Einleitung
Ödeme sind Flüssigkeitseinlagerungen im interstitiellen Raum der Gewebe. Ein Ödem ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein Symptom einer Erkrankung. Ödeme können z.B. kardial bedingt sein und im Rahmen einer Herzinsuffizienz
sind in der Regel ab einer Flüssigkeitseinlagerung von 2 Litern sichtbar. Es gibt viele weitere Ursachen, an die man differenzialdiagnostisch denken sollte, so kann z.B. ein Albuminmangel
Von einem Ödem ist der Erguss zu unterscheiden. Bei diesem kommt es zu einer Flüssigkeitsansammlung in einer präformierten Körperhöhle (z.B. Pleuraerguss
Pathophysiologie
1. Eine Ödembildung entsteht durch eine Ansammlung von Flüssigkeit im interstitiellen Raum. Diese kann entweder aufgrund eines erhöhten hydrostatischen Drucks im Gefäß oder eines Ungleichgewichts des onkotischen Drucks in Richtung des Gewebes resultieren.
2. Ein erhöhter hydrostatischer Druck kann z.B. bei einer Flüssigkeitsüberladung, z.B. aufgrund einer Herzinsuffizienz
3. Die Druckdifferenz des onkotischen Drucks zwischen den Gefäßen und dem umliegenden Gewebe kann aus dem Gleichgewicht geraten, wenn sich der onkotische Druck im Gefäß erniedrigt oder im Gewebe erhöht.
3. Ein verminderter onkotischer Druck im Gefäß kann z.B. bei einem Albuminmangel
4. Ein erhöhter onkotischer Druck im Gewebe kann z.B. bei einer Infektion oder einer allergischen Reaktion vorliegen. Bei diesen kommt es zu einer Erhöhung der Kapillarpermeabilität und einem Austritt von Entzündungszellen in das Gewebe.
5. Normalerweise sind der hydrostatische Druck
6. Bei einer Störung des Lymphabtransports kann daher ebenfalls ein Ödem entstehen.
Ursachen
- Eiweißmangel (= Hypalbuminämie): Unterernährung, nephrotisches
Syndrom, Leberzirrhose, enterales Eiweißverlustsyndrom - Wasserretention: Herzinsuffizienz
(vermindertes Herzzeitvolumen
➜ Minderperfusion der Nieren ➜ Aktivierung des RAAS
➜ Wasserretention), Niereninsuffizienz - Hydrostatisch: chronisch-venöse Insuffizienz, Thrombose,
postthrombotisches Syndrom (in ca. 20-50% der Fälle nach Beinvenen-
thrombose ➜ in der Regel innerhalb von 5 Jahren nach einer Bein- oder Beckenvenenthrombose kann es zu einer schweren Varikosis bei einer
chronisch-venösen Insuffizienz kommen) - Erhöhte Permeabilität der Kapillaren: Entzündung, allergische Reaktion, Verbrennung, Trauma
- Lymphabflusstörung: Lymphödem
- Myxödem: Hypothyreose (generalisiertes Ödem), Hyperthyreose (meistens prätibial)


OpenStax College, CC BY 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by/3.0, via Wikimedia Commons

James Heilman, MD, CC BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

Herbert L. Fred, MD and Hendrik A. van Dijk, CC BY 2.0, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0, via Wikimedia Commons
Lymphödem
- Das Lymphödem beschreibt eine subkutane Schwellung aufgrund einer Stauung der Lymphflüssigkeit durch eine Störung der Lymphgefäße oder Lymphknoten
- Meistens ist eine Extremität betroffen
- Ursachen:
- Primäres Lymphödem (10%): gestörte Anlage der Lymphgefäße
- Sekundäres Lymphödem: nach Operation, Trauma, Tumor, Bestrahlung, Infektionen (z.B. rezidivierendes Erysipel, Syphillis, Lymphogranuloma inguinale, lymphatische Filariose (Tropenerkrankung durch Wucheria bancrofti (Fadenwurm)))
Stadien
Zu Beginn besteht eine gestörte lymphatische Transportkapazität vor. Es kann nicht ausreichend Lymphflüssigkeit abtransportiert werden, sodass sich diese im Gewebe sammelt.
Stadium 1: zu Beginn ist häufig noch keine Schwellung vorhanden (auf dem Bild unten besteht bereits eine leichte Schwellung des linken Beins).
Stadium 2: im Verlauf entwickelt sich eine eindrückbare Schwellung, die reversibel ist.
Stadium 3: fortlaufend kommt es zu einer Fibrose, die weniger eindrückbar ist.
Stadium 4: bleibt eine Therapie aus, kann eine irreversible Elephantiasis resultieren. Dies ist eine starke Schwellung, die durch ein Lymphödem verursacht wurde und mit einer stark verdickten, harten, fibrotischen Haut einhergeht.

DocHealer, CC BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons: Es wurden die Beschriftungen ersetzt.
Klinisches Bild
Im Gegensatz zu einem venösen Ödem sind auch die Zehen von einem Lymphödem mitbetroffen („Kastenzehen“). Es kann das sogenannte Stemmer-Zeichen vorliegen. Bei diesem ist die Hautfalte über der zweiten Zehe nicht mehr abhebbar. Meistens ist nur eine Extremität betroffen.
Therapie
- Behandlung der Grunderkrankung
- Hochlagerung
- Lymphdrainage, Bewegung, Kompressionstherapie
- Operative Resektion, Lymphgefäßtransplantation, ableitende Methoden
Differentialdiagnose

- Venöse Stauungsödeme (z.B. aufgrund einer Herzinsuffizienz
) und Eiweißmangelödeme sind eindrückbar. Nach der Palpation bleibt meistens für einige Sekunden eine sichtbare Delle bestehen. Lymphödeme weisen einen hohen Proteingehalt in der Ödemflüssigkeit auf und sind daher nicht eindrückbar. Weiterhin sind bei den Lymphödemen
die Zehen mitbetroffen. Dies ist bei den venösen Stauungsödemen und den hypoproteinämischen Ödemen nicht der Fall. Die Lokalisierung und der Verlauf lassen weitere Rückschlüsse auf die Genese des Ödems zu (siehe folgende Tabelle).
Lokalisiertes Ödem | Generalisiertes Ödem | |
---|---|---|
Akut |
|
|
Chronisch |
|
|
MerkeUrsachen für Ödeme
Herzinsuffizienz
:
- Befunde: weich, symmetrisch, eindrückbar, häufig Unterschenkel betroffen
- Begleitsymptome: Nykturie
, Dyspnoe, obere Einflussstauung Niereninsuffizienz:
- Befunde: weich, eindrückbar, ggf. Augenlider mitbetroffen
- Begleitsymptome: ggf. Oligurie
, Pruritus, Müdigkeit Lymphödem:
- Befunde: derb, lokalisiert, asymmetrisch, Zehen mitbeteiligt (“Kastenzehen“)
Angioödem:
- Befunde: lokalisiert im Gesicht, an Lippen und Zunge
- Begleitsymptome: je nach Lokalisation (z.B. Luftnot, Bauchschmerzen, Diarrhöe)
Eiweißmangelödem:
- Befunde: weich, eindrückbar, generalisiert
- Begleitsymptome: je nach der Grunderkrankung
Quellen
- S3-Leitlinie Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische Herzinsuffizienz, Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
- S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und Lungenembolie, Deutsche Gesellschaft für Angiologie - Gesellschaft für Gefäßmedizin e.V. (DGA)