Zusammenfassung
Nadelstichverletzungen bezeichnen Verletzungen der Haut durch spitze oder scharfe medizinische Instrumente
Der folgende Artikel gibt einen Überblick über wichtige Aspekte zum Thema Nadelstichverletzungen.
AchtungEine Nadelstichverletzung sollte als Notfall betrachtet werden, da durch mögliche Infektionsübertragungen die eigene Gesundheit ernsthaft gefährdet sein kann!
Fallbeispiel

Der Rettungsdienst wird um 22:47 Uhr zu einer bewusstlosen Person auf einer öffentlichen Parkbank gerufen. Vor Ort treffen die Notfallsanitäter:innen Jana (26) und Markus (35) auf einen ca. 30-jährigen Mann, der flach atmet, kaum reagibel ist und Anzeichen einer Opioid-Überdosierung zeigt (miotische Pupillen, Bradypnoe, blasse Haut). In unmittelbarer Nähe liegen eine gebrauchte Spritze und ein Löffel mit weißem Rückstand.
Nach dem xABCDE-Schema erfolgt zunächst die Atemwegssicherung
Während der Versorgung und im Zuge des Aufräumens entsorgt Jana die benutzte Injektionsnadel unachtsam in eine offene Abwurfbox im RTW. Dabei sticht sie sich versehentlich mit der kontaminierten Nadel
Infektionsrisiko nach Nadelstichverletzungen
Bei Kontakt mit kontaminierten Nadeln
Wie hoch das Übertragungsrisiko tatsächlich ist, hängt von mehreren Faktoren ab:
- Art des Erregers, von besonderer Bedeutung sind hier:
- Hepatitis B: Übertragungsrisiko von 6-40 %
- Hepatitis C: Übertragungsrisiko von 3-5 %
- HIV/AIDS: Übertragungsrisiko von 0,3 %
- Immunstatus der verletzten Person
- Tiefe der Verletzung
- Dauer des Kontakts
- Zeitlicher Abstand zwischen Verletzung und Reinigung der Wunde
- Infektiosität der Patient:innen
Ursachen von Nadelstichverletzungen
Viele Tätigkeiten im Gesundheitswesen bergen das Risiko einer Nadelstichverletzung, wie beispielsweise die Blutentnahme oder Punktionen, bei denen mit spitzen Instrumenten gearbeitet wird und ein direkter Kontakt mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten besteht. Es gibt viele Maßnahmen, die dies verhindern sollen, wie z.B. Sicherheitskanülen
InfoJährlich werden der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) ungefähr 50000 Schnitt- und Stichverletzungen gemeldet.
Häufige Gründe für die Verletzungen sind z.B.:
- Ablenkung durch die Umgebung: verringert die Konzentration auf sicherheitsrelevante Schritte
- Unzureichende Aufmerksamkeit während der Durchführung der Tätigkeit: erhöht das Risiko unkontrollierter Bewegungen
- Keine Pausen: führt zu Erschöpfung und Nachlässigkeit
- Zeitdruck: begünstigt unsaubere oder hastige Arbeitsweise
- Unerwartete Bewegungen der Patient:innen: erschweren präzises Arbeiten mit spitzen Instrumenten
- Technische Probleme bzw. Produktversagen: z.B. defekte Nadelschutzmechanismen oder instabile Kanülen
Vorgehen bei Nadelstichverletzungen
AchtungUm den Infektionsstatus der Patient:innen zu überprüfen, benötigt man deren Einverständnis. Geben Patient:innen dieses nicht, werden sie im Falle einer Nadelstichverletzung so behandelt, als wäre man infiziert.
DefinitionPostexpositionsprophylaxe
Eine Postexpositionsprophylaxe erfolgt nach einer Nadelstichverletzung, wenn ein begründeter Verdacht auf eine Infektion
mit HIV oder Hepatitis besteht oder das Blut der Patient:innen positiv getestet wurde. Das bedeutet, dass die verletzte Person eine Impfung oder medikamentöse Prophylaxe gegen den entsprechenden Erreger erhält. Dabei kommt es auf den Erreger an, wie schnell die Maßnahme erfolgen muss:
- HIV: Prophylaxe erfolgt innerhalb von 2 Stunden nach Exposition
- Hepatitis: Prophylaxe erfolgt innerhalb von 24 Stunden, wenn kein ausreichender Impfschutz nachgewiesen werden kann
MerkeIm weiteren Verlauf werden regelmäßige Kontrollen durchgeführt, typischerweise nach 6 Wochen, 3 Monaten und 6 Monaten, um festzustellen, ob eine Infektion
bei der verletzten Person stattgefunden hat.
Prävention von Nadelstichverletzungen
Nadelstichverletzungen können mit folgenden Maßnahmen effektiv verhindert werden:
- Handlungsabläufe in Schulungen einüben: um sicheres Arbeiten zu verinnerlichen
- Kein Recapping: um unbeabsichtigte Stichverletzungen beim Wiederaufsetzen der Schutzkappe zu vermeiden
- Verwendung von Sicherheitskanülen
: reduziert das Verletzungsrisiko durch automatische Schutzmechanismen - Einmalhandschuhe
tragen: verringert das Infektionsrisiko bei Kontakt - Entsorgung von gebrauchten Kanülen
in einem geeigneten Abwurfbehälter: direkt nach der Anwendung und ohne Umwege, um das Risiko einer Stichverletzung zu minimieren - Impfung gegen Hepatitis B: schützt vor einer häufig übertragbaren Virusinfektion
- Ausreichend Pausen machen: beugt Erschöpfung und Unaufmerksamkeit vor
- Langsames und ruhiges Arbeiten: erhöht die Sicherheit beim Umgang mit spitzen Instrumenten

Prüfungswissen
Was ist eine Nadelstichverletzung?
- Ursache: Verletzungen durch kontaminierte, spitze oder scharfe Instrumente (z.B. Kanülen
, Skalpelle) - Übertragungsweg: Kontakt mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten
- Risiko: Möglichkeit der Infektion
mit pathogenen Erregern (z.B. HIV, Hepatitis) - Wichtig: Immer als medizinischer Notfall behandeln – potenziell ernsthafte Gesundheitsgefahr!
Infektionsrisiko nach Nadelstichverletzungen:
- Infektionsrisiko bei Kontakt mit kontaminierten Nadeln
(Viren/Bakterien) - Höhe des Risikos abhängig von:
- Art des Erregers:
- Hepatitis B: 6–40 %
- Hepatitis C: 3–5 %
- HIV: 0,3 %
- Immunstatus der verletzten Person
- Tiefe der Verletzung
- Dauer des Kontakts
- Zeit bis zur Wundreinigung
- Infektiosität der Patient:innen
- Art des Erregers:
Ursachen von Nadelstichverletzungen | Prävention von Nadelstichverletzungen |
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Vorgehen bei Nadelstichverletzungen:
- Blutfluss fördern
- Desinfektion der Einstichstelle
- Aufsuchen des Betriebs- oder Durchgangsarztes
- Unfalldokumentation
- Infektionsstatus-Abklärung: nur mit Einverständnis der Patient:innen möglich
- Ohne Einverständnis: Behandlung erfolgt vorsorglich wie bei infizierten Patient:innen
- Postexpositionsprophylaxe (PEP):
- Bei begründetem Verdacht auf HIV oder Hepatitis
- HIV: Prophylaxe innerhalb von 2 Stunden
- Hepatitis: innerhalb von 24 Stunden (wenn kein Impfschutz besteht)
- Meldung an die BG
- Nachsorge: Kontrolluntersuchungen nach 6 Wochen, 3 Monaten und 6 Monaten
Quellen
- Al-Abtah et al.: I care Pflege. Georg Thieme Verlag 2020, ISBN: 978-3-132-41828-8
- DGUV (2022): Risiko Nadelstich - Blutübertragbaren Infektionen wirksam vorbeugen.
- Koch, S. et al.: retten – Notfallsanitäter. Georg Thieme Verlag 2023, ISBN: 978-3-13-242121-9