Definition
Eine obere gastrointestinale Blutung
Es wird unterschieden zwischen:
- Variköser Blutung: Blutung aus Ösophagus
- oder Fundusvarizen, meist verursacht durch portale Hypertension - Nicht-variköser Blutung: Blutungen anderer Ursachen, beispielsweise Ulkusblutung, erosive Gastritis oder Mallory-Weiss-Läsion
MerkeTypische Symptome sind Hämatemesis
(Bluterbrechen bei akuter Blutung), ggf. Hämatinerbrechen (kaffeesatzartiges Erbrechen bei sistierter oder geringer Blutung) und Meläna (schwarzer, teerartiger Stuhl). Hämatochezie (Frischblut im Stuhlgang) tritt selten bei oberer GI-Blutung auf und weist dabei in der Regel auf eine massive Blutung hin.
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Differentialdiagnosen
AchtungAkut lebensbedrohliche Differentialdiagnosen
- Ösophagus- oder Fundusvarizenblutung, insbesondere bei portaler Hypertension und hämorrhagischem Schock
- Ösophagusruptur (Boerhaave-Syndrom
), typisch nach massivem Erbrechen, oft mit retrosternalen Schmerzen und Luftemphysem
Weitere Differentialdiagnosen:
- Ulcus ventriculi
(häufigste Ursache der nicht-varikösen oberen GI-Blutung ) - Ulcus duodeni
- Gastroduodenale Erosionen
(inkl. erosive Gastritis, erosive Duodenitis) - Ösophagitis
- Mallory-Weiss-Syndrom
(Schleimhauteinriss am gastroösophagealen Übergang nach Erbrechen) - Malignome im oberen Gastrointestinaltrakt (z. B. Ösophagus- oder Magenkarzinom
) - Angiodysplasien (typischerweise chronisch-rezidivierende Blutungen)
- Arteriovenöse Malformationen (AVM), vaskuläre Gefäßfehlbildungen mit rezidivierendem Blutungsrisiko
- Dieulafoy-Läsion
(punktförmige arterielle Gefäßfehlbildung mit rezidivierender, oft massiver Blutung)
MerkeDifferentialdiagnostisch müssen auch Blutungsquellen im Nasen-Rachen-Raum ausgeschlossen werden („Pseudo-Hämatemesis
“).
Red Flags
MerkeRed Flags sind Warnsymptome, die auf eine akut lebensbedrohliche Ursache hinweisen und ein sofortiges Handeln erfordern.
Red Flags
- (Massives) Erbrechen von Frischblut
- Schockzeichen
- Hypotonie
- Tachykardie
- Vigilanzminderung
- Blässe und Kaltschweißigkeit
- Marmorierte Haut
- Bekannte Leberzirrhose
oder vorbestehende Ösophagusvarizen (hohes Risiko für schwere Varizenblutung)
Erste Schritte
Basismaßnahmen
- Monitoring: Kontinuierlich, inkl. RR, HF, EKG
, SpO₂ - Sauerstoffgabe
, falls Hypoxämie oder Schockzeichen - Intravenöser Zugang: Bei Schock
mind. 2 großlumige Zugänge (z. B. 18G oder größer) - 12-Kanal-EKG
- Blutgasanalse (BGA
): - Hb
, Hämatokrit - Laktat (Frühzeichen eines Schocks
als Marker für eine Gewebshypoperfusion) - pH, pCO₂, pO₂
- Hb
- Laboruntersuchungen:
- Kleines Blutbild
(Hb , Thrombozyten ) - Gerinnung (Quick/INR, PTT
, ggf. Faktor Xa-Spiegel bei DOAKs ) - Elektrolyte, Kreatinin
, Harnstoff - Leberwerte (AST, ALT
, γ-GT , Bilirubin ) - LDH
- CRP
, ggf. PCT - Blutzucker
- Kreuzblut, Blutgruppe, ggf. Anforderung von 2–4 Erythrozytenkonzentraten
- Kleines Blutbild
MerkeHb
-Wert bleibt initial normwertig, da durch akuten Volumenverlust noch keine Hämodilution erfolgt. Vitalparameter sind daher zur Ersteinschätzung sensitiver.
Ersteinschätzung und initiale Therapie
- Kreislaufstatus beurteilen
- Red Flags prüfen (s. Abschnitt „Red Flags“)
- Atemwegssicherung
bei: - Vigilanzminderung
- Schwerer Hämatemesis
mit Aspirationsgefahr
- Vigilanzminderung
- Volumentherapie bei Schockzeichen:
- Balancierte kristalloiden Lösungen bevorzugen
- Ggf. Katecholamine
zur Kreislaufstabilisierung (Ziel: MAP 65–70 mmHg) - Defi-Patches bei instabilen Patient:innen mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko oder Reanimationsgefahr
- Erythrozytentransfusion bei:
- Hb
< 7-8 g/dl → auf Transfusionstrigger achten - Unabhängig vom Hb
bei massiver Blutung + Schock
- Hb
- Gerinnungsmanagement:
- Antikoagulation
antagonisieren (z. B. Vitamin-K-Antagonisten mit PPSB + Vitamin K ) - Thrombozytenaggregationshemmer
bei Primärprophylaxe pausieren; bei Sekundärprophylaxe nur bei lebensbedrohlicher Blutung - Tranexamsäure
nur bei Hyperfibrinolyse
- Antikoagulation
TippDie strukturierte Versorgung erfolgt nach dem xABCDE-Schema, das in Notfallsituationen standardisiert angewendet wird.
Fremd- und Eigenanamnese | Diagnostik und Scores | Bildgebung |
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Differentialdiagnosen erkennen
Symptome | Anamnese/ Untersuchung / Diagnostik | |
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Ösophagusvarizenblutung |
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Ulcus ventriculi |
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Ulcus duodeni |
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Ösophagusruptur (Boerhaave-Syndrom |
Merke |
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Mallory-Weiss-Syndrom |
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Quellen
- S2k-Leitlinie, Gastrointestinale Blutung, Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
- S2k-Leitlinie, Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit, Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
- Steffen et al.: Internistische Differenzialdiagnosen, Schattauer GmbH, 2008, ISBN: 978-3-7945-23-42.9
- Baenkler et al: Kurzlehrbuch Innere Medizin, Georg Thieme Verlag KG, 2021, ISBN: 978-3-13-220000-5
- Japp et al: Macleods klinische Diagnosen, Elsevier GmbH, 2018, ISBN: 978-3-437-42203-4