Zusammenfassung
Das Becken besteht aus dem Os sacrum als
Beckenringfrakturen
Zusammen bilden die Knochen den Beckenring, der sich in den hinteren Beckenring (Os sacrum, Iliosakralgelenke
AchtungZügige Notfallversorgung vor allem bei Hochrasanztrauma → Verletzung großer Blutgefäße mit lebensbedrohlichen Blutungen, sowie der Verletzungen der Harnorgane möglich!
Epidemiologie
Beckenringfrakturen haben zwei Altersgipfel. Sie entstehen einerseits im Rahmen von Hochrasanztraumata z.B. bei Verkehrsunfällen im jungen Alter zwischen 20 und 40 Jahren, andererseits im hohen Alter mit dem Altersgipfel um das 70. Lebensjahr durch niedrigenergetische Traumata (z.B. Sturz auf das Gesäß aus dem Stehen) beim Vorliegen einer Osteoporose.
Klassifikation
Eingeteilt werden die Beckenringfrakturen nach der AO-Klassifikation
AchtungDurch die vollständige Unterbrechung des hinteren Beckenrings bei C-Verletzungen ist eine Kraftübertragung der Wirbelsäule auf die unteren Extremitäten nicht mehr möglich.
Erstversorgung
AchtungBei der Erstversorgung am Unfallort sollte besonders bei Hochrasanztrauma mit Verdacht auf eine Beckenverletzung eine zügige Stabilisierung und Transport in ein Traumazentrum erfolgen. Dabei hat sich die Anlage eines Beckengurts bewährt. Durch Kompression wird dabei ein potenziell instabiler Beckenring zusammengehalten und ein möglicher Blutverlust minimiert. Außerdem sollte eine „Fast-Sonografie“ des Abdomens zum Ausschluss von freier Flüssigkeit (Hinweis auf eine intraabdominelle Verletzung) durchgeführt werden. Aufgrund des Traumamechanismus sollte selbstverständlich auf Begleitverletzungen untersucht und der Kreislauf stabilisiert werden.
Diagnostik
Beim Eintreffen in der Notaufnahme sollte die Erstversorgung und Diagnostik über den Schockraum


Therapie
Ziel: Die Versorgung von Beckenringfrakturen dient dem Erhalt oder der Wiederherstellung der vertikalen und rotatorischen Stabilität des vorderen und hinteren Beckenrings.
InfoVon Frakturen mit adäquatem Traumamechanismus werden Insuffizienzfrakturen unterschieden, die ohne adäquates oder erinnerliches Trauma entstanden sind. Meist liegt eine Osteoporose zugrunde und sie treten daher gehäuft im hohen Alter auf.
Konservative Therapie
Analgetische Therapie und frühfunktionelle Beübung (bedarfsgerechte Thromboembolieprophylaxe bis zum Erreichen der normalen Mobilität
- Typ-A-Frakturen
mit Fragmentdialokation < 2cm und ohne Nervenwurzelbeteiligung bei Sacrum-Abrissfrakturen - Typ-B1-Frakturen mit vorhandener Stabilität (bis 1-2 cm Symphysen-Abstand)
Operative Therapie
- Notfalltherapie: Stabilisierung mittels Beckenfixateurs und meist im Verlauf definitiver Versorgung nach Kreislaufstabilisierung

- Abrissfrakturen (Dislokation
> 2cm): Refixation mittels verschiedener Osteosynthesen (Schrauben- / Plattenosteosynthese ) - Transpubische Instabilität: „Kriechschrauben“ retrograd im Os pubis
- Symphysenruptur: Plattenosteosynthese
ggf. erweitert als Beckenrekonstruktionsplatte bei zusätzlicher transpubischer Instabilität - ISG-Fugen-Sprengung: ISG-Schraubenosteosynthese
- Transiliakale Fraktur: Rekonstruktion mittels Plattenosteosynthese
- Sakrumfraktur: Schrauben- / Plattenosteosynthese
ggf. mit Dekompression der neuronalen Strukturen
Acetabulumfrakturen
Acetabulumfrakturen entstehen zumeist durch direkte Kraftübertragung des Femurs auf das Hüftgelenk. Anatomisch unterteilt man das Acetabulum in einen ventralen (vorderen) und dorsalen (hinteren) Pfeiler. Dabei führt die Kraftübertragung bei gebeugtem Femur eher zur Verletzung der hinteren Säule (z.B. Dashboard-Injury), die bei gestrecktem Femur hingegen eher zur Verletzung der vorderen Säule (eher niederenergetische Traumata wie z.B. durch Sturz bei älteren Personen). Besonders bei Acetabulumfrakturen im Alter sollten Faktoren wie eine Osteoporose oder Coxarthrose mit in die Versorgungsplanung einbezogen werden.
AchtungDa Kettenverletzungen der unteren Extremitäten, des Sprunggelenks, des Fußes, und der Wirbelsäule häufig sind, sollte nach Begleitverletzungen Ausschau gehalten werden!
Klinik
Betroffene Personen zeigen Symptome, die sich nur schwer von denen einer proximaler Femurfrakturen
TippAufgrund der anatomischen Nähe des N. ischiadicus (hinten) und N. femoralis (vorne) sollte deren Funktion in der klinischen Untersuchung überprüft werden.
Klassifikation
Letournel und Judet beschrieben 1964 einfache und kombinierte Frakturformen anhand der betroffenen Pfeiler und Segmente. Die heute gebräuchliche AO-Klassifikation

Diagnostik
Bei Verdacht auf eine Acetabulumfraktur sollte nach der Anamnese und körperlichen Untersuchung eine zügige Bildgebung erfolgen. Beispielsweise kommt eine Beckenübersichtaufnahme a.p. und ggf. ergänzend eine Ala- und Obturator-Aufnahme (45° Schrägaufnahmen zur besseren Beurteilung der einzelnen Pfeiler) in Betracht. Das „Gull-Sign“ oder das „Spur-Sign“ dienen als
Therapie
Die Therapie der Acetabulumfrakturen ist meist operativ. Ist das Hüftgelenk luxiert, sollte unter Analgosedierung
Konservative Therapie
Bei stabilen, nicht-dislozierten Frakturen mit Stufe < 2mm, einem Pfannendachwinkel bis 45° oder Kontraindikationen für eine Operation:
- Frühfunktionelle Nachbehandlung mit Teilbelastung der betroffenen Hüfte für 6 Wochen dann Aufbelastung mit Vollbelastung nach 12 Wochen und Analgesie (Röntgenkontrolle nach 2, 6 und 12 Wochen)
Operative Therapie
- Offene Reposition und Plattenosteosynthese
ggf. + Zugschrauben: besonders bei jungen Patient:innen zum Erhalt des Hüftgelenks indiziert - Endoprothetischer Gelenkersatz: bei fortgeschrittener Hüftgelenk-Arthrose, Osteoporose oder Osteopenie, periprothetische Fraktur, Trümmerfraktur
1. Einzeitiger Gelenkersatz ohne Zementierung
2. Zweizeitig mit initialer Osteosynthese und sekundärer Endoprothese
AchtungDie Zementierung der Pfanne bei frischer Fraktur stört die Heilung und führt zu vermehrter Pfannen-Lockerung!
AchtungDie gleichzeitige endoprothetische und osteo-synthetische Versorgung führt zu einem erhöhten Blutverlust!
Quellen
- S3-Leitlinie Evidenz- und konsensbasierte Indikationskriterien zur Hüfttotalendoprothese bei Coxarthrose (EKIT-Hüfte), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU)
- S1-Leitlinie Verletzungen des Beckenrings, Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU)