Zusammenfassung
Eine Harninkontinenz bezeichnet den unwillkürlichen Urinverlust, der durch Störungen in Blase
Risikofaktoren sind vielseitig: Bewegungsmangel, unausgewogene Ernährung
Pflegekräfte sollten das Risiko individuell einschätzen, z. B. durch Gespräche und Beobachtungen der Umgebung und des Allgemeinzustands. Hilfsmittel wie Miktionsprotokolle unterstützen die Analyse. Zur Prävention gehört die Behandlung von Grunderkrankungen sowie Maßnahmen wie Sturzprophylaxe
Definition
Eine Harninkontinenz beschreibt den unfreiwilligen Verlust von Urin. Es handelt sich um ein Symptom oder eine Gruppe von Symptomen, keine eigenständige Erkrankung. Betroffene können ihre Blase
MerkeDa die Harninkontinenz keine eigenständige Erkrankung ist, spricht man nicht von Inkontinenzprophylaxe, sondern von Kontinenzförderung.
Einteilung
Einteilung nach Schweregrad:
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Harninkontinenz einzuteilen. Eine gängige Einteilung erfolgt nach Schweregrad:
Leichte Inkontinenz | Mittlere Inkontinenz | Schwere Inkontinenz | Sehr schwere Inkontinenz |
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Es werden ein paar Tropfen Urin zwischen den Toilettengängen bis hin zu 100 ml in einem Zeitraum von ca. vier Stunden verloren. Dies kann beispielsweise beim Lachen, Husten | Es können unregelmäßig bis zu 200 ml Urin über einen Zeitraum von ca. vier Stunden verloren gehen. Dabei tritt ein starker, nicht unterdrückbarer Harndrang auf, und die Toilette wird nicht immer rechtzeitig erreicht (entspricht etwa einem kleinen Glas Wasser) | Sehr große Mengen von mehr als 200 ml können innerhalb von vier Stunden abgehen. Die Betroffenen haben kein Gefühl der Kontrolle über die Blase | Der gesamte Blaseninhalt entleert sich unkontrolliert und dauerhaft |
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Einteilung nach Kontinenzform:
Weiterhin kann man zwischen den übergeordneten Formen der Harninkontinenz unterscheiden. Es gibt eine:
- Funktionelle Harninkontinenz: Hierbei kommt es zu unfreiwilligem Urinverlust, weil normalerweise kontinente Patient:innen die Toilette zu spät erreichen, beispielsweise aufgrund von Mobilitätseinschränkungen oder Umweltfaktoren
- Harninkontinenz aufgrund veränderter Speicher- und Entleerungsfunktion: Diese Form entsteht durch Störungen der Blasenfunktion, wie etwa einer geschwächten Muskulatur oder neurologischen Erkrankungen
Je nach Ursache können aber noch viele weitere Formen unterschieden werden. In der Abbildung werden die häufigsten Formen der Harninkontinenz dargestellt:
In der nachfolgenden Tabelle werden alle bisher bekannten Formen der Harninkontinenz mit den jeweiligen Merkmalen aufgelistet:
Form | Merkmale |
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Belastungsinkontinenz (oder Stressinkontinenz) |
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Dranginkontinenz |
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Überaktive Blase |
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Mischinkontinenz (Kombination von Belastungs- und Dranginkontinenz)
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Reflexinkontinenz (oder neurogene Blase |
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Überlaufinkontinenz (oder Inkontinenz
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Extraurethrale Inkontinenz |
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Nykturie |
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Enuresis (Bettnässen im Kindesalter) |
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Kindliche Harninkontinenz |
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Risikofaktoren und Ursachen
Auswirkungen einer Harninkontinenz
Risiko einer Harninkontinenz einschätzen
- Gespräch führen:
- In einer ruhigen Umgebung ohne Mithörer, um eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, die es Patient:innen erleichtert, offen über sensible Themen zu sprechen.
- Offene Fragen stellen:
- Verlieren Sie ungewollt Urin?
- Verspüren Sie häufig starken Harndrang?
- Müssen Sie pressen, um Wasser zu lassen?
- Haben Sie das Gefühl, Ihre Blase
nicht vollständig entleeren zu können? - Wie oft müssen Sie nachts auf die Toilette gehen?
- Beobachtungen: Nervöses Hin-und-Her-Rutschen auf dem Stuhl, mitgebrachte Inkontinenzmittel, nasse Unterhosen auf der Heizung, Uringeruch → diese Beobachtungen können auf bestehende Inkontinenzprobleme hinweisen, da sie typische Anzeichen für Schwierigkeiten im Umgang mit der Blasenfunktion sind
- Zustandsveränderungen von Patient:innen:
- Mobilitätsverschlechterungen: z. B. langsameres Gehen, Schwierigkeiten beim Aufstehen oder häufiges Hinfallen → dokumentiert werden sollten Veränderungen in der Gehgeschwindigkeit, benötigte Hilfsmittel oder die Häufigkeit von Stürzen
- Verwirrtheitszustände
- Assessmentinstrumente: diese Instrumente dienen dazu, Muster und Probleme beim Wasserlassen
zu erkennen - Miktionsprotokolle: dokumentieren die Häufigkeit, Menge und Umstände der Blasenentleerung
- Kontinenzprofile: bieten eine umfassendere Analyse der Kontinenzfähigkeit
Kontinenzprofile:
Profil | Kennzeichen |
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Kontinenz |
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Unabhängig erreichte Kontinenz |
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Abhängig erreicht Kontinenz |
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Unabhängig kompensierte Inkontinenz |
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Abhängig kompensierte Inkontinenz |
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Präventive Maßnahmen
MerkeIn der Klinik sollte immer eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von z. B. Pflegekräften, Ärzt:innen, Physiotherapeut:innen und Ernährungsberater:innen erfolgen, um einen guten Therapieerfolg für die Patient:innen zu gewährleisten.
Risikofaktoren | Präventive Maßnahmen |
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Erkrankungen |
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Hygiene |
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Ernährung |
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Bewegung |
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Orientierung |
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Weitere Risikofaktoren |
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Quellen
- Al-Abtah et al.: I care Pflege. Georg Thieme Verlag 2020, ISBN: 978-3-132-41828-8
- Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) (2024) Expertenstandard Kontinenzförderung in der Pflege
- Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) (2021): Inkontinenz. Praxistipps für den Pflegealltag
- Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) (2024): Sk2-Leitlinie Harninkontinenz bei geriatrischen Patienten – Diagnostik und Therapie