Zusammenfassung
Bei der kongenitalen Hypothyreose
Die primäre kongenitale Hypothyreose
Als Folge einer unbehandelten kongenitalen Hypothyreose
Therapeutisch steht eine möglichst rasche Hormonsubstitution mit L-Thyroxin
Epidemiologie
- Inzidenz: ca. 1:3.500 Neugeborene
- Häufigste kongenitale Endokrinopathie
Klassifikation
Bei der kongenitalen Hypothyreose
Permanente primäre kongenitale Hypothyreose :
- Entwicklungsstörung (Dysgenesie) des Schilddrüsengewebes
- Die Schilddrüse kann fehlen (Agenesie), hypoplastisch oder ektopisch angelegt sein
- Die Ursache der Dysgenesien ist in den meisten Fällen unbekannt
Transiente primäre kongenitale Hypothyreose :
- Häufigste Ursache: Jodmangel während der Schwangerschaft (Schwangere haben einen erhöhten Jodbedarf)
- Weitere Ursachen: Medikamente (z.B. Thyreostatika
), mütterliche Schilddrüsen-Autoantikörper
AchtungRisikofaktor Jodmangel
Die kongenitale Hypothyreose
zählt weltweit zu den häufigsten vermeidbaren Ursachen einer geistigen Entwicklungsverzögerung. In vielen Fällen liegt der Erkrankung ein Jodmangel zugrunde. Eine adäquate Jodversorgung während der Schwangerschaft stellt daher eine essenzielle Präventionsmaßnahme dar, um das Risiko einer kindlichen Hypothyreose und ihrer schwerwiegenden Folgen zu minimieren.
Klinik
Symptomatik
- Allgemeine Zeichen: Makroglossie, spröde Haare, teigige Haut, tief liegende Nasenwurzel
- Nach der Geburt
(mit fortschreitendem Abbau des mütterlichen Thyroxins treten nach der Geburt weitere Symptome auf): - Trinkschwäche
- Hypothermie
- Icterus prolongatus
- Apathie
- Obstipation
- Muskuläre Hypotonie, Bewegungsarmut
- Nabelhernie
Kretinismus:
Wird die Erkrankung nicht rechtzeitig erkannt und adäquat behandelt, kommt es zu schweren Gedeih- und Entwicklungsstörungen mit geistiger Retardierung (Kretinismus):
- Gedeihstörungen: Kleinwuchs, Skelettveränderungen
- Intelligenzminderung
- Innenohrschwerhörigkeit

“Jaundice in Newborn.jpg” von Dr. Hudson, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Jaundice_in_newborn.jpg, Public domain, https://creativecommons.org/public-domain/, via Wikimedia Commons
Diagnostik
Neugeborenenscreening :
- Bestimmung der TSH
-Konzentration am 3.-4. Lebenstag - In den meisten deutschen Screeningzentren gilt ein TSH
-Wert >15 mU/L als pathologisch - Bei erhöhten TSH
-Werten im Screening sollte umgehend eine Bestätigungsdiagnostik durchgeführt werden
- In den meisten deutschen Screeningzentren gilt ein TSH
Bestätigungsdiagnostik:
- Bestimmung von TSH
, T3 und T4 im Serum - Die Diagnose einer kongenitalen Hypothyreose
wird allein durch niedrige T4 -Werte gestellt. Ein erhöhter TSH -Wert allein reicht für die Diagnose nicht aus
- Die Diagnose einer kongenitalen Hypothyreose
InfoDie T3
-Werte können zur Beurteilung des Schweregrades der Hypothyreose herangezogen werden. Bei leichten Formen sind die T3 -Werte noch normal, während die T4 -Werte bereits erniedrigt sind.
Weiterführende Diagnostik:
Bei positiver Bestätigungsdiagnostik sollte eine Sonographie der Schilddrüse durchgeführt werden. Diese erlaubt eine klinisch relevante Unterscheidung zwischen normaler und dysgenetischer Schilddrüsenmorphologie.
Je nach Befund sollte eine Antikörperbestimmung bzw. eine Bestimmung des Thyreoglobulins
Eine Szintigraphie der Schilddrüse ist nicht oder nur bei unklarem sonographischem Befund erforderlich.
Therapie
- Monotherapie mit L-Thyroxin
(vorzugsweise in Tropfenform): - Möglichst rascher Beginn der Behandlung (idealerweise innerhalb der ersten 14 Lebenstage)
- Therapiekontrollen:
- Körperliche Untersuchung, Bestimmung von TSH
, T4 und ggf. T3 - Durchführung jeweils in der 1., 2. & 4. Woche nach Behandlungsbeginn, danach im Abstand von 3 Monaten (1.-2. Lebensjahr)
- Körperliche Untersuchung, Bestimmung von TSH
- Testung der kognitiven Entwicklung und des Hörvermögens innerhalb der ersten 2 Behandlungsjahre und vor der Einschulung
MerkeZiel der Therapie ist eine möglichst gesunde körperliche und geistige Entwicklung. Um dieses Ziel zu erreichen, muss möglichst rasch nach der Geburt
eine normale Schilddrüsenhormonwirkung hergestellt werden.
Prognose
Bei einer adäquaten und möglichst früh einsetzenden Therapie mit L-Thyroxin
Ohne Therapie kommt es zu einer schweren Gedeih- und Entwicklungsstörung mit geistiger Retardierung und Schwerhörigkeit.
Prävention
- Jodprophylaxe während der Schwangerschaft und Stillzeit
(siehe Ernährung in der Schwangerschaft) - Neugeborenenscreening
Quellen
- S2k-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle der Primären angeborenen Hypothyreose, Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie
- Herrmann F, Karger S: Endokrinologie für die Praxis. Georg Thieme Verlag, 2015. ISBN: 978-3-131-95107-6
- Grüters A, Krude H: Detection and treatment of congenital hypothyroidism. Nature Reviews Endocrinology. 8:104–113 (2012). doi: 10.1038/nrendo.2011.160
- Suter P: Checkliste Ernährung. Georg Thieme Verlag, 2008. ISBN: 9783131526731