Steckbrief
InfoSteckbrief
- Energiegehalt: 9 kcal/g
- Allgemeine Zufuhrempfehlung: 25-35% der Gesamtenergie
- Hauptfunktion: Hauptenergiereserve des Körpers
Definition und Klassifizierung
Definition
Unter Lipiden versteht man eine heterogene Stoffgruppe, die sich durch ihre gemeinsame physikalische Eigenschaft auszeichnet: Unlöslichkeit in Wasser. Lipide sind also hydrophob.
DefinitionDer Begriff Lipide bezeichnet die Gesamtheit aller Fette
und fettähnlichen Substanzen. Lipide sind chemisch heterogene Verbindungen, die durch ihre schlechte Löslichkeit in Wasser gekennzeichnet sind.
Klassifizierung
Aufgrund ihrer heterogenen chemischen Eigenschaften gibt es verschiedene Klassifizierungsmöglichkeiten. Eine gängige Methode ist die Einteilung nach ihrer strukturellen Verwandtschaft. Dabei unterscheidet man grob zwischen:
- Fettsäuren & Fettsäure-Derivate: freie Fettsäuren, Wachse, Eicosanoide, Triglyceride, Phospholipide, Glykolipide
- Isopren-Derivate (Polyprenylverbindungen): Steroide, fettlösliche Vitamine
, andere Terpene
Lipide lassen sich auch nach ihrer Funktion kategorisieren. In diesem Zusammenhang unterscheidet man zwischen Speicherlipiden („Neutralfetten“) und Membranlipiden:
- Speicherlipide (Triglyceride)
- Funktion als Energiedepot
- Unpolare Moleküle (3 Fettsäuren + Glycerin)
- Membranlipide (Phospholipide, Sphingolipide, Cholesterin)
- Bestandteile der Zellmembranen
- Amphiphile Moleküle: polare Gruppe (z.B. Alkohol, Cholin) + unpolarer Rest (Fettsäure) → Dadurch sind sie in der Lage, eine Lipiddoppelschicht („Bilayer“) zu bilden
InfoCholesterin als Membranlipid
Cholesterin ist überwiegend hydrophob und daher im Vergleich zu anderen Membranlipiden nur schwach amphiphil. Dennoch spielt es eine wichtige Rolle als Membranbestandteil. So beeinflusst Cholesterin beispielsweise die Fluidität und Stabilität der Lipiddoppelschicht.
Nahrungsfette
Der Begriff Fette
Triglyceride:
Triglyceride (auch Triacylglycerine genannt) stellen die Hauptspeicherform der Lipide im Körper dar und machen den weitaus größten Anteil der Nahrungsfette aus.
Die Esterbindungen der Triglyceride können hydrolytisch gespalten werden. Dabei werden die einzelnen Bestandteile (Glycerin + Fettsäuren) freigesetzt. Dieser Vorgang wird in vivo als Lipolyse bezeichnet und dient u.a. dazu, Energie aus gespeichertem Fett bereitzustellen.
Fettsäuren
Struktur:
Das Grundgerüst der Fettsäuren besteht aus einer hydrophoben Kohlenwasserstoffkette und einer endständigen, hydrophilen Carboxygruppe (-COOH). Fettsäuren sind also amphiphil.
Einteilung:
Die Einteilung der Fettsäuren erfolgt anhand verschiedener Kriterien:
- Länge der Kohlenwasserstoffkette - Anzahl der C-Atome
- Kurzkettige Fettsäuren (<7)
- Mittelkettige Fettsäuren (<12)
- Langkettige Fettsäuren (>12)
- Sättigungsgrad - Anzahl der Doppelbindungen (DB)
- Gesättigte Fettsäuren (keine DB)
- Einfach ungesättigte Fettsäuren (eine DB)
- Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (ab 2 DB)
- Notwendigkeit der Zufuhr
- Essenzielle Fettsäuren: Linolsäure, Linolensäure
- Nicht-essenzielle Fettsäuren
- Konfiguration der Doppelbindungen
- Cis-Konfiguration: physiologische Form; Wasserstoffatome liegen auf derselben Seite → Es entsteht ein „Knick“ in der Struktur; niedriger Schmelzpunkt
- Trans-Konfiguration: entsteht durch technische Modifikation; Wasserstoffatome liegen auf unterschiedlichen Seiten → Höherer Schmelzpunkt („gehärtete Fette
“)
Funktionen
Die Eigenschaften und Funktionen der verschiedenen Nahrungsfette sind insbesondere von ihrer chemischen Struktur abhängig. Aus diesem Grund werden spezifische Merkmale einzelner Nahrungsfette im späteren Verlauf detaillierter erläutert (siehe Abschnitt Nahrungsfette - Vorkommen und Eigenschaften).
Allgemeine Funktionen der Lipide:
- Energiequelle & Langzeitenergiespeicher (Depotfett)
- Isolation & Polsterung von Organen (Organfett/Viszeralfett)
- Membranbestandteile
- Bausteine des Nervensystems (Bestandteil der Myelinscheide)
- Vorstufe für die Synthese von Hormonen, Eicosanoiden, Gallensäure, sekundären Botenstoffen
- Absorptionsförderer (notwendig für die Absorption
fettlöslicher Vitamine )
Nahrungsfette - Vorkommen und Eigenschaften
Neben den allgemeinen Funktionen der Lipide besitzen die verschiedenen Nahrungsfette charakteristische Eigenschaften. Diese sind insbesondere auf ihre spezifische Struktur zurückzuführen.
Gesättigte Fettsäuren:
- Hauptfunktionen: Energiequelle & -speicher, Bestandteil verschiedener Strukturen, Transport fettlöslicher Vitamine
- Mittelkettige Fettsäuren (MCT-Fette
): teilweise wasserlöslich → Können ohne Gallensäure & Lipasen absorbiert werden; therapeutischer Einsatz bei Resorptionsstörungen (v.a. Fettmalabsorption)
- Mittelkettige Fettsäuren (MCT-Fette
- Empfohlene Zufuhr: <10% der Gesamtenergie
- Vorkommen: hohe Mengen v.a. in tierischen Fetten, Palm- & Kokosfett
- Weitere Eigenschaften: Serum-Triglyceride↑, LDL
- & Gesamtcholesterin↑ - Wichtige Vertreter: Buttersäure, Capronsäure, Caprylsäure, Caprinsäure, Laurinsäure, Myristinsäure, Palmitinsäure, Stearinsäure
InfoKontroverse um die Rolle gesättigter Fettsäuren
Die gesundheitlichen Auswirkungen gesättigter Fettsäuren werden bis heute kontrovers diskutiert. Bisher wurden sie als ungesund eingestuft, was zu strengen Zufuhrempfehlungen führte. Eine erhöhte Zufuhr wurde u.a. mit einem höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht. Aktuelle Studien zeigen jedoch keinen eindeutigen Zusammenhang. Vielmehr deuten neuere Ergebnisse darauf hin, dass die Auswirkungen gesättigter Fettsäuren komplexer sind, als ursprünglich angenommen. Viele Expert:innen empfehlen daher, v.a. die Gesamtheit der Lebensmittel zu berücksichtigen und den Gehalt an gesättigten Fettsäuren nicht isoliert zu bewerten. Letztlich ist es die Kombination aller Inhaltsstoffe, die sich positiv oder negativ auf die Gesundheit auswirkt.
Einfach ungesättigte Fettsäuren:
- Hauptfunktionen: Energiequelle, Bestandteil verschiedener Strukturen
- Empfohlene Zufuhr: erhöhte Zufuhr empfohlen (bis zu 20% der Gesamtenergie)
- Vorkommen: hohe Mengen v.a. in pflanzlichen Ölen (z.B. Oliven-, Raps- oder Sonnenblumenöl)
- Weitere Eigenschaften: Serum-Triglyceride↓, LDL
-Cholesterin↓, HDL -Cholesterin↑ - Wichtige Vertreter: Palmitoleinsäure, Ölsäure, Erucasäure
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren:
- Hauptfunktionen: neben der Funktion als Energiequelle v.a. wichtig für nicht-energieliefernde Prozesse (Signaltransduktion, Genexpression etc.); Zwischenprodukte von Eicosanoiden
- Empfohlene Zufuhr: erhöhte Zufuhr empfohlen (7-10% der Gesamtenergie) → Verhältnis beachten (siehe Box zum Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren)
- Zufuhrempfehlungen für essenzielle Fettsäuren:
- Linolsäure: 2,5% der Gesamtenergie
- Linolensäure: 0,5% der Gesamtenergie
- Zufuhrempfehlungen für essenzielle Fettsäuren:
- Vorkommen:
- Omega-3-Fettsäuren: Leinöl, Rapsöl, Nüsse, Kaltwasserfische, Fischöle
- Omega-6-Fettsäuren: große Mengen in den meisten pflanzlichen Ölen (Distel-, Sonnenblumen-, Maiskeim-, Erdnussöl etc.)
- Weitere Eigenschaften:
- Omega-3-Fettsäuren: antiinflammatorisch, gerinnungshemmend, antihypertensiv
- Omega-6-Fettsäuren: entzündungsfördernd, gerinnungsfördernd, vasokonstriktorisch (→ Omega-6-Fettsäuren fungieren quasi als Gegenspieler der Omega-3-Fettsäuren), Gesamtcholesterin↓
- Wichtige Vertreter:
- Omega-3-Fettsäuren: α-Linolensäure, Eicosapentaensäure, Docosahexaensäure
- Omega-6-Fettsäuren: Linoläure, γ-Linolensäure, Arachidonsäure
AchtungVerhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren
Das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren sollte zwischen 1:1 und 5:1 liegen. Nur so kann der Körper von den gesundheitsfördernden Effekten der mehrfach ungesättigten Fettsäuren profitieren. Schätzungen zufolge liegt das Verhältnis im Durchschnitt jedoch bei 15:1, d.h. es werden deutlich mehr Omega-6-Fettsäuren aufgenommen. Der Körper befindet sich dann nicht mehr in einem gesundheitsförderlichen, entzündungsneutralen Zustand. Ein starkes Ungleichgewicht kann u.a. auch zu Gefäßverengungen und Thrombenbildungen führen.
Beispiele für das Fettsäureverhältnis ausgewählter Lebensmittel:
Lebensmittel | Omega-6:Omega-3 |
Lachs | 1:12 |
Spinat | 1:5 |
Leinöl | 1:4 |
Rapsöl | 2:1 |
Getreide | 10:1 |
Olivenöl | 11:1 |
Sonnenblumenöl | 120:1 |
Mandeln | 1987:1 |
Transfettsäuren:
- Hauptfunktionen: Energiequelle; sonst keine physiologischen Funktionen bekannt
- Empfohlene Zufuhr: <1% der Gesamtenergie (möglichst geringe Zufuhr)
- Vorkommen: Transfettsäuren entstehen u.a. bei der industriellen Verarbeitung (Fetthärtung); natürlicherweise auch in Rindfleisch, Milch- & Milchprodukten enthalten
- Beispiele für Lebensmittel mit nennenswertem Gehalt: Back- & Süßwaren, frittierte Produkte, Chips, Fertiggerichte
- Weitere Eigenschaften: Serum-Triglyceride↑, LDL
- & Gesamtcholesterin↑, HDL -Cholesterin↓, Atheroskleroserisiko↑, gerinnungsfördernd
Cholesterin:
- Hauptfunktionen: Ausgangssubstanz für die Synthese von Steroidhormonen, Gallensäure und Vitamin D; wichtiger Bestandteil von Zellmembranen
- Empfohlene Zufuhr: max. 300 mg/Tag (Cholesterin wird zu 90% endogen synthetisiert)
- Vorkommen: in tierischen Produkten (Fleisch, Eier, Milchprodukte, etc.)
- Weitere Eigenschaften: die Wirkung von Cholesterin auf die Plasmalipide variiert individuell und wird von mehreren Faktoren beeinflusst (z.B. Genetik und Gesamternährung). Überraschenderweise ist der Einfluss gesättigter Fettsäuren auf den Plasmacholesterinspiegel deutlich ausgeprägter als der von Nahrungscholesterin. Der Körper reguliert die endogene Cholesterinsynthese in Abhängigkeit von der zugeführten Menge.
InfoCholesterin - Reaktionstypen
Eine erhöhte Cholesterinzufuhr wird normalerweise durch eine verminderte endogene Synthese kompensiert. Dieser Ausgleich führt bei den meisten Menschen zu relativ konstanten Plasmaspiegeln (sog. „Non-Responder“). Bei einem Teil der Bevölkerung funktioniert dieser Kompensationsmechanismus jedoch nicht oder nur eingeschränkt. Diese sog. „Responder“ reagieren entsprechend mit erhöhten Cholesterin- und v.a. auch LDL
-Werten. Ursache hierfür sind v.a. genetische Prädispositionen. Bedeutung für die Praxis: der Einfluss des Nahrungscholesterins auf die Plasmalipidspiegel ist im Schnitt gering. Patient:innen profitieren daher in der Regel mehr von Lebensstilmodifikationen und anderen diätetischen Maßnahmen. Bei Patient:innen mit eingeschränkten Kompensationsmechanismen kann eine Reduzierung der Cholesterinzufuhr jedoch durchaus Sinn machen.
Übersicht der Nahrungsfette:
Fettsäuren (FS) | Vorkommen | Zufuhrempfehlung |
Gesättigte FS |
| <10% der Gesamtenergie |
Einfach ungesättigte FS |
| Bis 20% der Gesamtenergie |
Mehrfach ungesättigte FS |
|
|
Transfettsäuren |
| Zufuhr so weit wie möglich reduzieren (<1% der Gesamtenergie) |
Quellen
- Evidenzbasierte Leitlinie Fettzufuhr und Prävention ausgewählter ernährungsmitbedingter Krankheiten, Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)
- Biesalski H, Grimm P, Nowitzki-Grimm S: Taschenatlas Ernährung, Georg Thieme Verlag, 2020, ISBN: 978-3-13-242607-8
- Biesalski H et al.: Ernährungsmedizin, Georg Thieme Verlag, 2017, ISBN: 978-3-13-100295-2
- Suter, P.: Checkliste Ernährung, Georg Thieme Verlag, 2008, ISBN: 9783131526731