Zusammenfassung
Ein Krampfanfall entsteht durch eine plötzlich auftretende, unkontrollierte elektrische Entladung
Häufige Ursachen für Krampfanfälle sind eine bekannte Epilepsie, Infektionen des zentralen Nervensystems, ein Schädel-Hirn-Trauma, Elektrolytstörungen oder eine Hypoglykämie. Diese Faktoren können die neuronale Erregbarkeit im Gehirn beeinflussen und so das Risiko für einen Anfall erhöhen.
Krampfanfälle werden in generalisierte und fokale Anfälle unterteilt. Im Rettungsdienst liegt der Fokus der Therapie auf der Krampfdurchbrechung sowie der Sicherstellung der Vitalparameter. Die Auswahl der geeigneten Zielklinik ist entscheidend für die weitere Versorgung und Diagnostik. Besondere Situationen stellen der Fieberkrampf bei Kindern sowie die Eklampsie bei Schwangeren dar, die eine spezifische Behandlung und besondere Aufmerksamkeit erfordern.
Fallbeispiel
Um den Einstieg in das Thema Krampfanfall etwas zu erleichtern, wird im Folgenden ein Fall beschrieben, wie er sich präklinisch ereignen könnte.
Das Szenario
Einsatzmeldung:
- Stichwort: „Krampfanfall“
- Ort: Wohnzimmer eines Einfamilienhauses
- Alarmzeit: 21:30 Uhr
- Anrufer:in: Ehefrau
- Anzahl der Betroffenen: 1 Person
- Zusatzinfo:
- 42-jähriger, männlicher Patient
- Bekannte Epilepsie
- Patient ist nicht ansprechbar
Lageeinweisung vor Ort:
Beim Eintreffen des Rettungsdienstes liegt der Patient in Seitenlage
- Der Patient ist somnolent und reagiert nur verzögert auf Ansprache
- Er zeigt eine ausgeprägte Muskelerschlaffung und bleibt zunächst orientierungslos
- Laut Ehefrau begann der Krampfanfall plötzlich mit Versteifung der Extremitäten, gefolgt von Zuckungen des gesamten Körpers und dauerte ungefähr 2 Minuten an
- Danach blieb der Patient für etwa 1 Minute tief bewusstlos
- Laut Ehefrau hat er heute seine Antikonvulsiva nicht eingenommen und klagte über Schlafmangel und Kopfschmerzen
Dieses Bild wurde mit der KI-Software DALL·E (OpenAI) erstellt. Es wurde automatisch generiert und dient ausschließlich illustrativen Zwecken.
Ersteindruck nach xABCDE-Schema
Um sich einen ersten umfassenden Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten in einer Notfallsituation zu verschaffen, bietet sich das xABCDE-Schema an. Um die Arbeit mit dem Schema zu veranschaulichen, ist hier ein xABCDE-Schema abgebildet, wie es im Falle einer Ersteinschätzung bei einer Patientin oder einem Patienten mit Krampfanfall aussehen könnte.
Es handelt sich dabei um die Befunde, die innerhalb der ersten paar Minuten erhoben werden können. Erweiterte Diagnostik und Abfragen sind natürlich von Bedeutung, jedoch die Anlage eines 12-Kanal-EKG
x |
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A |
| Kein |
B |
| Kein |
C |
| Kein |
D |
| Akutes |
E |
| Kein |
AchtungDas hier gezeigte Assessment vermittelt nur einen exemplarischen ersten Eindruck von einer Patientin oder einem Patienten. Im Verlauf der Behandlung müssen weitere Maßnahmen ergriffen und Informationen gesammelt werden. Das Schema erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll lediglich einen praktischen Einstieg in das Thema ermöglichen.
Definition
Epileptischer Anfall:
Ein epileptischer Anfall ist ein vorübergehendes Auftreten von Anzeichen und/oder Symptomen aufgrund einer pathologisch exzessiven oder synchronen neuronalen Aktivität im Gehirn. Sie sind selbstlimitierende Ereignisse, deren spontanes Sistieren auf Mechanismen beruht, die bisher weitgehend unverstanden sind.
Epilepsie:
Epilepsie ist eine chronische Erkrankung des Gehirns, die durch eine anhaltende Neigung gekennzeichnet ist, wiederholt spontane epileptische Anfälle auszulösen. Die Diagnose Epilepsie wird gestellt, wenn mindestens zwei unprovozierte Anfälle in einem Abstand von mehr als 24 Stunden aufgetreten sind.
Status epilepticus :
Als Status epilepticus
Ursachen
Substanzabhängie Faktoren:
- Entzug bei Alkohol- oder Benzodiazepinabhängigkeit
- Drogenkonsum (v.a. Amphetamine, Kokain)
- Unregelmäßige Einnahme von Antikonvulsiva
Systemische Faktoren:
- Fieber (insbesondere bei Kindern)
- Elektrolytentgleisungen
- Hypogklykämie
- Eklampsie
Situationsbedingte Triggerfaktoren:
- Schlafentzug
- Stroboskoplicht
- Hyperventilation
- Psychische Belastungen
- Extreme körperliche Anstrengung
AchtungWeiterhin können Infektionen des ZNS und der Meningen, Schädel-Hirn-Traumata, Tumore, Schlaganfall
oder Hypoxie Krampfanfälle auslösen.
Pathophysiologie
MerkePhysiologische Grundlagen
- Neuronale Erregbarkeit:
- Im Normalzustand arbeiten erregende (z. B. Glutamat) und hemmende (z. B. GABA) Neurotransmitter im Gleichgewicht, um eine kontrollierte Weiterleitung von Nervenimpulsen sicherzustellen
- Krampfschwelle:
- Die Krampfschwelle bezeichnet die Fähigkeit des Gehirns, exzessive Erregung durch hemmende Mechanismen zu unterdrücken
- Elektrolyte:
- Die Funktion von Neuronen hängt von einem stabilen Konzentrationsgleichgewicht von Ionen wie Natrium
, Kalium , Kalzium und Chlorid ab, das durch Ionenkanäle und Transporter aufrechterhalten wird - Hirnstoffwechsel:
- Das Gehirn benötigt eine konstante Energieversorgung durch Glukose und Sauerstoff
, um den hohen Energiebedarf für die synaptische Aktivität und die Aufrechterhaltung des Membranpotentials zu decken
- Ein Krampfanfall entsteht durch eine plötzlich auftretende, unkontrollierte elektrische Entladung
der Neuronen im gesamten Gehirn oder in Teilen davon → Überschreiten der Krampfschwelle - Auch „gesunde“ Gehirne können einen Krampfanfall auslösen, insofern die Krampfschwelle überschritten wird
- Eine Senkung der Krampfschwelle wird insbesondere provoziert durch:
- Starken Alkoholkonsum
- Fieber (rascher Temperaturanstieg)
- Psychische Belastungen
- Hypoglykämie
- Schlafmangel
- Einnahme von Antipsychotika
und Antibiotika
Klinischer Eindruck
Typische Zeichen
MerkeKrampfanfälle zeigen ein vielfältiges und komplexes klinisches Bild, das je nach Anfallsart stark variieren kann. Ein fundiertes Wissen über die spezifischen Anzeichen der unterschiedlichen Anfallsformen ermöglicht, die Art des Anfalls präzise zu erkennen.
Generalisierter Anfall (betrifft das gesamte Gehirn) | Fokaler Krampfanfall (betrifft nur einen Teil des Gehirns) |
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| Einfach fokal:
Komplex fokal:
Jackson-Anfälle:
Sekundär generalisierte Anfälle:
|
Sekundär generalisierte Anfälle: Ein fokaler Krampfanfall entwickelt sich zu einem generalisierten Anfall |
InfoTerminologie
Streng genommen gelten die Begriffe „einfach fokal“ und „komplex fokal“ in der medizinischen Terminologie als veraltet. Die moderne Terminologie legt Wert darauf, den Bewusstseinszustand genauer zu beschreiben. Somit werden Bezeichnungen wie „fokaler Anfall mit erhaltenem Bewusstsein“ oder „fokaler Anfall mit eingeschränktem Bewusstsein“ verwendet.
Im klinischen Alltag und in der Epileptologie werden weiterhin die obigen etablierten Begriffe verwendet, auch wenn sie nicht immer den offiziellen Terminologien entsprechen.
Generalisierte Zeichen
- Zyanose möglich:
- Aufgrund einer insuffizienten Atmung während des Anfalls
- Tachykardie
- Schaum vor dem Mund
- Ggf. sekundäre Verletzungen:
- Häufig Kopfverletzungen durch Sturz oder Aufschlagen des Kopfs während dem Anfall
- Häufig Zungenbiss
- Urin- und/oder Stuhlabgang
- Tonisch-klonische Krämpfe
- Vegetative Begleitsymptomatik:
- Schwitzen
- Zittern
Zeichen der postiktalen Phase
InfoPostiktale Phase
Die postiktale Phase bezeichnet den Zeitraum unmittelbar nach einem epileptischen Anfall. Sie ist gekennzeichnet durch eine vorübergehende neuronale Erschöpfung und dauert in der Regel Minuten bis Stunden. Typische Symptome sind Verwirrtheit, Müdigkeit, Kopfschmerzen
, Desorientierung, Sprachstörungen oder Lähmungserscheinungen (z.B. Todd'sche Parese). Die Ausprägung variiert je nach Anfallsart und betroffener Hirnregion. In dieser Phase besteht ein erhöhtes Risiko für erneute Anfälle und Verletzungen.
- Langsame Reorientierung
- Somnolenz
- Neurologische Defizite
- Aphasie
- Parese
- Aphasie
Diagnostik
Anamnese
Neben der standardisierten Anamnese ist eine explizite Anamnese zu dem Hergang und den genauen Umständen des Krampfanfalls vonnöten.
Folgende Fragen können dabei helfen:
- Wie genau verlief der Anfall, und welche motorischen Symptome traten auf?
- Lag eine Bewusstseinsstörung vor?
- Liegt eine Amnesie für die Dauer des Anfalls vor?
- Gab es eine Reorientierungsphase und wie lange dauerte diese?
- Bestehen in der Vorgeschichte bereits Anfälle oder Synkopen
?
- S (Symptome): Abhängig von der Art des Krampfanfalls
- Generalisierter Krampfanfall?
→ Initialschrei, Tonisch-klonische Krämpfe, Bewusstlosigkeit, häufig Zungenbiss und/oder Abgang von Urin oder Stuhl, postiktale Phase, Schaum vor dem Mund, Zyanose - Einfach fokaler Krampfanfall?
→ Motorische Zuckungen, vegetative Symptomatik, Sensibilitätsstörungen, oft nur ein Teil des Körpers betroffen, keine Bewusstseinsstörung - Komplex fokaler Krampfanfall?
→ Selbe Symptomatik wie einfach fokaler Anfall + Bewusstseinsstörung - Status epilepticus
?
→ Anfallsdauer > 5 Minuten oder 2 aufeinanderfolgende Anfälle innerhalb von 5 Minuten ohne Wiedererlangen des Bewusstseins - Postiktale Phase?
→ Langsame Reorientierung, Somnolenz, Neurologische Defizite
- Generalisierter Krampfanfall?
- A (Allergien, Infektionen): Gibt es Hinweise auf eine fieberhafte
Infektion? - M (Medikation): Bei bekannter Epilepsie → Einnahme von Antikonvulsiva
; ggf. auslösende Medikamente (z.B. Antipsychotika ) - P (Patientengeschichte):
- Bekannte Epilepsie?
- L (Letzte…):
- Letzte Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme?
- Einnahme der Medikation?
- Letzter stattgefundener Krampfanfall?
- E (Ereignis): Ist ein Auslöser ermittelbar?
- Unprovozierter Anfall?
→ Treten ohne erkennbare Ursache auf (z.B. epileptische Anfälle oder Hirntumoren) - Provozierter Anfall?
→ Treten aufgrund einer spezifischen Ursache auf (z.B. Alkohol, Hypoglykämie, Schlaganfalloder Fieber) - R (Risiko): Unregelmäßige Einnahme von Antiepileptika
, Fieber, Drogen- und Alkoholkonsum, Hypoglykämie, Verletzungen des ZNS - S (Schwangerschaft): Mögliche Schwangerschaft bei Patientinnen (an Eklampsie denken!)
TippNutze Schemata
Um die Anamnese strukturiert durchzuführen, bietet es sich an, Schemata, wie das SAMPLERS oder OPQRST-Schema
zu nutzen. Am obigen Beispiel haben wir Fragen und Befunde dargestellt, die bei dem Verdacht auf einen Krampfanfall abgefragt werden sollten und vorliegen könnten.
Klinische Untersuchung
Inspektion (mögliche Symptome):
- Zungenbiss
- Urin- und/oder Stuhlabgang
- Schaum vor dem Mund
- Zyanose
- Tonisch-klonische Krämpfe
- Vegetative Begleitsymptomatik:
- Schwitzen
- Zittern
Für eine genaue Symptomübersicht der verschiedenen Anfallsarten: siehe Klinischer Eindruck
Palpation:
- Der Palpationsbefund sollte physiologisch ausfallen. Ist das nicht so, muss differenzialdiagnostisch gedacht werden
Perkussion:
- Der Perkussionsbefund sollte physiologisch ausfallen. Ist das nicht so, muss differenzialdiagnostisch gedacht werden
Auskultation:
- Der Auskultationsbefund sollte physiologisch ausfallen. Ist das nicht so, muss differenzialdiagnostisch gedacht werden
Differenzialdiagnosen
Konvulsive Synkope :
Synkopen
Affektkrämpfe:
Säuglinge und Kleinkinder können bei Schmerzen, Schreck oder anderen Ursachen Weinanfälle erleiden. Diese Weinanfälle können bis zu einer Zyanose und kurzzeitiger Bewusstlosigkeit führen. Aktuell herrscht die Annahme, dass diese Affektkrämpfe ungefährlich sind. Durch das Anpusten des Gesichtes können atemfreie Phasen größtenteils unterbrochen werden.
Dissoziative Krampfanfälle:
Früher auch als psychogener Krampfanfall
Hyperventilationstetanie:
Durch emotionale Belastungen kann die Atemfrequenz
Epileptischer Anfall | Psychogener/dissoziativer Anfall | Konvulsive Synkope |
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Therapie des Status epilepticus
Basismaßnahmen
- Schutz vor Selbstgefährdung
: Patient:innen umlagern, polstern, Gefahrenquellen entfernen (die erkrankte Person nicht festhalten) - Atemwege freihalten
- Sauerstoffgabe
- Venösen Zugang legen
- Wenn möglich nicht in der Ellenbeuge oder über Gelenken → Gefahr der Dislokation
- Wenn möglich nicht in der Ellenbeuge oder über Gelenken → Gefahr der Dislokation
- Kausale Therapie: z.B. Blutzuckereinstellung
Spezifische Maßnahmen
Die aufgeführten Wirkstoffe sind die im Rettungsdienst am häufigsten verwendeten, können jedoch je nach Verfügbarkeit durch alternative Präparate ersetzt werden.
Die medikamentöse Therapie zur Krampfbeendigung erfolgt nach einem Stufenschema:
Stufe 1 → Benzodiazepin:
- Midazolam
( )
Stufe 2 → Antikonvulsiva :
- Levetiracetam (
)
Stufe 3 → Narkose:
- Propofol
( ) + - Esketamin
( ) + - Muskelrelaxans
z.B. Rocuronium ( )
InfoBei refraktärem, fokalem Anfall ohne Bewusstseinsverlust kann auf eine Narkose verzichtet werden.
Besondere Situationen
Fieberkrampf bei Kindern
DefinitionEin Fieberkrampf ist ein durch Fieber ausgelöster, selbstlimitierender Krampfanfall bei Kindern, häufig im Alter von 6 Monaten bis 5 Jahren, ohne dass eine zugrunde liegende neurologische Erkrankung vorliegt.
Medikamentöse Therapie:
- Diazepam
( ) - Bei >38,5 °C zusätzlich antipyretische Therapie erwägen, z.B. Paracetamol
( )- Tageshöchstdosis beachten (60 mg/kgKG)
MerkeDie meisten fieberbedingten Krampfanfälle sind kurz und enden spontan innerhalb von 3 Minuten, sodass keine medikamentöse Akuttherapie erforderlich ist. Dauert ein Anfall jedoch länger als 5 Minuten, sistiert er in der Regel nicht mehr spontan und soll medikamentös unterbrochen werden.
Eklampsie
DefinitionEklampsie ist eine schwerwiegende Komplikation der Präeklampsie
, die durch generalisierte, tonisch-klonische Krampfanfälle in der Schwangerschaft gekennzeichnet ist.
Die Rettung der Mutter steht im Vordergrund. Dementsprechend können hier alle Medikamente eingesetzt werden, die auch beim klassischen Krampfanfall eingesetzt werden, obwohl sie im Verdacht stehen, teratogen zu sein, da das Überleben des Kindes nur durch das Überleben der Mutter gesichert ist. Dazu ist die Durchbrechung eines Status epilepticus
Medikamentöse Therapie:
- Zusätzlich zur Therapie eines Status epilepticus
: Magnesium ( ) - Bei exzessiven Blutdruckwerten über 200/100 mmHg ist eine vorsichtige, antihypertensive Therapie, z.B. mit Urapidil
, indiziert - CAVE: Nicht unter 150 mmHg systolisch senken, um eine plazentare Minderversorgung und mögliche Schädigung des Ungeborenen zu vermeiden
MerkeWarnzeichen für einen Krampfanfall im Sinne einer Eklampsie sind Kopfschmerzen
und Sehstörungen in der Schwangerschaft! Häufig geht der Anfall mit einem Blutdruck von über 180 mmHg systolisch einher. Er kann aber auch ohne Bluthochdruck auftreten. Bei der neurologischen Untersuchung findet sich meist eine Hyperreflexie.
Bekannter Alkoholabusus oder entzugsinduzierter Krampfanfall
Zusätzlich zur Therapie des Status epilepticus
MerkeThiamingabe
Die Rolle von Thiamin
im Energiestoffwechsel:
- Thiamin
(Vitamin B1 ) ist essenziell für den Kohlenhydratstoffwechsel, vornehmlich für die aerobe Glukoseverwertung in den Nervenzellen - Ein Thiaminmangel führt zu einer gestörten ATP-Produktion in den Mitochondrien
, was die Nervenzellen schädigt - Neuronen sind besonders empfindlich gegenüber einem Energiemangel, was eine exzessive neuronale Erregung und Krampfanfälle begünstigt
Thiamin
wird bei alkoholinduzierten Krampfanfällen verabreicht, da chronischer Alkoholismus häufig zu einem Thiaminmangel führt. Dieser kann zu neurologischen Störungen, insbesondere zur Wernicke-Enzephalopathie, beitragen.
Weitere Therapie im klinischen Setting
Labordiagnostik
- Blutzucker
- Elektrolyte
- Insbesondere Natrium
, kleines Blutbild , Phosphat , Kreatinin , Laktat, Harnstoff , Bilirubin , GFR , ALT , GGT , Troponin , CK , TSH , Ethanol, PTT , INR - Bei vorbekannter Epilepsie und Einnahme von Antikonvulsiva
: Antikonvulsiva -Spiegel - Blutgasanalysen: Blutzuckerspiegel
, Elektrolyte, metabolische Laktatazidose durch erhöhte Muskelaktivität
- Bei vorbekannter Epilepsie und Einnahme von Antikonvulsiva
- Insbesondere Natrium
Abklärung der Ursache
- Abklärung der Ursache und Identifikation von möglichen Folgeschäden
- cCT: immer nach einem Status epilepticus
zur Abklärung einer notfallmäßig behandlungsbedürftigen, strukturellen Läsion - Nach erstmaligem Anfall: EEG
(möglichst kurz nach dem Anfall) zur Suche nach epilepsietypischen Potenzialen wie Sharp-Waves oder Spikes-and-Waves; cMRT zur Suche nach potenziell epileptogenen Hirnregionen
- cCT: immer nach einem Status epilepticus
Feststellen der Kraftfahreignung
Die Fahreignung nach einem Krampfanfall richtet sich nach den Empfehlungen der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) sowie neurologischen Leitlinien. Entscheidende Faktoren sind die Anfallsart, Ursache und Rückfallrisiko.
- Einfacher Fieberkrampf oder provozierter Anfall (z.B. durch Hypoglykämie, Medikamentenentzug):
- In der Regel keine dauerhafte Fahreinschränkung, wenn die auslösende Ursache behoben ist
- Erstmaliger unprovozierter Anfall:
- Mindestens 6 Monate anfallsfrei für private Fahrerlaubnis (Gruppe 1)
- 12 Monate für Berufsfahrer (Gruppe 2)
- Diagnostizierte Epilepsie:
- Mindestens 1 Jahr anfallsfrei unter stabiler Medikation für Gruppe 1
- Meist dauerhafte Fahruntauglichkeit für Gruppe 2
- Nach Absetzen der Antikonvulsiva
: - 12 Monate anfallsfrei erforderlich
InfoEine individuelle Bewertung durch Neurolog:innen ist erforderlich, um das Rückfallrisiko einzuschätzen.
Transport
Einschätzung der Transportdringlichkeit und Zielkrankenhaus
- Prolongierter oder wiederholter Anfall (Status epilepticus
) → Transport in Klinik mit neurologischer Fachabteilung und intensivmedizinischer Überwachungsmöglichkeit - Erstmaliger Krampfanfall → Transport in eine neurologische Klinik zur Abklärung
- Bekannte Epilepsie mit rascher Erholung → Entscheidung über Transport nach klinischer Einschätzung und Rücksprache mit der erkrankten Person
- Fieberkrampf bei Kindern → Zielklinik mit pädiatrischer Fachabteilung
- Eklampsie → Zielklinik mit geburtshilflicher Abteilung (Bereitschaft für eine Sectio
). Je nach Schwere ist zudem eine intensivmedizinische Betreuung erforderlich
MerkeEs sollte auf freie Atemwege geachtet werden und eine ständige Überwachung der Vitalparameter erfolgen. Bei instabiler Kreislaufsituation sollte der Transport unter kontinuierlicher Kreislaufüberwachung und gegebenenfalls medikamentöser Unterstützung erfolgen.
Prüfungswissen
Zur Zusammenfassung hier die Hard Facts, die bei der Examensvorbereitung oder im Einsatz helfen können:
Definition:
- Epilepsie → Chronische Erkrankung des Gehirns, die durch eine anhaltende Neigung gekennzeichnet ist, wiederholt spontane epileptische Anfälle auszulösen
- Epileptischer Anfall → Vorübergehendes Auftreten von Anzeichen und/oder Symptomen aufgrund einer pathologisch exzessiven oder synchronen neuronalen Aktivität im Gehirn
- Status epilepticus
→ Epileptischer Anfall, der länger als 5 Minuten anhält oder zwei aufeinander folgende epileptische Anfälle ohne Wiedererlangung des Bewusstseins
Ursachen:
- Substanzabhängie Faktoren, z.B.:
- Entzug bei Alkohol- oder Benzodiazepinabhängigkeit
- Unregelmäßige Einnahme von Antikonvulsiva
- Systemische Faktoren, z.B.:
- Fieber (insbesondere bei Kindern)
- Elektrolyteingleisungen
- Hypoglykämie
- Situationsbedingte Triggerfaktoren, z.B.:
- Schlafmangel
- Infektionen des ZNS
- Schädel-Hirn-Trauma
- Hypoxie
Pathophysiologie:
- Ein Krampfanfall entsteht durch eine plötzlich auftretende, unkontrollierte elektrische Entladung
der Neuronen im gesamten Gehirn oder in Teilen davon
→ Überschreiten der Krampfschwelle
Symptome:
- Generalisierter Krampfanfall:
→ Initialschrei
→ Tonisch-klonische Krämpfe
→ Bewusstlosigkeit
→ Häufig Zungenbiss und/oder Abgang von Urin
→ Postiktale Phase - Fokaler Krampfanfall:
→ Muskelzuckungen in nur bestimmter Körperregion
→ Oft vorhandenes Bewusstsein - Postiktale Phase:
→ Verlangsamte Reorientierung
→ Neurologische Ausfälle
Diagnostik:
- Explizite Anamnese zu dem Hergang und den genauen Umständen des Krampfanfalls erheben
- Inspektion (mögliche Symptome):
- Zungenbiss
- Urin und/oder Stuhlabgang
- Schaum vor dem Mund
- Zyanose
- Tonisch-klonische Krämpfe
- Vegetative Begleitsymptomatik:
- Schwitzen
- Zittern
Therapie:
- Sauerstoffgabe
- Schutz vor Begleitverletzungen
- Medikamentöse Therapie:
- Stufe 1 → Benzodiazepine
- Stufe 2 → Antikonvulsiva
- Stufe 3 → Narkose
- Stufe 1 → Benzodiazepine
Transport:
- Prolongierter oder wiederholter Anfall (Status epilepticus
) → Transport in Klinik mit neurologischer Fachabteilung und intensivmedizinischer Überwachungsmöglichkeit - Erstmaliger Krampfanfall → Transport in eine neurologische Klinik zur Abklärung.
- Bekannte Epilepsie mit rascher Erholung → Entscheidung über Transport nach klinischer Einschätzung und Rücksprache mit der erkrankten Person
- Fieberkrampf bei Kindern → Zielklinik mit pädiatrischer Fachabteilung
- Eklampsie → Zielklinik mit geburtshilflicher Abteilung (Bereitschaft für eine Sectio
). Je nach Schwere ist zudem eine intensivmedizinische Betreuung erforderlich
Quellen
S2k-Leitlinie Status epilepticus im Erwachsenenalter, Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN
Erster epileptischer Anfall und Epilepsien im Erwachsenenalter, Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)
Krampfanfälle, retten – Notfallsanitäter. 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2023
S1-Leitlinie Fieberkrämpfe im Kindesalter, Gesellschaft für Neuropädiatrie e.V. (GNP)
S2k-Leitlinie Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft (HES): Diagnostik und Therapie, Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG)
Status epilepticus, Neurologische Notfälle. Hrsg. 2., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG; 2023