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Fruchtwasserembolie

6 Minuten Lesezeit

Einleitung

 Definition

Wenn perinatal Fruchtwasser oder dessen Bestandteile in den mütterlichen Kreislauf eintreten, kann es zu kardiopulmonalen Komplikationen kommen. Diesen Umstand bezeichnet man als Fruchtwasserembolie. Diese ist theoretisch auch präpartal möglich, zum Beispiel von Traumata oder intrauterinen Eingriffen, allerdings findet dieser Notfall insbesondere nach der Geburt statt. 

Die Hauptrisikofaktoren umfassen einen Kaiserschnitt, durch die Verletzungen, die chirurgisch zugefügt werden können, weiterhin aber auch ein hohes Alter der Mutter (> 35 Jahre) oder eine Plazenta praevia sowie Mehrlingsschwangerschaften. Auch eine vorzeitige Plazentalösung oder Geburtskomplikationen, wie eine Uterusruptur, können als Risikofaktoren eingestuft werden.

Bei der Fruchtwasserembolie tritt Fruchtwasser über die mütterlichen Venen oder Wundflächen an Uterus bzw. Plazenta in den Kreislauf ein. Zum einen können hier feste Bestandteile innerhalb des Fruchtwassers eine mechanische Obstruktion bedingen. Weiterhin enthält Fruchtwasser jedoch auch Substanzen, die zu einer Vasokonstriktion führen und die Blutkoagulation fördern können.  

Meist verläuft diese Reaktion in Phasen. Die Benennung der Phasen variiert je nach Quelle, sodass hier die Reaktion im Gesamten erläutert wird, ohne eine Einteilung in konkret benannte Phasen vorzunehmen. 

Zunächst führt eine pulmonale Vasokonstriktion zu einer pulmonalen Hypertonie. Das kommt durch den so erhöhten Gefäßwiderstand zustande, welcher konsekutiv zu einer Belastung der rechten Herzhälfte führt. In der Folge kann es zu einem akuten Rechtsherzversagen kommen. Teilweise kann innerhalb einer transösophagealen Echokardiografie hier bereits eine schwere Trikuspidalklappeninsuffizienz dargestellt werden.

Das besagte Rechtsherzversagen kann dann in einem akuten Linksherzversagen mit Lungenödem resultieren. Neben dem Rechtsherzversagen können auch kardiodepressive Substanzen aus dem Fruchtwasser zu einer Schädigung der linken Herzhälfte führen. 

Außerdem findet schon früh eine Entzündung der Alveolen statt, da die Lunge insgesamt nicht mehr suffizient perfundiert wird. Resultierend kommt es zu einer Hypoxie.

 Info

Das Fruchtwasser enthält Bradykinin und Histamin. Beide Stoffe bewirken eine Vasokonstriktion, insbesondere pulmonaler Art. Die prokoagulatorischen Substanzen, die oben angesprochen wurden, sind zum Beispiel der Tissue Factor oder Phosphatidylserin. Beide bewirken eine Verbrauchskoagulopathie und bedingen somit auch eine inflammatorische Reaktion. In der Folge kommt es durch eine erhöhte Aktivierung des Komplementsystems zu einem septischen Schock, welcher für die Mutter lebensgefährlich sein kann.

In der Folge kommt es zu einer disseminierten intravasalen Gerinnung (auch als 
DIC = disseminated intravascular coagulation bekannt). Dabei handelt es sich um eine Verbrauchskoagulopathie als Folge eines exzessiven Gebrauchs von Gerinnungsfaktoren. Entsprechend kann es zu schweren Blutungen kommen, welche physiologisch nicht gestoppt werden können. 

In ihrer Gesamtheit ist die Fruchtwasserembolie also akut lebensgefährlich und benötigt ein komplexes, interdisziplinäres Therapieschema.

Zuletzt aktualisiert am 23.12.2024
Placenta praevia
Bandscheibenvorfall (RD)
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