Zusammenfassung
Das Magenkarzinom ist eine häufige maligne Erkrankung mit einem mittleren Erkrankungsalter von 70 bis 75 Jahren. Aufgrund unspezifischer Frühsymptome wird es oft erst in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert, was zu einer schlechten Prognose führt. Hauptursachen sind die H. pylori-Infektion
Epidemiologie
- Das Magenkarzinom ist eine häufige maligne Erkrankung.
- Das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen 70 und 75 Jahren
- Männer erkranken doppelt so häufig wie Frauen
- Die Inzidenz ist in der westlichen Welt rückläufig
Ursachen
MerkeDie H. pylori Infektion
wird als wichtigster Risikofaktor eingestuft.
Exogene Ursachen | Endogene Ursachen |
---|---|
| Alter Magenpathologien mit Entartungsrisiko
Chirurgischer Eingriff mit erhöhtem Krebsrisiko
Erbliche Faktoren
|
Pathophysiologie
Die Progression des Magenkarzinoms durchläuft mehrere Stadien, die jeweils charakteristische Veränderungen in der Magenschleimhaut aufweisen:
- Metaplasie: Umwandlung der normalen Magenschleimhaut in eine darmähnliche Schleimhaut, oft als Reaktion auf chronische Entzündungen, insbesondere durch Helicobacter pylori-Infektionen
- Dysplasie: Abnorme Zellveränderungen und strukturelle Anomalien in der Magenschleimhaut, die als präkanzeröse Vorstufe gelten und das Risiko einer Krebsentwicklung erhöhen
- Carcinoma in situ: Frühstadium des Magenkarzinoms, bei dem die Krebszellen auf die Schleimhaut begrenzt sind und noch nicht invasiv in tiefere Schichten eingewachsen sind
- Invasives Karzinom: Der Tumor durchbricht die Schleimhaut und infiltriert tiefere Gewebeschichten wie die Submukosa, Muscularis propria und darüber hinaus, was zu einer erhöhten Aggressivität und Metastasierung führt
Klassifikation
- Histologie (WHO): es werden anhand des Zelltyps unterschiedliche Typen von Magentumoren klassifiziert
- Adenokarzinom (90%): papillär/tubulär/muzinös und Siegelringkarzinom
- Siegelringkarzinom: Siegelringzellen (mit an Zellrand gedrängtem Zellkern) diffuses Wachstum
- Plattenepithelkarzinom
- Adenosquamöse Karzinome
- Lymphome
- Gastrointestinale Stromatumoren (GIST)
- Neuroendokrine Tumoren (Karzinoid, Gastrinom
) - Kleinzelliges Karzinom
- Undifferenziertes Karzinom
- Adenokarzinom (90%): papillär/tubulär/muzinös und Siegelringkarzinom
- Histomorphologie & Wachstumsverhalten (Lauren Klassifikation)
- Es werden drei verschiedene Typen unterschieden: intestinaler Typ, diffuser Typ und Mischtyp
- Der Resektionsabstand vom Tumorgewebe muss beim diffusen Typ 8 cm betragen, beim intestinalen Typ nur 5 cm
Lauren-Klassifikation der Magenkarzinome | |
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Typ | Beschreibung |
Intestinaler Typ (ca. 50%) |
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Diffuser Typ (ca. 40%) |
|
Mischtyp |
|
Klinik
Karzinome mit Lokalisation im Fundus oder Korpus sind oft erst spät symptomatisch und werden daher meist im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Karzinome nahe dem gastroösophagealen Übergang oder nahe dem Pylorus hingegen habe eine bessere Chance auf Früherkennung, da Symptome häufig früher bestehen. Ein Tumor des gastroösophagealen Übergangs
Die Klinik ist generell eher unspezifisch. Es gilt, je mehr der Tumor wächst und an Raum einfordert, desto mehr Symptome treten auf.
- Unwohlsein/Druckgefühl im Oberbauch, Flatulenz
- Früh einsetzendes Völlegefühl, Appetitlosigkeit
- selektiv: Abneigung gegen Fleisch und Brot
- Übelkeit
- Gewichtsabnahme
- Krankheitsgefühl
- Symptome der Eisenmangelanämie
: Müdigkeit, Blässe, Schwächegefühl, Kopfschmerzen - Bei gastrointestinaler Blutung
: Teerstuhl , Bluterbrechen (Hämatemesis )
Komplikationen
- Lokal:
- Blutung
- Perforation
- Stenose
- Infiltration benachbarter Organe (Kolon
, Pankreas , Peritonealkarzinose)
- Metastasen
- Lymphogen
- Hämatogen: Leber
, Lunge , Knochen, Gehirn - Abtropfmetastasen
- Im Douglas-Raum
- Krukenberg-Tumor (in Ovarien)
- Paraneoplastische Syndrome (selten): Acanthosis nigricans maligna, hämolytisch-urämisches Syndrom, disseminierte intravaskuläre Gerinnung, Dermatomyositis, Phlebitis migrans (Trousseau-Zeichen), Leser-Trélat-Zeichen (seborrhoische Keratosen)
InfoAcanthosis nigricans maligna
Die Acanthosis nigricans maligna ist ein paraneoplastisches Syndrom, das bei bestimmten malignen Neoplasien (insbesondere dem Adenokarzinom des Magens) auftreten kann. Es treten hyperpigmentierte Verfärbungen mit Hypersklerose in den Achselhöhlen, im Nacken und im Genitalbereich auf. Benigne Formen des Syndroms können bei Diabetes
und Adipositas vorliegen (Acanthosis nigricans benigna).
Diagnostik
- Anamnese & körperliche Untersuchung
- Zeichen der Metastasierung
- Leber
-Metastasen: - Hepatomegalie
- Aszites
(z.B. durch Peritonealkarzinose) - Ikterus
- Lymphknoten-Metastasen:
- Virchow-Lymphknoten (tastbarer Lymphknoten in der linken
Schlüsselbeingrube)
- Virchow-Lymphknoten (tastbarer Lymphknoten in der linken
- Abtropfmetastasen:
- Tastbare Masse bei der rektalen Untersuchung im Douglas-Raum
- Krukenberg-Tumor (Ovarien)
- Leber
- Zeichen der Metastasierung
- Laboranalyse:
- Eisenmangelanämie
- Tumormarker
: eignen sich (wie beim Ösophaguskarzinom ) nicht zum Screening. Anhand der Dynamik des Parameters lässt sich der Therapieerfolg bestimmen. - CEA
- CA 19-9
- CA72-4
- CEA
- ÖGD mit Biopsien (mindestens 8 Biopsien)
- Selten: Röntgen (Abdomen) mit Kontrastmittel zur Darstellung der Magenpassage
- Eisenmangelanämie
- Staging (Ausbreitungsdiagnostik):
- Abdomensonografie: Untersuchung von Lymphknoten und Lebermetastasen
(N+M) - Endosonografie
: Beurteilung der Infiltrationstiefe und Größe des Tumors (T) - CT (Abdomen + Pelvis + Thorax
) (T+M+N); selektiv wird auch ein MRT oder PET -Scan genutzt - Laparoskopisches Staging
- Abdomensonografie: Untersuchung von Lymphknoten und Lebermetastasen
Therapie
Kurative Therapie
Je nach TNM-Stadium ist die Therapie radikal (kurative Absicht) oder palliativ (symptomlindernd).
- Magenfrühkarzinom (bis T1a N0 M0): radikale Therapie = Endoskopische Resektion
- Endoskopische Mukosaresektion (EMR), Endoskopische Submukosadissektion (ESD) → En-bloc-Resektion
- Fortgeschrittenes Magenkarzinom (ab T1b, Nx und/oder M1): Chirurgische Therapie (offen oder laparoskopisch)
- Radikale R0-Resektion (kurative Absicht): Totale oder subtotale Gastrektomie + Omentektomie + Lymphadenektomie
- Subtotale Gastrektomie: bei Tumoren des Antrum & Pylorus (3 cm des Duodenums werden mit ca. ¾ des Magens entfernt)
- Totale Gastrektomie: bei Tumoren des Fundus & Korpus (3 cm des Duodenums, 3-5 cm des Ösophagus und der Magen
werden entfernt)
- Radikale R0-Resektion (kurative Absicht): Totale oder subtotale Gastrektomie + Omentektomie + Lymphadenektomie
Perioperative Therapie:
- Neoadjuvante Chemotherapie und adjuvante (Radio-) Chemotherapie
- Ziel: Verbesserte Operationsbedingungen durch Downsizing (Verkleinerung des Tumors)

Palliative Therapie
Nicht resektabler Tumor (T4b) oder M1
- Multimodale Therapie:
- Schmerzmedikation
- Ggf. palliative Resektion bei Komplikationen (z.B. bei starker Blutung)
- Sicherung der Nahrungsaufnahme
- Endoskopische Stentimplantation oder palliative Resektion (meistens)
- Strahlen- und Chemotherapie mit möglichem Downstaging
Komplikationen nach Magenoperationen
Nach einer Magen
- Reflux-Gastritis
- Nach Magenteilresektion kann es durch einen Gallereflux zu einer Gastritis kommen.
- Hypochlorhydrie
- Nach einer Magenteilresektion ist die Säureproduktion vermindert. Dies begünstigt eine Infektion mit H. pylori
und kann zu Gastritis, Ulkuskrankheit oder Magenkarzinom führen.
- Nach einer Magenteilresektion ist die Säureproduktion vermindert. Dies begünstigt eine Infektion mit H. pylori
- Dumping-Syndrom
- Frühdumping: 15-30 min postprandial
- Da der Speisebrei ungehindert in den Darm gelangt, kommt es zu einer lokalen Hyperosmolarität, die einen Zustrom von H20 mit sich zieht. Dies kann zur Diarrhoe
mit Hypovolämie und Kollaps führen
- Da der Speisebrei ungehindert in den Darm gelangt, kommt es zu einer lokalen Hyperosmolarität, die einen Zustrom von H20 mit sich zieht. Dies kann zur Diarrhoe
- Spätdumping: ca. 3h postprandial
- Da die Glukose
viel schneller als üblich resorbiert und ins Blut aufgenommen wird, kommt es zu einer Hyperglykämie mit nachfolgender verstärkter Insulinausschüttung. Dies wiederum führt zu einer Hypoglykämie mit kompensatorischer Ausschüttung von Katecholaminen
- Da die Glukose
- Postgastrektomie-Syndrom
- Diarrhoen durch Maldigestion
: Durch die Verkürzung des Gastrointestinaltraktes und die Hypochlorhydrie/Achlorhydrie nach Magenresektion (Bakterienkolonisation vereinfacht) kann es noch Wochen bis Monate nach der Operation zu Diarrhoen kommen. Diese bilden sich allerdings im Verlauf oft zurück - Reduzierte Wirkung von Pankreas
- und Gallesekreten → Protein- und Kohlenhydratmangel, Fettstühle - Intrinsic-Factor-Mangel → Vitamin-B12
-Mangel → perniziöse Anämie - Reduzierte Eisenresorption → Eisenmangel
- Funktionseinschränkung des Duodenums → Laktoseintoleranz
- Diarrhoen durch Maldigestion
- Frühdumping: 15-30 min postprandial
Prognose
- Die Prognose hängt vom Krankheitsstadium, der Art des Gewebes, dem allgemeinen Gesundheitszustand und den Begleiterkrankungen des Patienten ab
- Etwa 40% der Erkrankten überleben das erste Jahr nach der Diagnose nicht
- Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei ca. 30% und steigt auf ca. 90%, wenn es sich um ein Karzinom im Frühstadium handelt
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Quellen
- S3-Leitlinie: Magenkarzinom: Diagnostik und Therapie der Adenokarzinome des Magens und ösophagogastralen Übergangs, Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF), Deutschen Krebsgesellschaft e.V. (DKG) und Stiftung Deutsche Krebshilfe (DKH)
- S2k-Leitlinie: Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis, Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS)
- S2k-Leitlinie: Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit, Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS)
- S2k-Leitlinie: Gastrointestinale Blutung, Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS)