Einleitung
Die Natrium-Konzentration im Blut ist stark vom Volumenhaushalt abhängig. Bei Natrium-Elektrolytstörungen sollte man also zuerst an den Flüssigkeitshaushalt
Die Flüssigkeitsverschiebungen zwischen Intra- und Extrazellularraum werden stark durch den Natriumhaushalt beeinflusst.
Bei einem hohen Serumnatrium, also einer Hypernatriämie kommt es zu einer Verschiebung der Flüssigkeit von den Zellen ins Serum
TippBei einer Hypo- oder Hypernatriämie sollte man immer den Flüssigkeitshaushalt
der Patient:innen beurteilen.
DefinitionGrenzwerte
- Hyponatriämie = Serumkonzentration <135 mmol/l
- Hypernatriämie = Serumkonzentration >145 mmol/l
Hyponatriämie
Ursachen einer Hyponatriämie
Hypervolämie: Eine Hyponatriämie wird meistens durch eine Hypervolämie hervorgerufen. Es resultiert eine Verdünnung des Natriums. Es liegt somit kein echter Natriummangel, sondern nur eine Verdünnung vor. Im Volksmund wird dies auch als „Wasservergiftung“ bezeichnet.
Diese Form kommt insbesondere bei Patient:innen mit einer Herzinsuffizienz
Hypovolämie: Seltener ist die hypovoläme Form mit einem echten Natrium- und Wasserverlust. Ursächlich hierfür ist im stationären Setting häufig eine Therapie mit Diuretika
Normovolämie: Bei dem SIADH
Therapie
- Kausale Therapie
- Hypovolämisch:
- NaCl 0,9%
- NaCl 0,9%
- Isovolämisch:
- Trinkmengenbeschränkung maximal 500-800 ml/Tag
- Ggf. NaCl 0,9%
- Bei SIADH
: Ursache behandeln, proteinreiche Kost (>30 Gramm/Tag), ggf. Vasopressin -Antagonisten z.B. Tolvaptan (blockiert V2-Rezeptoren in den Nieren ➜ ADHkann nicht binden ➜ Wasserrückresorption wird gehemmt, Resorption von Natrium wird nicht gehemmt (im Gegensatz hierzu wirken Diuretika indem sie die Resorption von Elektrolyten reduzieren, Tolvaptan hingegen beeinflusst die Resorption der Elektrolyte nicht)
- Hypervolämisch:
- Trinkmengenbeschränkung maximal 500 ml/Tag
- Ggf. Furosemid
(Kaliumkontrolle!)
- Akuttherapie der schweren Hyponatriämie mit neurologischen Symptomen:
- Hypertone
NaCl-Lösung erwägen: NaCl 3% (geringe therapeutische Breite!) ➜ Serum -Natrium um maximal 5 mmol/l in den ersten 1-5 Stunden anheben ➜ sobald eine Besserung der Symptome eintritt sollte wieder ein langsamer Ausgleich erfolgen (bestehen die Symptome trotz eines Anhebens des Serum -Natriums um 5 mmol/l fort, so sollte erneut evaluiert werden, ob die Symptomatik der Hyponatriämie zuzuordnen ist
- Hypertone
AchtungEs sollte ein Ausgleich des Serum
-Natriums um maximal 1 mmol/l pro Stunde bzw. 6-8 mmol/l pro Tag und nur unter engmaschigen Klinik- und Laborkontrollen erfolgen. Bei einer langsam entstandenen oder zeitlich unklaren Hypernatriämie sollte eine Absenkung des Serum -Natriums um maximal 0,5 mmol/l pro Stunde erfolgen.
AchtungBei einem Serumnatriumwert von <120 mmol/l oder >160 mmol/l sowie bei einer schweren symptomatischen Veränderung des Natriumwertes sollte eine intensivmedizinische Überwachung und Behandlung erfolgen. Bei einer schweren symptomatischen Hypo- oder Hypernatriämie kann bis zum Abklingen der bedrohlichen Symptomatik auch ein schnellerer Ausgleich mit einer Veränderung von bis zu 5 mmol/l in den ersten Stunden erfolgen. Anschließend sollte ein langsamer Ausgleich angestrebt werden. Durch eine zu schnelle Steigerung des Natriums kann es zu einer zentralen pontinen Myelinolyse kommen. Durch eine zu schnelle Senkung des Natriums kann ein Hirnödem verursacht werden.
Hypernatriämie
Eine Hypernatriämie liegt meistens bei einem Flüssigkeitsverlust mit einer Konzentrierung vor.
Hypovolämisch: Bei einer Exsikkose
Iso- oder Hypervolämisch: In diesem Fall liegt ein echter Natriumüberschuss vor. Dieser kann durch eine gesteigerte Natriumzufuhr verursacht werden. Gründe können die orale Aufnahme salziger Flüssigkeiten (z.B. Meerwasser) oder die Zufuhr über Infusionen (z.B. NaCl) sein.
Auch ein primärer Hyperaldosteronismus kann eine Ursache sein.
Therapie
- Kausale Therapie
- Zufuhr von hypertonen Lösungen stoppen
- Isovolämisch oder Hypovolämisch:
- Glucoselösung 5%
+ Vollelektrolytlösung unter initial stündlichen Kontrollen des Serum-Natriums - NaCl 0,45%
unter initial 2 stündlichen Kontrollen bis zu einem Serumnatriumwert von unter 150 mmol/l
- Glucoselösung 5%
- Hypervolämisch:
- Glucoselösung 5%
+ Furosemid - Bei Nierenversagen: Hämodialyse
- Glucoselösung 5%
AchtungEs sollte ein Ausgleich des Serum
-Natriums um maximal 1 mmol/l pro Stunde bzw. 6-8 mmol/l pro Tag und nur unter engmaschigen Klinik- und Laborkontrollen erfolgen. Bei einer langsam entstandenen oder zeitlich unklaren Hypernatriämie sollte eine Absenkung des Serum -Natriums um maximal 0,5 mmol/l pro Stunde erfolgen.
AchtungBei einem Serumnatriumwert von <120 mmol/l oder >160 mmol/l sowie bei einer schweren symptomatischen Veränderung des Natriumwertes sollte eine intensivmedizinische Überwachung und Behandlung erfolgen. Bei einer schweren symptomatischen Hypo- oder Hypernatriämie kann bis zum Abklingen der bedrohlichen Symptomatik auch ein schnellerer Ausgleich mit einer Veränderung von bis zu 5 mmol/l in den ersten Stunden erfolgen. Anschließend sollte ein langsamer Ausgleich angestrebt werden. Durch eine zu schnelle Steigerung des Natriums kann es zu einer zentralen pontinen Myelinolyse kommen. Durch eine zu schnelle Senkung des Natriums kann ein Hirnödem verursacht werden.
Diagnostik
Klinik und Anamnese
Symptome
- Bei einer milden oder chronischen Hyponatriämie können Symptome ausbleiben oder unspezifisch sein (z.B. Sturzneigung, kognitive Defizite)
- Neurologisch:
- Reizbarkeit, Kopfschmerzen
, Lethargie, Benommenheit, Desorientiertheit, Kopfschmerzen , Müdigkeit - Bei schweren Formen: Koma, generalisierter tonisch-klonischer epileptischer Krampfanfall
- Reizbarkeit, Kopfschmerzen
- Gastrointestinal: Übelkeit bis hin zum Erbrechen
- Kardiopulmonale Dekompensation
- Muskuloskelettal: Muskelkrämpfe, Muskelzuckungen
- Zeichen des Volumenstatus je nach zugrundeliegender Form (siehe unten)
- Medikamenteneinnahme: insbesondere Diuretika
und Medikamente, die zu einer Natriumretention führen - Vorerkrankungen: insbesondere kardial, nephrologisch und hepatologisch
- Mögliche Hinweise auf eine auslösende Erkrankung: z.B. SIADH
(z.B. kleinzelliges Bronchialkarzinom )

- Klinische Einschätzung des Volumenstatus:
- Zeichen der Hypervolämie: Ödeme
, Anasarka , pulmonale Stauung, Pleuraerguss , Aszites , Halsvenenstauung - Zeichen der Hypovolämie: orthostatische Dysregulation, trockene Schleimhäute, verminderter Hautturgor, Hinweise auf Flüssigkeitsverluste (z.B. Durchfall, Pankreatitis, Ileus, Sepsis)
- Sonographie: ggf. Einschätzung des Flüssigkeitsstatus durch eine V. cava-Sonographie
- Zeichen der Hypervolämie: Ödeme
Labor
- Natrium im Serum
und Urin - Serum
- und Urinosmolalität (am besten vor der Einleitung von therapeutischen Maßnahmen) - Serumkalium
- Hämatokrit
zur Volumenstatusbeurteilung - Kreatinin
, Harnstoff - Blutzucker
- TSH
-Wert - BGA
Algorithmus Hyponatriämie
Algorithmus Hypernatriämie
Zentralen pontinen Myelinolyse und Hirnödem
AchtungBei einem Serumnatriumwert von <120 mmol/l oder >160 mmol/l sowie bei einer schweren symptomatischen Veränderung des Natriumwertes sollte eine intensivmedizinische Überwachung und Behandlung erfolgen. Bei einer schweren symptomatischen Hypo- oder Hypernatriämie kann bis zum Abklingen der bedrohlichen Symptomatik auch ein schnellerer Ausgleich mit einer Veränderung von bis zu 5 mmol/l in den ersten Stunden erfolgen. Anschließend sollte ein langsamer Ausgleich angestrebt werden. Durch eine zu schnelle Steigerung des Natriums kann es zu einer zentralen pontinen Myelinolyse kommen. Durch eine zu schnelle Senkung des Natriums kann ein Hirnödem verursacht werden.
Insbesondere das ZNS reagiert sehr sensibel auf kurzfristige Änderungen der Natriumkonzentration. Eine Korrektur des Natriumspiegels sollte daher stets langsam und kontrolliert erfolgen. Das Natrium kann nicht so schnell wie das Wasser zwischen dem Blut und den Myelinscheiden diffundieren. Daher kommt es zuerst zu einer Flüssigkeitsdiffusion und anschließend zu einer Diffusion
Zentrale pontine Myelinolyse
Bei einer zu schnellen Korrektur einer Hyponatriämie kann eine sogenannte zentrale pontine Myelinolyse entstehen. Aufgrund einer zu schnellen Natriumzufuhr kommt es zu einem kurzfristigen starken Anstieg des Natriumspiegels. Durch den osmotischen Gradienten strömt die Flüssigkeit aus den Myelinscheiden in das Blut und es resultiert ein Untergang der Myelinscheiden.
Hirnödem
Umgekehrt kommt es bei einem zu schnellen Absinken des Natriumspiegels bei einer Hypernatriämie zu einem Hirnödem. Da sich die intrazelluläre Natriumkonzentration langsamer angleicht, resultiert ein Flüssigkeitseinstrom aus dem Blut in die Zellen. Aufgrund der räumlichen Enge des ZNS in Kombination mit einem Hirnödem, kann es zu einer Kompression des Gehirns kommen.
Fallbeispiele
Für praktische BGA
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Quellen
- S3-Leitlinie Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen, Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI)
- Schmidt: Die häufigsten Elektrolytstörungen in der Notaufnahme, aus Der Internist. Band: 56, Nummer: 7, 2015, doi: 10.1007/s00108-015-3670-7 Seite 753–759