Zusammenfassung
Die richtige Lagerung von Patient:innen im Operationssaal
Übersicht
Allgemeine Vorbereitungen für die Lagerung:
- Präoperative Beurteilung: Berücksichtigung von Vorerkrankungen, Kreislaufstatus und möglichen Druckstellen
- Lagerungshilfen: Einsatz von Kissen, Gelpolstern, Sicherheitsgurten und Anti-Rutsch-Matten zur Druckentlastung und Stabilisierung
- Anästhesiologische Aspekte berücksichtigen: Sicherstellung der Atemwege und Vermeidung hämodynamischer Komplikationen
Wichtige Aspekte bei der Lagerung:
- Freie Zugänglichkeit des Operationsgebietes muss gewährleistet sein
- Zugang der Anästhesie zu Infusionsarm und Tubus sicherstellen
- Gute Fixierung mittels Gurten und Stützen → regelmäßige Kontrolle
- Beingurt sollte ca. 5 cm (handbreit) oberhalb der Knie angebracht werden
- Armgurt sollte auf Höhe des Unterarms angebracht werden
- Unterarm sollte höher als Ellenbogen sein
- Bei Abduktion ≤60° → Pronation der Hand
- Bei Abduktion >60° → Supination der Hand
- Prävention von Lagerungsschäden durch gezielte Polsterung:
- Polsterung von Knochenvorsprüngen: Fußspitzen, Fersen und Ellenbogen sollten nicht direkt aufliegen
- Schutz von Nervengewebe:
- Plexus brachialis
: Armabduktion <90° - N. ulnaris & N. radialis: Ellenbogen frei lagern oder polstern
- N. fibularis communis: Kein Druck auf das Fibulaköpfchen
- Plexus brachialis
- Weitere empfindliche Strukturen: Genitalbereich, Brustbereich, Halswirbelsäule
Lagerungsarten im OP
Rückenlagerung:
- Anwendung: Standardlagerung für die meisten operativen Eingriffe, optimaler Zugang zu Abdomen, Thorax
, Extremitäten und Kopf, besonders geeignet für laparoskopische Eingriffe - Wichtig:
- Ausgelagerte Arme sollten bis maximal 90° abduziert werden
- Starke Überstreckung des Kopfes vermeiden
- Geringeres Risiko für Lagerungsschäden
Kopftieflagerung (Trendelenburg-Lagerung):
- Anwendung: Operationen im Unterbauch und Becken (z. B. gynäkologische oder urologische Eingriffe) → Verlagerung der Bauchorgane nach kranial
- Wichtig:
- Person durch kurze Vakuummatratze und Anti-Rutsch-Unterlage zusätzlich fixieren
- Kopftieflagerung mit Kippung von ≤45°
- Komplikationen: Compliance der Lunge
reduziert, kardiale Vorlast erhöht durch verstärkten venösen Rückstrom aus den unteren Extremitäten, ggf. erhöhter intrakranialer Druck
Fußtieflagerung (Anti-Trendelenburg-Lagerung):
- Anwendung: Eingriffe im Oberbauch (z. B. Cholezystektomie, Reflux-Operationen) → Verlagerung der Bauchorgane nach kaudal
- Wichtig:
- Fußbrett mit Polsterung zur Sicherung
- Person durch kurze Vakuummatratze und Anti-Rutsch-Unterlage zusätzlich fixieren
- Komplikationen: Reduzierte Vorlast → reduzierter arterieller Blutdruck und HZV
Steinschnittlagerung:
- Anwendung: Urologische, gynäkologische und kolorektale Operationen
- Wichtig:
- Beugung von Knie- und Hüftgelenke
um ca. 90° - Komplikationen: Ischiadicus- und Peronaeusläsionen, Kompartmentsyndrom
- Beugung von Knie- und Hüftgelenke
Bauchlagerung:
- Anwendung: Wirbelsäulen-, Nieren- und neurochirurgische Eingriffe, dorsaler Zugang zum Retroperitoneum
- Wichtig:
- Spezielles Kopfkissen zur achsengerechten Lagerung des Kopfes
- Augen müssen frei von Druck sein
- Zehen frei gelagert
- Komplikationen: Atemwegsobstruktion, Augendrucksteigerung
Seitlagerung:
- Anwendung: Thorax
-, Nieren- und Hüftoperationen, lateraler Zugang zu retroperitonealen Strukturen - Wichtig:
- Kopf achsengerecht lagern
- Arme in Neutralstellung → Radialispuls kontrollieren
- Komplikationen: fehlerhafte Messung des Blutdrucks
(am oberen Arm falsch niedrig, am unteren Arm falsch hoch), Schulterschmerzen, N. ulnaris-Läsion
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Komplikationen
1. Nervenschäden (Periphere Neuropathien)
- Ursachen
- Druck auf den Nerv durch unsachgemäße Polsterung oder enge Fixierungen
- Überdehnung bei extremer Gelenkstellung oder starkem Zug
- Minderdurchblutung (Ischämie) durch lange Lagerung mit unzureichender Perfusion
- Häufig betroffene Nerven & typische Lagerungen
- N. ulnaris → Rückenlagerung, unzureichende Polsterung am OP-Tisch
- N. radialis → Hängende Armlagerung z.B. über die Tischkante
- N. ischiadicus → Steinschnittlagerung mit übermäßiger Hüftbeugung
- N. fibularis → Steinschnittlagerung, Druck auf den Fibulakopf
- Plexus brachialis
→ Seitenlagerung ohne ausreichendes Axillarpolster
- Symptome
- Sensibilitätsstörungen (Kribbeln, Taubheit)
- Kraftminderung bis hin zu Lähmungen
- Diagnostik
- Elektroneurografie (ENG): Sinnvoll ab Tag 7 postoperativ
- Elektromyografie (EMG): Aussagekräftig ab 2–3 Wochen postoperativ
- Prävention
- Sorgfältige Polsterung druckgefährdeter Stellen (z. B. Ellenbogen, Knie, Achsel
) - Vermeidung extremer Gelenkstellungen
- Regelmäßige intraoperative Kontrolle der Extremitätenposition
- Sorgfältige Polsterung druckgefährdeter Stellen (z. B. Ellenbogen, Knie, Achsel
2. Schäden am Auge
- Ursachen
- Direkter Druck auf den Augapfel → Thrombose der A. centralis retinae → Retinaischämie
- Anhaltender hoher Augendruck → Ischämische Optikusneuropathie
- Hypotonie während der OP → Ischämie der Retina
oder des Sehnervs - Austrocknen oder direktes Trauma → Hornhautverletzung
- Symptome
- Sehverlust (plötzlich, schmerzlos)
- Gesichtsfeldausfälle
- Prävention
- Augenschutz durch spezielle Pflaster oder Augenkammern
- Druck auf den Bulbus vermeiden (v. a. in Bauchlagerung!)
- Optimierung der Kreislauffunktion während langer OPs
3. Schäden an Haut, Weichgewebe & Gefäßen
Dekubitus (Druckgeschwür)
- Ursachen:
- Längere OP-Dauer ohne Umlagerung
- Lagerung mit punktuellem Druck auf Haut und Weichteile
- Arterielle Hypotonie und Hypothermie → Durchblutungsstörungen
- Frühsymptom: Nicht wegdrückbare Rötung der Haut (Stadium I)
- Prävention:
- Großflächiger Hautkontakt mit Unterlage zur Vermeidung von Druckspitzen
- Druckverteilende Gelkissen & Weichlagerung
- Regelmäßige Lagerungskontrollen und Positionswechsel
Kompartmentsyndrom
- Ursachen:
- Hochlagerung der Extremität über Herzniveau
- Langer venöser Rückstau durch Druck auf Gefäße
- Frühsymptome:
- Schmerzen, Taubheitsgefühl, motorische Ausfälle
- Schwellung & harter Muskelkomplex
- Prävention:
- Vermeidung von Druck auf Muskelgruppen
4. Gelenk- und Bänderverletzungen
- Ursachen:
- Fehlen der muskulären Stabilisierung durch Relaxation
- Unphysiologische Streckung oder Verdrehung während der OP
- Frühsymptome:
- Schmerzen und Schwellung postoperativ
- Eingeschränkte Beweglichkeit
- Prävention:
- Vorsichtiger Umgang mit den Extremitäten
- Vermeidung ruckartiger Gelenkbewegungen
- Verhinderung des Abrutschens der Extremitäten durch Fixierung
5. Thrombosen & Hämodynamische Komplikationen
Thrombosen
- Ursachen:
- Eingeschränkter venöser Abfluss durch OP-Lagerung
- Lange Immobilisation
- Erhöhte Gerinnungsneigung durch Hypovolämie
- Prävention:
- Frühzeitige Mobilisation
nach der OP - Intermittierende pneumatische Kompression
intraoperativ - Medikamentöse Thromboseprophylaxe
(z. B. Heparin )
- Frühzeitige Mobilisation
Hämodynamische Instabilität
- Ursachen:
- Vena-cava-Kompressionssyndrom
(v. a. in Rückenlagerung bei Schwangeren!) - Plötzliche Lagewechsel → Kreislaufreaktionen
- Bauchlagerung → Beeinträchtigung des venösen Rückflusses
- Vena-cava-Kompressionssyndrom
- Prävention:
- Sorgfältige Planung der Lagerung vor der OP
- Langsame Anpassung der Körperposition zur Kreislaufstabilisierung
6. Respiratorische Komplikationen
Tubus- oder Katheterdislokation
- Ursachen:
- Kopfrotation in Seitenlagerung
- Verlagerung des Thorax
in Bauchlagerung
- Prävention:
- Doppelte Fixierung des Tubus (z. B. Klebeband + Halteband)
- Kontinuierliche Kontrolle durch Anästhesieteam
Respiratorische Insuffizienz
- Ursachen:
- Verlegung der Atemwege
durch unzureichende Kopfpositionierung - Eingeschränkte Thoraxexpansion in Bauchlagerung
- Verlegung der Atemwege
- Prävention:
- Optimierung der Beatmungseinstellungen nach Lagerung
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Quellen
- S2k-Leitlinie Empfehlungen zur Verhinderung lagerungsbedingter Schäden in der operativen Gynäkologie, Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG), Stand 2020, Abrufdatum 12.02.25
- Berufsverband Deutscher Anästhesisten (BDA) und Berufsverband der Deutschen Chirurgen (BDC): Verantwortung für die prä-, intra- und postoperative Lagerung des Patienten. Vereinbarung des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten und des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen. In: Anästh Intensivmed. Nummer: 28, 1987, p.65.
- Ninow, Beate & Staudacher, Diana & Meier, Bernadette. (2023). Patientenlagerung im OP: Grundlagen und Best Practice. Im OP. 13. 241-255. 10.1055/a-2099-2842.
- Duru, Sadik & Gnant, Michael & Markstaller, Klaus & Bodingbauer, Martín. (2018). Standards der OP-Patientenlagerung Korrekte Lagerung und technische Ausstattung im modernen OP-Saal: Korrekte Lagerung und technische Ausstattung im modernen OP-Saal. 10.1007/978-3-662-57483-6.