Zusammenfassung
Bei einer Herzinsuffizienz
Fallbeispiel
Um den Einstieg in das Thema Herzinsuffizienz
Das Szenario
Einsatzmeldung:
- Stichwort: Atemnot unklarer Ursache
- Ort: Wohnung im 3. Stock eines Mehrfamilienhauses
- Alarmzeit: 15:30 Uhr
- Anruferin: Ehepartnerin
- Anzahl der Betroffenen: 1
- Zusatzinfo:
- Der Patient klagt über starke Atemnot, sitzt aufrecht im Bett und wirkt blass und schweißig
- Er hat eine bekannte Herzinsuffizienz
- In den letzten Tagen kam es wiederholt zu kurzen Episoden von Atemnot, die durch Ruhe und Hochlagerung des Oberkörpers gelindert werden konnten. Heute ist die Situation jedoch deutlich schlimmer geworden, sodass ein Notruf abgesetzt wurde
Lageeinweisung vor Ort:
Beim Eintreffen des Rettungsteams berichtet die aufgebrachte Ehepartnerin, dass ihr Mann zunehmend Atemnot entwickelt habe.
Die Lage ist wie folgt:
- Der Patient, ein 68-jähriger Mann, sitzt mit sichtbarer Atemnot auf der Bettkante und äußert panisch, dass er „kaum Luft bekomme“
- Im Raum steht ein Heimsauerstoffgerät. Die Luft ist warm und stickig, was die Atemsituation weiter erschwert
- Die Ehepartnerin berichtet, dass ihr Mann in den letzten Tagen zunehmend weniger belastbar gewesen sei, nachts oft aufwachte, um nach Luft zu schnappen und vermehrt Wasser in den Beinen eingelagert habe. Sie wirkt sehr besorgt und ängstlich

Dieses Bild wurde mit der KI-Software DALL·E (OpenAI) erstellt. Es wurde automatisch generiert und dient ausschließlich illustrativen Zwecken.
Ersteindruck nach xABCDE-Schema
Um sich einen ersten umfassenden Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten in einer Notfallsituation zu verschaffen, bietet sich das xABCDE-Schema an. Um die Arbeit mit dem Schema zu veranschaulichen, ist hier ein xABCDE-Schema abgebildet, wie es im Falle einer Ersteinschätzung bei einer Patientin oder einem Patienten mit Herzinsuffizienz
Es handelt sich dabei um die Befunde, die innerhalb der ersten paar Minuten erhoben werden können. Erweiterte Diagnostik und Abfragen sind natürlich von Bedeutung, jedoch würde zum Beispiel die Messung des Blutzuckers in diesem Fall hintangestellt und taucht zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf.
x |
|
|
A |
| Kein |
B |
| Akutes |
C |
| Akutes |
D |
| Kein |
E |
| Kein |
AchtungDas hier gezeigte Assessment vermittelt nur einen exemplarischen ersten Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten. Im Verlauf der Behandlung müssen weitere Maßnahmen ergriffen und Informationen gesammelt werden. Das Schema erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll lediglich einen praktischen Einstieg in das Thema ermöglichen.
AchtungIn diesem Fallbeispiel fällt auf, dass sowohl ein akutes B-Problem als auch ein akutes C-Problem vorliegt. Wir wollen uns hier auf das C-Problem konzentrieren. Einen weiteren Artikel zur präklinischen Versorgung des Lungenödems kannst du auf der Plattform finden.
Definition
Es gibt unterschiedliche Einteilungsmöglichkeiten der Herzinsuffizienz
Nach betroffenem Herzteil
- Linksherzinsuffizienz
, Rechtsherzinsuffizienz , Globalherzinsuffizienz - Bei einer Linksherzinsuffizienz
ist die Pumpfunktion der linken Herzkammer beeinträchtigt, was zu einer unzureichenden Versorgung des Körpers mit sauerstoffreichem Blut führt. Die häufigsten Ursachen für eine Linksherzinsuffizienz sind eine koronare Herzkrankheit , Bluthochdruck und Herzinfarkte , die alle den Herzmuskel schwächen oder schädigen können. Auch Herzklappenerkrankungen, Kardiomyopathien und ein Diabetes mellitus können zu einer Linksherzinsuffizienz beitragen. Es kann zu Symptomen wie Atemnot, Müdigkeit und einem Lungenödem kommen - Bei einer Rechtsherzinsuffizienz
ist die Pumpfunktion der rechten Herzkammer beeinträchtigt. Eine Rechtsherzinsuffizienz resultiert meistens aufgrund einer Linksherzinsuffizienz . Eine isolierte Rechtsherzinsuffizienz kann z.B. aufgrund einer Lungenarterienembolie , eines Cor pulmonale oder bestimmten Herzklappenerkrankungen, die primär zu einer Belastung des rechten Herzens führen, resultieren. Bei einer Rechtsherzinsuffizienz kann es zu einer venösen Stauung des Blutes vor dem Herzen kommen. Es können Ödeme und eine Stauung der Organe vorliegen - Bei einer Globalherzinsuffizienz
besteht eine Linksherz- und eine Rechtsherzinsuffizienz
- Bei einer Linksherzinsuffizienz
Nach Pathophysiologie
- Systolische Herzinsuffizienz
: reduzierte Kontraktionsfähigkeit des Herzmuskels (das Herz füllt sich ausreichend, aufgrund der verminderten Kontraktionsfähigkeit wird jedoch anteilig weniger Blut ausgeworfen und das Schlagvolumen sowie die Ejektionsfraktion vermindern sich) - Diastolische Herzinsuffizienz
: reduzierte Relaxationsfähigkeit des Herzmuskels (es kommt zu einer reduzierten Füllung) ➜ trotz erhaltener Kontraktionskraft resultiert ein reduziertes Schlagvolumen, die Ejektionsfraktion bleibt jedoch gleich, da zwar weniger Blut ausgeworfen wird, der Anteil des ausgeworfenen Blutes am Gesamtblut im Ventrikel jedoch gleich bleibt (EF = (EDV-ESV)/EDV*100 %) - Kombinierte systolische und diastolische Herzinsuffizienz
Die drei oben dargestellten Originalabbildung sind von Servier Medical Art by Servier (https://smart.servier.com/), lizensiert unter einer Creative Commons Attribution 3.0 Unported License: Die Texte wurden übersetzt, ergänzt und das Design der Texte wurde geändert. Zusätzlich wurden die Erklärungen zum EDV, ESV, SV, EF und die zugehörigen farbigen Abbildungen hinzugefügt.
Nach Ejektionsfraktion (EF)
- HFpEF
: Herzinsuffizienz mit erhaltener LVEF ≥50 % + Herzinsuffizienz -Symptomatik + NT-proBNP erhöht (>125 pg/mL) + Zeichen der diastolischen Dysfunktion (in der Echokardiografie ) - HFmrEF
: Herzinsuffizienz mit geringgradig reduzierter LVEF 41 – 49 % + Herzinsuffizienz -Symptomatik + NT-proBNP erhöht (>125 pg/mL) + ggf. Zeichen der Herzinsuffizienz (z.B. dilatierte Vorhöfe in der Echokardiografie ) - HFrEF
: Herzinsuffizienz mit reduzierter LVEF ≤40 % + Herzinsuffizienz -Symptomatik
Befund | LVEF-Grenzwert |
---|---|
Normalbefund | ≥50 % |
Herzinsuffizienz | ≥50 % + Herzinsuffizienz |
Geringgradig reduzierte Pumpfunktion (HFmrEF | 41-49 % |
Hochgradig reduzierte Pumpfunktion (HFrEF | ≤40 % |
InfoWeitere klinisch genutzte Einteilungen
Es gibt weitere Einteilungen, die zwar klinisch genutzt werden, jedoch präklinisch meist weniger Anwendung finden.
Einteilung nach:
- Symptomlast
- Herzzeitvolumen
MerkeEinteilung nach Verlauf und Kompensationszustand
Wichtig wiederum ist die Einteilung nach Verlauf und nach dem Kompensationszustand.
Einteilung nach Verlauf:
- Chronisch
- Akut (Bezeichnung einer erstmanifestierten oder bekannten, aber dekompensierten Herzinsuffizienz
) Einteilung nach Kompensationszustand:
- Kompensiert
- Die Symptome der Herzinsuffizienz
sind kontrolliert und bewegen sich auf einem ausreichenden Niveau - Dekompensiert
- Diese Form kommt am ehesten im Rettungsdienst vor und stellt eher einen Notfall dar, insbesondere im akuten Verlauf
Ursachen
Eine Herzinsuffizienz
- Die Risikofaktoren einer Herzinsuffizienz
mit einer erhaltenen Ejektionsfraktion (= HFpEF ) überschneiden sich stark mit denen der Atherosklerose . Eine Herzinsuffizienz mit einer reduzierten Ejektionsfraktion (= HFmrEF und HFrEF ) entsteht meistens aufgrund einer ischämischen Ursache - Insbesondere sind die koronare Herzkrankheit
und arterielle Hypertonie ursächlich für eine Herzinsuffizienz - Ischämische Herzkrankheit: koronare Herzkrankheit
, Myokardinfarkt
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Obigen Originalabbildungen von Servier Medical Art by Servier (https://smart.servier.com/), lizensiert unter einer Creative Commons Attribution 3.0 Unported License: Es wurde die Markierung bei der oberen Abbildung ergänzt.
- Arterielle Hypertonie
: - Eine chronische Druckbelastung kann zu einer hypertensiven Herzerkrankung führen
- Eine chronische arterielle Hypertonie
ist gleichzeitig ein kardiovaskulärer Risikofaktor für atherosklerotische Erkrankungen - Eine akute Druckbelastung kann zu einem hypertensiven Notfall
führen
- Herzrhythmusstörungen (z.B. höhergradiger AV-Block oder Vorhofflimmern
): - Abhängig von der Herzrhythmusstörung kann es zu einer Reduktion des Herzzeitvolumens kommen. Bei tachykarden Herzrhythmusstörungen
können zum Beispiel die diastolische Füllung sowie der systolische Auswurf reduziert sein. Ein Vorhofflimmern kann z.B. zu einer insuffizienten (= ungenügenden) Vorhofkontraktion führen. Somit kommt es zu einer unzureichenden Füllung der Kammern und einer Herzinsuffizienz . Bei einem bereits vorgeschädigten Herzen können daher akute Herzrhythmusstörungen zu einer akuten kardialen Dekompensation führen
- Abhängig von der Herzrhythmusstörung kann es zu einer Reduktion des Herzzeitvolumens kommen. Bei tachykarden Herzrhythmusstörungen
InfoWeitere Ursachen
Neben diesen häufigen Ursachen, gibt es auch einige weniger häufige Ursachen, welche eine Herzinsuffizienz
verursachen können:
- Herzklappen
- und Perikarderkrankungen - Nicht-ischämische Kardiomyopathien
- Infektiöse Ursachen
- Schilddrüsenerkrankungen
- Nierenerkrankungen
- Systemische Ursachen, wie Lupus erythematodes
Pathophysiologie
Systolische Herzinsuffizienz
Verminderte myokardiale Kontraktilität (z.B. aufgrund eines Herzinfarktes) (1) ➜ vermindertes Schlagvolumen (2) ➜ keine ausreichende Perfusion des nachgeschalteten Kreislaufs und der Gewebe (= Vorwärtsversagen
Diastolische Herzinsuffizienz
Verminderte Füllung des Ventrikels in der Diastole
Kompensationsmechanismen
Die Kompensationsmechanismen bei Herzinsuffizienz
- Verringertes Herzzeitvolumen (bedingt durch systolische oder diastolische Herzinsuffizienz
)
→ Blutdruckabfall, was eine Aktivierung des Sympathikuszur Folge hat
→ Herzfrequenzwird gesteigert, um das Herzzeitvolumen vorübergehend konstant zu halten
→ Die verkürzte Diastolendauer reduziert jedoch die Koronardurchblutung, was das Schlagvolumen verringert - Aktivierung des RAAS
aufgrund einer verminderten renalen Perfusion
→ Dies führt zur Freisetzung von Angiotensin II, das eine Vasokonstriktion bewirkt
→ Nachlast wird erhöht und der kardiale Sauerstoffverbrauch steigt
→ Schlagvolumen wird verringert
→ Zusätzlich wird durch das RAASvermehrt Aldosteron freigesetzt
→ Resorption von Wasserin den Nieren verstärkt und die Vorlast erhöht
→ Dies kann zu venöser Stauung und Ödembildung führen - ANP
(atriales natriuretisches Peptid) und BNP (B-Typ natriuretisches Peptid ) werden im Herzen bei Dehnung durch erhöhten Blutdruck oder Volumenbelastung freigesetzt
→ Sie fördern die Natriurese und Diurese, senken den Blutdruck und wirken einer Volumenüberlastung entgegen (durch Vasodilatation und Hemmung der Renin- und Aldosteron-Ausschüttung)
→ ADH(antidiuretisches Hormon ) wird bei einer Herzinsuffizienz vermehrt freigesetzt
→ Führt zur Wasserrückresorption in den Nieren, das Blutvolumen wird erhöht und somit die Belastung des Herzens weiter gesteigert
→ Diese hormonellen Veränderungen versuchen, die verminderte Herzleistung zu kompensieren, können jedoch langfristig die Herzinsuffizienzverschlechtern
Klinischer Eindruck
Typische Zeichen
- Dyspnoe: ggf. Tachypnoe, Orthopnoe (= Besserung der Dyspnoe durch eine erhöhte Lagerung des Oberkörpers ➜ Betroffene schlafen mit erhöhtem Oberkörper und ggf. in sitzender Position (Hinlegen führt zu einem verstärkten venösen Rückstrom zum Herzen ➜ Mechanismus siehe auch Asthma
cardiale), Bendopnoe (= Dyspnoe beim Vornüberbeugen (z.B. Schuhe zu binden)) - Asthma
cardiale: insbesondere lageabhängige, nächtliche Episoden mit Husten, bronchialer Spastik und Atemnot (im Liegen erhöht sich durch die Schwerkraft der Druck im Lungenkreislauf , durch die Mobilisation der Ödeme (siehe Nykturie ) kommt es zusätzlich zu einem verstärkten venösen Rückstrom. Es kann eine pulmonale Stauung mit einem reflektorischen Bronchospasmus resultieren

- Ödeme
: - Schwerkraftabhängige Lokalisation der Ödeme
(bei mobilen Patient:innen prätibial an den Beinen und Fußrücken; bei bettlägerigen Patient:innen sakral und/oder skrotal) - An den Extremitäten meistens beidseitig und eindrückbar ohne sofortige Reposition (siehe Differenzialdiagnose Ödeme
) - Anasarka
= ausgeprägtes, lagerungsabhängiges Ödem in der Subcutis (z.B. am Rücken) - Ggf. Nykturie
: mehrmaliges (>1-2 mal) Wasserlassen in der Nacht (aufgrund der horizontalen Körperposition im Liegen nachts kommt es zu einem abnehmenden hydrostatischen Druck in den Gefäßen und einer folgenden Mobilisation der Ödeme mit resultierender gesteigerter Urinproduktion)
- Schwerkraftabhängige Lokalisation der Ödeme
- Gewichtsveränderungen:
- Gewichtszunahme >2 Kg/Woche ohne veränderte Ernährungsgewohnheiten (durch die Hypervolämie
) - Ungewollter Gewichtsverlust ohne Ödeme
von über 5 % innerhalb von 12 Monaten (kardiale Kachexie ➜ prognostisch ungünstig)
- Gewichtszunahme >2 Kg/Woche ohne veränderte Ernährungsgewohnheiten (durch die Hypervolämie
Generalisierte Zeichen
- Leistungsminderung: Abgeschlagenheit, Müdigkeit, reduzierte Belastungstoleranz und verlängerte Zeit zur Erholung benötigt
- Hypotonie
- Tachykardie
- Rhythmologische Symptome: Sinustachykardie, Herzrhythmusstörungen, Palpitationen
- Gastrointestinale Symptome: Völlegefühl, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Bauchschmerzen
- Neurologische Symptome: Schwindel
, Synkopen (z.B. aufgrund von Herzrhythmusstörungen oder einer hochgradigen Aortenklappenstenose ), Verwirrtheit, Schlafstörungen, Depression, Cheyne-Stokes-Atmung (periodische Zu- und Abnahme der Atemtiefe und regelmäßige Änderung des Abstandes der Atemzüge aufgrund einer zerebralen Minderperfusion, ggf. mit Apnoephasen auf die kurzfristig tiefere Atemzüge folgen) - Hautsymptome: Blässe, ggf. periphere Zyanose, kalte Haut, Schwitzen
Übersicht der Symptome
Diagnostik
Anamnese
- S (Symptome): Starke Dyspnoe, Angst, Ödeme
, Gewichtszunahme, verminderte Belastbarkeit - Leitsymptom: Das typische Leitsymptom einer akuten Herzinsuffizienz
ist die Dyspnoe (Atemnot), die sich häufig rasch entwickelt und sowohl in Ruhe als auch unter Belastung auftreten kann. Betroffene berichten oft, dass die Atemnot besonders in Rückenlage verstärkt ist, sodass sie zum Schlafen den Oberkörper erhöht lagern (z. B. durch mehrere Kissen). - Weitere Symptome:
- Nykturie
: Vermehrtes nächtliches Wasserlassen wird häufig beobachtet und ist ein Anzeichen für eine renale Entstauung und eine Mobilisation von Ödemen im Liegen - Ödeme
: Viele Patient:innen geben eine Zunahme von Schwellungen an den Unterschenkeln an, die besonders am Abend ausgeprägt sein können. Diese Ödeme sind oft eindrückbar und beidseits vorhanden - Gewichtszunahme: Eine plötzliche Gewichtszunahme ist oft auf Flüssigkeitseinlagerungen
zurückzuführen - Palpitationen
: Herzklopfen oder ein "Rasen" des Herzens kann als begleitendes Symptom angegeben werden, vor allem bei rhythmusstörungsbedingter Herzinsuffizienz - Eingeschränkte Leistungsfähigkeit: Patient:innen bemerken eine verminderte Belastbarkeit. Bereits Alltagsaktivitäten wie das Treppensteigen können eine deutliche Erschöpfung verursachen
- Nykturie
- Hinweise auf kardiales Lungenödem
?
→ Zyanose, feuchte Rasselgeräusche, Husten
- Leitsymptom: Das typische Leitsymptom einer akuten Herzinsuffizienz
- A (Allergien, Infektionen): Z.n. Perikarditis
, Myokarditis - M (Medikation): Herzinsuffizienzmedikation
, Antihypertensiva , Antikoagulation nach ischämischer Herzerkrankung oder Herzrhythmusstörung, z.B. Vorhofflimmern , Thrombozytenaggregationshemmer , Medikamente, die eine kardiale Dekompensation begünstigen können (z.B. NSAR ) - P
(Patientengeschichte): Bekannte Herzerkrankung, bekannte Herzinsuffizienz , bekannte Schilddrüsen- oder Nierenerkrankung - L (Letzte…): Letzte Vorstellung beim Kardiologen, letzte kardiologische Intervention
- E (Ereignis): Infektion, auslösendes Ereignis
- R (Risiko): Positive Familienanamnese, hohes Alter, bekannter Bluthochdruck
, Nikotin- und Alkoholabusus, Adipositas , Dyslipidämie - S (Schwangerschaft): Mögliche Schwangerschaft bei weiblichen Patientinnen
Tipp
Nutze Schemata
Um die Anamnese strukturiert durchzuführen, bietet es sich an, Schemata, wie das SAMPLERS oder OPQRST-Schema
zu nutzen. Am obigen Beispiel haben wir Fragen und Befunde dargestellt, die bei dem Verdacht auf einen Spannungspneumothorax abgefragt werden sollten und vorliegen könnten.
Körperliche Untersuchung

James Heilman, MD, CC BY-SA 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons
Inspektion:
- Ödeme
: meist beidseits, eindrückbar und über den Tag stärker ausgeprägt - Schwerkraftabhängige Lokalisation der Ödeme
(bei mobilen Patient:innen prätibial an den Beinen und Fußrücken; bei bettlägerigen Patient:innen sakral und/oder skrotal) - An den Extremitäten meistens beidseitig und eindrückbar ohne sofortige Reposition (siehe Differenzialdiagnose Ödeme
) - Anasarka
= ausgeprägtes, lagerungsabhängiges Ödem in der Subcutis (z.B. am Rücken) - Aszites
- Schwerkraftabhängige Lokalisation der Ödeme
- Im Falle einer Rechtsherzinsuffizienz
können auch gestaute Jugularisvenen auftreten
Palpation:
- Ödeme
: meistens eindrückbar - Ggf. irregulärer Puls
(z.B. Hinweis auf ein Vorhofflimmern )

Auskultation:
- Lunge
: feuchte Rasselgeräusche /ggf. Giemen bei einem Lungenödem , basal abgeschwächtes Atemgeräusch bei einem Pleuraerguss - Herz: Herzgeräusche
als Hinweise auf ein Herzklappenvitium
Vitalparameter:
- Herzfrequenz
: - Tachykardie
durch Sympathikusaktivierung - Bei kardiogenem Schock
oder bradykarden Herzrhythmusstörungen ggf. Bradykardie
- Tachykardie
- Blutdruck: Hypotonie
- Begleitfaktoren (z. B. Erbrechen oder Dehydratation
) können die Kreislaufstabilität zusätzlich gefährden
- Begleitfaktoren (z. B. Erbrechen oder Dehydratation
- Atmung: Dyspnoe, Orthopnoe, Tachypnoe
- Sauerstoffsättigung
: Erniedrigt - Körpertemperatur
: Normal
Einteilung nach NYHA -Stadium
NYHA-Stadium | Beschwerden |
---|---|
I | Diagnostizierte Herzerkrankung (objektiver Nachweis) ohne körperliche Einschränkungen durch die Herzerkrankung |
II | Herzerkrankung mit geringer körperlicher Einschränkung (Beschwerden bei stärkerer körperlicher Belastung wie z.B. Bergsteigen, Joggen oder mehrere Stockwerke Treppensteigen) |
III | Herzerkrankung mit starken körperlichen Einschränkungen (Beschwerden bei leichter körperlicher Belastung wie z.B. normales Spazieren gehen in der Ebene) |
IV | Herzerkrankung mit dauerhaften Beschwerden bei einer körperlichen Belastung und in Ruhe |
Es werden insbesondere die Symptome Dyspnoe, Zyanose, Angina pectoris |
TippNYHA-Stadien
Insbesondere die Einteilung der Symptomatik nach den NYHA-Stadien kann helfen, die Schwere einer Herzinsuffizienz
zu beurteilen.
Therapie
Symptomatische Therapie
Die präklinische Therapie der akuten Herzinsuffizienz
Die folgenden Maßnahmen werden häufig angewandt:
Sauerstoffgabe
: Bei Patient:innen mit einer verminderten Sauerstoffsättigung (Hypoxie) wird Sauerstoff verabreicht, um die Sauerstoffversorgung des Gewebes zu verbessern und die Funktion lebenswichtiger Organe sicherzustellen. Eine stabile Sauerstoffsättigung hilft, eine Hypoxie der Organe zu verhindern Info
Bei akuter Dyspnoe, z.B. bei einem schweren Lungenödem
, kann eine nicht-invasive Beatmung notwendig sein. So werden Atemarbeit und Gasaustausch erleichtert.
Medikamentöse Therapie:
- Nitrate: Nitrate werden verabreicht, um eine Vasodilatation zu bewirken, die sowohl die Vorlast als auch die Nachlast des Herzens reduziert. Dadurch wird das Herz entlastet, was zu einer Verbesserung der Symptome führt
- Diuretika
: Diuretika dienen dazu, überschüssige Flüssigkeit aus dem Körper auszuschwemmen, was die Volumenbelastung des Herzens reduziert. Dies trägt dazu bei, den Druck im Lungenkreislauf zu senken und die Atemnot zu verringern - Opiate
: Opiate wie Morphin können zur Sedierung, Vorlastsenkung und zur Reduktion der Angst bei Patient:innen mit akuter Atemnot eingesetzt werden. Dies hilft, die Atemfrequenz zu senken und die subjektive Belastung der Patient:innen zu reduzieren - Katecholamine
: Bei Patient:innen mit einer fortschreitenden Herzinsuffizienz , die zu einem Versagen der Vorwärts- und Rückwärtszirkulation führt, können positiv inotrope Substanzen (Katecholamine ) eingesetzt werden. Diese Medikamente steigern die Kontraktionskraft des Herzens und erhöhen so das Herzzeitvolumen, um eine ausreichende Organperfusion sicherzustellen
Darüber hinaus ist eine kontinuierliche Überwachung der Vitalparameter entscheidend, um auf Veränderungen des Zustands der Patient:innen schnell reagieren zu können. Die Kommunikation zwischen Rettungsdienst und der aufnehmenden Klinik ist ebenfalls von großer Bedeutung, um eine optimale Weiterbehandlung zu gewährleisten.
MerkeDer Fokus in der präklinischen Therapie sollte auf symptomatischen und stabilisierenden Maßnahmen liegen. Eine kausale Therapie und die Einstellung einer Dauermedikation findet im klinischen oder ambulanten Setting statt.
Lagerung:
Es ist auch immer wichtig, die Lagerung adäquat anzupassen. In diesem Fall empfiehlt sich eine Oberkörperhochlagerung, um die Vorlast möglichst zu senken. Weiterhin kann eine Herzbettlagerung erwogen werden, welche aber je nach Trage im Rettungsdienst nur schwer durchführbar ist. Dabei wird der Oberkörper erhöht gelagert und die Beine von der Trage herunterhängen gelassen. Gemäß der Schwerkraft verteilt sich dann ein Großteil des Blutvolumens in den Beinen und die Vorlast des Herzens wird somit weiter gesenkt.
Je nach Fall muss von dieser Lagerung abgewichen werden.
Besondere Situationen
Akutes Lungenödem :
Patient:innen mit einer dekompensierten Herzinsuffizienz
Kardiogener Schock :
Eine stark dekompensierte Herzinsuffizienz
Vorwärts- und Rückwärtsversagen :
Patient:innen können sowohl ein Vorwärtsversagen
Herzrhythmusstörungen:
Bei bestehender Herzinsuffizienz
Flüssigkeitsüberladung:
Eine übermäßige Flüssigkeitszufuhr bei Patient:innen mit Herzinsuffizienz
Betablocker -Entzug:
Das abrupte Absetzen von Betablockern kann bei herzinsuffizienten Patient:innen eine Verschlechterung des Zustands auslösen, einschließlich Tachykardie
Weitere Therapie im klinischen Setting
In dieser Notlage kann es helfen, sich mental auf die nächsten Schritte vorzubereiten. Dafür ist es ratsam, schon auf der Fahrt zum Krankenhaus zu erklären, wie das weitere Procedere im Krankenhaus aussieht und worauf die Person sich potenziell einstellen muss.
AchtungDa die Therapie je nach aufnehmendem Krankenhaus und Behandler:in variieren kann, empfiehlt es sich nicht, einen bestimmten Behandlungsweg detailliert zu beschreiben. Eine grobe Skizzierung des weiteren Behandlungspfades reicht völlig aus um Unsicherheiten zu minimieren. Die weiteren Informationen dienen ausschließlich eurer Information als Fachpersonal!
Versorgung in der Notaufnahme
Neben der Fortführung der medikamentösen Therapie, die in der Präklinik bereits stattgefunden hat, kann im klinischen Setting auch eine ausgeprägte Diagnostik und Therapie vonstattengehen.
Sonografie und Echokardiografie
Eine akute Herzerkrankung, wie eine Perikardtamponade
InfoIn der Klinik wird im Rahmen der Behandlung meistens die Einteilung nach der linksventrikulären Ejektionsfraktion
(LVEF) genutzt. Die Abkürzungen HFpEF , HFmrEF und HFrEF beziehen sich auf die englischen Wörter: Heart Failure with preserved/mildly reduced/reduced Ejection Fraction. Die NYHA-Klassifikation
wird häufig im Rahmen der Anamnese zur Einschätzung und Dokumentation der Symptomschwere verwendet.
Überwachung und Stabilisierung
- Die Vitalparameter müssen weiterhin streng überwacht werden, da eine Verschlechterung jederzeit möglich ist
- Die Abnahme von Blut
und die Untersuchung dessen im Labor ist ein wichtiger Teil in der weiteren Diagnostik, insbesondere dann, wenn die Ursache der kardialen Dekompensation noch nicht klar ist - Bei Bedarf können Schmerzmedikamente, Katecholamine
, Diuretika oder weitere Medikamentengruppen zum Einsatz kommen - In den meisten Fällen erfolgt auch eine Sauerstoffgabe
Weitere Versorgung in der Klinik
Im Falle eines kardiogenen Schocks
Ursachenklärung und Prävention
- Neben der Klärung der Ursache können in der Klinik auch kausale Therapien vorgenommen werden, wie eine elektrische Kardioversion
bei Vorhofflimmern , Koronarintervention bei Herzinfarkt , Perikarddrainage bei hämodynamisch relevantem Perikarderguss etc. - Meist wird auch schon im Krankenhaus eine adäquate Herzinsuffizienzmedikation
eingestellt:
Transport
Beim Transport von Patient:innen mit Herzinsuffizienz
Vor der Fahrt ist die präklinische Stabilisierung essenziell. Das Monitoring der Vitalparameter, einschließlich Blutdruck, Herzfrequenz
Eine Voranmeldung im Krankenhaus ist unbedingt notwendig, besonders bei schwer dekompensierten Patient:innen. Dies gewährleistet, dass das Krankenhaus vorbereitet ist, das entsprechende Personal verfügbar ist und ggf. die Intensivstation informiert ist. Die Übergabe
Prüfungswissen
Zur Zusammenfassung hier die Hard Facts, die bei der Examensvorbereitung oder im Einsatz helfen können:
Definition:
Bei einer Herzinsuffizienz
Einteilungsmöglichkeiten:
- Nach Herzteil:
- Linksherzinsuffizienz
- Rechtsherzinsuffizienz
- Globalherzinsuffizienz
- Linksherzinsuffizienz
- Nach Pathophysiologie:
- Systolische Herzinsuffizienz
- Diastolische Herzinsuffizienz
- Kombinierte Herzinsuffizienz
- Systolische Herzinsuffizienz
- Nach Ejektionsfraktion
(EF) - HFpEF
, HFmrEF , HFrEF
- HFpEF
Ursachen:
- Koronare Herzkrankheit
- Myokardinfarkt
- Arterielle Hypertonie
- Herzrhythmusstörungen
- Herzklappen
- und Perikarderkrankungen - Nicht-ischämische Kardiomyopathien
Pathophysiologie:
- Vermindertes Herzzeitvolumen → Aktivierung von Sympathikus
→ Erhöhtes HZV - Aktivierung Renin-Angiotensin-Aldosteron
-System (RAAS ) → Volumensteigerung → Erhöhtes HZV - Ausschüttung verschiedener Hormone
wie ANP , BNP und ADH
Symptome:
- Leitsymptom: Dyspnoe
Diagnostik:
- Inspektion:
- Ödeme
: meist beidseits und über den Tag stärker ausgeprägt - Im Falle einer Rechtsherzinsuffizienz
können auch gestaute Jugularisvenen auftreten
- Ödeme
- Palpation:
- Eindrückbare Ödeme
, ggf. unregelmäßiger Puls (z.B. bei Vorhofflimmern )
- Eindrückbare Ödeme
- Auskultation:
- Lunge
: feuchte Rasselgeräusche /ggf. Giemen bei einem Lungenödem , basal abgeschwächtes Atemgeräusch bei einem Pleuraerguss - Herz: Herzgeräusche
als Hinweise auf ein Herzklappenvitium
- Lunge
- Vitalparameter:
- Herzfrequenz
: - Tachykardie
durch Sympathikusaktivierung - Bei kardiogenem Schock
oder bradykarden Herzrhythmusstörungen ggf. Bradykardie
- Tachykardie
- Blutdruck: Hypotonie
- Begleitfaktoren (z. B. Erbrechen oder Dehydratation
) können die Kreislaufstabilität zusätzlich gefährden
- Begleitfaktoren (z. B. Erbrechen oder Dehydratation
- Atmung: Dyspnoe, Orthopnoe, Tachypnoe
- Sauerstoffsättigung
: Erniedrigt - Körpertemperatur
: Normal
- Herzfrequenz
Therapie:
- Symptomatische Therapie
- Oberkörperhochlagerung oder Herzbettlagerung
- Sauerstoffgabe
- Bei kardialem Lungenödem
: ggf. nicht-invasive Beatmung - Medikamente:
- Nitrate
- Diuretika
- Opiate
- Bei kardiogenem Schock
: Katecholamine
Transport:
- Zielklinik mit kardiologischer Abteilung, je nach Schweregrad mit intensivmedizinischer Versorgungsmöglichkeit
- Kontinuierliche Überwachung der Vitalparameter
Quellen
Präklinische Therapie der akuten Herzinsuffizienz, Wiener klinisches Magazin 13, 6–11 (2010)
S2k-Leitlinie Akute Herzinsuffizienz und mechanische Kreislaufunterstützung, Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler e.V. (DGPK)
Pocket Leitlinien Herzinsuffizienz, Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz-und Kreislaufforschung e.V. (2022)
ESC Pocket Guidelines. Akute und chronische Herzinsuffizienz, Version 2021. Börm Bruckmeier Verlag GmbH, Grünwald
Kurzfassung der „2021 ESC Pocket Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure“ (European Heart Journal; 2021 - doi/10.1093/eurheartj/ehab368)