Zusammenfassung
Instabile Tachykardien
Sie äußern sich durch Symptome wie:
- Hypotonie (RR <90 mmHg)
- Schocksymptomatik
- Bewusstseinsstörungen, z.B. Somnolenz, Synkopen
- Zeichen der dekompensierten Herzinsuffizienz
- Angina pectoris
Das Ziel der Diagnostik ist die Differenzierung zwischen einer Schmal- oder Breitkomplextachykardie
Besteht eine hämodynamische Instabilität, ist die sofortige elektrische Kardioversion
Fallbeispiel
Um den Einstieg in das Thema instabile Tachykardie
Das Szenario
Einsatzmeldung:
- Stichwort: Bewusstseinsstörung, tachykarde Herzrhythmusstörung
- Ort: Zuhause, Wohnzimmer
- Alarmzeit: 19:52
- Anrufer: Tochter
- Anzahl der Betroffenen: 1
- Zusatzinfo:
- Männlich, 70 Jahre alt
- Zustand nach Herzinfarkt
vor 3 Wochen - Berichtet über Schwindel und Herzklopfen
Lageeinweisung vor Ort:
Beim Eintreffen des Rettungsdienstes liegt der Patient auf dem Sofa im Wohnzimmer und greift sich an die Brust. Seine Tochter sitzt neben ihm auf dem Sofa und wirkt besorgt.
Die Lage ist wie folgt:
- Auf Ansprache fixiert euch der Patient, allerdings ist er desorientiert
- Er ist blass
, stark verschwitzt und wirkt schwach - Der Patient klagt über Herzrasen
und Schwindel - Vor etwa 20 Minuten wollte er aufstehen, wurde plötzlich blass
, begann stark zu schwitzen und brach zusammen - Anschließend war er für wenige Sekunden nicht ansprechbar, kam dann aber wieder zu sich, daraufhin habe die Tochter den Notruf abgesetzt

Dieses Bild wurde mit der KI-Software DALL·E (OpenAI) erstellt. Es wurde automatisch generiert und dient ausschließlich illustrativen Zwecken.
Ersteindruck nach xABCDE-Schema
Um sich einen ersten umfassenden Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten in einer Notfallsituation zu verschaffen, bietet sich das xABCDE-Schema an. Um die Arbeit mit dem Schema zu veranschaulichen, ist hier ein xABCDE-Schema abgebildet, wie es im Falle einer Ersteinschätzung bei einer Patientin oder einem Patienten mit einer instabilen Tachykardie
Es handelt sich dabei um die Befunde, die innerhalb der ersten paar Minuten erhoben werden können. Erweiterte Diagnostik und Abfragen sind natürlich von Bedeutung, jedoch würde zum Beispiel die Messung des Blutzuckers
x |
|
|
A |
| Kein |
B |
| Mittelbares |
C |
| Akutes |
D |
| Mittelbares |
E |
| Kein |
AchtungDas hier gezeigte Assessment vermittelt nur einen exemplarischen ersten Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten. Im Verlauf der Behandlung müssen weitere Maßnahmen ergriffen und Informationen gesammelt werden. Das Schema erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll lediglich einen praktischen Einstieg in das Thema ermöglichen.
Definition
DefinitionEine instabile Tachykardie
ist eine Rhythmusstörung des Herzens mit einer Frequenz >100/min, die mit einer hämodynamischen Beeinträchtigung einhergeht. Instabilitätskriterien sind:
- Hypotonie (RR <90 mmHg)
- Schocksymptomatik
- Bewusstseinsstörungen, z.B. Somnolenz, Synkopen
- Zeichen der dekompensierten Herzinsuffizienz
- Angina pectoris
Klassifikation
Nach Ursprung der Erregungsbildung:
- Supraventrikuläre Tachykardien
(SVT ) → Ursprung in den Vorhöfen - Ventrikuläre Tachykardien
(VT ) → Ursprung in den Kammern
Nach QRS-Breite im EKG:
- Schmalkomplex-Tachykardien
→ QRS-Komplex <120 ms - Breitkomplex-Tachykardien
→ QRS-Komplex ≥120 ms
Regelmäßiger oder unregelmäßiger Rhythmus:
- Regelmäßig → Tachykardie
- Unregelmäßig → Tachyarrhythmie
Ursachen
Kardiale Ursachen
Liegt die Ursache der Herzrhythmusstörung in den Vorhöfen, spricht man von supraventrikulären Tachykardien
MerkeInstabile Tachykardien
können auch aufgrund einer akuten Herzerkrankung entstehen, z.B. einem akutem Koronarsyndrom (ACS ) oder einer dekompensierten Herzinsuffizienz .
Extrakardiale Ursachen
InfoNeben kardialen Ursachen können auch zahlreiche extrakardiale Faktoren eine instabile Tachykardie
auslösen. Diese betreffen vorrangig das autonome Nervensystem, den Stoffwechsel und externe Einflüsse.
- Elektrolytstörungen
- Rechtsherzbelastung:
- Akut → Lungenarterienembolie
- Chronisch: Cor pulmonale
, z.B. aufgrund einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD )
- Medikamentös-toxisch:
- Holiday-Heart-Syndrom: Auftreten von Herzrhythmusstörungen (insbesondere paroxysmales Vorhofflimmern
) bei herzgesunden Personen nach ausgeprägtem Alkoholkonsum - Sympathomimetika (direkte und indirekte): z.B. Dobutamin oder Theophyllin
- Parasympatholytika
: z.B. Atropin - QT-Zeit
verlängernde Medikamente: z.B. Antiarrhythmika Klasse I/III, Antidepressiva , Neuroleptika , Makrolide → erhöhtes Risiko für Torsades-de-Pointes-Tachykardien
- Holiday-Heart-Syndrom: Auftreten von Herzrhythmusstörungen (insbesondere paroxysmales Vorhofflimmern
- Hyperthyreose
- Infektionen oder Entzündungen: Beispielsweise Sinustachykardie bei Sepsis, Induktion eines Vorhofflimmerns durch systemische Entzündungsreaktionen oder ventrikuläre Tachykardien
im Rahmen einer Myokarditis
Pathophysiologie
MerkeReminder: physiologische Grundlagen
- Herzfrequenz
und Herzleistung:
- Die Herzfrequenz
ist ein zentraler Faktor für das Herzzeitvolumen (HZV), das sich aus Herzfrequenz und Schlagvolumen zusammensetzt (HZV = HF × SV) - Eine normale Ruhefrequenz (60–100/min) ermöglicht eine optimale Füllung und Entleerung der Herzkammern
- Parasympathikus
und Sympathikus :
- Der Parasympathikus
senkt die Herzfrequenz (Bradykardie ), insbesondere nachts oder in Ruhephasen - Der Sympathikus
steigert die Herzfrequenz (Tachykardie ), z.B. bei körperlicher Aktivität , Stress oder Gefahr Eine funktionell angepasste Herzfrequenz
ist essenziell, um die Gewebe des Körpers mit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen.
Die Herzfrequenzregulation erfolgt durch ein komplexes Zusammenspiel des autonomen Nervensystems, ionenspezifischer Aktionspotenziale und myokardialer Perfusion. Eine Tachykardie
Zentrale Mechanismen der hämodynamischen Instabilität:
- Reduziertes Herzzeitvolumen: Durch die verkürzte Diastole
sinkt die enddiastolische Füllung des Ventrikels → verminderte Pumpleistung - Myokardiale Ischämie: Die Koronarperfusion erfolgt primär in der Diastole
. Bei Tachykardien verkürzt → Sauerstoffversorgung des Myokards sinkt - Erhöhte myokardialer Sauerstoffbedarf: Eine gesteigerte Herzfrequenz
erhöht den ATP- und O₂ -Bedarf, während die Perfusion abnimmt → Myokardiale Ischämie mit der Gefahr von möglichen Arrhythmien - Autonome Dysregulation: Eine übermäßige Sympathikusaktivierung kann die Tachykardie
verstärken und proarrhythmogen wirken, insbesondere durch eine Überstimulation von β1-Adrenozeptoren - Störung der physiologischen elektrischen Erregungsleitung: Besonders bei ventrikulären Tachykardien
ist die Synchronität der ventrikulären Kontraktion gestört → Pumpfunktion wird weiter verschlechtert
Folgen:
- Hypotonie und Schock
→ durch die reduzierte Pumpleistung - Bewusstseinsstörungen bis Synkope
→ aufgrund verminderter zerebraler Perfusion - Lungenödem
und Dyspnoe → durch erhöhten pulmonalen Kapillardruck infolge der linksventrikulären Dysfunktion - Übergang in Kammerflimmern → Besonders bei ventrikulären Tachykardien
mit kritischer Perfusionsminderung
Klinischer Eindruck
Typische Zeichen
MerkeDie klinische Symptomatik einer Tachykardie
variiert je nach Ursache und möglichen Begleiterkrankungen, wie einem akuten Myokardinfarkt oder Intoxikationen .
- Zeichen der Herzinsuffizienz → Kardiogener Schock
- Ggf. Thoraxschmerzen (inkl. Veränderungen im 12-Kanal-EKG
) - Dyspnoe
- Herzklopfen
(Palpitationen ) - Bewusstseinseintrübung
- Synkope
- Ggf. Zeichen zerebraler Minderperfusion:
- Müdigkeit
- Apathie
- Schwindel
- Kognitive Störungen
- Zusätzliche Symptome resultieren aus der zugrunde liegenden Erkrankung, z.B. Angina pectoris
bei Myokardinfarkt
AchtungKonvulsive Synkope
Bei instabilen Tachykardien
kann eine reduzierte zerebrale Durchblutung zu einem Bewusstseinsverlust mit krampfartigen Muskelkontraktionen führen. Dieses Phänomen wird als konvulsive Synkope bezeichnet und entsteht durch eine vorübergehende Sauerstoffunterversorgung des Gehirns. Dabei können anfallsartige Symptome auftreten, die jedoch von epileptischen Anfällen abzugrenzen sind.
Generalisierte Zeichen
- Unwohlsein
- Übelkeit
- Schwitzen
- Kollapsneigung
Diagnostik
Alle weiteren Details und die ausführliche Diagnostik findest du in den Artikeln zu den jeweiligen Herzrhythmusstörungen.
AchtungDas Ziel der Diagnostik ist die Differenzierung zwischen einer Schmal- oder Breitkomplextachykardie
. Bei der Zustandsbeurteilung darf nicht nur die Herzfrequenz beurteilt werden, sondern es muss das Gesamtbild aus Frequenz, Rhythmus und Symptomen berücksichtigt werden.
Anamnese
- S (Symptome): Schocksymptomatik, Tachykardie
, Synkope , Bewusstseinstrübung , Schwindel, Zeichen der Herzinsuffizienz - Breitkomplextachykardie
:
→ Breite QRS-Komplexe, Differenzierung regelmäßig vs. unregelmäßig - Schmalkomplextachykardie:
→ Schmale QRS-Komplexe, Differenzierung regelmäßig vs. unregelmäßig
- Breitkomplextachykardie
- A (Allergien, Infektionen): Infektionen können zu einer Tachykardie
führen - M (Medikation):
- Antikoagulantien
? - Thrombozytenaggregationshemmer
? - Medikamente, die eine Tachykardie
begünstigen: - Symphatomimetika
- QT-Zeit
verlängernde Medikamente - Parasympatholytika
- Antikoagulantien
- P (Patientengeschichte): Vorerkrankungen, insbesondere:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen:
- Koronare Herzkrankheit
(KHK ), Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz - Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern
), vorbekannter Schenkelblock - Herzschrittmacher
, ICD , CRT -D
- Koronare Herzkrankheit
- Stoffwechselerkrankungen:
- Hyperthyreose
, Elektrolytstörungen
- Hyperthyreose
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen:
- L (Letzte…): Flüssigkeitsaufnahme (eine Hypovolämie im Rahmen einer Exsikkose
kann zu einer Tachykardie führen) - E (Ereignis): Plötzliches Auftreten der Symptomatik oder schleichender Verlauf?
- Hinweise auf Intoxikation, z.B. Medikamentenintoxikation
- Hinweise auf auslösende Erkrankung, z.B. ACS
- R (Risiko): Cor pulmonale
, Medikamente, die eine Tachykardie begünstigen, Intoxikationen , Vorerkrankungen - S (Schwangerschaft)
TippNutze Schemata
Um die Anamnese strukturiert durchzuführen, bietet es sich an, Schemata wie das SAMPLERS oder OPQRST-Schema
zu nutzen. Am obigen Beispiel haben wir Fragen und Befunde dargestellt, die bei dem Verdacht auf eine instabile Tachykardie abgefragt werden sollten und vorliegen könnten.
Körperliche Untersuchung
Inspektion:
- Hautkolorit & Durchblutung:
- Blässe → Kreislaufinsuffizienz, Schock
- Zyanose → Hypoxie, kardiorespiratorische Dekompensation
- Marmorierte Haut → Perfusionsstörung
- Blässe → Kreislaufinsuffizienz, Schock
- Atmung:
- Tachypnoe
- Dyspnoe
- Verlängerte Rekapillarisierungszeit
- Ggf. gestaute Halsvenen: Erhöhter zentraler Venendruck
→ Rechtsherzbelastung (z. B. bei Herzinsuffizienz , Perikardtamponade ) - Ggf. Beinödeme → kardiale Dekompensation
Palpation:
- Pulsstatus:
- Peripher oft schwach tastbar
- Schnell
- Ggf. arrhythmisch
- Kaltschweißige Haut
Perkussion:
- Der Perkussionsbefund sollte physiologisch ausfallen. Ist das nicht so, muss differenzialdiagnostisch gedacht werden
Auskultation:
- Ggf. feuchte Rasselgeräusche
→ Zeichen für Lungenödem bei kardialer Dekompensation
EKG -Diagnostik
AchtungDas 12-Kanal-EKG
spielt eine entscheidende Rolle in der Diagnostik tachykarder Rhythmusstörungen. Es liefert essenzielle Informationen, um die Ursache einer Tachykardie zu identifizieren und die richtige Therapie einzuleiten.
InfoHier werden nur die häufigsten EKG
-Befunde als Ursache einer instabilen Tachykardie grob dargestellt. Detaillierte Informationen sowie eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur EKG
-Auswertung sind im EKG -Kurs und in den EKG -Fallbeispielen zu finden.
Supraventrikuläre Tachykardien :
Rhythmusstörung | EKG |
---|---|
AV-Knoten |
|
Atrioventrikuläre Reentry-Tachykardie |
|
Ektope atriale Tachykardie |
|
Tachyarrhythmia absoluta |
|

Ventrikuläre Tachykardien :
Rhythmusstörung | EKG |
---|---|
Monomorphe ventrikuläre Tachykardie |
|
Polymorphe ventrikuläre Tachykardie |
|
FBI-Tachykardie |
|
Kammerflimmern |
|

Therapie
MerkeDas Hauptziel der Behandlung besteht darin, eine ausreichende Organperfusion sicherzustellen und den Herzrhythmus
zu stabilisieren, entweder durch medikamentöse Therapie oder elektrische Kardioversion .
InfoEine Tachykardie
erfordert nur dann eine therapeutische Intervention, wenn sie mit klinischen Symptomen (Instabilitätszeichen) einhergeht.
Standardisierte Therapie
Die folgenden Maßnahmen werden standardmäßig angewandt:
- Sauerstoffgabe
: Bei Patient:innen mit einer verminderten Sauerstoffsättigung (Hypoxie) wird Sauerstoff verabreicht, um die Sauerstoffversorgung des Gewebes zu verbessern und die Funktion lebenswichtiger Organe sicherzustellen
→ Die Sauerstoffgabeerfolgt angepasst an die Sauerstoffsättigung , je nach vorliegender Ursache für die Tachykardie - Kristalloide Infusionslösungen: Die Flüssigkeitstherapie ist essenziell zur Optimierung der Perfusion und zur Vermeidung einer Hypotonie
→ Bei instabilen Tachykardienist eine Normotonie anzustreben, der systolische Blutdruckwert sollte nicht unter 90 mmHg fallen
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Behandlung tachykarder Herzrhythmusstörungen im Rettungsdienst richtet sich nach der Art des zugrunde liegenden Befundes. Je nach Rhythmusstörung stehen unterschiedliche Antiarrhythmika zur Verfügung, die gezielt zur Rhythmuskontrolle
Weitere Informationen findest du im folgenden Algorithmus: Tachykarde Herzrhythmusstörungen
Elektrische Kardioversion
AchtungBei hämodynamischer Instabilität ist eine zeitnahe elektrische Kardioversion
erforderlich, um den normalen Herzrhythmus wiederherzustellen und eine ausreichende Organperfusion zu gewährleisten.
AchtungJe instabiler der Kreislaufzustand eines Patienten oder einer Patientin ist, desto früher sollte die Entscheidung zur transkutanen Schrittmacherstimulation oder zur Durchführung einer Notfallkardioversion getroffen werden.
Durchführung der elektrischen Kardioversion :
- Anbringen der Defibrillations-Patches am nackten Oberkörper
- Anterior-lateral oder anterior-posterior
TippBei einem implantierten Schrittmacher sollten die Defibrillations-Patches mindestens 8 cm vom Gerät entfernt angebracht werden, um eine Beschädigung zu vermeiden. In diesen Fällen ist die anterior-posterior-Platzierung in der Regel vorteilhafter.
- Defibrillator:
- Defibrillator einschalten
- R-Zacken-Synchronisation aktivieren (Taste heißt oft „SYNC“)
- Energiemenge: Initial ca. 100-120 Joule biphasisch (Steigerung bei weiteren Versuchen)
- Bei Kindern: Initial 0,5–1 Joule/kgKG, max. 2 Joule/kgKG
TippPraxistipp
In der praktischen Anwendung wird die Energiewahl vereinfacht, wobei der bestehende Rhythmus mehr oder weniger für die Energiewahl ignoriert wird. Es wird folgende Energiewahl vorgenommen:
- Schockabgabe: 120 Joule
- Schockabgabe: 150 Joule
- Schockabgabe: 200 Joule
- Analgosedierung
: - Sauerstoffgabe
(Präoxygenierung zur Vermeidung einer Hypoxie) - Einleiten der Sedierung (z.B. mit Fentanyl
und Propofol oder Ketamin und Midazolam → Dosisanpassung bei instabilen Patient:innen, um eine medikamentös bedingte Kreislaufdepression zu vermeiden) - Überprüfung der Sedierungstiefe
- Sauerstoffgabe
- Sicherheitscheck:
- Vergewissern, dass keine Person den Patienten oder die Patientin berührt
- Lautes Kommando: „Achtung Kardioversion
– weg vom Patienten!“
- Synchronisierte Schockabgabe
TippHalte die Schocktaste so lange gedrückt, bis der Schock
EKG -getriggert abgegeben wurde. Sofern der erste Schock nicht erfolgreich war, kann eine erneute Schockabgabe mit höherer Energie durchgeführt werden.
Nachsorge:
- Weiterführung des Monitorings und der körperlichen Untersuchung
- Bei frustraner Kardioversion
: Ggf. erneuter Versuch mit höherer Energie (z. B. 50 Joule höher) - Nach drei frustranen Kardioversionen: Ggf. Amiodaron
vor erneutem Versuch - Bei fehlendem Puls
: Reanimation starten
- Bei frustraner Kardioversion
AchtungBei hohen Herzfrequenzen
oder polymorph deformierten QRS-Komplexen kann der Defibrillator die R-Zacken möglicherweise nicht zuverlässig erkennen. Bei einer instabilen ventrikulären Tachykardie (VT ) und fehlender Synchronisationsmöglichkeit ist daher eine unsynchronisierte Defibrillation erforderlich.

Weitere Maßnahmen
- Kontinuierliche Kreislaufüberwachung
- Identifikation und Therapie der zugrundeliegenden kardialen Ursache (siehe akutes Koronarsyndrom
, dekompensierte Herzinsuffizienz ) - Ggf. Therapie der extrakardialen Ursachen, z.B. Elektrolytstörungen, Hypothermie, Hypoxie
- Lagerung je nach Symptomatik: bei kardialem Lungenödem
wenn möglich Oberkörperhochlagerung
TippLagerung situationsgerecht anpassen
- Hämodynamisch stabile Tachykardie
→ Flachlagerung oder Oberkörperhochlagerung - Hämodynamisch instabile Tachykardie
→ Flachlagerung
Algorithmus
Notfälle bei Patient:innen mit Herzschrittmacher
Fehlfunktionen eines Schrittmachers können unterschiedliche Ursachen haben.
Häufige Auslöser sind:
- Eine erschöpfte Batterie
- Fehlprogrammierungen
- Dislozierte Elektroden
- Wiederholte inadäquate Schockabgaben infolge fehlerhafter Rhythmusdetektion
Magnetverhalten von Schrittmachern
Wird ein Magnet über einen Herzschrittmacher gelegt, schaltet dieser in einen speziellen Modus mit einer festen, sogenannten Magnetfrequenz. Das bedeutet, der Schrittmacher gibt kontinuierlich Impulse ab, ohne auf den eigenen Herzrhythmus
- Bei Einkammer-Systemen stimuliert er nur die Herzkammer (V00-Modus)
- Bei Zweikammer-Schrittmachern werden zusätzlich die Vorhöfe stimuliert (D00-Modus)
- Gleichzeitig wird die Stimulationsstärke erhöht, um eine zuverlässige Erregung des Herzmuskels sicherzustellen
AchtungTheoretisch kann es dadurch, vor allem bei einer ungünstigen Stimulation in der sogenannten vulnerablen Phase zu gefährlichen Rhythmusstörungen kommen. Deshalb ist es wichtig, während der Magnetauflage eine kontinuierliche EKG
-Überwachung durchzuführen. In der Praxis sind solche Komplikationen allerdings sehr selten und meist nur vereinzelt beschrieben worden.
Magnetverhalten von ICD
Wenn ein Magnet aufgelegt wird, schalten die meisten Geräte nicht in eine feste Stimulation, sondern deaktivieren lediglich ihre Schock
→ Der ICD
Indikation zur Magnetauflage
Patient:innen mit implantierten ICD :
Wenn bei einem ICD
In solchen Fällen kann ein aufgelegter Magnet die Schockfunktion des ICD
Patient:innen mit implantiertem Schrittmacher:
Bei bestimmten Schrittmacherfehlfunktionen, z.B. einer sogenannten schrittmacherinduzierten Tachykardie
Kontraindikationen zur Magnetauflage
Batterieversagen des Schrittmachers:
Wenn Patient:innen eine Bradykardie
Wird nun ein Magnet aufgelegt, steigert der Schrittmacher automatisch die Stimulationsenergie. Dies ist zwar bei funktionierenden Geräten gewollt, bei fast leerer Batterie führt dies jedoch dazu, dass der letzte Rest Energie verbraucht wird und das Gerät vollständig ausfällt.
Besondere Situationen
Torsade-de-Pointes-Tachykardie
DefinitionEine Torsade-de-Pointes-Tachykardie
kann im Rahmen eines Long-QT-Syndroms auftreten. Torsade-de-pointes bedeutet übersetzt Spitzenumkehrtachykardie . Bei dieser liegt zuerst ein Sinusrhythmus mit einer verlängerten QT-Zeit über 550 ms vor. Es kommt zu einem plötzlichen Einsetzen der Tachykardie mit breitem QRS-Komplex , der um die isoelektrische Linie unduliert und an Größe zu- und abnimmt.
Die Torsade-de-Pointes-Tachykardie
FBI-Tachykardie
DefintionEine Sonderform der Breitkomplextachykardien
ist die sogenannte FBI-Tachykardie . FBI steht für fast, broad, irregular. Eine FBI-Tachykardie entsteht im Rahmen von Vorhofflimmern mit einer zusätzlich vorliegenden akzessorischen Leitungsbahn . Es resultieren hohe Frequenzen, ein verbreiterter QRS-Komplex und eine variable Morphologie, da die Erregung teilweise über die akzessorische Leitungsbahn und teilweise regulär über den AV-Knoten übergeleitet wird. Die Therapie beläuft sich auf eine synchronisierte Kardioversion.
Weitere Therapie im klinischen Setting
Versorgung in der Notaufnahme
In dieser Notlage kann es helfen, sich mental auf die nächsten Schritte vorzubereiten. Dafür ist es ratsam, schon auf der Fahrt zum Krankenhaus zu erklären, wie das weitere Procedere im Krankenhaus aussieht und worauf die Person sich potenziell einstellen muss.
AchtungDa die Therapie je nach aufnehmendem Krankenhaus und Behandler:in variieren kann, empfiehlt es sich nicht, einen bestimmten Behandlungsweg detailliert zu beschreiben. Eine grobe Skizzierung des weiteren Behandlungspfades reicht völlig aus, um Unsicherheiten zu minimieren. Die weiteren Informationen dienen ausschließlich eurer Information als Fachpersonal!
EKG -Diagnostik:
Die EKG
Labordiagnostik:
Die Labordiagnostik spielt eine entscheidende Rolle bei der Identifikation möglicher Ursachen einer Tachykardie
- Blutgasanalyse
(BGA ) → Hypoxie, Azidose ? - Elektrolyte → Elektrolytstörung als Auslöser?
- Troponin → Myokardinfarkt oder Myokarditis?
- TSH
, T3 , T4 → Hyperthyreose als Ursache? - CRP
, Leukozyten , Procalcitonin → Infektion oder Entzündung als Ursache? - Toxikologische Untersuchung:
- Drogenscreening (z.B. Amphetamine, Kokain
) → Sympathomimetische Substanzen als Arrhythmie-Trigger - QT-Zeit
-verlängernde Medikamente (Antiarrhythmika, Psychopharmaka, Makrolide ) → Risikofaktor für Torsades-de-Pointes-Tachykardie
- Drogenscreening (z.B. Amphetamine, Kokain
Kardiologische Untersuchungen / Interventionen
- Echokardiografie
→ Beurteilung struktureller Herzkrankheiten - Herzkatheteruntersuchung
→ Bei Verdacht auf ischämische Ursache oder strukturelle Herzerkrankung
Herzschrittmacher / ICD :
Antitachykarde Herzschrittmacher
Gregory Marcus, MD, MAS, FACC, CC BY 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by/3.0, via Wikimedia Commons: Es wurden die Markierungen und Beschriftungen ergänzt.
Ein ICD
ICDs kommen bei folgenden Indikationen zum Einsatz:
- Primärprophylaxe: Erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Herztod
- z.B. Herzinsuffizienz
mit einer ischämischen Genese und einer LVEF <35 % trotz einer optimalen medikamentösen Herzinsuffizienztherapie für die Dauer von mindestens 3 Monaten - Es sollte keine Implantation erfolgen, wenn es in den letzten 40 Tagen zu einem Herzinfarkt kam
- Überbrückend bis zur definitiven Therapie kann ein externer Defibrillator (LiveVest®️) getragen werden
- z.B. Kardiomyopathie/Herzerkrankung mit einem hohen Risiko für maligne Herzrhythmusstörungen: z.B. hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie, arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie, Long-QT-Syndrom
oder Brugada-Syndrom
- z.B. Herzinsuffizienz
- Sekundärprophylaxe: Nach überlebtem Kammerflimmern
oder einer ventrikulären Tachykardie mit einer hämodynamischen Instabilität (nicht, wenn es eine reversible Ursache gibt oder das Ereignis innerhalb von 48 Stunden nach einem Myokardinfarkt aufgetreten ist)
InfoCRT
-D Durch die kardiale Resynchronisationstherapie (= CRT
) kann mittels Elektrodenstimulation die Kontraktion der rechten und linken Kammer synchronisiert werden und die Auswurfleistung des Herzens verbessert werden. Der CRT kann zusätzlich die Funktion eines Herzschrittmachers übernehmen. Weiterhin kann er mit einer Defibrillatorfunktion aufgerüstet werden (CRT -D).
Transport
Die Wahl des Zielkrankenhauses ist abhängig vom individuellen Fall. Das Zielkrankenhaus sollte über eine kardiologische Abteilung verfügen und eine Notaufnahme mit einem Schockraum vorweisen. Je nach dem Zustand von Patient:innen ist eine intensivmedizinische Überwachung notwendig.
Während des Transports ist ein kontinuierliches Basismonitoring
MerkeZusammenfassung Transport
- Zielkrankenhaus: Kardiologische Abteilung mit intensivmedizinischer Überwachung
- Kontinuierliche EKG- und Kreislaufüberwachung
Prüfungswissen
Definition:
DefinitionEine instabile Tachykardie
ist eine Rhythmusstörung des Herzens mit einer Frequenz >100/min, die mit einer hämodynamischen Beeinträchtigung einhergeht. Instabilitätskriterien sind:
- Hypotonie (RR <90 mmHg)
- Schocksymptomatik
- Bewusstseinsstörungen, z.B. Somnolenz, Synkopen
- Zeichen der dekompensierten Herzinsuffizienz
- Angina pectoris
Ursachen:
- Kardiale Ursachen:
- Tachykardien
unterschiedlicher Genese - Akute und chronische Herzerkrankungen, z.B. ACS
- Tachykardien
- Extrakardiale Ursachen:
- Hypoxie
- Elektrolytstörungen
- Medikamentennebenwirkungen
- Intoxikationen
- Infektionen oder Entzündungen
Pathophysiologie:
- Reduziertes Herzzeitvolumen
- Myokardiale Ischämie
- Erhöhte myokardialer Sauerstoffbedarf
- Autonome Dysregulation
- Störung der elektrischen Erregungsleitung
Auswirkungen:
- Hypotonie und Schock
- Zerebrale Minderperfusion:
- Bewusstseinsstörungen bis Bewusstlosigkeit
- Synkope
- Lungenödem
und Dyspnoe - Übergang in Kammerflimmern
Klinischer Eindruck:
- Zeichen der Herzinsuffizienz
→ Kardiogener Schock - Ggf. Thoraxschmerzen (inkl. Veränderungen im 12-Kanal-EKG
) - Dyspnoe
- Bewusstseinseintrübung
- Synkope
- Bewusstseinsveränderungen
- Zusätzliche Symptome resultieren aus der zugrunde liegenden Erkrankung, z.B. Angina pectoris
bei Myokardinfarkt
Anamnese:
AchtungDas Ziel der Diagnostik ist die Differenzierung zwischen einer Schmal- oder Breitkomplextachykardie
. Bei der Zustandsbeurteilung darf nicht nur die Herzfrequenz beurteilt werden, sondern es muss das Gesamtbild aus Frequenz, Rhythmus und Symptomen berücksichtigt werden.
Inspektion:
- Hautkolorit & Durchblutung:
- Blässe → Kreislaufinsuffizienz, Schock
- Zyanose → Hypoxie, kardiorespiratorische Dekompensation
- Marmorierte Haut → Perfusionsstörung
- Blässe → Kreislaufinsuffizienz, Schock
- Atmung:
- Tachypnoe
- Dyspnoe
- Verlängerte Rekapillarisierungszeit
- Ggf. gestaute Halsvenen: erhöhter zentraler Venendruck
→ Rechtsherzbelastung (z. B. bei Herzinsuffizienz , Perikardtamponade ) - Ggf. Beinödeme → kardiale Dekompensation
Palpation:
- Pulsstatus:
- Peripher oft schwach tastbar
- Schnell
- Ggf. arrhythmisch
- Kaltschweißige Haut
EKG
- Auf typische EKG
-Befunde achten, die zu einer instabilen Tachykardie führen können - Differenzierung Breitkomplextachykardie
und Schmalkomplextachykardie und regelmäßige sowie unregelmäßige Tachykardie
Therapie:
- Organperfusion und Gewebeoxygenierung sicherstellen → arterieller Mitteldruck (MAP) > 65 mmHg
- Sauerstoffgabe
- Medikamentöse Therapie, z.B. mit Amiodaron
- Bei hämodynamischer Instabilität → elektrische Kardioversion
Besondere Situationen:
- Torsade-de-Pointes-Tachykardie
- FBI-Tachykardie
Weitere Therapie im klinischen Setting:
- EKG
-Diagnostik - Labordiagnostik
- Bei vorliegender Indikation → Herzschrittmacher / ICD
/ CRT-D
Transport:
- Zielkrankenhaus: Kardiologische Abteilung mit intensivmedizinischer Überwachung
- Kontinuierliche EKG
- und Kreislaufüberwachung
Quellen
Reanimation 2021 – Leitlinien kompakt, Deutscher Rat für Wiederbelebung – German Resuscitation Council e.V. (GRC)
Tachykarde Rhythmusstörungen, retten – Notfallsanitäter. 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2023. ISBN: 9783132421233
Tachykarde Herzrhythmusstörungen, Innere Medizin. Hrsg. 13. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2010. 9783131621832
Herzschrittmacher, ICD und CRT - Fehlfunktionen und Besonderheiten, Notfallmedizin up2date 2013; 8(01): 25 - 39