Zusammenfassung
Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist eine degenerative Erkrankung der Netzhaut, die vor allem die Makula
Sie stellt in westlichen Industrieländern die häufigste Ursache für eine Erblindung ab dem 65. Lebensjahr dar.
Die Erkrankung wird in drei Stadien unterteilt: das Frühstadium, das intermediäre Stadium sowie Spätstadium. Letzteres wird weiter differenziert in eine trockene (nicht-exsudative) und eine feuchte (exsudative) Verlaufsform.
Zu den bekannten Risikofaktoren zählen ein hohes Lebensalter, Rauchen, arterielle Hypertonie
Frühsymptome äußern sich typischerweise durch verschwommenes Sehen, verzerrtes Sehen (Metamorphopsien) oder einen zentralen Gesichtsfeldausfall (Zentralskotom).
Eine frühzeitige Diagnostik mittels Visusbestimmung, Amsler-Gitter-Test, Funduskopie, Fluoreszentangiographie sowie optischer Kohärenztomographie (OCT) ist entscheidend, um die Erkrankung rechtzeitig zu erkennen und eine geeignete Therapie einleiten zu können.
Insbesondere bei der feuchten Form kann eine gezielte Therapie, etwa durch Anti-VEGF-Injektion, das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen und die Sehfunktion stabilisieren.
Die Prognose hängt wesentlich von Form und Stadium der Erkrankung ab. Während die trockene AMD meist langsam progredient verläuft, kann die feuchte Form rasch zu einem schweren zentralen Sehverlust führen.
Epidemiologie
Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist in westlichen Industrieländern die häufigste Ursache für eine Erblindung ab dem 65. Lebensjahr. Ihre Prävalenz steigt deutlich mit zunehmenden Lebensalter.
In Deutschland wird geschätzt, dass rund 480.000 Menschen am Spätstadium der AMD betroffen sind.
Risikofaktoren
Die Entstehung der AMD wird durch nicht-beeinflussbare sowie beeinflussbare Risikofaktoren begünstigt:
Nicht-beeinflussbare Risikofaktoren
- Hohes Lebensalter: ab den 65. Lebensjahr
- Genetische Prädisposition: z.B. Mutation im ABCR-Gen
Beeinflussbare Risikofaktoren
- Rauchen
- Intensive UV-Strahlung
- Internistische Vorerkrankungen: arterielle Hypertonie
, Arteriosklerose , Dyslipidämie - Mangelernährung
: geringe Zufuhr von Lutein, Omega-3-Fettsäuren , Zink, antioxidativen Vitaminen - Medikamente: bestimmte Medikamente, z.B. Chloroquin, können eine toxische Wirkung auf die Makula
entfalten
Pathophysiologie
Das retinale Pigmentepithel (RPE) verliert mit zunehmenden Alter - und insbesondere im Rahmen der AMD - allmählich seine Fähigkeit, Stoffwechselprodukte effektiv abzubauen und aus dem Gewebe zu entfernen.
In der Folge kommt es zur Anhäufung von Stoffwechselprodukten wie Lipide
Die zunehmende Belastung durch diese Ablagerung führt zum Zelluntergang von RPE-Zellen und Photorezeptoren
InfoDrusenformen
Man unterscheidet zwei Formen voneinander:
- Harte Drusen
- Beschreibung: kleine, rundliche, gut abgrenzbare, gelb-weiße Ablagerungen
- Lokalisation: vereinzelt
unter dem retinalen Pigmentepithel - Bedeutung: meist unproblematisch und ohne direkte Sehstörung
- Weiche Drusen
- Beschreibung: große, unscharf begrenzte, verschmolzene (konfluierende) Ablagerungen
- Lokalisation: meist in größeren Gruppen unter dem retinalen Pigmentepithel
- Bedeutung: Zeichen einer fortschreitenden AMD, mit erhöhten Risiko einer Progression

“Macular hard drusen.png” von Jmarchn, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons. Die Abbildung ist ein Derivat der oben genannten Abbildung. Es wurde zugeschnitten, beschriftet und Pfeile ergänzt.

“Macular Soft Drusen.jpg” von Ipoliker, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons. Die Abbildung ist ein Derivat der oben genannten Abbildung. Es wurde zugeschnitten, beschriftet.
Einteilung
Die AMD kann in drei Stadien eingeteilt werden:
- Frühstadium
- Funduskopie: kleine Drusen sichtbar
- Symptomatik: meist asymptomatisch
- Intermediäres Stadium
- Funduskopie: große Drusen und/oder Pigmentveränderungen sichtbar
- Symptomatik: leicht bis mäßige Beeinträchtigung der Sehschärfe
, verzerrtes Sehen (Metamorphopsien) möglich
- Spätstadium
- Trockene (nicht-exsudative) AMD
- Häufigkeit: ca. 90 % der AMD-Fälle
- Verlauf: langsam voranschreitend (Monate bis Jahre)
- Ursache: Ablagerungen führen zur Atrophie
der Netzhaut (insbesondere des retinalen Pigmentepithels (RPE) und Photorezeptoren ) - Symptomatik: Verschlechterung der zentralen Sehschärfe
, Wahrnehmung eines grauen Schattens, an der Stelle, auf die gerade geschaut wird - Funduskopie: viele, scharf begrenzte Drusen mit Atrophie
des RPEs - Ausgeprägte Atrophieareale werden als geografischen Atrophie
bezeichnet
- Ausgeprägte Atrophieareale werden als geografischen Atrophie
- Feuchte (exsudative) AMD
- Kann sich aus der trockenen AMD entwickeln
- Häufigkeit: ca. 10 % der AMD-Fälle
- Verlauf: schnell fortschreitend, aggressive Verlaufsform
- Entstehung: durch die geschädigte Brunchmembran kommt es zu Netzhautödemen, Exsudaten
, Blutungen - Symptomatik: plötzlicher, rascher Sehverlust durch Blutungen, verzerrtes Sehen durch die Ödembildung
- Trockene (nicht-exsudative) AMD

“Depiction of a woman suffering from Age-related Macular Degeneration (AMD).png” von https://www.myupchar.com/en, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons. Die Abbildung ist ein Derivat der oben genannten Abbildung. Es wurde zugeschnitten, beschriftet.
Diagnostik
Anamnese
- (S) Symptome: Verschlechterung der zentralen Sehschärfe
, verzerrtes Sehen (Metamorphopsien), Wahrnehmung eines grauen Schattens - (A) Allergien: Erhebung von Medikamentenunverträglichkeit, z.B. Kontrastmittel für bevorstehende Basisuntersuchungen
- (M) Medikamenteneinnahme: Werden Medikamenten eingenommen, die die Makula
schädigen können? (z.B. Chloroquin) - (P) Patientenvorgeschichte (Vorerkrankungen): Vorliegen von Grunderkrankungen, bspw. arterielle Hypertonie
oder andere internistische Erkrankungen - (L) Letzte Untersuchung / letzter Eingriff: Wann fand die letzte augenärztliche Untersuchung statt? Wurden Operationen am Auge
durchgeführt? - (E) Events: Intensive UV-Strahlung oder andere auslösende Ereignisse?
- (R) Risikofaktoren: Alter, Rauchen, UV-Strahlung, genetische Prädisposition, internistische Erkrankungen
Basisdiagnostik
Die Basisdiagnostik dient der Erstdiagnose sowie Verlaufskontrolle und umfasst funktionelle Tests und bildgebende Verfahren.
Visusbestimmung
- Ziel: Überprüfung der zentralen Sehschärfe
- Befundung: bei fortgeschrittener AMD kommt es zu einer deutlichen Visusverschlechterung, das peripheres Sehen bleibt meist erhalten
- Ursache: Degeneration der Photorezeptoren
und des retinalen Pigmentepithels (RPE) bei trockener AMD sowie Neovaskularisierung mit Ödem - und Blutungsbildung bei feuchter AMD
Amsler-Gitter-Test
- Ziel: Früherkennung von Metamorphopsien (verzerrtes Sehen)
- Befundung:
- Trockene AMD: meist unauffällig, bei geografischer Atrophie
gelegentlich zentrale Ausfälle - Feuchte AMD: deutliche Verzerrung
- Trockene AMD: meist unauffällig, bei geografischer Atrophie
- Ursache: strukturelle Veränderungen der Netzhaut, insbesondere durch Ödeme

Siehe Bildbeschreibung.
Funduskopie
- Ziel: direktes Erkennen makulärer Veränderungen mittels Ophthalmoskop
- Befundung:
- Trockene AMD: sichtbar sind scharf begrenzte Drusen sowie Areale mit Atrophie
des retinalen Pigmentepithels - Feuchte AMD: sichtbar sind subretinale Blutungen, Exsudate
- Trockene AMD: sichtbar sind scharf begrenzte Drusen sowie Areale mit Atrophie
Fluoreszenzangiographie
- Ziel: Beurteilung der retinalen und choroidalen Gefäße
- Befundung: Leckage von Farbstoff ist ein Hinweis auf aktive Neovaskularisationen
Optische Kohärenztomographie (OCT)
- Ziel: Beurteilung der Makulastruktur
- Befundung:
- Trockene AMD: Nachweis von Drusen, RPE-Atrophie
und ggf. geografischen Atrophie - Feuchte AMD: Nachweis von subretinaler Flüssigkeit, Neovaskularisationen
- Trockene AMD: Nachweis von Drusen, RPE-Atrophie
Differenzialdiagnosen
Als Differenzialdiagnosen kommen insbesondere andere vaskuläre, entzündliche oder neoplastische Erkrankungen der Makula
- Retinopathia centralis serosa (RCS)
- Klinik: plötzlicher, einseitiger Visusverlust, häufig begleitet von Metamorpopsien
- Diagnostik: keine Drusen, seröse Netzhautablösung
- Diabetische Retinopathie
- Klinik: allmählicher Visusverlust, Metamorphospien möglich
- Diagnostik: keine Drusen, Makulaödem, Mikroaneurysmen, Exsudate
, Blutungen
- Maligne Erkrankungen wie bspw. das choroidales Melanom
- Klinik: einseitige Visusminderung, Gesichtsfeldausfall, Metamorphopsien
- Diagnostik: keine Drusen, subretinale Raumforderung
- Retinaler Venenastverschluss (VAV)
- Klinik: plötzlicher, schmerzloser Visusverlust, meist einseitig
- Diagnostik: keine Drusen, Makulaödem, Blutungen
Therapie
Trockene AMD
- Derzeit keine kausale medikamentöse Therapie verfügbar
- Nahrungsergänzungsmittel:
- Basierend auf den Ergebnissen der AREDS2-Studie kann die Einnahme von Antioxidantien, Lutein, Zeaxanthin, Zink, Vit. C und E das Fortschreiten verlangsamen
- Empfohlene Lebensstilmaßnahmen:
- Rauchstopp, UV-Schutz, luteinreiche Ernährung (z.B. Brokkoli)
- Sehhilfen
- Optische Sehhilfen (z.B. Lupenbrillen) zur Verbesserung der Lebensqualität
Feuchte AMD
- Standardtherapie:
- Intravitrealen Injektionen
von VEGF-Inhibitoren (Anti-VEGF-Therapie) - Wirkstoffbeispiele: Ranibizumab, Aflibercept, Bevacizumab
- Intravitrealen Injektionen
- Therapieziel:
- Stabilisierung oder sogar Verbesserung der Sehschärfe (Visus) durch Hemmung der choroidalen Neovaskularisationen
Prognose
Die Prognose hängt stark vom Stadium und der Verlaufsform der AMD ab.
Die trockene AMD verläuft meist langsam und kann über einen längeren Zeitraum stabil bleiben. Eine geografische Atrophie führt zu einem fortschreitenden Verlust des zentralen Sehens, eine vollständige Erblindung ist jedoch selten.
Die feuchte AMD ist durch eine rasche Verschlechterung der Sehschärfe
Insgesamt ist eine frühzeitige Diagnosestellung und Therapie entscheidend, um die Prognose zu verbessern und die Lebensqualität zu erhalten.
Quellen
- Leitlinien Nr. 21 Alterabhängige Makuladegeneration, Berufsverband der Augenärzte Deuschlands e.V.
- Lang et al: Augenheilkunde. Georg Thieme Verlag KG 2024. ISBN: 978-3-13-245444-6
- Dahlmann et al: BASICS Augenheilkunde Elsevier GmbH 2024. ISBN: 978-3.437-41254-7