Intoxikation mit Beruhigungsmitteln , Vergiftung mit Schlafmitteln, Benzodiazepinintoxikation
19 Minuten Lesezeit
Zusammenfassung
Die Sedativaintoxikationbezeichnet eine Überdosierung von Sedativa,beispielsweise Benzodiazepine, die zu potenziell lebensbedrohlichen Symptomen führt. Sie äußert sich typischerweise durch folgendes klinisches Bild:
Vigilanzminderung bis Koma
Atemdepression (besonders in hohen Dosierungen oder bei Mischintoxikationen)
Motorische Verlangsamung
Häufige Ursachen sind der Missbrauch von Medikamenten (z. B. Benzodiazepinen oder Z-Substanzen) oder eine unbeabsichtigte Überdosierung bei der medizinischen Anwendung.
Die Therapie im Rettungsdienst umfasst die schnelle Sicherstellung der Vitalfunktionen, die Beatmung bei Atemdepression und die gezielte Gabe des Antidots Flumazenil, das die Wirkung von Benzodiazepinen und z-Substanzen kompetitiv an den Rezeptoren aufhebt. Eine engmaschige Überwachung ist notwendig, da die Wirkdauer von Flumazenil kürzer sein kann als die des Benzodiazepins, was zu einem Rebound-Effekt führen kann.
Fallbeispiel
Um den Einstieg in das Thema Intoxikation mit Sedativa etwas zu erleichtern, wird im Folgenden ein Fall beschrieben, wie er sich präklinisch ereignen könnte.
Das Szenario
Einsatzmeldung:
Stichwort: Bewusstlosigkeit
Ort: Wohnung, Schlafzimmer
Alarmzeit: 19:10 Uhr
Anrufer:in: Partner
Anzahl der Betroffenen: 1
Zusatzinfo:
Weiblich, 24 Jahre alt
Verdacht auf Einnahme einer großen Menge Benzodiazepine + Alkohol
Suizidale Absicht, Abschiedsbrief vorgefunden
Polizei ist ebenfalls alarmiert
Lageeinweisung vor Ort:
Beim Eintreffen des Rettungsdienstes führt der sichtbar aufgelöste Partner das Team ins Schlafzimmer. Die Patientin liegt regungslos auf dem Bett.
Die Lage ist wie folgt:
Die Patientin ist soporös und reagiert verlangsamt und ungezielt auf Schmerzreiz
Bei der Atemkontrolle wird eine regelmäßige Atemfrequenz von 8/Minute festgestellt
Die Betroffene zeigt eine deutliche Lippenzyanose
Auf dem Nachttisch befinden sich zweileere Blisterpackungen Diazepam, eine leere Weinflasche und ein handschriftlicher Abschiedsbrief
Der Partner gibt an, dass er sie gegen 19:00Uhr bewusstlos vorgefunden und den Notruf abgesetzt habe
Er berichtet, dass seine Partnerin an Depressionen leidet
Es sind keine äußeren Verletzungen erkennbar
Dieses Bild wurde mit der KI-Software DALL·E (OpenAI) erstellt. Es wurde automatisch generiert und dient ausschließlich illustrativen Zwecken.
Ersteinschätzung nach xABCDE-Schema
Um sich einen ersten umfassenden Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten in einer Notfallsituation zu verschaffen, bietet sich das xABCDE-Schema an. Um die Arbeit mit dem Schema zu veranschaulichen, ist hier ein xABCDE-Schema abgebildet, wie es im Falle einer Ersteinschätzung bei einer Patientin oder einem Patienten mit einer Intoxikation mit Sedativa aussehen könnte.
Es handelt sich dabei um die Befunde, die innerhalb der ersten paar Minuten erhoben werden können. Erweiterte Diagnostik und Abfragen sind natürlich von Bedeutung, jedoch würde zum Beispiel die Anlage eines 12-Kanal-EKG in diesem Fall hinten angestellt und taucht zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf.
x
Keine lebensbedrohliche, äußere Blutung sichtbar
A
Atemwegefrei
Schleimhäute zyanotisch
Patientin ist nicht ansprechbar
Mittelbares A-Problem
B
Inspektorisch:
Thoraxexkursion beidseits physiologisch
Keine Halsvenenstauung sichtbar
Regelmäßige Atmung, 8/min
Zyanose sichtbar
Auskultatorisch:
Beidseits vesikuläres Atemgeräusch
Palpatorisch:
Thorax insgesamt stabil
SpO2: 82 %
Akutes B-Problem
C
Hautkolorit blass
Rekap-Zeit: 3 Sekunden
Große Blutungsräume ohne Zeichen auf akute Blutungen
Palpation des Pulses an der A. radialis:
Rhythmisch
Mäßig tastbar
Normokard, 50/min
Akutes C-Problem
D
Nicht ansprechbar
GCS 6
Öffnen der Augen: 1
Beste verbale Reaktion: 1
Beste motorische Reaktion: 4
Pupillenkontrolle:
Isokor
Mittelweit
Lichtreagibel
Akutes D-Problem
E
Keine weiteren Verletzungen sichtbar
Auf dem Nachttisch befinden sich zweileere Blisterpackungen Diazepam, eine leere Weinflasche und ein handschriftlicher Abschiedsbrief
Temperatur: 37,1 °C
Symptome:
Bewusstlosigkeit
Zyanose
Ateminsuffizienz
Allergien / Infektionen: Unbekannt
Medikamente:
Dauermedikation: Sertralin
Bedarfsmedikation: Diazepam
Patientengeschichte: Depressionen
Letzte Mahlzeit: Unbekannt
Ereignis: Mischintoxikation mit Benzodiazepinen + Alkohol in suizidaler Absicht
Risikofaktoren: Depressionen
Kein E-Problem
Achtung
Das hier gezeigte Assessment vermittelt nur einen exemplarischen ersten Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten. Im Verlauf der Behandlung müssen weitere Maßnahmen ergriffen und Informationen gesammelt werden. Das Schema erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll lediglich einen praktischen Einstieg in das Thema ermöglichen.
Bitte einloggen
Damit wir Dir weiterhin Inhalte in hoher Qualität bieten können, ist dieser Teil des Artikels nur für registrierte Nutzer:innen zugänglich. Logge dich ein oder teste Mediknow jetzt kostenlos.
Definition
Definition
Sedativa (Beruhigungsmittel) und Hypnotika (Schlafmittel) sind pharmakologische Substanzen, die das zentrale Nervensystem (ZNS) dämpfen und dadurch eine beruhigende, angstlösende und schlaffördernde Wirkung entfalten. Sie reduzieren Erregung, Spannungszustände und können in höheren Dosen auch narkotisch wirken.
Typische Vertreter sind:
Benzodiazepine(z. B. Diazepam, Lorazepam)
Barbiturate(z. B. Thiopental)
Hypnotika (z. B. Propofol)
Benzodiazepin ähnliche Substanzen (Z-Substanzen, z. B. Zopiclon)
Alkohol hat ebenfalls eine dämpfende Wirkung auf das ZNS.
Bitte einloggen
Damit wir Dir weiterhin Inhalte in hoher Qualität bieten können, ist dieser Teil des Artikels nur für registrierte Nutzer:innen zugänglich. Logge dich ein oder teste Mediknow jetzt kostenlos.
Ursachen
Akzidentelle Überdosierung:
Falsche Medikamenteneinnahme (zum Beispiel doppelte Einnahme durch Vergessen einer Dosis)
Versehentliche Überdosierung bei älteren Menschen (verminderte Metabolisierung und Ausscheidung)
Leber- oder Niereninsuffizienz → Verlängerte Halbwertszeit von Benzodiazepinen
Fehlende Dosisanpassung bei Medikamentenwechsel oder Kombination mit anderen ZNS-dämpfenden Substanzen
Einnahme durch Kinder
Suizidale Intoxikation:
Gezielte Einnahme hoher Dosen zur Selbsttötung
Kombination mit anderen dämpfenden Substanzen (zum Beispiel Alkohol, Opioide, trizyklische Antidepressiva)
Besonders häufig bei psychiatrischen Vorerkrankungen (Depressionen, Angststörungen, Borderline-Syndrom)
Missbrauch und Abhängigkeitsproblematik
Langfristiger Konsum mit Toleranzentwicklung → Dosissteigerung
Kombination mit Opioiden („Downer“) oder Stimulanzien zur Rauschverstärkung
Beschaffung über illegale Quellen oder ärztlichen Mehrfachbezug („Doctor Shopping“) bei Abhängigen
Mischintoxikation mit anderen Substanzen:
Alkohol + Benzodiazepine → Potenzierte Atemdepression und Bewusstseinsstörung
Benzodiazepine + Opioide(z. B. Fentanyl, Heroin) → Hohes Risiko für letale Atemdepression
Kombination mit Antikonvulsiva oder Antidepressiva → Verstärkte Sedierung, Hypotonie, QT-Zeit-Verlängerung
Mischintoxikationen mit Benzodiazepinen
Bitte einloggen
Damit wir Dir weiterhin Inhalte in hoher Qualität bieten können, ist dieser Teil des Artikels nur für registrierte Nutzer:innen zugänglich. Logge dich ein oder teste Mediknow jetzt kostenlos.
Pathophysiologie
Merke
Reminder: Physiologische Grundlagen
GABA (Gamma-Aminobuttersäure) ist der wichtigste inhibitorische Neurotransmitter im zentralen Nervensystem (ZNS) und reguliert die neurale Erregbarkeit. Seine Wirkung wird über GABA-Rezeptoren vermittelt, die in verschiedenen Geweben vorkommen und unterschiedliche physiologische Funktionen haben.
Im menschlichen Körper gibt es zwei Typen von GABA-Rezeptoren:
GABAA-Rezeptoren (ZNS):
Funktion: Regulation der neuronalen Erregbarkeit, Sedierung, Muskelrelaxation und Anxiolyse → Wirkungsort von: Benzodiazepine, Z-Substanzen, Barbiturate, Hypnotika, Alkohol
Relevante physiologische Folgen und Nebenwirkungen:
Anxiolytisch (angstlösend)
Sedierend (beruhigend)
Amnestisch (den Gedächtnisverlust betreffend)
Zentral muskelrelaxierend (muskelentspannend)
Antikonvulsiv (gegen Krampfanfälle wirksam)
Intoxikation mit Sedativa (zum Beispiel Benzodiazepine, Barbiturate, Z-Substanzen, Alkohol) → Verstärkte GABA-Aktivierung → ZNS-Dämpfung durch Hemmung der neuronalen Erregbarkeit:
Stell dir dein Gehirn wie ein Auto auf der Autobahn vor. Die Nervenzellen sind der Motor, der Gas gibt und dich schneller fahren lässt.
Ohne GABA würde das Auto immer schneller und schneller fahren, ohne jemals zu bremsen
Das wäre gefährlich, weil du irgendwann die Kontrolle verlieren würdest – genau wie das Gehirn, das ohne GABA zu überaktiv werden würde
GABA ist das Bremspedal:
Sorgt dafür, dass das Auto nicht außer Kontrolle gerät
Wenn du schneller fährst (mehr Nervensignale), hilft GABA, dich wieder zu verlangsamen
Hält das Tempo stabil und sorgt für Ruhe und Kontrolle im Gehirn
Sedativa verstärken GABA, als würdest du noch fester auf die Bremse treten→das führt zu Entspannung oder Schläfrigkeit. Ohne denNeurotransmitter GABA wäredein Gehirn wieein Auto ohne Bremsen –ständig in voller Fahrt, bis es zum Unfall (Krampfanfälle, Angstattacken) kommt.
Die Hemmung der neuronalen Erregbarkeit kann zu folgenden Befunden führen:
Zentralnervensystem(ZNS):
Reduzierte kortikale Aktivität → Verlangsamung der motorischen und kognitiven Prozesse
Hemmung der Formatio reticularis → Vigilanzminderung bis Koma
Ataxie und Muskelschwäche → Störung der Motorik durch Hemmung des Kleinhirns
Atmung:
Atemdepression (Bradypnoe, Apnoe) → Hemmung des Atemzentrums in der Medulla oblongata
Hyperkapnie → Respiratorische Azidose
Kardiovaskuläres System:
Hypotonie und Bradykardie → Direkte Dämpfung des Kreislaufzentrums im Hirnstamm
Vasodilatation und orthostatische Dysregulation
Merke
Zusammenfassung: Die kritischen Probleme bei Intoxikationen mit Sedativa
Eine Sedativa-Intoxikation führtdurch übermäßige GABA-Aktivierung zurgeneralisierten Hemmung des ZNS
Bei hohen Dosierungen ist die Atemdepression die häufigste Todesursache durch direkte Hemmung des Atemzentrums
Mischintoxikationen mitOpioidenoderAlkohol verstärken die letale Wirkung erheblich
Bitte einloggen
Damit wir Dir weiterhin Inhalte in hoher Qualität bieten können, ist dieser Teil des Artikels nur für registrierte Nutzer:innen zugänglich. Logge dich ein oder teste Mediknow jetzt kostenlos.
Wirkung von Benzodiazepinen
Benzodiazepine binden an die ⍺-Untereinheit der GABAA-Rezeptoren → GABA-Wirkung verstärkt → Öffnungsfrequenz der GABAA-Rezeptoren erhöht → Verstärkte zentrale Inhibition
Wirkung von Benzodiazepinen
Bitte einloggen
Damit wir Dir weiterhin Inhalte in hoher Qualität bieten können, ist dieser Teil des Artikels nur für registrierte Nutzer:innen zugänglich. Logge dich ein oder teste Mediknow jetzt kostenlos.
Klinischer Eindruck
Typische Zeichen
Achtung
Eine Intoxikation mit Sedativa führt zu einer charakteristischen Kombination aus Vigilanzminderung, Bradypnoe und motorischer Verlangsamung (verlangsamte Bewegungen).
Bewusstseinsstörung:
Benommenheit bis Koma (je nach Dosis)
Reaktionslosigkeit auf verbale Reize
Verminderte Schmerzreaktion oder fehlende Abwehr
Atemdepression (insbesondere bei Mischintoxikationen, beispielsweise in Kombination mit Alkohol):
Langsame, flache Atmung (Bradypnoe, <10 Atemzüge pro Minute)
Schnappatmung oder Atemstillstand im Spätstadium
Zentrale CO₂-Narkose mit zunehmender Hypoxie und Hyperkapnie
Bradykardie
Hypotonie
Motorische Verlangsamung
Pupillen: Normal bis geweitet (Mydriasis)
Symptomtrias bei Intoxikation mit Sedativa
Generalisierte Zeichen
Hypothermie (Unterkühlung) bei längerem Liegen
Gefahr der Hypoglykämie (Hemmung der Gluconeogenese bei Alkohol)
Übelkeit und Erbrechen
Bitte einloggen
Damit wir Dir weiterhin Inhalte in hoher Qualität bieten können, ist dieser Teil des Artikels nur für registrierte Nutzer:innen zugänglich. Logge dich ein oder teste Mediknow jetzt kostenlos.
Diagnostik
Anamnese
S (Symptome): Vigilanzminderung bis Koma, motorische Verlangsamung, Bradypnoe
Hinweise auf Mischintoxikation? → Alkoholgeruch, Hinweise auf andere Substanzen?
Hinweise auf suizidale Absicht? → Leere Tablettenverpackungen? Abschiedsbrief?
Hinweise auf akzidentielle Überdosierung? → Fehlerhafte Medikamenteneinnahme, Einnahme durch Kinder?
A (Allergien, Infektionen): Gibt es Hinweise auf Allergien oder Infektionen?
Wenn ermittelbar → Einnahmezeitpunkt der ursächlichen Substanz
E (Ereignis):
Was wurde eingenommen?
Wann erfolgte die Einnahme?
Welche Menge wurde eingenommen?
Wie erfolgte die Aufnahme?
Warum erfolgte die Aufnahme?
R (Risiko): Polytoxikomanie (Mischkonsum mit Alkohol, Opiaten, anderen Drogen)
S (Schwangerschaft): Mögliche Schwangerschaft bei Patientinnen
Tipp
Nutze Schemata
Um die Anamnese strukturiert durchzuführen, bietet es sich an, Schemata, wie das SAMPLERS oder OPQRST-Schemazu nutzen. Am obigen Beispiel haben wir Fragen und Befunde dargestellt, die bei dem Verdacht auf eine Intoxikation mit Sedativa abgefragt werden sollten und vorliegen könnten.
Tipp
Informationen einholen
Bei Intoxikationen bietet es sich immer an, das Giftinformationszentrum zu konsultieren. Diese können Auskunft geben über:
Giftwirkung
Voraussichtliche Entwicklung
Giftentfernung möglich / sinnvoll?
Spezielle Anforderungen der Klinik nötig? (Hämodialyse)
Weitere Information zur Anamneseerhebung und dem allgemeinen Vorgehen bei Intoxikation findest du hier: Vorgehen bei Intoxikationen
Körperliche Untersuchung
Inspektion:
Blasse, kaltschweißige Haut
Ggf. Zyanose
Vigilanzminderung
Atemdepression
Motorische Verlangsamung
Palpation:
Bestimmung der Rekapillarisierungszeit
Palpation des Pulses:
Gegebenenfalls Bradykardie
Gegebenenfalls schwach tastbarer Puls
Perkussion:
Der Perkussionsbefund sollte physiologisch ausfallen. Ist das nicht so, muss differenzialdiagnostisch gedacht werden.
Auskultation:
Der Auskultationsbefund sollte physiologisch ausfallen. Ist das nicht so, muss differenzialdiagnostisch gedacht werden
Vitalparameter:
Atemfrequenz: Normal bis verringert (je nach Dosis)
Sauerstoffsättigung: Verringert
Herzfrequenz: Bradykardie
Blutdruck: Erniedrigt
Temperatur: Normal, ggf. erniedrigt, z. B. bei längerer Liegezeit, insbesondere im Freien
Blutzucker: Normal bis Erniedrigt
Differenzialdiagnosen
Bei einer Intoxikation sollten stets Differenzialdiagnosen in Betracht gezogen werden. Da sich die Symptome häufig überschneiden, kann die Diagnosestellung erschwert sein. Nachfolgend sind einige Krankheitsbilder aufgeführt, die ein ähnliches klinisches Bild wie eine Intoxikation mit Sedativa zeigen können:
Krankheitsbild
Ähnliche Merkmale
Unterschiede
Intoxikation mit Opiaten / Opioiden
Vigilanzminderung
Atemdepression (stärker ausgeprägt)
Miosis
Dimenhydrinat
Vigilanzminderung
Sinustachykardien
Anticholinerge Symptomatik
Neuroleptika
Vigilanzminderung
Atemdepression
Sinustachykardie
Häufig QT-Zeit verlängert
Hypoglykämie
Vigilanzminderung
Kann durch Bestimmung des Blutzuckers ausgeschlossen werden
CAVE: Bei Mischintoxikation mit Alkohol besteht die Gefahr einer Hypoglykämie
Postiktale Phase
Vigilanzminderung
Motorische Verlangsamung
Anamnestische Hinweise sind hier zielführend
Auf Zeichen eines stattgefundenen Krampfanfalls achten:
Zungenbiss
Abgang von Urin / Stuhl
Achtung
Es können auch Intoxikationen mit mehreren verschiedenen Wirkstoffen vorliegen. Begleitend zu einer Intoxikation kann es z.B. zu einer Hypoglykämie oder einem Krampfanfall kommen.
Bitte einloggen
Damit wir Dir weiterhin Inhalte in hoher Qualität bieten können, ist dieser Teil des Artikels nur für registrierte Nutzer:innen zugänglich. Logge dich ein oder teste Mediknow jetzt kostenlos.
Therapie
Merke
Die primären Maßnahmen bei einer Intoxikation mit Sedativa im Rettungsdienst sind die Sicherstellung einer ausreichenden Atmung sowie die gezielte Antidottherapie mit Flumazenil.
Symptomatische Therapie
Die folgenden Maßnahmen werden häufig angewandt:
Sauerstoffgabe: Bei Patient:innen mit einer verminderten Sauerstoffsättigung (Hypoxie) wird Sauerstoff verabreicht, um die Sauerstoffversorgung des Gewebes zu verbessern und die Funktion lebenswichtiger Organe sicherzustellen. Eine stabile Sauerstoffsättigung hilft, eine Hypoxie der Organe und Gewebe zu verhindern
Freimachen der Atemwege: Durch den Ausfall der Schutzreflexe können die Atemwege verlegt sein → Bei einem schnarchenden Atemgeräusch soll ein Esmarch-Handgriff durchgeführt werden
Kristalloide Infusionslösungen: Die Flüssigkeitstherapie ist essenziell zur Optimierung der Perfusion und zur AufrechterhaltungdesBlutdrucks → Bei einem systolischen Blutdruck unter 90 mmHg sollen kristalloide Infusionslösungen verabreicht werden
Giftelimination: Bei einer Intoxikation mit Sedativa muss die weitere Aufnahme des Wirkstoffs sofort gestoppt werden, um eine fortschreitende Vergiftung zu verhindern → Bei ausreichender Spontanatmung kann die Gabe von Aktivkohle innerhalb von 60 Minuten nach Giftaufnahme erwogen werden
Kleiner Finger in Kieferwinkel → Vorschieben des Unterkiefers (~Esmarch-Handgriff)
Ring- und Mittelfinger an Unterrand des Unterkiefers
Manuelle (oder maschinelle) Beatmung:
Inspirationsdruck sollte < 20 mbar sein, um Magenüberblähung zu vermeiden → Entspricht dem Verschlussdruck des unteren Ösophagussphinkters
Wenn nicht erfolgreich:
Doppel C-Griff
Invasive Atemwegssicherung erwägen
Antidottherapie mit Flumazenil
Flumazenil wird als spezielles Antidot verabreicht, um die Wirkung von Benzodiazepinen und Z-Substanzen kompetitiv aufzuheben, insbesondere die Atemdepression und Bewusstseinsstörung. → Bei unzureichender Spontanatmung wird Flumazenil bis zum Erreichen einer suffizienten Eigenatmung verabreicht
Achtung
Wenn Patient:innen gleichzeitig Substanzeneingenommenhaben, die Krampfanfällebegünstigen – wie bei einer Mischintoxikation mit Benzodiazepinen und trizyklischen Antidepressiva kann die Gabe von Flumazenil einen lebensbedrohlichen Krampfanfall auslösen.
Merke
Alternative Applikationswege Flumazenil
Ist die Anlageeinesi.v.-Zugangs nicht möglich, kann Flumazenil über alternative Applikationswege verabreicht werden. Nachfolgend sind die im Rettungsdienst gebräuchlichsten aufgeführt. Die Dosierung ist gleich der intravenösen Anwendung.
Intranasal
Intraossär
Materialien für einen intraossären Zugang
Intranasale Applikation
Info
Rebound-Effekt
Flumazenil hat eine kürzere Wirkdauer (ungefähr 45 Minuten) als viele Benzodiazepine. Wirkstoffe mit langer Halbwertszeit, wie Diazepam verbleiben nach Abbau von Flumazenil weiterhin im Körper. Sobald Flumazenil abgebaut wird, besetzen die Benzodiazepine erneut die Rezeptoren → Rückkehr der Atemdepression und Bewusstlosigkeit.
Weitere Maßnahmen
Darüber hinaus ist eine kontinuierliche Überwachung der Vitalparameter entscheidend, um auf Veränderungen des Zustands der Patient:innen schnell reagieren zu können. Die Kommunikation zwischen Rettungsdienst und der aufnehmenden Klinik ist ebenfalls von großer Bedeutung, um eine optimale Weiterbehandlung zu gewährleisten.
Lagerung:
Es ist ebenfalls immer wichtig, die Lagerung adäquat anzupassen. In diesem Fall empfiehlt sich bei ausreichender Spontanatmung die stabile Seitenlage. Bei Notwendigkeit einer assistierten Beatmung verbleibt der/die Patient:in in Rückenlage.
Tipp
Lagerung situationsgerecht anpassen
Bewusstlosigkeit mit ausreichender Spontanatmung → Stabile Seitenlage, alternativ Rückenlage unter permanenter Kontrolle der Atemwege + Absaugbereitschaft herstellen
Bewusstlosigkeit und keine suffiziente Spontanatmung → Rückenlage und Durchführung einer assistierten Beatmung
Bitte einloggen
Damit wir Dir weiterhin Inhalte in hoher Qualität bieten können, ist dieser Teil des Artikels nur für registrierte Nutzer:innen zugänglich. Logge dich ein oder teste Mediknow jetzt kostenlos.
Besondere Situationen
Intoxikation mit Hypnotika und Barbituraten
Eine Intoxikation mit Barbituraten, beispielsweise Thiopental und Hypnotika, zum Beispiel Propofol führt zu einer stärkeren zentralnervösen Dämpfung als eine Benzodiazepin Überdosierung und kann schnell von tieferSedierung bis zum Koma mit schwerer Atemdepression fortschreiten.
Die wichtigsten Maßnahmen umfassen die Sicherung der Atemwege, assistierte oder kontrollierte Beatmung sowie eine intensivmedizinische Überwachung. Bei kardiovaskulärer Instabilität sind Volumengabe und ggf. vasopressorische Therapie notwendig, da Barbiturate und Hypnotika eine ausgeprägte Hypotonie und Vasodilatation verursachen können.
Achtung
FlumazenilistbeiBarbiturat- und Hypnotika-Intoxikationen unwirksam!
Barbiturate haben eine lange Halbwertszeit, weshalb eine verlängerte Überwachung und symptomatische Therapie erforderlich ist.
Bitte einloggen
Damit wir Dir weiterhin Inhalte in hoher Qualität bieten können, ist dieser Teil des Artikels nur für registrierte Nutzer:innen zugänglich. Logge dich ein oder teste Mediknow jetzt kostenlos.
Weitere Therapie im klinischen Setting
Versorgung in der Notaufnahme
In dieser Notlage kann es helfen, sich mental auf die nächsten Schritte vorzubereiten. Dafür ist es ratsam, schon auf der Fahrt zum Krankenhaus zu erklären, wie das weitere Procedere im Krankenhaus aussieht und worauf die Person sich potenziell einstellen muss.
Achtung
Da die Therapie je nach aufnehmendem Krankenhaus und Behandler:in variieren kann, empfiehlt es sich nicht, einen bestimmten Behandlungsweg detailliert zu beschreiben. Eine grobe Skizzierung des weiteren Behandlungspfades reicht völlig aus, um Unsicherheiten zu minimieren. Die weiteren Informationen dienen ausschließlich eurer Information als Fachpersonal!
Versorgung im Schockraum:
Info
Anmeldekriterien für eine Schockraum-Alarmierung
Je nach Situation kann eine Anmeldung im Schockraum notwendig sein.
Die Alarmierung eines Schockraums hängt ab von:
Der Schwere der Intoxikation
Regionalen Protokollen
HämodynamischerStabilität von dem / der Patient:in
Den bereits getroffenen Maßnahmen, z. B. beatmungspflichtige Patient:innen
Labordiagnostik:
Bei Patient:innen mit Intoxikationen sollte ein umfassendes Routinelabor durchgeführt werden. Dies ermöglicht eine frühzeitige Erkennung sekundärer Organschädigungen, wie Nierenfunktionsstörungen, Hepatotoxizität oder Rhabdomyolyse und erleichtert die Verlaufsbeurteilung. Ein Differenzialblutbild und eine Gerinnungsdiagnostik sind ebenfalls essenziell.
Toxikologische Untersuchungen:
Opioid-Schnelltest (Urin-Drogenscreening):
Nachweis von Sedativa im Urin
Erweiterte toxikologische Untersuchung (z. B. bei Mischintoxikationen):
Nach einer überlebten Intoxikation mit Sedativa, insbesondere bei Drogenabhängigkeit oder nach suizidaler Einnahme, besteht ein hohes Risiko für erneute Überdosierungen. Daher sollten in der Klinik präventive Maßnahmen ergriffen werden, um zukünftige Intoxikationen zu vermeiden und die Patient:innen langfristig zu stabilisieren.
Sozial- und suchtmedizinische Betreuung
Aufklärung über Überdosierungsrisiken
Substitutionsprogramme
Entzugsbehandlung erwägen
Bei Bedarf, z. B. nach Suizidversuch → Psychiatrische Vorstellung
Bitte einloggen
Damit wir Dir weiterhin Inhalte in hoher Qualität bieten können, ist dieser Teil des Artikels nur für registrierte Nutzer:innen zugänglich. Logge dich ein oder teste Mediknow jetzt kostenlos.
Transport
Die Wahl des Zielkrankenhauses ist abhängig vom individuellen Fall. Das Zielkrankenhaus sollte über eine internistische Abteilung mit der Möglichkeit der intensivmedizinischen Überwachung verfügen und eine Notaufnahme mit einem Schockraumvorweisen.
Bei spontan atmenden Patient:innen soll auf freie Atemwege geachtet werden und eine ständige Überwachung der Vitalparameter erfolgen
Bei instabiler Kreislaufsituation soll der Transport unter kontinuierlicher Kreislaufüberwachung und gegebenenfalls medikamentöser Unterstützung erfolgen
Auf Rebound-Effekt nach Flumazenilgabe achten → ggf. erneute Gabe nötig
Info
Kriterien für Intensivüberwachung / Schockraumanmeldung
Eine Intensivüberwachung ist erforderlich, wenn schwerwiegende respiratorische, kardiovaskuläre oder neurologische Komplikationen auftreten. FolgendeKriterien sprechen für eine Aufnahme auf die Intensivstation:
Anhaltende respiratorische Insuffizienz
Erfolgte Flumazenilgabe
Erfolgte Atemwegssicherung
Stattgefundene Krampfanfälle
Keine Reaktion auf Ansprache (GCS ≤8)
Fehlender Sinusrhythmus
Systolischer Blutdruck <80 mmHg
Merke
Zusammenfassung Transport
Zielkrankenhaus: Internistische Abteilung + Möglichkeit zur intensivmedizinischen Überwachung
Kriterien für Intensivüberwachung / Schockraum beachten
Überwachung der Vitalparameter
Auf Rebound-Effekt nach Flumazenilgabe achten
Bitte einloggen
Damit wir Dir weiterhin Inhalte in hoher Qualität bieten können, ist dieser Teil des Artikels nur für registrierte Nutzer:innen zugänglich. Logge dich ein oder teste Mediknow jetzt kostenlos.
Prüfungswissen
Ursachen:
Akzidentelle Überdosierung
Suizidale Intoxikation
Missbrauch und Abhängigkeit
Mischintoxikation
Pathophysiologie:
GABA (Gamma-Aminobuttersäure) → Wichtigster hemmender Neurotransmitter im ZNS
Sedativa verstärken die GABA-Wirkung → Hemmung neuronaler Erregbarkeit
An Differenzialdiagnosen wie Intoxikation mit anderen Stoffen oder Hypoglykämie sowie postiktale Phase denken
Therapie:
Im Vordergrund steht die symptomatische Therapie und die Sicherung der Atemwege
Giftelimination:
Aktivkohle (kann bei ausreichender Spontanatmung und innerhalb von 60 Minuten erwogen werden)
Antidot: Flumazenil
Achtung: Gefahr von Krampfanfällen bei Mischintoxikation mit trizyklischen Antidepressiva!
Rebound-Effekt beachten → Überwachung notwendig
Transport:
Zielkrankenhaus: Internistische Abteilung + Möglichkeit zur intensivmedizinischen Überwachung
Konsequente Überwachung
Bitte einloggen
Damit wir Dir weiterhin Inhalte in hoher Qualität bieten können, ist dieser Teil des Artikels nur für registrierte Nutzer:innen zugänglich. Logge dich ein oder teste Mediknow jetzt kostenlos.