Einleitung
Die körperliche Untersuchung in der Anästhesie legt den Fokus insbesondere auf Herz, Lunge und die Atemwege. Daneben können Punktionsstellen oder Zugangswege für die Regionalanästhesie untersucht oder ein erweitertes hämodynamisches Monitoring
Kardiale Untersuchung
Die Untersuchung des Herzens wird bei freiem Oberkörper und in liegender Position der Patient:innen durchgeführt. Es werden drei Teiluntersuchungen durchgeführt: Inspektion, Palpation und Auskultation (eine ausführliche Erklärung von Anamnese und körperlicher Untersuchung findest du in unserem Untersuchungsheft).
- Inspektion: Zeichen der Herzinsuffizienz
(Beinödeme, gestaute Halsvenen), Zyanose (zentral: bläuliche Verfärbung der Schleimhäute, v.a. der Zunge, peripher: bläuliche Verfärbung peripherer Hautabschnitte, v.a. der Extremitäten), Trommelschlägelfinger, Uhrglasnägel (Ausschüttung von Wachstumsfaktoren aufgrund von Hypoxie) - Palpation: Herzspitzenstoß
in der Medioklavikularlinie im 5. ICR. Pulsstatus (Rhythmus, Herzfrequenz , Pulsdefizit ) - Auskultation: Herztöne, Herzgeräusche
, Rhythmus, Herzfrequenz
Pulmonale Untersuchung
Die Untersuchung der Lunge geschieht bei freiem Oberkörper der Patient:innen und besteht aus vier Teiluntersuchungen: Inspektion, Palpation, Perkussion und Auskultation.
- Inspektion: Patient:in soll tief ein- und ausatmen und wird von ventral nach dorsal begutachtet
- Thoraxform (Trichterbrust, Fassthorax
etc.), Atemfrequenz (Tachypnoe: > 20/min, Bradypnoe <10/min), Zeichen der Dyspnoe (Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, Kutschersitz, interkostale Einziehungen insbesondere bei Kindern), Zeichen der Hypoxie (s.o.)
- Thoraxform (Trichterbrust, Fassthorax
- Palpation: Thoraxstabilität, Stimmfrenitus
- Perkussion: Lungengrenzen
, Atemverschieblichkeit im Seitenvergleich
(ca. 5 cm entspricht ca. 3 Fingerbreiten)- Sonor: physiologisch
- Hypersonor
= durch übermäßigen Luftgehalt (z.B.: Pneumothorax ) - Hyposonor
/gedämpft = z.B. durch vermehrte Flüssigkeit wie beim Pleuraerguss
- Auskultation: Atemgeräusche

Auskultationsbefund | Beschreibung | Mögliche Ursache |
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Physiologische Atemgeräusche | ||
Vesikulär (peripheres Atemgeräusch) | Niederfrequentes, leises Geräusch | Normaler Befund |
Bronchialatmen | Über der Trachea als hochfrequentes, lautes Geräusch | Normaler Befund über den zentralen Atemwegen |
Entfaltungsknistern | Feines Knistern am Ende der Inspiration | Entfaltung unbelüfteter Lungenabschnitte |
Pathologische Atemgeräusche | ||
Bronchialatmen | Hochfrequentes, lautes Geräusch | Pneumonie |
Abgeschwächtes oder fehlendes Atemgeräusch | Leises oder fehlendes Atemgeräusch | Überblähung, Pneumothorax |
Diskontinuierliche Nebengeräusche (früher: feuchte Rasselgeräusche | ||
Feinblasige Rasselgeräusche | Vergleichbar mit dem Reiben von Haaren zwischen den Fingern | Pneumonie |
Grobblasige Rasselgeräusche | Wie grobblasiges Blubbern | Alveoläres Lungenödem |
Knisterrasseln (Sklerosiphonie) | Wie, wenn man durch hohen Schnee läuft, vor allem endexspiratorisch und basal | Lungenfibrose |
Pleurareiben | Wie Leder, das aneinander gerieben wird („Lederknarren“) | Pleuritis sicca |
Kontinuierliche Nebengeräusche (früher: trockene Rasselgeräusche | ||
Brummen (engl. rhonchi) | Niederfrequentes Geräusch | Flottierender Schleim/Sekrete in großen Atemwegen |
Giemen | Lautes hochfrequentes Pfeifen, das bei Luftbewegung durch verengte Atemwege entsteht | Hochgradige Verengungen der Atemwege, (z.B. Asthma, COPD) |
Inspiratorischer Stridor | Hochfrequentes Geräusch, oft bereits ohne Stethoskop hörbar | Verengung der oberen Atemwege (Epiglottis, Fremdkörper) |
Exspiratorischer Stridor | Hochfrequentes Geräusch, oft bereits ohne Stethoskop hörbar
| Verengung der unteren Atemwege (Asthma, COPD) |
Untersuchung der Atemwege
Das Hauptziel der strukturierten Untersuchung der Atemwege besteht darin, die Atemwegspassage zu beurteilen, anatomische Besonderheiten, Vorerkrankungen oder Verletzungen im HNO-Bereich zu erkennen und die optimale Strategie für die Intubation
Untersuchung | Hinweis auf einen schwierigen Atemweg |
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1. Anamnese |
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2. Halsbereich |
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3. Oberlippen-Beiß-Test |
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4. Mundhöhle |
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Mallampati-Klassifikation
Zur Erhebung der Mallampati-Klassifikation wird der/die Patient:in gebeten, den Mund so weit wie möglich zu öffnen und die Zunge herauszustrecken. Der/die Patient:in sitzt aufrecht oder steht und hält den Kopf in einer neutralen Position. Ein Mallampati von drei oder vier gilt als Hinweis auf einen schwierigen Atemweg.
AchtungEs ist unbedingt darauf zu achten, dass der Test ohne Phonation
erfolgt, d.h. der/die Patient:in sollte nicht "Aaah" oder Ähnliches sagen!

Quellen
- S1-Leitlinie: Atemwegsmanagement,Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI)
- Leitlinie: Präoperative Evaluation erwachsener Patientinnen und Patienten vor elektiven, nicht herzthoraxchirurgischen Eingriffen, gemeinsame Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin