vorsorgeuntersuchung:
Röteln-IgG-Statusbestimmung bei ungeimpften Frauen mit Kinderwunsch
Bei fehlender Immunität während der Schwangerschaft:
Strikte Expositionsprophylaxe (z. B. Meidung von Kindereinrichtungen)
Achtung
Kein Impfstoff während der Schwangerschaft erlaubt (Lebendimpfstoff kontraindiziert)
Merke
Das konnatale Rötelnsyndrom ist durch Impfprophylaxe nahezu vollständig vermeidbar. Dennoch besteht ein relevantes Restrisiko durch nicht immunisierte Frauen oder falsch dokumentierte Impfungen – insbesondere bei Migration aus Ländern mit niedriger Impfquote.
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C - Konnatale Zytomegalievirus-Infektion (CMV)
Die konnatale Zytomegalievirus-Infektion ist die häufigste angeborene Virusinfektion weltweit. Etwa 0,2–0,5 % aller Neugeborenen sind betroffen. Der Erreger ist das humane Zytomegalievirus (CMV), ein behülltes DNA-Virus aus der Familie der Herpesviridae. Eine Übertragung auf das ungeborene Kind erfolgt hauptsächlich diaplazentar, insbesondere bei einer mütterlichen Primärinfektion während der Schwangerschaft. Reinfektionen oder Reaktivierungen können ebenfalls zur fetalen Infektion führen, jedoch ist das Risiko für eine symptomatische Erkrankung hierbei geringer.
Virologie
Humanes Herpesvirus 5 (HHV-5), gehört zur Unterfamilie der Betaherpesvirinae
Weltweit hohe Seroprävalenz: 40–100 % (in Deutschland ca. 50–70 %)
Persistenz nach Primärinfektion in Monozyten und Endothelzellen
Übertragungswege
Schmierinfektion (Speichel, Urin, Genitalsekret)
Plazentar (diaplazentar)
Perinatal (z. B. durch Zervixsekret)
Postnatal (z. B. über Muttermilch)
Pathophysiologie
CMV befällt v. a. sich teilende Zellen und ruft in verschiedenen Organen eine Entzündungsreaktion hervor. Im fetalen Gehirn führt die Infektion zu neuronaler Degeneration, Verkalkungen und gestörter Hirnentwicklung. Die Leber und das hämatopoetische System sind häufig mitbetroffen.
Epidemiologie
Etwa 1 % aller Schwangeren infizieren sich primär mit CMV
Risiko für eine vertikale Transmission bei Primärinfektion: 30–50 %
Reinfektionen/Reaktivierungen: Übertragungsrisiko < 2 %, jedoch ebenfalls mit potenziellen Spätschäden verbunden
Klinik
Ca. 90–96 % asymptomatisch bei Geburt, aber: 10–15 % entwickeln Spätschäden (v. a. Hörverlust)
Direkter Erregernachweis innerhalb der ersten 3 Wochen postnatal aus Urin oder Speichel mittels PCR oder Virusanzucht
Nachweis CMV-DNA im Trockenblut (Guthrie-Testkarte) möglich
ZNS-Bildgebung, Augen- und Hördiagnostik zur Erfassung von Folgekomplikationen
Therapie
Bei symptomatischen konnatalen CMV-Infektionen:
Ganciclovir i.v. oder Valganciclovir p.o.
Ziel: Reduktion der Viruslast und Prävention von Spätschäden (v. a. Hörverlust)
Monitoring: BB-Kontrollen
Achtung
Transiente Neutropenie und Transaminasenerhöhung möglich!
Prognose
Pränatale Infektion: je früher die Infektion, desto schlechter ist die Prognose
Symptomatisch bei Geburt: 90 % behalten Schäden
Prävention
Kein Impfstoff verfügbar!
Expositionsprophylaxe bei Schwangeren:
Hände waschen nach Kontakt mit Speichel/Urin von Kleinkindern
Kein Teilen von Besteck oder Schnullern
Verwendung von Handschuhen beim Windelwechsel
Aufklärung bei Kinderwunsch, v. a. bei Müttern mit Kleinkindkontakt (z. B. Erzieherinnen)
Info
Eine Schutzimpfung war bereits in Erprobung, die Effektivität betrug allerdings nur etwa 50 %. Außerdem traten unerwünschte Nebenwirkungen auf, sodass derzeit kein Impfstoff in Aussicht steht!
Merke
Konnatale CMV-Infektion ist die häufigste Ursache nicht-genetischer Innenohrschwerhörigkeit. Die hohe Rate asymptomatischer Infektionen macht ein gezieltes Screening bei Risikoschwangerschaften und eine strukturierte Nachsorge unabdingbar.
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H - Konnatale Herpes-simplex-Virus-Infektion (HSV)
Eine konnatale Herpes-simplex-Virus-Infektion (HSV) ist eine seltene, aber potenziell lebensbedrohliche Infektion, die meist durch vertikale Übertragung während der Geburt entsteht. Eine intrauterine (diaplazentare) Infektion ist zwar möglich, macht aber weniger als 5 % der neonatalen HSV-Infektionen aus. Die häufigere neonatale Infektion wird perinatal bei der Passage durch den Geburtskanal oder postnatal durch engen Hautkontakt mit infizierten Personen übertragen.
Virologie
Herpes-simplex-Virus Typ 2 (HSV-2): häufiger bei genitalen Infektionen
Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1): häufiger bei oralen Infektionen, zunehmend auch genital
DNA-Viren der Familie Herpesviridae (Alphaherpesviren)
Persistenz in sensorischen Ganglien, Reaktivierung jederzeit möglich
Übertragungswege
Intrauterin (selten): diaplazentar bei mütterlicher Primärinfektion
Perinatal (häufig): Kontakt mit infektiösem Genitalsekret während der Geburt
Postnatal: Kontakt mit infizierten Haut-/Schleimhautläsionen (z. B. Lippenherpes bei betreuenden Personen)
Risikofaktoren
Maternale Primärinfektion kurz vor Geburt (kein Nestschutz durch IgG)
Vaginale Entbindung bei aktivem Herpes genitalis
Frühgeburtlichkeit (immature Hautbarriere und Immunsystem)
Klinik
Konnatale (intrauterine) HSV-Infektion
Mikrozephalie, intrazerebrale Verkalkungen
Hautnarben, vesikulöses Exanthem
Mikrophthalmie, Chorioretinitis, Katarakt
Dystrophie, Hepatosplenomegalie
Neonatale HSV-Infektion (postnatal oder perinatal)
Lokalisierte Form (45 %): Haut, Augen, Mund (SEM-Form = skin-eye-mouth)
Disseminierte Form (25 %): Multiorganbefall mit hoher Letalität (Leber, Lunge, ZNS)
Achtung
Bei jedem Neugeborenen mit Bläschen, Krampfanfällen oder Sepsis-ähnlichem Verlauf in den ersten Lebenswochen sollte differenzialdiagnostisch immer eine konnatale HSV-Infektion erwogen und eine sofortige antivirale Therapie begonnen werden.
PCR aus Liquor, Blut, Bläscheninhalt, Konjunktivalsekret
Virusnachweis aus Abstrichen von Haut, Mund, Rektum
Liquoruntersuchung bei ZNS-Verdacht
Bildgebung (kraniale Sonografie/MRT)
Augenuntersuchung
Therapie
Aciclovir i.v., schon bei Verdacht auf eine Infektion
Orale Suppressionstherapie mit Aciclovir nach initialer Behandlung zur Rezidivprophylaxe
Achtung
Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz, regelmäßige BB- und Nierenwertkontrollen!
Prognose
SEM-Form: gute Prognose bei frühzeitiger Therapie
ZNS- und disseminierte Form: hohe Letalität und Risiko bleibender neurologischer Schäden
Prävention
Aufklärung über Herpes in der Schwangerschaft
Kein Geschlechtsverkehr bei aktiven Läsionen im Genitalbereich
Kein Küssen/Schnullerlecken durch Personen mit Lippenherpes
Bei Herpes genitalis unter der Geburt:
Primärinfektion: i. d. R. Sectio empfohlen
Rezidiv: individuelle Entscheidung abhängig von Lokalbefund und Geburtszeitpunkt
Aciclovir-Prophylaxe ab SSW 36 bei rezidivierenden genitalen Herpesinfektionen zur Reduktion des Rezidivrisikos zur Geburt
Merke
Neonatale HSV-Infektionen verlaufen oft unspezifisch und ohne Hautbefall. Daher sollte bei unklaren ZNS-Symptomen oder Sepsiszeichen im Neugeborenenalter frühzeitig an HSV gedacht und eine PCR-Diagnostik eingeleitet werden.
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