Zusammenfassung

Brainhell, CC BY-SA 3.0, http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/, via Wikimedia Commons
Die Lumbalpunktion, auch Spinalpunktion genannt, ist ein medizinisches Verfahren, bei dem eine Nadel in den unteren Rückenbereich zwischen den Lendenwirbeln
Indikationen
- Diagnostisch:
- Infektionen: Meningitis, Enzephalitis, Neuroborreliose
, ZNS-Tuberkulose - Entzündliche Erkrankungen: Multiple Sklerose, Guillain-Barré-Syndrom
- Subarachnoidalblutung
(bei typischer Klinik, aber unauffälligem CT ) - Meningeale oder zerebrale Beteiligung bei malignen Grunderkrankungen: Meningeosis carcinomatosa, Lymphome, Leukämie
- Liquordruckmessung z.B. bei idiopathischer intrakranieller Hypertension
- Infektionen: Meningitis, Enzephalitis, Neuroborreliose
- Therapeutisch:
- Intrathekale Medikamentengabe (z.B. Chemotherapeutika
, Glukokortikoide , Anästhetika) - Probatorische Liquordrucksenkung bei Normaldruckhydrozephalus (NPH)
- Intrathekale Medikamentengabe (z.B. Chemotherapeutika
Kontraindikationen
MerkeVor einer Lumbalpunktion muss ein akut erhöhter Hirndruck ausgeschlossen werden, wenn klinische Zeichen für eine Hirndrucksteigerung, eine fokal-neurologisches Defizit oder eine Immunsuppression vorliegen. In diesen Fällen sollte ein kraniales CT
oder MRT durchgeführt werden. Wird bei erhöhtem Hirndruck dennoch eine Lumbalpunktion vorgenommen, führt der Abfluss von Liquor zu einem Druckabfall im spinalen Subarachnoidalraum. Dies kann eine gefährliche Druckdifferenz zwischen Schädel und Spinalkanal erzeugen, die eine Sogwirkung zur Folge hat und das Risiko einer Hirneinklemmung (zerebrale Herniation) mit lebensbedrohlicher Kompression von Hirnstammstrukturen birgt.
- Absolut:
- Hirndruckzeichen mit Gefahr der Einklemmung (ohne vorheriges kraniales CT
oder MRT) - Lokale Infektion an der Punktionsstelle → Verschleppung von Keimen
- Gerinnungsstörungen (Thrombozytopenie
, INR >1,8)
- Hirndruckzeichen mit Gefahr der Einklemmung (ohne vorheriges kraniales CT
- Relativ:
- Unkooperative Patient:innen
- Wirbelsäulendeformitäten
Aufklärung
Vor der Durchführung einer Lumbalpunktion ist eine schriftliche Aufklärung erfordernlich. Die Patient:innen sind über den Zweck, den Ablauf, mögliche Risiken und Komplikationen aufzuklären:
InfoIn Notfallsituationen kann nach dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen auch ohne vorherige Einwilligung eine Lumbalpunktion erfolgen.
Material
- Händedesinfektionsmittel
- Hautdesinfektionsmittel
- Mundschutz
- Abwurfbehälter
- Sterile Handschuhe
- Steriles Lochtuch
- Führungskanüle (Introducer)
- Spinalkanüle (z.B. 25G) mit Mandrin
- Drei sterile Liquorröhrchen
- Sterile Kompressen
- Steriles Pflaster

Durchführung
Vorbereitung:
- Begrüßung und Aufklärung
- Begrüßung und Vorstellung der eigenen Funktion
- Aufklärung über geplante Maßnahme und Einholung der schriftlichen Einwilligung
- Vorbereitung der Punktion
- Entnahmeröhrchen mit Name und Geburtsdatum der Person beschriften oder mit passendem Patientenetikett beschriften
- Material auf Vollständigkeit prüfen
- Hände desinfizieren
- Material in Griffweite positionieren
- Oberkörper frei machen
- Positionierung:
- Sitzend mit gekrümmtem Rücken ("Katzenbuckel")
- Alternativ in Seitenlage: empfohlen für Liquordruckmessung
- Aufsuchen der Punktionsstelle:
- Beckenkämme tasten, Linie ziehen → Die Verbindungslinie (interkristale Linie) projiziert auf LWK4 bzw. den Übergang LWK4/5
- Punktionsstelle zwischen LWK3-LWK4 oder LWK4-LWK5 markieren (z.B. mit Fingernagel oder kurzem Ansaugen einer Spritze)

Durchführung der Punktion:
- Großflächige Desinfektion der Punktionsstelle
- Mundschutz anlegen, chirurgische Händedesinfektion, sterile Handschuhe anziehen
- Ggf. steriles Abdecktuch auflegen (lokale SOPs beachten)
- Punktion
- Einführen der Führungskanüle (dient später als Leitstruktur für die dünne und flexible Spinalnadel)
- Punktionswinkel: 10-30° in kranialer Richtung (~Richtung Bauchnabel)
- Punktionstiefe: Vorschieben bis in das Lig. interspinale (3-4 cm tief)
- Einführen der Spinalnadel (Punktion der Dura, ggf. „Klicken“ spürbar)
- Rückfluss von klarem Liquor über die Spinalnadel nach Entfernung des Mandrins
- Falls kein Liquor: Mandrin wieder einsetzen, Nadel vorsichtig weiter vorschieben
- Liquor in drei Liquorröhrchen (Pathologie, Serologie und Reserve) abtropfen lassen → jeweils 5 ml pro Röhrchen
- Einführen der Führungskanüle (dient später als Leitstruktur für die dünne und flexible Spinalnadel)

Nachbereitung:
- Introducer, Spinalnadel und Mandrin zusammen zügig entfernen
- Punktionsstelle 1 Minute mit steriler Kompresse komprimieren
- Steriles Pflaster aufbringen
- Venöse Blutentnahme
durchführen → Vergleich von Parametern im Serum und Liquor - Optional: Bettruhe verordnen und Flüssigkeitsaufnahme empfehlen → Bettruhe und Volumensubstitution können das Auftreten von postpunktionelle Kopfschmerzen
nicht verhindern - Liquorröhrchen sofort ins Labor versenden oder im Kühlschrank lagern
AchtungBei Anzeichen von Kreislaufdysregulation (Blässe, Schwindel
) Punktion sofort abbrechen.
Komplikationen
- Häufig:
- Postpunktioneller Kopfschmerz
: - Definition: Lagerungsabhängige Kopfschmerzen
im Anschluss an eine Durapunktion (Spinalanästhesie , Lumbalpunktion, versehentliche Durapunktion bei Periduralanästhesie ) → Symptomverstärkung 15 Minuten nach dem Aufstehen, Symptomlinderung durch Hinlegen - Auftreten: innerhalb von 5 Tagen nach Eingriff
- Pathophysiologie: Liquorunterdrucksyndrom führt zu Zug an den Meningen
- Therapie:
- 1. Flache Lagerung
- 2.Gabe von Koffein
- 3.Epiduraler Blutpatch (Injektion von 20 ml Eigenblut führt zur Tamponade der perforierten Dura)
- Definition: Lagerungsabhängige Kopfschmerzen
- Rückenschmerzen an der Punktionsstelle
- Postpunktioneller Kopfschmerz
- Selten:
- Infektionen: Meningitis, Abszess
- Blutungen: Spinalhämatom (bei Koagulopathien)
- Nervenreizungen: radikuläre Schmerzen, Parästhesien durch Irritationen oder Verletzung von Rückenmarks oder Cauda equina
- Sehr selten, aber schwerwiegend:
- Hirneinklemmung (bei erhöhter intrakranieller Druckdifferenz)
- Liquorunterdrucksyndrom
Quellen
- S1-Leitlinie Lumbalpunktion und Liquordiagnostik, Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN), Stand 2019, Abrufdatum 03.02.2025
- S1-Leitlinie Diagnostik und Therapie des postpunktionellen und spontanen Liquorunterdruck-Syndroms, Stand: 2023. Abrufdatum 03.02.2025
- Weinrich, J., von Heymann, C., Henkelmann, A. et al. Postpunktioneller Kopfschmerz nach rückenmarknahen Anästhesieverfahren: Inzidenz und Risikofaktoren. Anaesthesist 69, 878–885 (2020). https://doi.org/10.1007/s00101-020-00846-y