Unter einer Hypothyreose versteht man eine unzureichende Versorgung des Körpers mit den SchilddrüsenhormonenTrijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4). Es wird zwischen einer erworbenen und einer angeborenen (kongenitalen) Form unterschieden, wobei die kongenitale Hypothyreose in einem eigenen Artikel behandelt wird.
Die erworbene Hypothyreose ist meist autoimmun bedingt (Hashimoto-Thyreoiditis) und tritt vor allem bei Erwachsenen auf, wobei Frauen deutlich häufiger betroffen sind.
Die Symptomatik ist in der Regel unspezifisch und äußert sich u.a. in Müdigkeit, Erschöpfung, Appetitlosigkeit, Gewichtszunahme und Kälteintoleranz.
Die Diagnosestellung erfolgt in erster Linie durch Laboruntersuchungen, die auch eine Differenzierung zwischen latenten und manifesten Formen ermöglichen.
Die zentrale therapeutische Maßnahme besteht in der Substitution mit L-Thyroxin (Levothyroxin), wobei die Dosis individuell angepasst werden muss. Wesentlicher Bestandteil der Behandlung sind regelmäßige laborchemische Verlaufskontrollen, um eine adäquate Einstellung sicherzustellen.
In seltenen Fällen kann eine ausgeprägte, unbehandelte Hypothyreose in ein myxödematöses Koma übergehen, das eine lebensbedrohliche Notfallsituation darstellt.
Epidemiologie
Prävalenz: ca. 1-3% der Bevölkerung
Geschlechterverhältnis: ♀>♂ (ca. 4:1)
Inzidenz: Zunahme mit steigendem Alter
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Hypophysenvorderlappeninsuffizienz (z.B. durch Tumor, Trauma oder Entzündung)
Tertiäre Hypothyreose:
Hypothalamische Insuffizienz (z.B. nach Schädel-Hirn-Trauma)
Merke
Die häufigste Ursache der Hypothyreose bei Erwachsenen ist die autoimmun-bedingte Hashimoto-Thyreoiditis.
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Klassifikation
Bei der Hypothyreose unterscheidet man zunächst zwischen einer angeborenen (kongenitalen) und einer erworbenen Form. Die erworbene Hypothyreose kann primären, sekundären oder tertiären Ursprungs sein (siehe Ursachen).
In Abhängigkeit von den gemessenen Laborwerten differenziert man zudem zwischen einer latenten und einer manifesten Hypothyreose:
Latente Hypothyreose: TSH↑, fT3 & fT4 im Normbereich
Manifeste Hypothyreose: fT4↓
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Pathophysiologie
Physiologische Grundlagen
Die Sekretion der Schilddrüsenhormone wird über die Hypothalamus-Hypophysen-Achse reguliert:
Bildung und Sekretion von TRH im Hypothalamus → TSH-Synthese im Hypophysenvorderlappen↑ → Bildung und Freisetzung der Schilddrüsenhormone T3 und T4 in der Schilddrüse↑
Durch den Anstieg von T3/T4 wird die Sekretion von TRH und TSH im Sinne eines negativen Feedbackmechanismus unterdrückt
Definition
Thyreotropin-Releasing-Hormon = TRH
Thyreoidea-stimulierende Hormon = TSH
Triiodthyronin = T3
Thyroxin = T4
Pathophysiologie
Primäre Hypothyreose: Störung der Schilddrüsenhormonbildung oder -sekretion → Konzentration von T3/T4↓ → Kompensatorische Steigerung der TSH-Produktion
SekundäreHypothyreose: hypophysäre Störung → TSH-Sekretion↓ → Unzureichende Stimulation der Schilddrüse → Konzentration von T3/T4↓
TertiäreHypothyreose: hypothalamische Störung → TRH-Sekretion↓→ Unzureichende Stimulation der Hypophyse → TSH-Sekretion↓ → Unzureichende Stimulation der Schilddrüse → Konzentration von T3/T4↓
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Klinik
Die Beschwerden der Schilddrüsenunterfunktion sind relativ unspezifisch und entwickeln sich meist schleichend.
Allgemeinsymptome:
Müdigkeit, Erschöpfung, Antriebslosigkeit
Kälteintoleranz (Grundumsatz↓→ Wärmeproduktion↓)
Gewichtszunahme
Appetitlosigkeit
Obstipation
Haut & Haare:
Trockene, raue Haut
Brüchige, trockene Haare
Haarausfall
Kardiovaskulär:
Bradykardie
Ggf. Herzinsuffizienz (insb. bei Patient:innen mit ausgeprägter und lang andauernder Hypothyreose)
Neurologisch:
Neuromuskuläre Erregbarkeit↓ (Hyporeflexie)
Konzentrationsstörungen
Depressive Verstimmung
Generalisiertes Myxödem: teigige, nicht eindrückbare Schwellung der Haut (durch Ablagerung von Glykosaminoglykanen im Interstitium)
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Diagnostik
Anamnese
Erfassung der Symptome
Medikamentenanamnese (z.B. Amiodaron oder Lithium)
Inspektion der Haut & Schleimhäute: trockene Haut, Schwellungen (Myxödem)
Inspektion und Palpation der Schilddrüse: Struma?
Auskultation: Bradykardie?
Labor
Bei klinischem Verdacht auf eine Hypothyreose erfolgt die labormedizinische Diagnostik nach einem Stufenschema:
TSH-Bestimmung
fT4-Bestimmung (→ Nur bei auffälligem TSH-Wert)
Ggf. Schilddrüsenantikörper: TPO-AK, Tg-AK (→ Einmalige Bestimmung bei latenter Hypothyreose)
Merke
Ein normaler TSH-Wert schließt eine Hypo- oder Hyperthyreose mit großer Wahrscheinlichkeit aus. Die Bestimmung von fT4 ist daher nur bei auffälligen TSH-Spiegeln sinnvoll.
Form der Hypothyreose
TSH
fT3 & fT4
Subklinische (latente Hypothyreose)
↑
normal
Manifeste Hypothyreose
Primäre Hypothyreose
↑
↓
Sekundäre/tertiäre Hypothyreose
↓
↓
Hormonprofil bei erworbener Hypothyreose
Info
Sind die HormonefT3 und fT4erhöht oder erniedrigt, spricht man von einer manifesten Hyper- oder Hypothyreose. Ist nur der TSH-Wert erhöht oder erniedrigt und die HormoneT3 und T4 sind noch normal, so spricht man von einer latenten, also versteckten Hypo- oder Hyperthyreose.
Erweiterte Labordiagnostik:
Akutdiagnostik bei schwerer Hypothyreose: Blutzuckerspiegel, Elektrolyte (insb. Natrium)
Stoffwechselüberwachung: Screening auf Dyslipoproteinämien
Info
Bildgebung: Bei palpatorisch auffälligem Befund ist die Durchführung einer Sonographie der Schilddrüse indiziert.
Hypothyreose - Diagnosealgorithmus
Info
Die Bestimmung der TPO-Antikörper erfolgt nur bei latenter Hypothyreose, um das Risiko für eine spätere manifeste Schilddrüsenunterfunktion abzuschätzen.
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Differentialdiagnosen
Low-T3-Syndrom (Euthyroid-Sick-Syndrom)
Depression
Chronisches Erschöpfungssyndrom
Anämie
Adipositas
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Therapie
Info
Die grundlegende Therapie der Hypothyreose besteht in einer Hormonsubstitution mit L-Thyroxin. Ziel ist die Wiederherstellung einer euthyreoten Stoffwechsellage.
Hormonsubstitution - Indikationen
Manifeste Hypothyreose: eindeutige Indikation zur Hormonsubstitution
Latente Hypothyreose: individuelle Indikationsstellung (abhängig von TSH-Wert, Alter und Symptomatik)
TSH<10 mU/l: in der Regel keine Indikation zur Substitution
TSH >10 mU/l: Indikation zur Substitution (→ Ausnahme: bei Patient:innen >75 Jahre kann bis zu einem TSH-Wert von <20 mU/l auf eine Hormontherapie verzichtet werden)
Info
Ein Therapieverzicht bei TSH-Werten >10 mU/l setzt eine regelmäßige Verlaufskontrolle und eine umfassende Aufklärung über mögliche Risiken, insbesondere bei Werten >20 mU/l, voraus.
Hormonsubstitution - Vorgehen
In der Regel erfolgt eine Monotherapie mit Levothyroxin (entspricht dem körpereigenen T4)
Verlaufskontrollen:
Erste Kontrolle des TSH-Wertes 8 Wochen nach Therapiebeginn → Ggf. Dosisanpassung
Nach Etablierung der Erhaltungsdosis regelmäßige TSH-Kontrollen im Abstand von 6/12/24 Monaten (→ Bei Schwangeren mind. einmal pro Trimenon)
Tipp
Das TSH-Kontrollintervall kann je nach klinischer Symptomatik und Wunsch der Patient:innen verändert werden.
Achtung
Bei Schwangeren unter bestehender Hormonsubstitution ist ohne Anpassung der L-Thyroxin-Dosis mit einem TSH-Anstieg zu rechnen. Daher ist eine adäquate Erhöhung der Dosis unerlässlich, um eine Hypothyreose des Kindes zu vermeiden.
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Komplikationen
Myxödemkoma
Das Myxödemkoma ist eine seltene, aber lebensbedrohliche Komplikation der Hypothyreose. Es ist durch eine multisystemische Stoffwechseldepression gekennzeichnet und tritt vor allem bei älteren Patient:innen mit unbehandelter Hypothyreose auf. Zu den häufigen Auslösern zählen z.B. Infekte, Operationen, Kälteexposition oder Traumen.
Klinisches Bild:
Vigilanzminderung bis Koma
Hyporeflexie
Hypoventilation mit Hyperkapnie und respiratorischer Azidose
Hypothermie
Hypotonie und Bradykardie
Schocksymptomatik
Hyponatriämie
Hypoglykämie
Myxödem (muss nicht zwingend vorliegen)
Therapie:
Intensivmedizinische Überwachung
Sofortige Hormonsubstitution: L-Thyroxin i.v.
Glucocorticoidgabe
Temperaturmanagement: langsame Erhöhung der Körpertemperatur ohne lokale Wärmezufuhr
Maßnahmen wie Heizkissen, Wärmflaschen oder Infrarotlampen auf einzelne Körperbereiche sollen vermieden werden, da sie eine periphere Vasodilatation auslösen können. Dies kann den Blutdruck weiter senken und einen Kreislaufkollaps begünstigen
Empfohlene Methoden: passive Erwärmung (z. B. warme Umgebung, Decken), ggf. erwärmte Infusionslösungen (je nach Klinikstandard), Verbesserung des metabolischen Zustands mittels Schilddrüsenhormongabe (entscheidend für die Normalisierung)
Regulation des Elektrolyt- & Wasserhaushaltes
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Lernkarte zum Download
Tipp
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Pilz S et al.: Hypothyreose: Guidelines, neue Erkenntnisse und klinische Praxis. Journal für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel. 13:88–95 (2020). doi: 10.1007/s41969-020-00114-9
Herrmann F, Karger S: Endokrinologie für die Praxis. Georg Thieme Verlag, 2015, ISBN: 978-3-131-95107-6
Zuletzt aktualisiert am 11.06.2025
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