Zusammenfassung
Die Intoxikation mit Drogen stellt im rettungsdienstlichen Alltag ein potenziell lebensbedrohliches Einsatzbild dar. Je nach Substanzklasse, Konsummenge und Applikationsform fällt das klinische Bild sehr unterschiedlich aus. Besonders gefährlich sind Mischintoxikationen.
Grundsätzlich lassen sich Drogen in vier große Gruppen einteilen:
- Uppers (Stimulanzien)
- Downers (Sedativa)
- Halluzinogene Drogen
- Neue psychoaktive Substanzen (NPS)
Häufige Ursachen für Intoxikationen sind Überdosierungen bei Drogenabhängigkeit, Mischkonsum, unsachgemäßer Gebrauch, psychische Krisen oder Vorsatz durch Dritte, z.B. beim Einsatz von K.-o.-Tropfen.
Zu den wichtigsten Behandlungsmaßnahmen zählen die Sicherung der Atmung, die Kreislaufstabilisierung und, wenn möglich, die Gabe eines geeigneten Antidots. Dabei gilt es, lebensbedrohliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen und gezielt zu behandeln.
Fallbeispiel
Um den Einstieg in das Thema Intoxikation mit Drogen etwas zu erleichtern, wird im Folgenden ein Fall beschrieben, wie er sich präklinisch ereignen könnte.
Das Szenario
Einsatzmeldung:
- Stichwort: Krampfanfall
- Ort: Öffentlicher Raum
- Alarmzeit: 02:10 Uhr
- Anrufer:in: Freunde
- Anzahl der Betroffenen: 1
- Zusatzinfo:
- Männlich, 21 Jahre alt
- Verdacht auf Drogenkonsum
- Die Polizei ist ebenfalls alarmiert
Lageeinweisung vor Ort:
Beim Eintreffen des Rettungsdienstes liegt der Patient reglos auf dem Gehweg.
Die Lage ist wie folgt:
- Der Patient ist auf laute Ansprache erweckbar
- Der Körper fühlt sich überhitzt an
- Bei der Atemkontrolle wird eine regelmäßige Atemfrequenz von 25/min festgestellt
- Die Pupillen sind weit (Mydriasis)
- Die Freunde, die den Notruf abgesetzt haben, berichteten, dass er Alkohol und 2 Tabletten Ecstasy konsumiert habe
- Auf dem Nachhauseweg sei er kollabiert und habe einen Krampfanfall gehabt. Daraufhin haben sie den Notruf abgesetzt
- Es sind keine äußeren Verletzungen erkennbar

Dieses Bild wurde mit der KI-Software DALL·E (OpenAI) erstellt. Es wurde automatisch generiert und dient ausschließlich illustrativen Zwecken.
Ersteinschätzung nach xABCDE-Schema
Um sich einen ersten umfassenden Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten in einer Notfallsituation zu verschaffen, bietet sich das xABCDE-Schema an. Um die Arbeit mit dem Schema zu veranschaulichen, ist hier ein xABCDE-Schema abgebildet, wie es im Falle einer Ersteinschätzung bei einer Patientin oder einem Patienten mit einer Intoxikation mit Drogen aussehen könnte.
Es handelt sich dabei um die Befunde, die innerhalb der ersten paar Minuten erhoben werden können. Erweiterte Diagnostik und Abfragen sind natürlich von Bedeutung, jedoch würde zum Beispiel die Anlage eines 12-Kanal-EKG
x |
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A |
| Kein |
B |
| Kein |
C |
| Akutes |
D |
| Mittelbares |
E |
| Akutes |
AchtungDas hier gezeigte Assessment vermittelt nur einen exemplarischen ersten Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten. Im Verlauf der Behandlung müssen weitere Maßnahmen ergriffen und Informationen gesammelt werden. Das Schema erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll lediglich einen praktischen Einstieg in das Thema ermöglichen.
Definition
DefinitionEine Intoxikation mit Drogen bezeichnet eine toxische Reaktion des Körpers auf psychoaktive Substanzen, die durch orale, intravenöse oder andere Applikationswege in den Körper gelangen. Diese Substanzen wirken auf das zentrale Nervensystem und andere Organsysteme und können zu schwerwiegenden Störungen führen, die eine Notfallbehandlung erfordern.
Klassifikation
Uppers (Stimulanzien):
Uppers, auch Stimulanzien genannt, steigern die Aktivität des zentralen Nervensystems und fördern die Freisetzung von Neurotransmittern wie Dopamin, Noradrenalin
Downers (Sedativa):
Downers, also Sedativa, dämpfen die Aktivität des zentralen Nervensystems. Sie verstärken die Wirkung des hemmenden Neurotransmitters GABA (=Gamma-Aminobuttersäure) oder blockieren die Wirkung von erregenden Neurotransmittern wie Glutamat, was zu Sedierung, Entspannung sowie zur Reduktion von Angst und Stress führt.
InfoUpper sind mit einer erhöhten Aktivität (up = engl. hoch, oben, auf), Downers mit einer gedämpfen Aktivität (down = engl. tief, herunter) assoziiert.
Halluzinogene:
Halluzinogene sind psychoaktive Substanzen, die das Wahrnehmungserlebnis verändern und Halluzinationen hervorrufen können. Sie wirken auf das zentrale Nervensystem und beeinflussen die Wahrnehmung von Zeit, Raum und Realität, wobei sowohl visuelle als auch auditive Halluzinationen auftreten können. Die Wirkung erfolgt hauptsächlich über Serotonin-Rezeptoren im Gehirn, wodurch die normale Verarbeitung sensorischer Informationen verändert wird.
Neue psychoaktive Substanzen (NPS):
Neue psychoaktive Substanzen (NPS) sind synthetisch oder halbsynthetisch hergestellte Drogen, die in Struktur und Wirkung klassischen Substanzen ähneln, jedoch zunächst nicht unter das BtMG fielen. Sie wirken stimulierend, sedierend oder halluzinogen und wurden häufig als „Legal Highs“ vermarktet. Aufgrund gesundheitlicher Risiken und Umgehungsstrategien wurden viele NPS seit 2016 durch das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) erfasst. Die Substanzen bergen ein hohes Intoxikationsrisiko, sind schwer detektierbar und stellen eine zunehmende Herausforderung in der Akutmedizin dar.
Uppers
Substanz | Beispiele für Szenenamen | Beschreibung | Konsumformen | Aussehen |
---|---|---|---|---|
Amphetamin (Speed, Pep) |
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![]() DMTrott, CC BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons |
Amphetaminderivat (Ecstasy, XTC, E) |
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| ![]() DEA, Public domain, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ecstasy_monogram.jpg, via Wikimedia Commons |
Methamphetamin (Crystal Meth) |
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| ![]() WikiLinuz, CC0, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Crystal_methamphetamine.jpg, via Wikimedia Commons |
Kokain und Crack |
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![]() The Drug Users Bible, CC BY 2.0, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0, via Wikimedia Commons
![]() Argv0, CC BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons |
AchtungSzenenamen ändern sich häufig und können je nach Region stark variieren. Die hier aufgeführten Begriffe dienen daher lediglich als Beispiele und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Downers
Substanz | Beispiele für Szenenamen | Beschreibung | Konsumformen | Aussehen |
---|---|---|---|---|
Benzodiazepine |
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![]() DMTrott, CC BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons |
Heroin |
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| ![]() DMTrott, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons |
Tetrahydro-cannabinol (THC, Cannabis) |
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| ![]() Beeblebrox, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons ![]() Zantastik~commonswiki, CC BY-SA 3.0 http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/, via Wikimedia Commons |
Hydroxy-butansäure (GHB, Liquid Ecstasy) |
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![]() Roberta F., CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons. Das Bild wurde zugeschnitten.
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AchtungSzenenamen ändern sich häufig und können je nach Region stark variieren. Die hier aufgeführten Begriffe dienen daher lediglich als Beispiele und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Halluzinogene Drogen
Substanz | Beispiele für Szenenamen | Beschreibung | Konsumformen | Aussehen |
---|---|---|---|---|
Lysergsäure-diethylamid (LSD, Acid) |
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![]() The Drug Users Bible, CC BY 2.0 https://creativecommons.org/licenses/by/2.0, via Wikimedia Commons |
(Es-)Ketamin |
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| ![]() DMTrott, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons
![]() DanielTahar, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons |
Psilocybin (Magic Mushrooms) |
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| ![]() Arp, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons |
Schnüffel-stoffe und Poppers |
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![]() Claude Truong-Ngoc, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons. Das Bild wurde zugeschnitten.
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AchtungSzenenamen ändern sich häufig und können je nach Region stark variieren. Die hier aufgeführten Begriffe dienen daher lediglich als Beispiele und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Weitere Drogen
Substanz | Beispiele für Szenenamen | Beschreibung | Konsumformen |
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Neue psycho-aktive Substanzen (NPS) |
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AchtungSzenenamen ändern sich häufig und können je nach Region stark variieren. Die hier aufgeführten Begriffe dienen daher lediglich als Beispiele und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Ursachen
InfoDie Einnahme von Drogen in üblichen Konsummengen ist in den meisten Fällen nicht unmittelbar lebensbedrohlich. Akute Notfälle treten vorwiegend bei Überdosierung, Mischkonsum oder verunreinigten Substanzen auf.
Überdosierungen:
Absichtliche oder versehentliche Einnahme einer zu hohen Dosis
→ Häufig bei Substanzen mit hoher Potenz, z.B. Heroin
Mischkonsum:
Gleichzeitiger Konsum mehrerer Substanzen
→ Besonders gefährlich: Kombination von ZNS-dämpfenden Substanzen (z.B. Alkohol + Benzodiazepine
Verunreinigte oder gestreckte Substanzen:
Unbekannte Beimischungen (z.B. Streckmittel, synthetische Varianten, Fentanyl
→ Unklare Dosierung und Inhaltsstoffe sind ein hohes Risiko
Fehlender Toleranzaufbau oder Rückfall nach Abstinenz:
Nach Abstinenz ist die frühere Toleranz oft nicht mehr vorhanden
→ Erhöhte Gefahr der Überdosierung
Psychosoziale Faktoren:
- Selbstmedikation bei psychischen Erkrankungen (z.B. Depression, Angststörung)
- Soziale Isolation
- Gruppenzwang
- Perspektivlosigkeit
Akzidentelle Exposition:
- Versehentliche Einnahme durch Kinder (z.B. Methadon, GHB in Getränken)
- Unfreiwillige Aufnahme im Nachtleben (z.B. K.o.-Tropfen)
Pathophysiologie
MerkeReminder: Physiologische Grundlagen
- Drogen erzielen ihre Wirkung über verschiedene Neurotransmitter und Rezeptorsysteme im ZNS
- Je nach Substanz variiert die Wirkung:
- Aktivierend (z.B. Sympathikus
, Dopamin) - Dämpfend (z B. GABA, Opioidrezeptoren
) - Bewusstseinsverändernd (z.B. Serotonin, NMDA-Rezeptoren)
- Sie verändern die Signalübertragung im Gehirn (Erregung ↔ Hemmung)
- Die klinische Wirkung hängt vom jeweiligen Angriffspunkt ab
Uppers (Stimulanzien)
- Erhöhte Freisetzung und Hemmung der Wiederaufnahme von Dopamin, Noradrenalin
und Serotonin - Zentrale Stimulation führt zu Euphorie, Unruhe, Halluzinationen und Krampfanfällen
- Periphere Aktivierung des Sympathikus
verursacht Tachykardie , Hypertonie und Vasokonstriktion
Organbezogene Effekte:
- Zentrales Nervensystem: psychotische Symptome, epileptische Anfälle und paranoide Zustände
- Herz-Kreislauf-System
: Tachykardie , Arrhythmie, Myokardinfarkt - Thermoregulation: Hyperthermie
- Elektrolythaushalt: Besonders bei MDMA kann es zu Hyponatriämie durch ADH
-Stimulation und Überwässerung kommen
Downers (Sedativa)
- Verstärkung der GABAergen Hemmung:
- Benzodiazepine
→ insbesondere GABAA - Liquid Ecstasy → GABAB
- Benzodiazepine
- Modulation der endogenen Cannabinoidrezeptoren, wobei THC hauptsächlich an CB1 im ZNS wirkt
- Zentrale Dämpfung → Sedierung, Angstlösung, Entspannung und Bewusstseinsminderung
- Periphere Dominanz des Parasympathikus
→ Bradykardie , Hypotonie und Muskelschwäche
Organbezogene Effekte:
- Zentrales Nervensystem (ZNS):
- Benommenheit und Somnolenz, eventuell Koma
- Amnesie, besonders bei GHB
- Mögliche psychotische Zustände bei THC
- Krampfanfälle bei plötzlichem Entzug, insbesondere von Benzodiazepinen
- Herz-Kreislauf-System
: Hypotonie, Bradykardie und Vasodilatation - Erhöhtes Risiko eines Kreislaufstillstands bei gleichzeitiger Einnahme anderer Downers
- Atmung:
- Atemdepression
- Hypoventilation
→ Hyperkapnie und Hypoxie
- Thermoregulation: Verringerte Stoffwechselaktivität → Mögliche leichte Hypothermie
Halluzinogene Drogen
- LSD und Psilocybin wirken als Agonisten an Serotoninrezeptoren, insbesondere 5-HT2A
- Ketamin
und Esketamin agieren als NMDA-Antagonisten → Blockade exzitatorische glutamaterge Transmission - Folgen: zentrale Überreizung der sensorischen Bereiche → Wahrnehmungsverzerrungen, Halluzinationen, Gefühl der Ich-Auflösung
- Aktivierung des Sympathikus
Organbezogene Effekte:
- Zentrales Nervensystem (ZNS):
- Intensive Halluzinationen und veränderte Wahrnehmung von Zeit und Raum
- Akute Psychosen, Panikattacken und „Horrortrips“
- Herz-Kreislauf-System
: Tachykardie und Hypertonie , gelegentlich Arrhythmien - Thermoregulation: Hyperthermie
MerkeZusammenfassung: Die kritischen Probleme bei Intoxikationen mit Drogen
Uppers → Tachykardie
, Arrhythmie, Hypertonie, Hyperthermie Downer → Atemdepression, Bradykardie
, Hypotonie Halluzinogene Drogen → Akute Psychosen, Tachykardie
, Arrhythmie, Hypertonie,
Klinischer Eindruck
Das klinische Bild einer Intoxikation mit Drogen kann stark variieren und ist abhängig von verschiedenen Faktoren:
- Art der Substanz: Stimulanzien, Sedativa, Halluzinogene oder Mischpräparate wirken unterschiedlich auf das zentrale Nervensystem und den Körper
- Dosierung: Während eine geringe Dosis lediglich milde Symptome verursacht, kann eine hohe Dosis schnell zu lebensbedrohlichen Zuständen führen
- Applikationsform: Der Wirkungseintritt und Verlauf unterscheidet sich je nach Aufnahme der Substanz
- Mischkonsum: Die Kombination verschiedener Substanzen kann die Wirkungen verstärken, verändern oder unvorhersehbar machen
- Individuelle Konstitution: Vorerkrankungen, psychische Stabilität, Körpergewicht, Toleranzentwicklung und genetische Faktoren beeinflussen, wie stark eine Intoxikation verläuft
AchtungNeue psychoaktive Substanzen (NPS) werden nicht gesondert aufgeführt, da sie in ihrer Wirkung häufig klassischen Drogen nachempfunden sind und entsprechend ähnliche Symptome und klinische Bilder hervorrufen.
Uppers
Typische Zeichen
AchtungEine Intoxikation mit Uppers äußert sich typischerweise in einer verstärkten Sympathikusaktivierung. Dazu zählen unter anderem Hypertonie, Tachykardie
und Mydriasis.
Das konkrete klinische Bild der einzelnen Substanzen wird in der folgenden Übersicht dargestellt:
Substanz | Symptome |
---|---|
Amphetamin (Speed, Pep) |
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Amphetaminderivat (Ecstasy, XTC, E) |
|
Methamphetamin (Crystal Meth) |
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Kokain und Crack |
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Generalisierte Zeichen
- Übelkeit
- Erbrechen
- Schweißausbrüche
- Angst
- Unruhe
- Warme Haut
Downers
Typische Zeichen
AchtungEine Intoxikation mit Downers führt typischerweise zu Sedierung, Hypotonie, Atemdepression und Bewusstseinsstörungen bis Koma. Besonders ausgeprägt sind die Symptome bei Mischkonsum mit anderen ZNS-dämpfenden Substanzen.
Das konkrete klinische Bild der einzelnen Substanzen wird in der folgenden Übersicht dargestellt:
Substanz | Symptome |
---|---|
Benzodiazepine |
|
Heroin |
|
Tetrahydrocannabinol (THC, Cannabis) |
|
Hydroxybutansäure (GHB, Liquid Ecstasy) |
|
Generalisierte Zeichen
- Übelkeit
- Erbrechen
- Schwindel
- Motorische Verlangsamung
- Gefahr der Hypoglykämie (Hemmung der Gluconeogenese bei Alkohol)
Halluzinogene Drogen
Typische Zeichen
AchtungEine Intoxikation mit halluzinogenen Drogen führt typischerweise zu Wahrnehmungsveränderungen, Halluzinationen, psychischer Instabilität sowie vegetativen Symptomen wie Tachykardie
, Mydriasis und Unruhe. In Einzelfällen auch zu Panikreaktionen oder psychotischen Zuständen.
Das konkrete klinische Bild der einzelnen Substanzen wird in der folgenden Übersicht dargestellt:
Substanz | Symptome |
---|---|
Lysergsäurediethylamid (LSD, Acid) |
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(Es-)Ketamin |
|
Psilocybin (Magic Mushrooms) |
|
Schnüffelstoffe und Poppers |
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Generalisierte Zeichen
- Übelkeit
- Erbrechen
- Schwindel
Diagnostik
Anamnese
- S (Symptome): Veränderung der Wahrnehmung, auffälliges Verhalten
- Hinweise auf Uppers?
→ Hypertonie, Tachykardie, Mydriasis, Euphorie - Hinweise auf Downers?
→ Sedierung, Hypotonie, Atemdepression - Hinweise auf Halluzinogene?
→ Tachykardie, Wahrnehmungsveränderung, Halluzinationen - Hinweise auf neue psychotische Substanzen?
→ Symptome entsprechen je nach Substanz derer von Uppers, Downers oder halluzinogenen Drogen
- Hinweise auf Uppers?
- A (Allergien, Infektionen): Gibt es Hinweise auf Allergien oder Infektionen?
- M (Medikation):
- Chronische Opioid- oder Psychopharmakaeinnahme?
- Substitutionsmedikamente (Methadon, Buprenorphin)?
- P
(Patientengeschichte): - Chronischer Alkoholmissbrauch?
- Psychiatrische Erkrankungen?
- Sonstiger Abusus?
- Drogenabusus
- L (Letzte…):
- Letzte Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme?
- Einnahme der Medikation?
- Wenn ermittelbar → Einnahmezeitpunkt der ursächlichen Substanz
- E (Ereignis):
- Was wurde eingenommen?
- Wann erfolgte die Einnahme?
- Welche Menge wurde eingenommen?
- Wie erfolgte die Aufnahme?
- Warum erfolgte die Aufnahme?
- R (Risiko): Polytoxikomanie (Mischkonsum mit Alkohol, Benzodiazepinen, anderen Drogen)
- S (Schwangerschaft): Mögliche Schwangerschaft bei Patientinnen
TippNutze Schemata
Um die Anamnese strukturiert durchzuführen, bietet es sich an, Schemata, wie das SAMPLERS oder OPQRST-Schema
zu nutzen. Am obigen Beispiel haben wir Fragen und Befunde dargestellt, die bei dem Verdacht auf eine Intoxikation mit Drogen abgefragt werden sollten und vorliegen könnten.
Weitere Information zur Anamneseerhebung und dem allgemeinen Vorgehen bei Intoxikation findest du hier:
Körperliche Untersuchung
Substanz-gruppe | Inspektion | Palpation | Perkussion | Auskultation | Vitalparameter |
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Uppers |
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Downers |
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Halluzinogene |
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EKG Diagnostik
Illegale Drogen können das Herz-Kreislauf-System
MerkeDie elektrophysiologischen Effekte hängen stark von der Substanz, Dosis, Mischkonsum und individuellen Risikofaktoren ab. Ein 12-Kanal-EKG
ist bei Verdacht auf Intoxikation unverzichtbar. Je nach EKG-Muster können Rückschlüsse auf die konsumierte Droge gezogen werden.
Uppers:
Sympathomimetika (z.B. Kokain, Amphetamine, Methamphetamin, MDMA):
→ Typischerweise Tachykardie
Downers:
Opioide
→ Verursachen eher Bradykardie
Halluzinogene Drogen:
Cannabinoide und halluzinogene Drogen (z.B. THC, LSD):
→ Häufig Sinustachykardie, schwere Arrhythmien eher selten
Neue psychoaktive Substanzen:
Synthetische Cannabinoide und Research Chemicals:
→ Vielfältige EKG-Veränderungen, potenziell lebensbedrohliche Arrhythmien
Therapie
MerkeDie primären Maßnahmen bei einer Intoxikation mit Drogen im Rettungsdienst sind die Sicherstellung einer ausreichenden Atmung, Stabilisierung des Kreislaufs sowie ggf. die gezielte Therapie durch Antidote.
Symptomatische Therapie
Die folgenden Maßnahmen werden häufig angewandt:
- Sauerstoffgabe
: Bei Patient:innen mit einer verminderten Sauerstoffsättigung (Hypoxie) wird Sauerstoff verabreicht, um die Sauerstoffversorgung des Gewebes zu verbessern und die Funktion lebenswichtiger Organe sicherzustellen. Eine stabile Sauerstoffsättigung hilft, eine Hypoxie der Organe und Gewebe zu verhindern - Freimachen der Atemwege
: Durch den Ausfall der Schutzreflexe können die Atemwege verlegt sein
→ Bei einem schnarchenden Atemgeräusch soll ein Esmarch-Handgriff durchgeführt werden - Kristalloide Infusionslösungen: Die Flüssigkeitstherapie ist essenziell zur Optimierung der Perfusion und zur Aufrechterhaltung des Blutdrucks
→ Bei Anzeichen einer Hypotonie sollen kristalloide Infusionslösungen verabreicht werden
Intoxikation mit Uppers und halluzinogenen Drogen
MerkeDas Ziel der Behandlung ist die Dämpfung der sympathomimetischen Überstimulation und die Verhinderung von Komplikationen (z.B. Krampfanfälle, Hyperthermie).
Spezielle Maßnahmen:
- Agitation / Unruhe / Psychosen / Vermeidung von Krampfanfällen:
- Gabe von Benzodiazepine
(z.B. Midazolam )
- Gabe von Benzodiazepine
- Hypertensive Entgleisung
: - Behandlung mit Antihypertensiva
(z.B. Urapidil )
- Behandlung mit Antihypertensiva
- Herzrhythmusstörungen:
- Gabe von Antiarrhythmika (z.B. Metoprolol
) - Cave: Keine Monotherapie mit Betablockern bei Kokainintoxikation – Gefahr unkontrollierter α-adrenerger Vasokonstriktion mit Hypertonie
und Ischämie
- Gabe von Antiarrhythmika (z.B. Metoprolol
- Hyperthermie:
- Aktive Kühlung, mit Kühlpacks, kalten Infusionen
- Die Gabe eines Antipyretikum ist nicht indiziert, da Ursache nicht inflammatorisch bedingt ist
Achtung„Unopposed alpha effect“ bei Intoxikation mit Kokain
- Im normalen physiologischen Zustand besteht ein gewisses Gleichgewicht zwischen α1-vermittelter Vasokonstriktion und β2-vermittelter Vasodilatation, welches die vaskuläre Tonusregulation ermöglicht
- Wird bei einer Kokainintoxikation ein reiner β-Blocker gegeben, entfällt die schützende β2-Wirkung
- Die Folge: Die α-Rezeptoren wirken ungebremst, was zu starker Vasokonstriktion, Blutdruckanstieg und Vasospasmen führen kann
→ Das Herz wird zusätzlich belastet. Dieser Zustand wird als „unopposed alpha effect“ bezeichnet
Antidote:
- Für die Intoxikation mit Uppers steht kein spezifisches Antidot zur Verfügung
Intoxikation mit Downers
MerkeDas Ziel der Behandlung ist die Stabilisierung der Vitalfunktionen, Sicherstellen einer ausreichenden Atmung und ggf. die Gabe von Antidoten.
Spezielle Maßnahmen:
- Atemdepression:
- Durchführen einer assistierten Beatmung
- Ggf. erweitertes Atemwegsmanagement
Antidottherapie:
- Intoxikation mit Benzodiazepinen und Z-Substanzen
: - Flumazenil
wird als spezielles Antidot verabreicht, um die Wirkung von Benzodiazepinen und Z-Substanzen kompetitiv aufzuheben, insbesondere die Atemdepression und Bewusstseinsstörung.
→ Bei unzureichender Spontanatmung wird Flumazenil bis zum Erreichen einer suffizienten Eigenatmung verabreicht
- Flumazenil
- Intoxikation mit Opioiden und Opiaten:
- Naloxon
wird als spezielles Antidot verabreicht, um die Wirkung von Opioiden kompetitiv aufzuheben, hauptsächlich die Atemdepression und Bewusstseinsstörung
→ Bei unzureichender Spontanatmung wird Naloxon bis zum Erreichen einer suffizienten Eigenatmung verabreicht
- Naloxon
Weitere Maßnahmen
Darüber hinaus ist eine kontinuierliche Überwachung der Vitalparameter entscheidend, um auf Veränderungen des Zustands der Patient:innen schnell reagieren zu können. Die Kommunikation zwischen Rettungsdienst und der aufnehmenden Klinik ist ebenfalls von großer Bedeutung, um eine optimale Weiterbehandlung zu gewährleisten.
Lagerung:
Es ist immer wichtig, die Lagerung adäquat anzupassen und Druckstellen zu vermeiden.
TippLagerung situationsgerecht anpassen
- Bewusstseinsklare Patient:innen:
→ Oberkörperhochlagerung- Bewusstlosigkeit und ausreichende Spontanatmung:
→ Stabile Seitenlage, alternativ Rückenlage unter permanenter Kontrolle der Atemwege + Absaugbereitschaft - Bewusstlosigkeit und keine suffiziente Spontanatmung:
→ Rückenlageund Durchführung einer assistierten Beatmung
Besondere Situationen
„K .o.-Tropfen“
GHB und Ketamin
- Nach Absprache und Einverständnis der Patient:innen → Hinzuziehen der Polizei bei dem Verdacht auf Einsatz von K
.o.-Tropfen - Eine zeitnahe Übergabe
in der Klinik ist entscheidend, da die Nachweisbarkeit der Substanz im Blut oder Urin nur für wenige Stunden gegeben ist
Situative Hinweise für den Einsatz von K .-o.-Tropfen:
- Umfeld, oft auf Partys oder im Club
- Keine Erinnerung an die letzten Minuten oder Stunden
- Offenes Getränk wurde konsumiert
- Fremdanamnese auffällig: „Sie war ganz plötzlich weg“, „war erst nur leicht betrunken“
AchtungDer Rettungsdienst trägt hier eine besondere Verantwortung, sowohl medizinisch als auch im Hinblick auf den Schutz der Patient:innen.
Weitere Therapie im klinischen Setting
Versorgung in der Notaufnahme
In dieser Notlage kann es helfen, sich mental auf die nächsten Schritte vorzubereiten. Dafür ist es ratsam, schon auf der Fahrt zum Krankenhaus zu erklären, wie das weitere Procedere im Krankenhaus aussieht und worauf die Person sich potenziell einstellen muss.
AchtungDa die Therapie je nach aufnehmendem Krankenhaus und Behandler:in variieren kann, empfiehlt es sich nicht, einen bestimmten Behandlungsweg detailliert zu beschreiben. Eine grobe Skizzierung des weiteren Behandlungspfades reicht völlig aus, um Unsicherheiten zu minimieren. Die weiteren Informationen dienen ausschließlich eurer Information als Fachpersonal!
Versorgung im Schockraum :
InfoAnmeldekriterien für eine Schockraum
-Alarmierung Je nach Situation kann eine Anmeldung im Schockraum
notwendig sein. Die Alarmierung eines Schockraums
hängt ab von:
- Der Schwere der Intoxikation
- Regionalen Protokollen
- Hämodynamischer Situation von dem / der Patient:in
- Den bereits getroffenen Maßnahmen, z.B. beatmungspflichtige Patient:innen
Labordiagnostik:
Bei Patient:innen mit Intoxikationen
Toxikologische Untersuchungen:
- Urin-Drogenscreening:
- Nachweis klassischer Drogen, z.B. Heroin, Amphetamine oder THC
- Erweiterte toxikologische Untersuchung (beispielsweise bei Mischintoxikationen):
- Benzodiazepine
, Alkohol, Kokain, Amphetamine → häufige Stoffe bei Mischintoxikationen
- Benzodiazepine
Präventive Maßnahmen
InfoNach einer Intoxikation mit Drogen, insbesondere bei Drogenabhängigkeit, besteht ein hohes Risiko für erneute Überdosierungen. Daher sollten in der Klinik präventive Maßnahmen ergriffen werden, um zukünftige Intoxikationen
zu vermeiden und die Patient:innen langfristig zu stabilisieren.
- Sozial- und suchtmedizinische Betreuung
- Aufklärung über Risiken einer Überdosierung
- Substitutionsprogramme
- Entzugsbehandlung erwägen
- Bei Bedarf, beispielsweise nach Suizidversuch → psychiatrische Vorstellung
Transport
Die Wahl des Zielkrankenhauses ist abhängig vom individuellen Fall. Das Zielkrankenhaus sollte über eine internistische Abteilung mit der Möglichkeit der intensivmedizinischen Überwachung verfügen und eine Notaufnahme mit einem Schockraum
- Bei spontan atmenden Patient:innen soll auf freie Atemwege geachtet werden und eine ständige Überwachung der Vitalparameter erfolgen
- Bei instabiler Kreislaufsituation soll der Transport unter kontinuierlicher Kreislaufüberwachung und gegebenenfalls medikamentöser Unterstützung erfolgen
- Auf Rebound-Effekt nach Antidotgabe achten → ggf. erneute Gabe nötig
InfoKriterien für Intensivüberwachung / Schockraumanmeldung
Eine Intensivüberwachung ist erforderlich, wenn schwerwiegende respiratorische, kardiovaskuläre oder neurologische Komplikationen auftreten. Folgende Kriterien sprechen für eine Aufnahme auf die Intensivstation:
- Anhaltende respiratorische Insuffizienz
- Erfolgte Antidotgabe
- Erfolgte Atemwegssicherung
- Stattgefundener Krampfanfälle
- Keine Reaktion auf Ansprache (GCS ≤8)
- Fehlender Sinusrhythmus
- Systolischer Blutdruck <80 mmHg
MerkeZusammenfassung Transport
- Zielkrankenhaus: Internistische Abteilung + intensivmedizinische Überwachung
- Kriterien für Intensivüberwachung / Schockraum
beachten - Überwachung der Vitalparameter
- Auf Rebound-Effekt nach Antidotgabe achten
Prüfungswissen
Definition:
DefinitionEine Intoxikation mit Drogen bezeichnet eine toxische Reaktion des Körpers auf psychoaktive Substanzen, die durch orale, intravenöse oder andere Applikationswege in den Körper gelangen. Diese Substanzen wirken auf das zentrale Nervensystem und andere Organsysteme und können zu schwerwiegenden Störungen führen, die eine Notfallbehandlung erfordern.
Ursachen:
- Akzidentelle Überdosierung
- Suizidale Intoxikation
- Verunreinigte oder gestreckte Substanzen
- Mischintoxikation
- Akzidentelle Exposition
Pathophysiologie:
- Uppers → Erhöhte Freisetzung und Hemmung der Wiederaufnahme von Dopamin, Noradrenalin
und Serotonin - Downers → Verstärkung der GABAergen Hemmung
- Halluzinogene Drogen → Agonisten an Serotoninrezeptoren, insbesondere 5-HT2A + Aktivierung Sympathikus
Klinische Symptome:
Das klinische Bild einer Intoxikation mit Drogen kann stark variieren.
- Leitsymptome Uppers: Hypertonie, Tachykardie
, Hyperthermie, Mydriasis - Leitsymptome Downers: Hypotonie, Sedierung, Atemdepression
- Leitsymptome halluzinogene Drogen: Wahrnehmungsveränderungen, Halluzinationen, psychische Instabilität, Tachykardie
, Mydriasis - Generalisierte Zeichen:
- Unruhe, Angst
- Schwitzen
- Hypoglykämie (v.a. bei Alkoholintoxikation)
- Übelkeit, Erbrechen
Diagnostik:
- Anamnese mit Fokus auf Ursachenklärung und Informationen über die konsumierte(n) Substanz(en)
- An Differenzialdiagnosen wie Intoxikation mit anderen Stoffen denken
- Auf mögliche EKG-Veränderungen achten
Substanzgruppe | Inspektion | Palpation | Perkussion | Auskultation | Vitalparameter |
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Uppers |
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Downers |
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Halluzinogene |
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Therapie:
- Im Vordergrund steht die symptomatische Therapie und die Sicherung der Atemwege
- Giftelimination
- Aktivkohle (kann bei ausreichender Spontanatmung und innerhalb von 60 Minuten erwägt werden)
- Antidottherapie:
- Intoxikation mit Benzodiazepinen und Z-Substanzen
→ Flumazenil - Intoxikation mit Opiaten und Opioiden → Naloxon
- Intoxikation mit Benzodiazepinen und Z-Substanzen
Weitere Therapie im klinischen Setting:
- Labordiagnostik
- Toxikologische Untersuchung
- Präventive Maßnahmen, beispielsweise suchtmedizinische Betreuung, ggf. psychiatrische Vorstellung
Transport:
- Zielkrankenhaus: Internistische Abteilung und intensivmedizinische Überwachung
- Konsequente Überwachung
Quellen
- Vergiftungen mit Drogen, Notfallsanitäter. 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2023. ISBN: 978-3-13-242121-9
- Drogennotfälle bei Kindern und Jugendlichen – ein Update, Notfallmedizin up2date 2023; 18(02): 197 - 214
- Das Drogentaschenbuch, Scherbaum N, 7. unveränderte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2024. ISBN 978-3-13-245673-0