Zusammenfassung
Zu den proximalen Femurfrakturen zählen die Femurkopffrakturen, Schenkelhalsfrakturen und Frakturen im Bereich der Trochanter des Oberschenkelknochens.
Zusammenfassung
Femurfrakturen können in proximale Femurfrakturen, Femurschaftfrakturen und distale Femurfrakturen unterteilt werden. Zu den proximalen Femurfrakturen zählen die Femurkopffrakturen, Schenkelhalsfrakturen und Frakturen im Bereich der Trochanter des Oberschenkelknochens.
Femurkopffraktur
Femurkopffrakturen sind selten und entstehen meist im Rahmen einer vorderen Hüftluxation oder im Rahmen von Hochrasanztraumata meist in Kombination mit Acetabulumfrakturen
Klassifikation
Eingeteilt werden die Femurkopffrakturen nach der Pipkin-Klassifikation. Diese unterscheidet Frakturen unterhalb der Fovea capitis von Frakturen oberhalb der Fovea capitis, sowie Frakturen mit begleitender Schenkelhals- oder Acetabulumfrakturen
InfoBeim Vorliegen einer Hüftgelenksluxation sollte die Funktion des N. ischiadicus überprüft werden.

Diagnostik
Klinisch beklagen die Patient:innen meist starke (Bewegungs-) Schmerzen in der Hüfte und Leistenregion. Bei begleitender Luxation kann auch eine Fehlstellung auffallen.
Diagnostisch wird zunächst eine Röntgenuntersuchung des Beckens und der Hüfte (Becken tief + Hüfte axial = Lauenstein-Aufnahme) durchgeführt und aufgrund der schlechten Sicht meist ein CT ergänzt.
Therapie
Therapiert werden Pipkin-I- und -II-Frakturen nach erfolgreicher geschlossener Reposition der Luxation bei guter Fragmentlage meist konservativ. Bei disloziertem Fragment kann eine operative Refixation mittels Schraubenosteosynthese
AchtungDie Luxation des Femurkopfes durch eine Femurkopffraktur stellt einen medizinischen Notfall dar und sollte sofort reponiert werden (geschlossen oder operativ)!
Schenkelhalsfrakturen
Die Schenkelhalsfraktur ist eine typische, häufig mit Osteoporose assoziierte Fraktur des hohen Alters. Häufig kommt es im häuslichen Umfeld durch einen isolierten Sturz auf die Hüfte bei vorliegender Knochenschwäche zu dieser Art von Verletzung.
Bei jüngeren Patient:innen ist eher ein Hochrasanztrauma z.B. bei Verkehrsunfällen für eine Schenkelhalsfraktur verantwortlich.
Diagnostik
Aufgrund einer schmerzbedingten Immobilisation werden die Patient:innen fast immer über den Rettungsdienst in der Klinik vorstellig. Typischerweise präsentiert sich die betroffene Extremität außenrotiert und im Seitenvergleich verkürzt (Muskelzug).

Besteht der Verdacht einer proximale Femurfraktur sollte eine zeitnahe Röntgendiagnostik mittels einer Aufnahme der Hüfte in 2 Ebenen erfolgen. Eine Becken tief Aufnahme mit Planungskugel und ergänzende axiale Aufnahme der betroffenen Hüfte (Lauenstein-Aufnahme) sind sinnvoll, da diese bei der Entscheidung für einer Prothesenversorgung zur Prothesenplanung benötigt werden und anschließend nicht erneut durchgeführt werden müssen. Besonders bei möglichem pertrochantären Frakturverlauf

Klassifikation
Eine Klassifikation nach Pauwels mit der Einteilung nach dem Abkippwinkel zeigt kaum klinische Relevanz, weshalb sich zur Beurteilung und Therapieplanung die Klassifikation nach Garden durchgesetzt hat. Der dabei beschrieben Dislokationsgrad lässt eine Schlussfolgerung auf das Risiko einer Hüftkopfnekrose zu und unterstützt bei der Fragestellung ob eine kopferhaltende oder endoprothetische Therapie sinnvoll ist.
Therapie
Neben der klinischen Untersuchung und radiologischen Diagnostik dient eine gezielte Anamnese der Entscheidungsfindung bei der Wahl und dem Zeitpunkt der Therapie. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass eine konservative Therapie nur sehr selten in Frage kommt. Valgusimpaktierte Frakturen ohne Dislokation
- Entlastung für ca. 5 Wochen, dann schmerzadaptierte Aufbelastung
- Röntgenkontrollen z.B. nach 1,2 und 5 Wochen
Operative Therapie
Bei den operativen Therapiemöglichkeiten spielt die Gradeinteilung nach Garden, das Alter, das Frakturalter (< 24h?), Nebendiagnosen, sowie der funktionelle Anspruch eine Rolle. Generell sollte eine Osteosynthese-Versorgung vor allem bei jungen Patient:innen so früh wie möglich (am besten innerhalb der ersten 6h) erfolgen.
AchtungBei der Einnahme von Blutverdünnern wie NOAKs müssen diese ggf. zunächst abgesetzt und bis zur Operation ein paar Stunden gewartet werden!
- Spongiosaschrauben-Osteosynthese (vor allem bei medialer SHF)
- Dynamische Hüftschraube = DHS-Osteosynthese ggf. mit Antirotationsschraube (prinzipiell bei den meisten SHF möglich)
- Hüft-Total-Endoprothese = Hüft-TEP, nicht- / teil- / vollzementiert (Ersatz des Hüftkopfes, Schenkelhalses und der Gelenkpfanne, daher lange und risikoreiche Operation mit hohem funktionellen Outcome)
- Duokopfprothese= Hüft-HEP (Nur Ersatz des Hüftkopfes und Schenkelhalses, daher schnellere und risikoärmere Operation, jedoch geringeres funktionelles Outcome)

Die Duokopfprothese ist eine bipolare Hemiendoprothese (HEP). Im Gegensatz zur Totalendoprothese TEP wird bei der Implantation
AchtungBei der Verwendung von Knochenzement kann es zu Kreislaufreaktionen mit Hypoxie und Hypotension kommen!
Frakturen im Trochanterbereich
Diese Gruppe an Frakturen werden je nach Lagebeziehung des Frakturspalts zum Trochanter in 1. Pertrochantäre, 2. Intertrochantäre (zwischen Trochanter major und minor) und 3. Subtrochantäre Frakturen unterteilt.
Der Traumamechanismus und auch die Frakturhäufigkeit gleicht dem/der der Schenkelhalsfrakturen. Dabei sind vor allem pertrochantäre Frakturen im Vordergrund. Inter- und subtrochantäre Frakturen sind vergleichsweise deutlich seltener.
Pertrochantäre Frakturen
Pertrochantäre Frakturen werden nach AO klassifiziert:
- AO 31A1: Einfache Fraktur der medialen Kortikalis
ohne Beteiligung des Tuberculum minus und ohne Beteiligung der lateralen Kortikalis (stabil) - AO 31A2: Mehrfache Fraktur der medialen Kortikalis
mit Beteiligung des Tuberculum minus und ohne Beteiligung der lateralen Kortikalis (instabil) - AO 31A1: Mehrfache Fraktur der medialen Kortikalis
mit Beteiligung des Tuberculum minus und mit Beteiligung der lateralen Kortikalis (instabil)
Die pertrochantären Frakturen werden wie die Schenkelhalsfrakturen operativ versorgt. Während stabile Frakturen mit extramedullärer Osteosynthese versorgt werden können, stellt die intramedulläre Nagelosteosynthese
Bei Dislokation
Operative Therapiemöglichkeiten
- Extramedulläre Dynamische Hüftschraube = DHS Osteosynthese ggf. mit Antirotationsschraube (bei stabilen AO 31A1 Frakturen)
- Intra- / zephalomedulläre Nagelosteosynthese
z.B. PFT, TFN, Gamma-Nagel (prinzipiell bei allen pertrochantären Frakturen, besonders bei instabilen Frakturen AO 31A2-A3 und bei inter- / subtrochantären Frakturen mit langem Nagel) - Ggf. Fragmentfixierung mittels additiver Draht- / Cerclage-Osteosynthese

Femurschaftfrakturen
Bei Femurschaftfrakturen (AO 32) handelt sich um eine eher selten vorkommende Frakturform des Oberschenkels, die meist im Rahmen von Hochrasanztraumata, Sturz aus großer Höhe oder als
Beispielsweise kommt es bei der ‘Dashboard Injury‘ zu einem Anprall des gebeugten Knies am Amaturenbrett im Rahmen eines Autounfalls mit Kraftübertragung über die Kniescheibe auf den Oberschenkelknochen.
AchtungBei Hochrasanztraumata kommt es durch die direkte Krafteinwirkung häufig zu offenen Frakturen mit Kontamination!
Klassifikation
Klassifiziert werden die Femurschaftfrakturen nach der AO-Klassifikation
TippFemurschaftfrakturen werden am Unfallort bei Verdacht inklusive der angrenzenden Gelenke (Hüfte und Knie) geschient oder der Patient mit einer Vakuummatratze immobilisiert. Offene Frakturen erhalten als
Erstversorgung zusätzlich einen sterilen Verband. Meist ist eine begleitende Analgesie sinnvoll.
Diagnostik
Anamnestisch sollten bei ansprechbaren Patient:innen Medikamente (Blutverdünner), sowie Risikofaktoren (z.B. Vorerkrankungen) in Bezug auf die Verletzungsentstehung und auch eine potenzielle Operation erfragt werden.
Klinisch sollte neben Frakturzeichen und einer Beinlängendifferenz auch ein möglicher hoher Blutverlust bedacht und die Kreislaufsituation beurteilt werden (Puls
AchtungAufgrund der hohen Gefahr eines Kompartmentsyndroms sollte neben einer initialen Kontrolle eine zweite Kontrolle innerhalb der ersten 24h erfolgen (Cave: N. tibialis-Funktion)!
Zur radiologischen Diagnostik wird der Oberschenkel in 2 Ebenen (a.p. und seitlich), sowie die angrenzenden Gelenke Knie und Hüfte abgebildet (z.B. Oberschenkel mit Knie in 2 Ebenen + Beckenübersicht a.p. + Hüfte axial). Bei einem (Polytrauma-) CT mit Darstellung des geforderten Bereichs muss meist keine zusätzliche Röntgendiagnostik erfolgen.

Therapie
Therapie der Femurschaftfraktur ist in der Regel
Konservatives Procedere (selten):
- Lagerung in einer Schiene
- Reposition und Fixierung der Fragmente durch Anbringen einer Extension (Längszug) für ca. 8-16 Wochen
- Ruhigstellung im Becken-Bein-Gips
Operative Therapie
Operative Therapie (bei offenen Frakturen, kritischer Weichteilsituation, Gefäß- oder Nervenschäden oder einem Kompartmentsyndrom
- Geschlossene Reposition mit Marknagelosteosynthese (Goldstandard) und Verriegelungsbolzen zur Rotationsstabilität. Statisch oder dynamisch mit oder ohne Markraumbohrung, teilweise additive Cerclage-Osteosynthese.
- Plattenosteosynthese
vor allem bei seitengleich vorhandenen Knie- und Hüftprothesen oder Frakturen mit Übergang zur Metaphyse - Geschlossene Reposition mittels eines Fixateur externe
meist als Übergangsbehandlung bei Polytrauma, kritischer Weichteilsituation oder begleitenden Gefäßverletzungen. Meist sekundär definitive Versorgung mittels oben genannter Verfahren.
TippPräoperativ sollte Kreuzblut bereitgestellt werden (hoher Blutverlust intraoperativ) und die Anlage eines Schmerzkatheters kann sinnvoll sein.
TippEine frühzeitige postoperative Mobilisierung (abhängig von der Stabilität bis zur Schmerzgrenze) ist sinnvoll.

InfoBei einer dynamischen Verriegelung kommt es aufgrund der Teleskopbewegung des Fragments gegen den Nagel zur heilungsfördernden Kompression des Frakturspalts.
Distale Femurfraktur
Die distale Femurfraktur ist mit 6% aller Femurfrakturen noch seltener als
Klassifikation
Klinisch bedeutsam ist die Einteilung nach der AO-Klassifikation
InfoIm Vordergrund bei dieser Fraktur steht die Verletzung von benachbarten Nerven und Gefäßen sowie eine mögliche Gelenkbeteiligung.
Am Unfallort sollte nach Sicherung der Vitalfunktionen eine zeitige Ruhigstellung (z.B. Vakuummatratze) und bei offenen Frakturen eine sterile Wundabdeckung erfolgen. Ziel ist der schnelle Transport in ein Traumazentrum.
Diagnostik
Nach der Anamnese sollte eine zügige radiologische Diagnostik erfolgen. Hierzu eignet sich initial ein Röntgenbild des Oberschenkels mit Knie in 2 Ebenen und ggf. eine ergänzende Zielaufnahme des Knies in 2 Ebenen. Häufig wird aufgrund des Traumamechanismus auch eine Aufnahme der Hüfte in 2 Ebenen ergänzt. Besonders bei Verdacht auf eine intraartikuläre Fraktur ist die Durchführung eines CT sinnvoll.

Handelt es sich um eine Luxationsfraktur oder besteht der Verdacht auf eine Gefäßläsion, sollt eine Gefäßdarstellung mittels Doppler-Sonografie und ggf. Angiografie erfolgen. Auch sollte im Verlauf bei Gelenkbeteiligung eine MRT-Untersuchung zur Detektion von Kniebinnenschäden ergänzt werden.
Therapie
AchtungBei Luxationsfrakturen und HKB-Läsionen besteht immer die Gefahr einer Gefäßverletzung und damit ohne Therapie die Gefahr des Verlustes der distalen Extremität.
Die Therapie ist wie bei der Femurschaftfraktur fast immer operativ. Selten kommt bei Kontraindikationen für eine Operation eine konservative Therapie mit Ruhigstellung (Oberschenkeltutor = Oberschenkelorthese) für ca. 8-10 Wochen, sowie ggf. eine Extensionsbehandlung infrage. Eine frühzeitige Mobilisierung sollte angestrebt werden.
Operative Therapie
Frühelektiv innerhalb von 24h oder Notfalloperation:
- Fixateur externe
(als zweizeitiges Verfahren bei Notfalloperation mit definitiver Versorgung nach ca. 1 Woche) - Plattenosteosynthese
(A-Frakturen , bei C-Frakturen in Kombination mit anderen Osteosyntheseverfahren wie Cerclage-Osteosynthese) - Intramedulläre Marknagelung (teilweise bei A-Frakturen
) - Schraubenosteosynthese
(B-Frakturen , bei C-Frakturen in Kombination mit anderen Osteosyntheseverfahren )
