Zusammenfassung
Die Glomerulonephritis (GN) umfasst eine Gruppe von Erkrankungen, die durch eine nicht-infektiöse Entzündung der Glomeruli
Klinisch manifestiert sich die Glomerulonephritis häufig durch ein nephritisches oder ein nephrotisches Syndrom sowie eine eingeschränkte Nierenfunktion, was im schlimmsten Fall zu einer akuten Nierenschädigung
Die Therapie richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache und kann immunsuppressive Medikamente
MerkeDie Glomerulonephritis ist keine einheitliche Krankheit, sondern ein Überbegriff für verschiedene entzündliche Erkrankungen der Glomeruli
, die durch unterschiedliche immunologische Mechanismen verursacht werden.
TippGlomerulonephritiden treten in der Regel bilateral auf, d.h. beide Nieren sind betroffen.
Epidemiologie
- Dritthäufigste Ursache für chronische Nierenerkrankungen
(CKD ) in Deutschland - Das Vorkommen ist in jedem Lebensalter möglich, es bestehen jedoch unterschiedliche Altersgipfel für die einzelnen Formen der Glomerulonephritiden
- Kinder → v.a. Minimal Change GN, postinfektiöse GN
- Junge Erwachsene → v.a. IgA-Nephritis, membranöse GN, Lupus-Nephritis
- Ältere Erwachsene → v.a. membranoproliferative GN (MPGN)
- Generell aber eher nicht-entzündliche Glomerulopathien im Alter (siehe Differentialdiagnosen)
- Die Inzidenz und Prävalenz von Glomerulonephritiden variiert regional und ist abhängig von genetischen, umweltbedingten, infektiologischen und sozioökonomischen Faktoren
MerkeBei älteren Erwachsenen überwiegen die nicht-entzündlichen Glomerulopathien (z.B. diabetische oder hypertensive Nephropathie
; siehe Differentialdiagnosen) ⇔ Bei Kindern und jungen Erwachsenen sind dagegen die entzündlichen Glomerulonephrititden häufiger!
Ursachen
Primäre Formen
Ohne zugrunde liegende Systemerkrankung → Autoimmun oder idiopathisch
Sekundäre Formen
Sekundäre immunologische Reaktion mit Schädigung der Nieren im Rahmen von:
- Autoimmune Systemerkrankungen:
- Kollagenosen
: Lupus erythematodes (→Lupus-Nephritis ), Sjörgen-Syndrom - Vaskulitiden
: ANCA-assoziierte Vaskulitiden (z.B. Granulomatose mit Polyangiitis, mikroskopische Polyangiitis, eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis), IgA-Vaskulitis (Purpura Schönlein-Henoch), Anti-GBM-Vaskulitis
- Kollagenosen
- Infektiösen Erkrankungen: postinfektiös nach Infektion mit z.B. Streptokokken (→ Poststreptokokken GN), Staphylokokken
, HIV, HBV , HCV , Parvovirus B19 - Medikamente oder Toxine: z.B. durch Bisphosphonate
, NSAR , Penicillinamin, Captopril, Gold, Schwermetalle (z.B. Blei, Quecksilber), Heroin - Neoplasien: paraneoplastisch, insbesondere bei Lymphomen und Leukämien
Pathophysiologie
Schädigung der Glomeruli
Die immunologischen Prozesse, die zu einer Zerstörung der Glomeruli
- Zelluläre Schädigung (Nicht-Immunkomplex-GN)
- Direkte Schädigung durch Lymphozyten, Makrophagen und/oder indirekt über Entzündungsmediatoren (z.B. Zytokine)
- Rein zelluläre Schädigung bei: Minimal-Change GN (MCGN) und fokal segmentaler Glomerulosklerose (FSGS)
- Antikörper-vermittelte Schädigung (Immunkomplex-GN)
- Ablagerung von Immunkomplexen oder direkte Bindung von Autoantikörpern an Strukturn der Glomeruli
mit Aktivierung sekundärer Schädigungsmechanismen (z.B. Komplementsystem, Gerinnungskaskade) infolge von: - Bildung von Antikörpern
als Reaktion auf körperfremde Antigene (z.B. Medikamente, pathogene Erreger) - Bildung von Autoantikörpern z.B. gegen Bestandteile der glomerulären Basalmembran (Anti-GBM GN, Anti-PLA2-R bei membranöser GN)
- Bildung von Antikörpern
- Vorkommen: bei vielen Glomerulonephritiden, außer MCGN und FSGS
- Ablagerung von Immunkomplexen oder direkte Bindung von Autoantikörpern an Strukturn der Glomeruli
InfoBei einer Antikörper-vermittelte Schädigung sind Immunglobuline
, Komplementbestandteile und Fibrin immunhistochemisch bzw. elektronenmikroskopisch nachweisbar!
Entgiftungs- und Schrankenstörung
Durch die Schädigung der Glomeruli
- Entgiftungsstörung: zunehmende, insuffiziente Entgiftung von harnpflichtigen Substanzen (z.B. Kreatinin
, Harnstoff) mit deren Akkumulation im Blut - Schrankenstörung: progredienter Verlust wichtiger Eiweiße (z.B. Albumin
, Immunglobuline ) und zellulärer Bestandteile (z.B. Erythrozyten ) aufgrund der erhöhten Durchlässigkeit der geschädigten glomerulären Filterschranke
Klinik
Das klinische Bild der Glomerulonephritis kann variieren und hängt von der Schwere und dem Typ der Erkrankung ab. Die häufigsten klinischen Präsentationen umfassen:
Asymptomatische Proteinurie /glomeruläre Hämaturie
- Häufigste Manifestationsform der Glomerulonephritis, oft als Zufallsbefund im Rahmen von Screeninguntersuchungen diagnostiziert
- Hinweis auf eine milde oder beginnende Glomerulonephritis
- Häufige Ursachen: IgA-Nephritis
AchtungBei Patienten mit unklarer Hämaturie und Proteinurie
sollte immer eine Glomerulonephritis in Betracht gezogen werden, um frühzeitig die notwendige Therapie einzuleiten.
Nephritisches Syndrom
- Definition:
- Mikrohämaturie
mit aktivem nephritischen Sediment (≥5 % Akanthozyten , >75 % dysmorphe Erythrozyten , Erythrozytenzylinder ) - Geringe bis moderate Proteinurie
(<3,5 g/Tag, “kleine Proteinurie ”) - Hypervolämie durch Natrium
- und Wasserretention: Oligurie , Hypertonie, Ödeme an abhängigen Körperpartien (z.B. Unterschenkel, Knöchel) - Rasch progrediente Abnahme der Nierenfunktion (Anstieg Kreatininkonzentration, Abnahme der GFR
, Azotämie (= erhöhte Harnstoffkonzentration im Blut))
- Mikrohämaturie
- Typisch für: endotheliale und mesangiale Schäden
- Postinfektiöse GN, IgA-Nephritis, Lupus-Nephritis
, ANCA-assoziierte GN, membranoproliferative GN (MPGN)
- Postinfektiöse GN, IgA-Nephritis, Lupus-Nephritis
Nephrotisches Syndrom
- Definition:
- Massive Proteinurie
(>3,5 g/Tag, “große Proteinurie ”) mit dem Verlust großer Proteine: - Hypoproteinämie, insbesondere Hypalbuminämie → Ausgeprägte Ödeme
(auch an Körperpartien mit schwachem interstitiellen Bindegewebe, z.B. Gesichts- und Lidödeme, Anasarka , Aszites ) durch die Diffusion des intravasalen Volumens ins Interstitium aufgrund des, durch den Eiweißmangel bedingten, geringen, intravasalen, kolloidosmotischen Drucks - Erhöhtes Thromboserisiko aufgrund des Verlusts antithrombotischer Proteine (z.B. Antithrombin
III) und erhöhter Gerinnungsneigung durch intravasalen Volumenmangel - Infektneigung aufgrund des Verlusts von Immunglobulinen und humoralen Faktoren
- Hypertonie durch Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron
-Systems (RAAS ) infolge des intravasalen Volumenmangels
- Hypoproteinämie, insbesondere Hypalbuminämie → Ausgeprägte Ödeme
- Hyperlipidämie
- Hyperlipoproteinämie
mit erhöhtem Atheroskleroserisiko aufgrund einer erhöhten, hepatischen Synthese von Lipoproteinen und einem erworbenen LDL -Rezeptordefekt - Hypertriglyzeridämie
aufgrund einem gestörtem Abbau der TAGs
- Hyperlipoproteinämie
- Massive Proteinurie
- Typisch für: podozytäre (/mesangiale) Schäden
- Minimal Change Disease (MCD), membranöse GN (MGN), Fokal segmentale Glomerulosklerose (FSGS), membranoproliferative GN (MPGN)
TippBei der glomerulären Proteinurie
werden zwei Formen unterschieden:
- Selektiv glomeruläre Proteinurie
: Nachweis von Albumin (69 kDa) im Urin bei glomerulären Schäden - Unselektiv glomeruläre Proteinurie
: Nachweis von noch größeren Proteinen wie Immunglobulinen (z.B. IgG 150 kDa) bei sehr starken glomerulären Schäden
MerkeDas Risiko für weitere Nierenschäden korreliert mit dem Ausmaß und der Form der glomerulären Proteinurie
.
- Schlechtere Prognose: >10 g/24 Std Proteine im Urin
und/oder unselektive Proteinurie - Bessere Prognose: <3 g/24 Std Proteine im Urin
und/oder selektive Proteinurie
Vergleich nephritisches vs. nephrotisches Syndrom | ||
---|---|---|
Nephritisches Syndrom | Nephrotisches Syndrom | |
Definition: |
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Typisch für: |
|
|
Weitere unspezifische Symptome
- Müdigkeit, Schwäche
- Hinweise auf zugrunde liegende Erkrankung, z.B. Gelenkbeschwerden und Hautveränderungen bei Kollagenosen
oder Vaskulitiden
Diagnostik
Die Diagnostik der Glomerulonephritis erfordert eine umfassende Untersuchung, die sowohl Laboruntersuchungen, Bildgebung als auch, wenn indiziert, eine Nierenbiopsie
Anamnese
- Symptome:
- Auftreten von Ödemen
(z.B. Gesicht, Beine) - Blut im Urin (Hämaturie)
- Schäumender Urin (Proteinurie
) - Hypertonie-Zeichen (z.B. Kopfschmerzen
, Nasenbluten ) - Müdigkeit und Schwäche
- Auftreten von Ödemen
- Vorerkrankungen:
- Vorangegangene Infektionen (z.B. Streptokokken, Hepatitis B/C, HIV)
- Vorangegangene/bestehende Malignome (z.B. Lymphome, Leukämien)
- Bestehende autoimmune Systemerkrankungen (z.B. Lupus erythematodes)
- Familienanamnese in Bezug auf Nierenerkrankungen
- Medikamenteneinnahme:
- Einnahme von NSAR
, Antibiotika oder anderen nephrotoxischen Substanzen - Kürzlich eingenommene Medikamente
- Einnahme von NSAR
- Lebensstil:
- Ernährungsgewohnheiten (z.B. Salzaufnahme)
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr
- Sportliche Betätigung
- Allergien:
- Allergische Reaktionen auf Medikamente oder andere Substanzen
- Sozialanamnese:
- Berufliche Exposition gegenüber Toxinen oder Chemikalien
- Reiseanamnese (z.B. Aufenthalt in Gebieten mit erhöhtem Infektionsrisiko)
Klinische Untersuchung
- Vitalparameter: Blutdruckmessung
! - Inspektion:
- Ödeme
: Überprüfung auf periphere und zentrale Ödeme (z.B. Gesicht, Beine, Bauch) - Haut und Schleimhäute: Untersuchung auf Ausschläge oder Veränderungen, die auf eine systemische Erkrankung hinweisen könnten
- Urin: Beurteilung der Urinfarbe (z.B. blutig, schaumig)
- Ödeme
- Palpation Abdomen: Palpation auf Schmerzen, Vergrößerung der Nieren und Vorhandensein von Aszites
- Auskultation Herz und Lunge
: Kontrolle auf Arrhythmiern und Herzgeräusche , Lungenödeme oder Pleruaergüsse - Neurologischer Status: Überprüfung auf neurologische Auffälligkeiten, die auf urämische Komplikationen hinweisen könnten
Labor
- Serum
: - Blutbild
- Bestimmung der Nierenparameter (u.a. Kreatinin
, Harnstoff ), Entzündungsparameter (CRP, BSG), Gerinnungsparameter , Elektrolyte - Konzentration an Gesamteiweiß und Albumin
, Cholesterin, TAGs - Bei Verdacht auf rheumatologische Systemerkrankung: zusätzlichKomplementfaktoren (C3/C4) und Autoantikörper (ANCA, dsDNA, ANA)
- Serumeiweißelektrophorese: bei nephrotischem Syndrom reduzierte Albumin
und γ-Globulin -Fraktion
- Blutbild
- Urin:
- Screening: Protein und Kreatinin
im Spontanurin - Diagnosestellung: Quantifizierung der Proteinurie
im 24-Std-Urin und Untersuchung des Urinsediments , ggf. Mikro-/Makrohämaturie mit nephritischem Sediment (dysmorphe Erythrozyten , Akanthozyten , Erythrozytenzylinder )
- Screening: Protein und Kreatinin
Bildgebung
- Nierensonografie
: 1. Wahl zur Bildgebung - Vergrößerte Nieren bei akuter Glomerulonephritis ⇔ verkleinerte Nieren ("Schrumpfnieren
") bei chronischer Glomerulonephritis
- Vergrößerte Nieren bei akuter Glomerulonephritis ⇔ verkleinerte Nieren ("Schrumpfnieren
Nierenbiopsie
- Indikation: jeder Verdacht auf Glomerulonephritis sollte histologisch gesichert werden, da die Diagnose der Form der Glomerulonephritis ausschlaggebend für Therapie und Prognose der Erkrankung ist
- Ausnahme: Minimal-Change GN (MCGN) im Kindesalter - Indikation für eine Nierenbiopsie
erst bei steroidrefrakträrem Verlauf - Durchführung einer Triple-Diagnostik: Untersuchung der Probe (1) lichtmikroskopisch, (2) immunhistochemisch (z.B. IgG, IgA, C3) und (3) elektronenmikroskopisch zur detaillierten Charakterisierung glomerulärer Veränderungen
- Wichtige Sonderfärbungen:
- Versilberung: Darstellung von Basalmembran-Konturen
- Periodic Acid Schiff Reaktion (PAS-Färbung): Darstellung der Basalmembran
- Säurefeste Färbung von Organismen und Geweben (SFOG): Fibrinablagerungen und -thromben, Immunkomplexdepots, Darstellung säurefester Mikroorganismen (z.B. Mykobakterien
)
- Ausnahme: Minimal-Change GN (MCGN) im Kindesalter - Indikation für eine Nierenbiopsie
AchtungIndikationen und Kontraindikationen für eine Nierenbiopsie
in Bezug auf Glomerulonephritis
Indikationen Kontraindikationen
- Unklare Proteinurie
/Hämaturie: persistierende Proteinurie (>1 g/Tag) und/oder glomeruläre Hämaturie - Nephrotisches Syndrom bei Erwachsenen/Nephritisches Syndrom
- V.a. Rapid progressive GN (RPGN): dringende Biopsie bei rasch progredientem Nierenversagen
- V.a. sekundäre Glomerulonephritiden
- Akutes Nierenversagen
unklarer Ursache: Differenzierung von glomerulären, tubulären und vaskulären Ursachen - Therapieresistenz: bei fehlendem Ansprechen auf Standardtherapien
- Schwere Gerinnungsstörungen: hohes Blutungsrisiko
- Kleine Nieren/fortgeschrittene CKD
: eingeschränkter diagnostischer Nutzen - Schwere Hypertonie
: Risiko für postbioptische Blutungen - Einseitige Niere: Hohe Komplikationsgefahr
- Aktive Infektionen (Pyelonephritis): erhöhtes Infektionsrisiko
- MCGN bei Kindern (<10 Jahre): keine Biopsie bei typischem nephrotischem Syndrom, außer bei Steroidresistenz
Histologische Klassifikation
Die unterschiedlichen Formen der Glomerulonephritiden lassen sich nach dem Schädigungsausmaß, der Schädigungsart und dem histologischen Befallsmuster einteilen:
Klassifikation nach Schädigungsausmaß
- Diffuser Befall = >50% der Glomeruli
betroffen ⇔ Fokaler Befall = <50% der Glomeruli betroffen - Globaler Befall = >50% der Kapillarschlingen eines einzelnen Glomerulums betroffen ⇔ Segmentaler Befall = <50% der Kapillarschlingen eines Glomerulums betroffen
Klassifikation nach Schädigungsart
- Proliferative GN = mit glomerulärer Zellvermehrung (mesangial-, endokapillär-, extrakapillär-proliferativ) ⇔ Nicht-proliferative GN
- Membranöse GN = mit Zunahme der Kapillarwanddicke
- Nekrotisierende GN = mit fibrinoiden Nekrosen
- Sklerosierende GN = mit hypozellulären Narbenfeldern
- Immunkomplex GN = Ablagerung von Immunglobulinen, Immunkomplexen, Komplementbestandteilen und Fibrin in glomerulären Kompartimenten ⇔ Nicht-Immunkomplex GN = rein zelluläre Entzündungsreaktion (siehe oben)
Formen der Immunkomplexablagerung
Lokalisation | Definition | Typisch für |
---|---|---|
Subepithelial | Ablagerung unter den Podozyten |
|
Subendothelial | Ablagerung unter dem Endothel |
|
Mesangial | Ablagerung im Mesangium |
|
Membranös | Direkte Bindung von Antikörpern |
|
Art der Immunkomplexablagerung
- Lineär: Bindung von Autoantikörpern direkt an die glomeruläre Basalmembran (GBM)→ kontinuierliche Färbung entlang der GBM, z.B. Goodpasture-Syndrom (Anti-GBM-Vaskulitis)
- Granulär: Ablagerung von Immunkomplexen (Antigen-Antikörper-Komplexe) in Form von unregelmäßig geformten Granula entlang der GBM
- Feingranulär: kleinere und gleichmäßigere Granula, z.B. membranöse GN (MGN)
- Grobgranulär: größere und unregelmäßigere Granula, verbunden mit stärkerer Entzündungsreaktion, z.B. membranoproliferative GN (MPGN), Lupus-Nephritis
- Granulär-mesangial: granuläre Ablagerungen in den Mesangialzellen, z.B. IgA-Nephritis
Klassifikation nach Läsionsort
- Podozytärer Schaden: z.B. Minimal Change GN (MCGN), membranöse GN (MGN), fokale segmentale Glomerulosklerose (FSGS)
- Endothelialer Schaden: z.B. postinfektiöse GN (PIGN), Rapid progressive GN (RPGN)
- Mesangialer Schaden: z.B. membranoproliferative GN (MPGN), IgA-Nephritis (IGAN)
AchtungDie korrekte Klassifikation ist entscheidend für die Wahl der Therapie und die Prognoseeinschätzung!
AchtungDie Art der Immunkomplexablagerungen bestimmt oft den Schweregrad und das klinische Bild der Glomerulonephritis!
Glomerulonephritiden mit podozytärem Schaden
MerkeEine molekulare Schädigung der Podozyten resultiert in einer Verschmelzung der Podozytenfußfortsätze und infolgedessen einem Verlust der Schlitzmembranen mit einer erhöhten Durchlässigkeit für Proteine. Dies äußert sich klinisch i.d.R. in Form eines nephrotischen Syndroms (große Proteinurie
, Hypalbuminämie, Ödeme , Hyperlipidämie ). Es besteht keine Hämaturie, da die Endothelien und die GBM i.d.R. intakt bleiben.
Minimal Change Glomerulonephritis (MCGN)
- Synonyme: Minimal Change Disease (MCD)
- Definition: Nicht-Immunkomplex-GN mit Verschmelzung der Podozytenfußfortsätze und Verlust der Negativladung der GBM, die nur in der Elektronenmikroskopie nachweisbar ist
- Merkmale:
- Häufigste Ursache des nephrotischen Syndroms bei Kindern (~90%), seltener bei Erwachsenen (~20%)
- Manifestationsalter meist <10 Jahre (Kindesalter)
- Ursache:
- ~90% primäre MCGN: idiopathisch, vermutlich durch eine Mutation T-Zell-regulatorischer Gene mit einer pathologischen, T-Zell-vermittelten Freisetzung von Zytokinen, die die Podozytenfußfortsätze destruieren (bisher nicht nachgewiesen)
- ~10% sekundäre MCGN: infolge von Lymphomen (Morbus Hodgkin, NHL), Medikamenten (z.B. NSAR
, Penicillin )
- Klinik: nephrotisches Syndrom
- Nierenbiopsie
: - Lichtmikroskopie: unauffällig
- Elektronenmikroskopie: Verschmelzung der Podozytenfußfortsätze ohne andere signifikante strukturelle Veränderungen
- Immunhistochemie
: unauffällig
TippBei Kindern <10 Jahren mit nephrotischem Syndrom ist i.d.R. keine bioptische Diagnosesicherung notwendig, da die MCGN die weitaus häufigste Ursache für das nephrotische Syndrom in diesem Alter darstellt!
- Therapie:
- Primäre MCGN:
- 1. Prednisolon
- sehr gute Ansprechrate auf Glukokortikoide
von 80-90%, aber sehr hohe Rezidivrate bei Erwachsenen
- sehr gute Ansprechrate auf Glukokortikoide
- 2. Bei Steroidrefraktärität/wiederholte Rezidive: Immunsuppression mit Cyclophosphamid
, Ciclosporin A, Tacrolismus oder Chlorambucil
- 1. Prednisolon
- Sekundäre MCGN: Behandlung der Grunderkrankung
- Primäre MCGN:
- Komplikationen: in seltenen Fällen Übergang zu FSGS
- Prognose: gute Prognose aufgrund von gutem Steroidansprechen, nur sehr selten Progredienz zum Nierenversagen → ⅓ rezidivfrei, ⅓ Rezidiv, ⅓ steroidabhängig

Bild a: Figure out Singh L, Singh G, Dinda AK. Understanding podocytopathy and its relevance to clinical nephrology. Indian J Nephrol. 2015 Jan-Feb;25(1):1-7. doi: 10.4103/0971-4065.134531. PMID: 25684864; PMCID: PMC4323905. Es handelt sich um einen Ausschnitt des ursprünglichen Bildes.
Bild b und c: Figure out Bickel A, Koneth I, Enzler-Tschudy A, Neuweiler J, Flatz L, Früh M. Pembrolizumab-associated minimal change disease in a patient with malignant pleural mesothelioma. BMC Cancer. 2016 Aug 19;16:656. doi: 10.1186/s12885-016-2718-y. PMID: 27543082; PMCID: PMC4992260. Es handelt sich jeweils um Ausschnitte des ursprünglichen Bildes. Das identische Bild wurde jeweils rechts mit einer Markierung und einer Beschriftung hinzugefügt. Bild c wurde darüber hinaus gedreht.
Fokal-segmentale Glomerulosklerose (FSGS)
- Definition: Nicht-Immunkomplex-GN, mit Untergang der Podozyten und fokaler, segmentaler Vernarbung
(Sklerose) der Glomeruli - Merkmale:
- Ursächlich für ~15% des nephrotischen Syndroms bei Erwachsenen
- Manifesstationalter meist >50 Jahre
- Stärkere Destruktion der Podozyten als bei einer MCGN
- Progredienter Verlauf augrund einer glomerulären Hyperfiltration durch noch intakte Nephrone mit Übergang in eine chronische Nierenerkrankung
(CKD )
- Ursache:
- ~50% primäre FSGS: idiopathisch, vermutlich T-zellvermittelte Reaktion, ähnlich wie bei MCGN
- ~50% sekundäre FSGS: infolge von Lymphomen, HIV, Toxinen (z.B. Heroinabusus, Bisphosphonate
), starker Adipositas , terminalem Stadium chronischer Nierenerkrankungen
- Klinik: nephrotisches Syndrom
- Nierenbiopsie
: - Lichtmikroskopie: segmentale Sklerose/Hyalinose der Glomeruli
- Elektronenmikroskopie: verschmolzene Podozytenfußfortsätze
- Immunhistochemie
: unauffällig
- Lichtmikroskopie: segmentale Sklerose/Hyalinose der Glomeruli
- Therapie:
- Primäre FSGS:
- 1. Prednisolon
- Schlechte Ansprechrate auf GCS von ~50%
- 2. Ggf. zusätzliche Immunsuppressiva
wie Cyclophosphamid , Ciclosporin A, Tacrolismus - 3. Ultima ratio: Nierentransplantation
- 1. Prednisolon
- Sekundäre FSGS: Behandlung der Grunderkrankung
- Primäre FSGS:
- Komplikationen: Progredienz zu chronischer Nierenerkrankung mit Dialyspflichtigkeit und Notwendigkeit einer Transplantation
- Prognose: abhängig von der Ätiologie und dem Therapieansprechen, trotz Therapie oft schlechte Prognose mit hohem Risiko für ein Nierenversagen
AchtungEin Rezidiv der FSGS kann auch in der transplantierten Niere auftreten!

Nephron, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons. Das identische Bild wurde rechts mit einer Markierung und einer Beschriftung hinzugefügt.
Membranöse Glomerulonephritis (MGN)
- Definition: Immunkomplex-GN, mit Verdickung der glomerulären Basalmembran aufgrund subepithelialer IgG-Immunkomplexablagerungen
- Merkmale:
- Zweithäufigste Ursache des nephrotischen Syndroms bei Erwachsenen (20-40%)
- Manifestationsalter meist 30-50 Jahre
- Ursache:
- ~80% primäre MGN: idiopathisch, oft Autoantikörper gegen Phospholipase A2- Rezeptor (PLA2R-AutoAK) auf Podozytenmembran
- Assoziiert mit HLA-DQ-A1 und PLA2R1 Allelen
- ~20% sekundär MGN: Antikörper gegen exogene Antigene von z.B.
- Medikamenten, z.B. Penicillinamin, Captopril, NSAR
- Malignomen, z.B. Lymphome/Leukämien
- Autoimmunerkrankungen, z.B. systemischer Lupus erythematodes, primär biliäre Zirrhose, Sjörgen-Syndrom
- Infektionen, insbesondere Hepatitis B/C, HIV, Treponema
pallidum (Lues), Plasmodium spp. (Malaria)
- Medikamenten, z.B. Penicillinamin, Captopril, NSAR
- ~80% primäre MGN: idiopathisch, oft Autoantikörper gegen Phospholipase A2- Rezeptor (PLA2R-AutoAK) auf Podozytenmembran
- Klinik: nephrotisches Syndrom, ggf. asymptomatische Mikrohämaturie
(selten) - Nierenbiopsie
: - Lichtmikroskopie: Verdickte Kapillarschlingen mit Löchern und kleinen Ausstülpungen der GBM (Spikes)
- Elektronenmikroskopie: Perlschnurartig angeordnete subepitheliale Immunkomplex-Ablagerungen zwischen den Spikes entlang der GBM
- Immunhistochemie
: Subepitheliale granuläre IgG-Immunkomplex- und C3-Ablagerungen
- Therapie:
- Primäre MGN: Behandlung insbesondere bei Patienten mit hohem Risiko für das Fortschreiten der Erkrankung
- 1. Kombination aus hochdosierten Glukokortikoiden
(z.B. Prednisolon ) + weitere Immunsuppressiva (z.B. Cyclophosphamid ) - 2. bei unzureichendem Ansprechen: Eskalation mit Rituximab
- 1. Kombination aus hochdosierten Glukokortikoiden
- Primäre MGN: Behandlung insbesondere bei Patienten mit hohem Risiko für das Fortschreiten der Erkrankung
InfoRiskofaktoren für die Progredienz einer primären MGN
- Alter >50 Jahre
- Männliches Geschlecht
- Proteinurie
>6 g/Tag - Kreatinin
>1,5 mg/dl
- Sekundäre MGN: Behandlung der Grunderkrankung
- Komplikationen: Progredienz zu chronischer Nierenerkrankung und/oder Nierenversagen mit Dialysepflicht und Notwendigkeit einer Transplantation
- Prognose: variable Prognose
- → nach 10 Jahren: ¼ vollständige Remission, ¼ persistierendes nephrotisches Syndrom, ¼ progrediente chronische Nierenerkrankung
(CKD ), ¼ Nierenversagen
- → nach 10 Jahren: ¼ vollständige Remission, ¼ persistierendes nephrotisches Syndrom, ¼ progrediente chronische Nierenerkrankung

Bild 1 (oben): Nephron, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons. Das identische Bild wurde rechts mit einer Markierung und einer Beschriftung hinzugefügt.
Bild 2 (unten): Nephron, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons.
Glomerulonephritiden mit endothelialem Schaden
MerkeEine strukturelle Schädigung des Endothels der glomerulären Kapillaren
mit Endotheldefekten resultiert in einer erhöhten Durchlässigkeit der glomerulären Filterschranke für Erythrozyten und lebenswichtige Proteine (z.B. Albumin , Antithrombin III, Immunglobuline ). Dies äußert sich klinisch i.d.R. in Form eines nephritischen Syndroms (glomeruläre Hämaturie, kleine Proteinurie , Ödeme und Oligurie ).
Postinfektiöse Glomerulonephritis (PIGN)
- Synonym: Poststreptokokken Glomerulonephritis (PSGN), postinfektiöse diffus
-proliferative GN - Definition: Immunkomplex-GN, mit der Bildung von Antikörpern
gegen Streptokokken-Antigene i.d.R. 2-4 Wochen nach einer Infektion mit β-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A - Häufigste Auslöser: Pharyngitis acuta, Impetigo contagiosa
, seltener Otitis media oder infizierte Hautulzera
- Häufigste Auslöser: Pharyngitis acuta, Impetigo contagiosa
- Merkmale:
- Zwei Manifestationsgipfel: zwischen 5-12 Jahren und 20-30 Jahren
- Aufgrund der gängigen Antibiotikatherapie ist die Erkrankung in den letzten Jahren selten geworden
- Ursache: 100 % sekundär nach A-Streptokokken-Infektion
- Klinik: 2-4 Wochen nach vorangegangenem Infekt akuter Verlauf mit nephritischem Syndrom
- Diagnostik:
- Anamnese eines vorangegangenen Infekts
- Antistreptolysin (ASL)-Titer oder Anti-DNAse-B-Titer↑
- Komplementfaktor C3↓, ggf. positiv für Kryoglobuline und Rheumafaktoren
- Nierenbiopsie
: - Lichtmikroskopie: endokapillär und mesangial diffuse Zellproliferation, Ansammlung neutrophiler Granulozyten
- Elektronenmikroskopie: subepitheliale Immunkomplex-Ablagerungen (sog. Immunkomplex-“Humps”)
- Immunhistochemie
: subepitheliale granuläre IgG- und IgM-Immunkomplex-Ablagerungen sowie C3-Ablagerungen entlang der GBM und mesangial
- Therapie:
- Supportive Therapie (z.B. Volumentherapie, ggf. passagere Dialyse
) - Antibiose mit Penicillin
- Supportive Therapie (z.B. Volumentherapie, ggf. passagere Dialyse
- Prognose:
- Bei Kindern i.d.R. gute Prognose mit spontaner Remission
- Bei Erwachsenen in seltenen Fällen Übergang zu RPGN oder chronischen Verläufen

Nephron, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons. Das identische Bild wurde rechts mit einer Markierung, Pfeilen und einer Beschriftung hinzugefügt.
Rapid progressive Glomerulonephritis (RPGN)
- Synonyme: extrakapillär-proliferative GN (EPGN), Halbmond-Nephritis (engl.: Crescentic-GN)
- Definition: schwere Form der Glomerulonephritis mit einer schnellen Verschlechterung der Nierenfunktion bis hin zum akuten Nierenversagen
Merkmale:
- Häufige Ursache für akutes Nierenversagen
- Manifestationsalter meist mit 30-60 Jahren
- Destruktivste Form der Glomeurlonephritiden
- Charakterisiert durch eine rasche Abnahme der GFR
und Zunahme der Serumkreatininwerte
Typen der Rapid progressive GN
- Häufige Ursache für akutes Nierenversagen
Typ | Bezeichnung | IHC | Merkmale |
---|---|---|---|
I | Antibasalmembran-RPGN (~10%) | Lineäre Ablagerung | Anti-GBM-Antikörper binden an das Kollagen IV der GBM
|
II | Immunkomplex-RPGN (~40%) | Granuläre Ablagerung | Immunkomplex-Ablagerungen, Maximalvarianten von Immunkomplex-GNs
|
III | Pauci-immune-RPGN (~50%) | Negativ | Keine/nur geringe Immunkomplex-Ablagerung
|

1: Figure out Dixit MP, Kirschner R, Bulimbasic S, Dixit NM, Harris A. Rescue of renal function in a 3-year-old girl with Goodpasture's syndrome with a brief review of literature. NDT Plus. 2010 Oct;3(5):483-6. doi: 10.1093/ndtplus/sfq143. Epub 2010 Jul 27. PMID: 25984061; PMCID: PMC4421699. Es handelt sich um einen Ausschnitt des ursprünglichen Bildes.
2: Figure out Tariq H, Rafiq A, Franchin G. Collapsing focal segmental glomerulosclerosis in a patient with systemic lupus erythematosus. Case Rep Med. 2014;2014:732192. doi: 10.1155/2014/732192. Epub 2014 Aug 11. PMID: 25180039; PMCID: PMC4144085. Es handelt sich um einen Ausschnitt des ursprünglichen Bildes.
- Klinik: nephritisches Syndrom, allgemeines Schwächegefühl, rasch progredientes akutes Nierenversagen
mit zunehmender urämischer Symptomatik (z.B. Pruritus, Foetor uraemicus , Arrhythmien, neurologische Störungen) - Diagnostik:
- Bestimmung von Elektrolyten, Nierenretentionsparametern (Kreatinin
, Harnstoff ), Urinsediment (dysmorphe Erythrozyten , Akanthozyten , Erythrozytenzylinder ), Kreatininclearance, Proteinurie (24h-Sammelurin ) - Nachweis von ANCAs, anti-GBM-Antikörpern
, Kryoglobulinen, Komplementfaktoren und anti-Doppelstrang-DNA -Antikörpern
- Bestimmung von Elektrolyten, Nierenretentionsparametern (Kreatinin
- Nierenbiopsie
: - Lichtmikroskopie: extrakapilläre Proliferation mit Halbmondbildungen (Ruptur der GBM mit Ansammlung von Plasma und Entzündungszellen innerhalb der Bowmankapsel induziert eine Proliferation von parietalen Epithelzellen, was zur Bildung von charakteristischen Halbmonden führt)
- Elektronenmikroskopie: Immunkomplex-Ablagerungen bei RPGN-Typ-II
- Immunhistochemie
: IHC -Muster abhängig von RPGN-Typ (siehe Typen der RPGN)
- Therapie:
- 1. sofortige, typunabhängige Initialtherapie:
- Immunsuppression mit Glukokortikoiden
(z.B. Prednisolon ) + Cyclophosphamid - Zusätzlich Plasmapherese bei Typ I und III zur Entfernung relevanter Antikörper
- Immunsuppression mit Glukokortikoiden
- 2. typabhängige Therapie nach Erhalt des Biopsieergebnisses
- 1. sofortige, typunabhängige Initialtherapie:
- Komplikationen: oft dauerhafte Nierenfunktionseinschränkungen, ggf mit Notwendigkeit einer Dauerdialyse
- Prognose: sehr schlechte Prognose; 50-80% terminalen Nierenversagen innerhalb von 3-6 Monaten, selbst bei aggressiver Therapie

Nephron, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons. Das identische Bild wurde rechts mit einer Markierung und einer Beschriftung hinzugefügt.
Glomerulonephritiden mit mesangialem Schaden
MerkeEine Schädigung des Mesangiums äußert sich klinisch i.d.R. durch Mikrohämaturie
und geringe bis moderate Proteinurie . Bei einer Progredienz der Erkrankung kann die Klinik jedoch in ein nephritisches oder nephrotisches Syndrom übergehen, je nach Ausmaß der glomerulären Beteiligung.
Membranoproliferative Glomerulonephritis (MPGN)
- Definition: Immunkomplex-GN, mit einer Verdickung der GBM mit einer charakteristischen Doppelkontur in der Lichmikroskopie und einer Proliferation von mesangialen Zellen
- Merkmale:
- Sehr selten
- Ursächlich für ~10-15% der nephrotischen Syndrome bei Erwachsenen und Kindern
- Zwei Manifestationsgipfel → mit 5-15 Jahren (Kinder, Jugendliche) und 20-30 Jahren
- Ursache:
- 10-20 % primäre MPGN: idiopathisch
- Assoziiert mit Autoimmunerkrankungen (z.B. systemischer Lupus erythematodes, Kryoglobulinämie)
- 80-90 % sekundäre MPGN: chronische Infektionen (z.B. Hepatitis B/C, Endokarditis
, Malaria), Autoimmunerkrankungen (z.B. Sjörgen-Syndrom, systemischer Lupus erythematodes), chronische Lebererkrankungen
- 10-20 % primäre MPGN: idiopathisch
- Klinik: nephrotisches Syndrom und/oder nephritisches Syndrom
- Diagnostik:
- Serologische Tests zur Identifikation möglicher sekundärer Ursachen (z.B. Hepatitis-Serologie)
- Nierenbiopsie
: - Lichtmikroskopie: mesangiale und endokapilläre Zellproliferation, Verdickung der GBM, Tram-Track-Phänomen (= Doppelkontur in verdickter GBM aus zwei parallelen Linien ähnlich wie "Tram-Schienen" )
- Elektronenmikroskopie: subendotheliale Immunkomplex-Ablagerungen zwischen Linien der Doppelkontur innerhalb der GBM
- Immunhistochemie
: grobgranuläre IgG/IgM-Immunkomplex- und C3-Ablagerungen
- Therapie:
- Primäre MPGN: Glukokortikoide
oder andere Immunsuppressiva (z.B. Cyclophosphamid ) - Sekundäre MPGN: Behandlung der Grunderkrankung
- Primäre MPGN: Glukokortikoide
- Komplikationen: Progredienz zu chronischer Nierenerkrankung, erhöhte Mortalität bei unbehandelter MPGN
- Prognose: variable Prognose; abhängig von der Ursache (primäre MPGN oft bessere Prognose als sekundäre) und dem Therapieansprechen
- nach 10-20 Jahren: 20-50% mit chronischer Nierenerkrankung (CKD
)
- nach 10-20 Jahren: 20-50% mit chronischer Nierenerkrankung (CKD

Rechts: Nephron, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons. Auf dem unteren Bild wurde eine Beschriftung und eine Markierung hinzugefügt.
Links: Figure out Rinaldi L, Cortese L, Meomartino L, Pagano TB, Pepe P, Cringoli G, Papparella S. Angiostrongylus vasorum: epidemiological, clinical and histopathological insights. BMC Vet Res. 2014 Sep 28;10:236. doi: 10.1186/s12917-014-0236-1. PMID: 25262002; PMCID: PMC4193975. Es handelt sich um einen Ausschnitt des ursprünglichen Bildes. Auf dem unteren Bild wurde eine Beschriftung und eine Markierung hinzugefügt.
IgA-Nephritis (IGAN)
- Synonyme: Morbus Berger, mesangioproliferative GN (MAPGN) vom IgA-Typ, IgA-Nephropathie
- Definition: Immunkomplex-GN, mit Bildung von Autoantikörpern gegen fehlerhaft glykosylierte IgA-Moleküle und Ablagerungen der Immunkomplexe insbesondere im Mesangium
- Merkmale:
- Häufigste Form der Glomerulonephritis weltweit
- Häufig bei jungen Männern zwischen 20-30 Jahren, kann aber in jedem Alter auftreten
- Ursache:
- 60-70% primäre IGAN: idiopathisch, vermutlich durch genetische und immunologische Faktoren
- Häufig assoziiert mit oberen Atemwegsinfektionen oder Magen
-Darm-Infektionen
- Häufig assoziiert mit oberen Atemwegsinfektionen oder Magen
- 30-40% sekundäre IGAN: Lebererkrankungen, Autoimmunerkrankungen (z.B. Zöliakie
, CED , SLE), Infektionen (z.B. HIV)
- 60-70% primäre IGAN: idiopathisch, vermutlich durch genetische und immunologische Faktoren
- Klinik: episodisch auftretende Mikro-/Makrohämaturie
und geringe Proteinurie , insbesondere nach Infekten (selten nephritisches/nephrotisches Syndrom), lumbale Rückenschmerzen - Ggf. Purpura Schönlein-Henoch (Befall von Haut, Gelenken, Gastrointestinaltrakt und Nieren)
- Diagnostik:
- Ggf. IgA↑ im Serum
, C3 normal
- Ggf. IgA↑ im Serum
- Nierenbiopsie
: - Lichtmikroskopie: mesangiale Zellproliferation mit mesangialer Hyperzellularität (>4 Mesangialzellen pro mesangialem Feld)
- Elektronenmikroskopie: mesangiale Immunkomplex-Ablagerungen
- Immunhistochemie
: feingranuläre IgA-Immunkomplex-Ablagerungen im Mesangium
- Therapie:
- In milden Fällen oft keine spezifische Therapie erforderlich; regelmäßige Überwachung
- Supportive Therapie: Kontrolle von Blutdruck und Proteinurie
ist wichtig - Bei persistierender Proteinurie
>3-6 Monate unter optimaler supportiver Therapie: Gukokortikoide oder andere Immunsuppressiva
- Komplikationen: Kann zu chronischer Nierenerkrankung und letztendlich zu Nierenversagen führen.
- Prognose: schlechte Prognose; 50% Übergang in eine chronische Nierenerkrankung
(CKD ) bzw. Nierenversagen - → nach 20 Jahren: ½ asymptomatisch, ¼ progrediente CKD
, ¼ Nierenversagen
- → nach 20 Jahren: ½ asymptomatisch, ¼ progrediente CKD
InfoRisikofaktoren für die Progredienz einer IGAN
- Alter >50 Jahre
- Männliches Geschlecht
- Proteinurie
>1g/Tag - Kreatinin
>1,5 mg/dl

Figure out Gupta V, Gupta S, Sinha S, Sharma SK, Dinda AK, Agarwal SK, Tiwari SC, Ekka M. HIV associated renal disease: a pilot study from north India. Indian J Med Res. 2013 May;137(5):950-6. PMID: 23760382; PMCID: PMC3734688. Das identische Bild wurde rechts mit einer Markierung und einer Beschriftung hinzugefügt.
Übersicht über die Formen der Glomerulonephritis


Therapie
Akuttherapie
- Therapieziel:
- Minimierung der Proteinurie
zur Verhinderung weiterer Nierenschädigung - Behandlung der zugrunde liegenden Ursache
- Verbesserung der Nierenfunktion und Lebensqualität
- Minimierung der Proteinurie
- Allgemeine Maßnahmen:
- Diät:
- Salzarme Ernährung zur Kontrolle von Ödemen
und Hypertonie - Ausreichende Proteinzufuhr, abhängig vom Schweregrad der Proteinurie
- Flüssigkeitsrestriktion bei Oligurie
oder Anurie
- Salzarme Ernährung zur Kontrolle von Ödemen
- Gewichtsmanagement: Überwachung des Körpergewichts zur Beurteilung von Flüssigkeitsretention
- Diät:
- Medikamentöse symptomatische Therapie:
- ACE-Hemmer
/Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten: Zur Reduktion der Proteinurie und Blutdruckkontrolle - Diuretika
: Zur Behandlung von Ödemen und Hypertonie (z.B. Furosemid )
- ACE-Hemmer
- Behandlung der Komplikationen:
- Blutdruckmanagements: strikte Kontrolle des Blutdrucks zur Vermeidung weiterer Nierenschäden und Reduktion kardiovaskulärer Risiken
- Thromboseprophylaxe bei nephrotischem Syndrom: Antikoagulation bei hohem Thromboserisiko aufgrund von Hypoalbuminämie
Kausale Therapie
Die kausale Behandlung der Glomerulonephritiden erfolgt abhängig von der zugrunde liegenden Ursache und der histopathologischen Form der Glomerulonephritis (siehe jeweils unter histologische Klassifikation der Glomerulonephritiden). Die Therapie basiert hierbei primär auf dem Einsatz von Immunsuppressiva
- Glukokortikoide
: z.B. Prednisolon - Zytostatika
: z.B. Cyclophosphamid - Calcineurin-Inhibitoren
: z.B. Ciclosporin A, Tacrolimus - Biologicals: z.B. Rituximab
(Anti-CD20-Antikörper)
Bei schweren Formen der Immunkomplex-GN werden mittels Plasmapherese die autoreaktiven Immunglobuline
Monitoring und Nachsorge
- Regelmäßige Kontrollen:
- Überwachung der Nierenfunktion (Serumkreatinin, GFR
) - Urinuntersuchungen zur Beurteilung der Proteinurie
und Hämaturie - Blutdruckkontrolle und entsprechende Anpassung der Therapie
- Überwachung der Nierenfunktion (Serumkreatinin, GFR
- Langzeitbeobachtung:
- Früherkennung einer chronischer Nierenerkrankung (CKD
) und möglicher Komplikationen - Anpassung der Therapie basierend auf dem Verlauf der Erkrankung
- Früherkennung einer chronischer Nierenerkrankung (CKD
AchtungPatienten mit einer Glomerulonephritis sollten langfristig nephrologisch betreut werden, da Rezidive und eine Progredienz der Nierenschädigung auch nach initial erfolgreicher Therapie möglich sind.
Komplikationen
- Residualschäden nach Abheilung: Defektheilung mit stabiler Proteinurie
und/oder eingeschränkter Nierenfunktion - Progrediente chronische Nierenerkrankung
: durch zunehmenden Verlust der Glomeruli und Überbeanspruchung noch funktionstüchtiger Glomeruli - Akutes oder chronisches Nierenversagen
- Sekundäre Hypertonie
: infolge der Nierenschädigung
Bei nephrotischem Syndrom:
- Nierenvenenthrombose: infolge der erhöhten Thromboseneigung bei Hypalbuminämie
- Rezidivierende Infekte: infolge erhöhter Infektneigung bei Immunglobulinverlust
- Kardiovaskuläre Ereignisse: infolge von Hyperlipidämie
Prognose
Die Prognose einer Glomerulonephritis variiert stark je nach zugrunde liegender Ursache, Schweregrad und histopathologischer Form der Glomerulonephritis sowie der Schnelligkeit der Diagnose und Einleitung einer adäquaten Therapie:
- Akuter Verlauf: bei frühzeitiger und adäquater Behandlung vollständige Ausheilung möglich (restitutio ad integrum)
- Rapid progressive GN (RPGN): häufig rasch fortschreitende Nierendestruktion innerhalb weniger Wochen bis hin zum terminalen Nierenversagen
- Chronischer Verlauf: Übergang in eine chronische Nierenerkrankung
mit einer progredienten Vernarbung der Glomeruli (Glomerulosklerose) und einer Abnahme der Nierenfunktion, wodurch schließlich eine Dialyse oder Nierentransplantation notwendig wird
Differentialdiagnosen
- Nicht entzündliche (degenerative) Glomerulopathien mit nephrotischem Syndrom:
- Diabetische Nephropathie
(Kimmelstiel-Wilson -Glomerulosklerose), hypertensive Nephropathie - Häufigste Ursachen für Glomerulopathien bei älteren Menschen
- Oft ungünstige Prognose, insbesondere bei unbehandeltem Diabetes mellitus
und/oder unbehandelter arterieller Hypertonie - Häufigste Ursachen für chronische Nierenerkrankungen
(CKD )
- Nierenamyloidose
- Leichtkettenerkrankung bei Plasmozytom
- Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS)
- Diabetische Nephropathie
- Nierenzellkarzinom
mit Hämaturie - Alport-Syndrom mit Hämaturie und Proteinurie
: - X-chromosomal oder autosomal-rezessiv vererbte Mutation im Kollagen IV-Gen (positive Familienanamnese)
- Manifestation in Kindheit/Jugend
- Typische Trias:
- 1. Progrediente Nierenfunktionsabnahme
- 2. Sensorineuraler Hörverlust
- 3. Augenveränderungen (z.B. Linsentrübung, Retinopathie)
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Quellen
- S2k-Leitlinie Rationelle Labordiagnostik zur Abklärung Akuter Nierenschädigungen und Progredienter Nierenerkrankungen, Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V. (DGKL), Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e.V. (DGfN)
- KDIGO-Leitlinien