Zusammenfassung
Hämochromatose ist eine genetisch bedingte Erkrankung, bei der es zu einer übermäßigen Eisenaufnahme und -speicherung im Körper kommt. Dies führt zu einer Eisenüberladung in verschiedenen Organen wie Leber
Epidemiologie
- Prävalenz: Die hereditäre Hämochromatose ist die häufigste autosomal-rezessive genetische Erkrankung in Europa und Nordamerika, mit einer Prävalenz von etwa 1:500 bis 1:1000
- Geschlechterverteilung: Männer sind 5-10 mal häufiger betroffen als Frauen, da Frauen durch menstruelle Blutungen und Schwangerschaften eine natürliche Eisenverlustquelle haben, die die Manifestation der Krankheit verzögern kann
Ursachen
Es werden primäre und sekundäre Ursachen der Hämochromatose unterschieden.
- Primäre Ursachen → hereditäre Hämochromatose
- Hämochromatose Typ 1 (klassische Hämochromatose):
- Autosomal rezessive Vererbung eines Gendefekts im HFE-Gen (mit unvollständiger Penetranz) auf Chromosom 6
- Phänotyp der Hämochromatose äußert sich nur bei homozygotem Genotyp
- Epidemiologie: häufigste autosomal-rezessiv vererbte Krankheit, Prävalenz in Europa 1/1000
- Es gibt weitere seltene hereditäre Formen: Hämochromatose Typ II-IV
- Sekundäre Ursachen
- Erhöhte parenterale Eisenaufnahme: häufige Transfusionen, Hämodialyse
- Bestimmte hämatologische Erkrankungen erhöhen die Eisenaufnahme: myelodysplastisches Syndrom, aplastische Anämie
, hämolytische Anämie , Thalassämie major, sideroblastische Anämie , Sichelzellanämie
- Erhöhte parenterale Eisenaufnahme: häufige Transfusionen, Hämodialyse
Pathophysiologie
Die Synthese von Hepcidin in der Leber
Neben der Leberschädigung führen Eisenablagerungen in vielen anderen Organen zu Gewebeschäden. Im Pankreas
Klinik
- Die Hämochromatose ist typischerweise lange Zeit asymptomatisch
- Nach Organsystemen geordnet ergibt sich folgende Klinik:
- Leber
(meist primär betroffen): Hepatomegalie, Leberzirrhose - Pankreas
: chronische Pankreatitis , Diabetes mellitus - Haut: bronzefarben, lokal fehlende Behaarung (bspw. der Achselhöhlen)
- Herz: diastolische Herzinsuffizienz
, Arrhythmien, Kardiomyopathie - Endokrines System
: hypogonadotroper Hypogonadismus mit Impotenz, Libidoverlust, Amenorrhoe , - Gelenke: Arthralgie (symmetrisch; v.a. der Metacarpophalangealgelenke II und III),
Chrondrokalzinose
- Leber
AchtungEs besteht ein erhöhtes Risiko (ca. 20-200x ↑) für die Bildung eines hepatozellulären Karzinoms
(HCC ). Das HCC stellt die häufigste Todesursache dar.
Diagnose
- Laboranalyse des Blutes:
- ↑ Ferritin
im Plasma (>200 μg/L bei Frauen; >300 μg/L bei Männern) - ↑ Transferrinsättigung
- >45% bei Frauen, >50 bei Männern
- <45% schließt Hämochromatose aus
- Diagnostisch weniger relevant: ↑ Eisen im Serum
(starke tagesabhängige Schwankungen), ↓ Transferrin - Bei Leberschädigung: ↑ Transaminasen
- ↑ Ferritin
- Leberbiopsie: zur Diagnose einer Leberzirrhose
& zur Differentialdiagnostik - ↑ Eisenablagerung (sichtbar in Berliner-Blau-Färbung) primär in Hepatozyten
- Bestimmung des Lebereisenindex: Eisenkonzentration in der Leber
/Alter in Jahren - >1,9 → Hämochromatose
- MRT (oder CT) Alternativ zur Leberbiopsie (nicht invasiv)
- Visualisierung der erhöhten Eisenspeicher in der Leber
- Aufgrund der paramagnetischen Eigenschaften von Eisen
ist die MRT die Methode der Wahl zur nicht invasiven Quantifizierung des Eisengehalts in der Leber
- Visualisierung der erhöhten Eisenspeicher in der Leber
- Leber
-Elastografie: Quantifizierung des Grades der Fibrose - Gentestung: auf Mutationen des HFE-Gens (lassen sich nicht immer feststellen)
- Häufigste Mutation des HFE-Gens: Homozygot C282Y (seltener Mutation von H63D)
- Genetische Beratung und Genotypisierung bei Verwandten 1. Grades
MerkeNach diagnostizierter Leberzirrhose
sollte ein regelmäßiges HCC -Screening erfolgen.
Therapie
Primäre Hämochromatose
- Ziel: Senkung des Eisengehalts im Körper
- Therapie der Wahl: Aderlass (Entnahme von je 500 ml Blut
→ ca. 250 mg Eisenwerden dem Körper entzogen) - 1-2x wöchentlich
- Alle 2-3 Monate, wenn Zielwert erreicht ist; ggf. lebenslang
- Zielwerte: Ferritin
ca. 50 μg/l, Hb -Wert >12g/dl - Kontraindikationen: sekundäre Hämochromatose, Kardiomyopathie, Anämie
- Hb
-Wert beobachten! Es kann sich eine Anämie entwickeln (keine Eisengabe in diesem Falle, sondern Verringerung der Aderlassfrequenz)
- Diät: eisenarme Ernährung, Verzicht auf Alkohol und Inklusion von Eisenabsorptionshemmern (z.B. Schwarztee)
- Bei kontraindiziertem Aderlass: Eisenchelatoren
- Deferoxamin
- Deferipron
- Bei hochgradiger Leberschädigung kann eine Lebertransplantation erwogen werden
Sekundäre Hämochromatose
- Eisenchelatoren
Prognose
Sofern die Therapie im präzirrhotischen Stadium startet, besteht eine normale Lebenserwartung.
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Quellen
- Molekulargenetische Diagnostik der hereditären Hämochromatose, Deutschen Gesellschaft für Humangenetik e. V. und des Berufsverbands Deutscher Humangenetiker e.V