Nahrungsmittelunverträglichkeiten
Der Begriff Nahrungsmittelunverträglichkeiten (NMU) umfasst verschiedene Beschwerdebilder unterschiedlicher Genese, die durch Nahrungsmittel (bzw. Nahrungsmittelbestandteile) ausgelöst werden. Man unterscheidet dabei zunächst zwischen strukturellen und funktionellen Ursachen:
- Strukturell: primär organische Funktionsstörung (anatomisch-morphologische Veränderungen)
- Funktionell: Nahrungsmittelunverträglichkeiten, die nicht auf strukturelle Veränderungen zurückzuführen sind; meist isolierte Funktionsstörung (z.B. Laktasemangel)
Funktionelle Nahrungsmittelunverträglichkeiten werden je nach Pathomechanismus in toxische und nicht-toxische Formen unterteilt. Bei den nicht-toxischen Formen differenziert man weiter zwischen immunologischen und nicht-immunologischen Mechanismen.
InfoEtwa 15-20% der deutschen Bevölkerung haben eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, wobei nicht-immunologische Formen am häufigsten vorkommen.
Nahrungsmittelallergien
Als Nahrungsmittelallergie (NMA) bezeichnet man immunologisch vermittelte Reaktionen (Typ-I- oder Typ-IV-Allergie) gegenüber bestimmten Lebensmittelbestandteilen. Im Gegensatz zu anderen Formen der NMU liegt also eine allergisch bedingte Reaktion vor.
Häufige Auslöser sind z.B. Nüsse, Fisch oder Hühnereiweiß. Die Symptome können je nach Schweregrad von leichten Hautveränderungen oder gastrointestinalen Beschwerden bis hin zu schweren Herz-Kreislauf-Symptomen reichen. Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist die Allergenkarenz. Bei Allergenkontakt kommen verschiedene Medikamente zum Einsatz.
Epidemiologie
- Prävalenz in der Gesamtbevölkerung: 1-4% (Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen)
- Prävalenz bei Kindern: 5-10%
Ätiologie
Grundsätzlich kann jedes Lebensmittel (bzw. dessen Inhaltsstoffe) eine Nahrungsmittelallergie auslösen. Das allergene Potenzial ist jedoch unterschiedlich. Die nachfolgend aufgeführten Lebensmittel sind die häufigsten Auslöser für allergische Reaktionen vom Soforttyp. Sie müssen daher laut EU-Richtlinie auf verpackten Lebensmitteln gekennzeichnet werden:
- Eier
- Erdnüsse
- Fische
- Glutenhaltiges Getreide (z.B. Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste, Hafer)
- Krebstiere
- Lupinen
- Milch (einschließlich Laktose)
- Schalenfrüchte (Mandeln, Haselnüsse, Walnüsse, Cashewnüsse, Pistazien, Pecannüsse, Paranüsse, Macadamia)
- Schwefeldioxid, Sulfite (bei Konzentrationen >10 mg/kg oder >10 mg/l)
- Sellerie
- Senf
- Sesamsamen
- Sojabohnen
- Weichtiere (z.B. Muscheln, Schnecken oder Tintenfisch)
Klassifikation
Die Klassifikation der Nahrungsmittelallergien (NMA) erfolgt nach dem Auslöser oder dem immunologischen Mechanismus:
Klassifikation nach Auslöser:
- NMA Klasse I: Primäre Nahrungsmittelallergie
- Allergie wird direkt durch den Verzehr entsprechender Nahrungsmittel ausgelöst
- Betrifft v.a. Kleinkinder
- NMA Klasse II: Pollenassoziierte Nahrungsmittelallergie (Kreuzallergie)
- NMA entsteht durch eine Kreuzreaktion: Sensibilisierung gegen Aeroallergene (Pollenallergene) → Das Immunsystem bildet Antikörper (AK) → Entstehung einer sekundären NMA gegenüber strukturähnlichen Nahrungsbestandteilen
- Betrifft v.a. Schulkinder und Erwachsene
- Meist pollenassoziierte Kreuzreaktion; es existieren aber auch andere Kreuzreaktionen (bspw. Milben-Schalentiere oder Latex-Früchte)
Klassifikation nach immunologischem Mechanismus:
- Typ-I-Allergie (IgE-vermittelte Reaktion vom Soforttyp)
- Häufigste Form der NMA
- Symptome treten in der Regel innerhalb von Minuten bis wenigen Stunden nach Allergenverzehr auf
- Typ-IV-Allergie (verzögerte T-Zell-vermittelte Reaktion)
- Keine Beteiligung von IgE-Antikörpern
- Symptome manifestieren sich oft langsamer
- Keine Beteiligung von IgE-Antikörpern
Pathophysiologie
Nach dem immunologischen Pathomechanismus unterscheidet man zwischen Typ I-Reaktionen (Soforttyp) und Typ IV-Reaktionen, wobei Typ I-Reaktionen deutlich häufiger vorkommen.
Bei der Hypersensibilitätsreaktion des Soforttyps handelt es sich um eine IgE-vermittelte Freisetzung verschiedener Mediatoren durch Mastzellen:
- Sensibilisierung:
- Erstkontakt mit entsprechendem Allergen (über Gastrointestinaltrakt) → Aktivierung von TH2-Helferzellen: Ausschüttung von Interleukin
-4 (IL-4) → IL-4 stimuliert B-Zellen zur Produktion allergenspezifischer IgE-Antikörper → IgE-Antikörper binden an basophile Granulozyten und Mastzellen und werden so zu zellständigen Antikörpern
- Erstkontakt mit entsprechendem Allergen (über Gastrointestinaltrakt) → Aktivierung von TH2-Helferzellen: Ausschüttung von Interleukin
- Sekundärphase:
- Erneuter Allergenkontakt → Bindung des Allergens an zellständige IgE-Antikörper → Degranulierung der Zellen: Freisetzung diverser Entzündungsmediatoren (Histamin, Prostaglandine…)
AchtungAuch nicht-immunologische Formen der Nahrungsmittelunverträglichkeiten können allergieähnliche Symptome auslösen (Intoleranzreaktionen oder Pseudoallergien). Dies sollte im Hinblick auf die Diagnostik berücksichtigt werden.
Diagnostik
Anamnese
- Ausführliche Eigen- & Familienanamnese: Begleiterkrankungen, Medikamente, Essgewohnheiten, bekannte Allergien in der Familie, beobachtetes Beschwerdebild und beschwerdeauslösende Faktoren (Augmentationsfaktoren)
- Ernährungs- und Beschwerdeprotokoll über 2-4 Wochen
Symptome/Klinik
- Haut: Juckreiz, Flush, Exanthem; Atopische Dermatitis, Angioödem
- Atemwege: Asthma, Rhinitis, Hustenreiz, Larynxödem
- Gastrointestinaltrakt: Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Diarrhö/Obstipation
- Herz-Kreislauf-System
: Hypotonie, Tachykardie , Anaphylaxie - ZNS: Angst/innere Unruhe, Kopfschmerzen
, zerebrale Krampfanfälle
Körperliche Untersuchung
- Überprüfung einer möglichen Beteiligung von Organsystemen (v.a. Atemwege, Haut und Gastrointestinaltrakt)
AchtungDie Anamnese stellt den ersten Schritt in der Diagnostik der NMA dar. Im Idealfall können hierbei bereits Zusammenhänge zwischen den Beschwerden und der Aufnahme des potenziellen Allergens (Lebensmittel) aufgedeckt werden.
Haut- und Labortests
Die 2. Stufe der allergologischen Diagnostik beruht auf Haut- und Labortests. Beide Tests sind in ihrer Aussagekraft grundsätzlich gleich zu bewerten. Positive Haut- und Bluttests zeigen lediglich eine Sensibilisierung an und sind kein Indikator für die klinische Relevanz einer Nahrungsmittelallergie.
- Hauttests: z.B. Pricktest, Reibetest, Scratch-Test oder Intrakutantest
- Labor:
- Differenzialblutbild
: ggf. Nachweis einer Eosinophilie - Bestimmung der Gesamt-IgE-Konzentration (unspezifisch)
- Carrier-Polymer-System-Test (CAP-Test) zum Nachweis spezifischer IgE-Antikörper → Ein erhöhter Spiegel deutet auf eine Sensibilisierung hin, ist jedoch nicht mit einer klinisch relevanten Allergie gleichzusetzen → Bewertung der Ergebnisse stets im Zusammenhang mit der klinischen Symptomatik/allergischen Genese
- Molekulare Allergiediagnostik
: zur Unterscheidung zwischen primärer NMA und Kreuzreaktion
- Differenzialblutbild
AchtungFehldiagnosen durch unseriöse Allergietests
In der Praxis sind auch unseriöse allergologische Bluttests anzutreffen. So bieten verschiedene Firmen und Labore kostenpflichtige IgG-Serumtests an, welche Nahrungsmittelallergene angeblich eindeutig nachweisen sollen. IgG-Tests erlauben jedoch keine verlässliche Diagnostik für das Vorliegen einer NMA, da erhöhte IgG-Spiegel eine reguläre Reaktion auf den wiederholten Verzehr von Nahrungsmittelproteinen darstellen. Zahlreiche Fachgesellschaften warnen vor dieser Testmethode, da sie häufig zu Fehldiagnosen und unnötigen Ernährungsumstellungen führt.
Spezifische diagnostische Diät
- Eliminationsdiät: wird dann durchgeführt, wenn ein spezifisches Allergen als Auslöser vermutet wird
- Oligoallergene Basisdiät: wird durchgeführt, wenn verschiedene Lebensmittel als Beschwerdeauslöser vermutet werden
- Oraler Provokationstest: letzter Schritt im Rahmen der allergologischen Diagnostik (orale Exposition des vermuteten Nahrungsmittelallergens)
- Eine allergische Reaktion nach oraler Nahrungsmittelprovokation sichert die Diagnose der NMA und ermöglicht im Anschluss daran die Planung einer individuellen Ernährungstherapie
!
- Eine allergische Reaktion nach oraler Nahrungsmittelprovokation sichert die Diagnose der NMA und ermöglicht im Anschluss daran die Planung einer individuellen Ernährungstherapie
AchtungOrale Provokations- und Hauttests sollten immer in Notfallbereitschaft durchgeführt werden! → Gefahr einer lebensgefährlichen anaphylaktischen Reaktion!
Differentialdiagnosen
- Nicht-immunologische Nahrungsmittelunverträglichkeiten: Laktoseintoleranz
, Fruktosemalabsorption, Histaminintoleranz etc. - Autoimmunerkrankungen (z.B. Zöliakie
) - Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
- Akutes Abdomen
: Appendizitis, Darminvagination etc.
Therapie
Prophylaxe
- Strikte Allergenkarenz als wichtigste prophylaktische Maßnahme
- Strenger Verzicht auf allergieauslösende Lebensmittel (im Falle schwerer Allergien auch in Spuren)
- Ggf. Ernährungsberatung heranziehen
Therapie bei Allergenkontakt
- Patient:innen mit erhöhtem Anaphylaxie-Risiko sollten immer ein Notfallset zur Selbstmedikation mit sich führen
- Patient:innen sollten außerdem über mögliche Anzeichen und Symptome einer allergischen Reaktion aufgeklärt und zum Umgang mit den Notfallmedikamenten geschult werden
- Bestandteile des Notfallsets:
- Adrenalin
-Autoinjektor - Antihistaminikum (z.B. Cetirizin oder Dimetindem)
- Systemische Glukokortikoide
- ß-2-Sympathomimetikum
- Anaphylaxie-Pass
- Adrenalin
Ernährung
Allgemeine Empfehlungen:
- Strenge Karenz des auslösenden Allergens
- Beginn einer therapeutischen Eliminationsdiät (nach umfangreicher Allergiediagnostik
) - Reevaluation der Indikation zur Karenz bestimmter Lebensmittel im Zeitverlauf (mit Hilfe von Provokationstests) → Toleranzentwicklung möglich; durch Vermeidung bestimmter Lebensmittel/Lebensmittelgruppen evtl. erhöhtes Risiko für Nährstoffmängel
- Betreuung der Patient:innen durch geschulte Ernährungsfachkräfte
- Schulung hinsichtlich der Lebensmittelkennzeichnung (Erkennen potenzieller Allergenquellen) + Aufklärung über mögliche Lücken in der allergenspezifischen Kennzeichnung
- Beispiele für versteckte Allergene: Erdnüsse in Schokoladenpräparaten, Soja aus Futtermittel im Rindfleisch, Fischmehl als Hühnernahrung etc.
- Bei einer Kuhmilchallergie im Säuglingsalter sollten geeignete Ersatzpräparate (z.B. Aminosäureformula) verwendet werden. Produkte auf Sojabasis sind für Säuglinge unter zwölf Monaten nicht zu empfehlen.
AchtungJede Nahrungsmittelallergie erfordert eine spezifische Ernährungstherapie
!
Prävention:
Maßnahmen zur Primärprävention sind v.a. relevant für Risikopersonen mit positiver Familienanamnese:
- Stillen in den ersten 4 Monaten
- Bei Risikokindern werden spezielle Säuglingsmilchnahrungen eingesetzt (hydrolytische Säuglingsnahrungen/hypoallergene Nahrung)
- Einführung der Beikost
ca. ab dem 5. Lebensmonat → Keine Evidenz für Vorteile einer verzögerten Einführung der Beikost und/oder einer speziellen Nahrungskarenz bei Schwangeren und Stillenden - Bei Mutter und Kind sollte Übergewicht vermieden werden
- Umgebung: feuchtes Innenraumklima (→ Gefahr eines Schimmelbefalls) sowie Exposition mit Tabakrauch und Autoabgasen vermeiden; bei Risikokindern sollten sich keine Katzen im Haushalt befinden
- Impfungen nach allgemeinen STIKO-Empfehlungen (Empfehlung gilt unabhängig vom Allergierisiko)
InfoIn Bezug auf das Geburtsverfahren konnte für durch Kaiserschnitt geborene Kinder ein erhöhtes Allergierisiko festgestellt werden.
Komplikationen
Nahrungsmittelallergien können zu verschiedenen Komplikationen führen, deren Schweregrad stark variieren kann. Zu den häufigsten und schwerwiegendsten Komplikationen zählen u.a.:
- Anaphylaxie: schwerste Form allergischer Reaktionen; Symptome umfassen u.a. Atemnot, Hypotonie, Schwellungen und Bewusstlosigkeit (in schweren Fällen kann es auch zum Atemstillstand kommen)
- Asthma & Atemprobleme
- Ekzeme & Hautprobleme (z.B. atopische Dermatitis)
- Verdauungsprobleme:
- Allergische Reaktionen können auch den Verdauungstrakt betreffen. Mögliche Symptome sind u.a. Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall.
- Dies kann insbesondere bei Kindern zu Dehydrierung und einem Mangel an wichtigen Nährstoffen führen.
- Psychologische & soziale Auswirkungen
Nahrungsmittelintoleranzen
Unter dem Begriff Nahrungsmittelintoleranz (NMI) werden Nahrungsmittelunverträglichkeiten (NMU) zusammengefasst, die eine funktionelle, nicht-immunologische Ursache haben. NMI machen mit etwa 15-20% den größten Teil der NMU aus. Häufige Ursachen sind Enzymdefekte (bzw. Enzymdefizite) oder Transportstörungen.
Die Symptome der NMI sind vielfältig und variieren je nach Intoleranztyp und individueller Empfindlichkeit. Diagnostische Maßnahmen umfassen u.a. eine ausführliche Anamnese, Ernährungs- und Symptomtagebücher sowie ggf. weitere Methoden (z.B. H2-Atemtests oder Eliminationsdiäten).
Im Mittelpunkt der Therapie steht die individuelle Anpassung der Ernährung.
Epidemiologie
- Prävalenz in der Gesamtbevölkerung: 15-20%
- Laktoseintoleranz
ist die häufigste Nahrungsmittelintoleranz weltweit. Die Prävalenz variiert stark in Abhängigkeit von der ethnischen Gruppe: - Prävalenz in Deutschland: ca. 15%
- Prävalenz weltweit: ca. 70%
- Laktoseintoleranz
Ätiologie
- Genetische Faktoren: z.B. familiäre Häufung bei hereditärer Fruktoseintoleranz (Mutation im Aldolase-B-Gen) oder Laktoseintoleranz
(Genpolymorphismus des Lactase-kodierenden Gens) - Sekundär: Darmerkrankungen, chirurgische Eingriffe, Infektionen, Ernährungsgewohnheiten etc.
Klassifikation
Die Pathophysiologie der Nahrungsmittelintoleranzen umfasst verschiedene Mechanismen (z.B. Enzymmangel oder Transport- und Resorptionsstörungen), die dazu führen, dass der Körper bestimmte Nahrungsbestandteile nicht richtig verdauen oder verstoffwechseln kann.
Diese verschiedenen Mechanismen führen zu einer Vielzahl von Symptomen, die oft unspezifisch und individuell unterschiedlich ausgeprägt sind.
Klassifikation:
In Abhängigkeit des zugrundeliegenden Pathomechanismus werden folgende Formen der Nahrungsmittelintoleranzen unterschieden:
- Transport- & Resorptionsbedingte Intoleranzen: Anzahl oder Funktion von Transportern↓ → Gestörte Resorptionsfähigkeit
- Beispiel: Fruktosemalabsorption (intestinale Fruktoseintoleranz)
- Enzymatische Intoleranzen: Enzymmangel oder -defekte → Gestörte Verdauung bestimmter Nahrungsbestandteile
- Beispiele: Laktoseintoleranz
, Histaminintoleranz, hereditäre Fruktoseintoleranz
- Beispiele: Laktoseintoleranz
- Pharmakologische Intoleranzen: bestimmte Lebensmittelinhaltsstoffe besitzen pharmakologisch aktive Eigenschaften. Wenn diese in hohen Mengen verzehrt werden, kann es zu Symptomen einer Nahrungsmittelintoleranz kommen (relative Intoleranz)
- Beispiele für entsprechende Lebensmittelinhaltsstoffe: biogene Amine (z.B. Histamin, Tyramin und Phenylethylamin), Koffein
- Pseudoallergien: Reaktionen auf Nahrungsmittel, die in ihrem klinischen Bild einer allergischen Reaktion ähneln, allerdings ohne Beteiligung des Immunsystems ablaufen (→ IgE-unabhängige, unspezifische Aktivierung und Degranulierung von Mastzellen)
- Beispiele für häufige Auslöser: Lebensmittelzusatzstoffe (z.B. Säuerungsmittel oder Konservierungsstoffe), Salicylate, Lektine etc.
Diagnostik
Anamnese
- Ausführliches Anamnesegespräch
- Ernährungs- & Symptomtagebuch
Symptome/Klinik
- Haut: Juckreiz, Flush, Urticaria, Angioödem
- Gastrointestinaltrakt: Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe
, Koliken - Atemwege: Rhinokonjunktivitis, Hustenreiz, Asthma
- Herz-Kreislauf-System
: Tachykardie , Hypotonie, Schock
InfoDie Intensität und Art der Symptome variiert je nach Intoleranztyp und individueller Empfindlichkeit!
Atemtest
- H2-Atemtest
: Atemtests eignen sich zur Diagnose von Nahrungsmittelintoleranzen, bei denen die Fermentation durch Darmbakterien zu einer erhöhten Gasbildung führt - Beispiel - Laktose-Atemtest: Patient:innen trinken eine laktosehaltige Lösung. Ist das Enzym Laktase im Dünndarm nicht ausreichend vorhanden oder aktiv, gelangt die verabreichte Laktose unverdaut in den Dickdarm und wird dort von Bakterien vergoren, wobei Wasserstoff freigesetzt wird. Ein erhöhter Wasserstoffgehalt im Atem weist daher auf eine Laktoseintoleranz
hin. - Anwendung z.B. auch bei Verdacht auf Fruktosemalabsorption oder Sorbitintoleranz
- Beispiel - Laktose-Atemtest: Patient:innen trinken eine laktosehaltige Lösung. Ist das Enzym Laktase im Dünndarm nicht ausreichend vorhanden oder aktiv, gelangt die verabreichte Laktose unverdaut in den Dickdarm und wird dort von Bakterien vergoren, wobei Wasserstoff freigesetzt wird. Ein erhöhter Wasserstoffgehalt im Atem weist daher auf eine Laktoseintoleranz
Weitere diagnostische Verfahren
- Eliminationsdiät
- Provokationstest
- Bildgebende Verfahren & Endoskopie
Differentialdiagnosen
- Nahrungsmittelallergien
- Reizdarmsyndrom
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
- Magen
-Darm-Infektionen - Pankreasinsuffizienz etc.
Therapie
Gezielte Anpassung der Ernährung
Die Behandlung von Nahrungsmittelintoleranzen zielt in erster Linie darauf ab, Beschwerden durch eine gezielte Anpassung der Ernährung zu reduzieren – Beispiele:
- Laktoseintoleranz
: Umstellung auf milchzuckerarme (<10 g Laktose/Tag) oder milchzuckerfreie (streng laktosearme Kost: <1 g Laktose/Tag) Ernährung - Diätische Alternative: große Auswahl an laktosefreien Produkten
- Histaminintoleranz: Vermeidung histaminreicher und histaminfreisetzender Lebensmittel (z.B. gereifte Käsesorten, Rotwein, Schokolade, Fisch, Meeresfrüchte etc.)
- Fruktosemalabsorption: fruktosereduzierte Ernährung
- Im Anschluss an eine Karenzphase besteht das Ziel darin, die individuelle Toleranzgrenze ausfindig zu machen → Ein vollständiger Verzicht auf Fruktose ist kontraproduktiv, da dies zu einer Verarmung der GLUT-5-Transporter führt
Enzympräparate
Lässt sich der Verzehr entsprechender Lebensmittel nicht vermeiden (z.B. bei Reisen oder festlichen Anlässen), stehen zum Teil orale Enzympräparate zur Verfügung:
- Beispiele: Laktase (bei Laktoseintoleranz
) oder Diaminoxidase (Histaminintoleranz) - Die Wirksamkeit entsprechender Präparate ist allerdings umstritten!
Komplikationen
- Nährstoffmangel & Mangelernährung
: - Der Verzicht auf bestimmte Lebensmittel kann zu einer verringerten Nährstoff- und/oder Kalorienzufuhr führen. Das Ziel der Ernährungstherapie
besteht immer darin, eine ausreichende Versorgung trotz gegebener Einschränkungen sicherzustellen.
- Der Verzicht auf bestimmte Lebensmittel kann zu einer verringerten Nährstoff- und/oder Kalorienzufuhr führen. Das Ziel der Ernährungstherapie
- Chronische Verdauungsprobleme (dauerhafte Belastung des Verdauungssystems; z.B. durch unerkannte oder unbehandelte Nahrungsmittelintoleranzen)
- Sekundäre Intoleranzen
- Psychische Belastung & soziale Einschränkung
Quellen
- S2k-Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien, Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI)
- S3-Leitlinie Allergieprävention, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF)
- Biedermann T et al.: Allergologie, Springer Verlag, 2014, ISBN: 3-642-37202-3
- Jäger L et al.: Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten, Urban & Fischer in Elsevier, 2008, ISBN: 978-3-437-31447-6
- Werfel T: Nahrungsmittelallergie im Erwachsenenalter, Bundesgesundheitsblatt 59: 737–744, 2016, DOI: 10.1007/s00103-016-2360-5
- Biesalski H, Grimm P, Nowitzki-Grimm S: Taschenatlas Ernährung, Georg Thieme Verlag, 2020, ISBN: 978-3-13-242607-8
- Biesalski H et al.: Ernährungsmedizin, Georg Thieme Verlag, 2017, ISBN: 978-3-13-100295-2
- Suter P.: Checkliste Ernährung, Georg Thieme Verlag, 2008, ISBN: 9783131526731