Zusammenfassung
Die pädiatrische Untersuchung ist ein wesentlicher Bestandteil der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Sie hat das Ziel, den allgemeinen Gesundheitszustand zu bewerten, Entwicklungsstörungen frühzeitig zu erkennen und präventive Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit einzuleiten. Der Untersuchungsprozess wird an das jeweilige Alter des Kindes angepasst, da sich sowohl die körperlichen als auch die psychosozialen Anforderungen in den verschiedenen Entwicklungsphasen deutlich unterscheiden.
Säuglinge
Bei Säuglingen liegt der Fokus auf der Beurteilung von Wachstumsparametern, der motorischen Entwicklung sowie grundlegenden Reflexen. Eine sorgfältige Beobachtung der Körperfunktionen wie Atmung, Herzschlag und Muskeltonus
Kleinkinder
Im Kleinkindalter, das etwa bis zum fünften Lebensjahr reicht, rücken zusätzlich die motorische Geschicklichkeit, Sprachentwicklung und soziale Interaktionen in den Fokus. Hierbei wird auf spielerische Art und Weise versucht, die Zusammenarbeit des Kindes zu gewinnen, um es in der stressfreien Umgebung einer Untersuchungssituation zu beobachten. Durch die Verwendung von kindgerechten Hilfsmitteln oder Spielsachen kann das Vertrauen des Kindes gestärkt werden.
Schulkinder und Jugendliche
Bei Schulkindern und Jugendlichen ändert sich die Herangehensweise an die Untersuchung. Neben körperlichen Parametern werden zunehmend kognitive und soziale Aspekte berücksichtigt. Auch psychosoziale Faktoren spielen eine immer wichtigere Rolle, da Jugendliche in der Pubertät oft mit emotionalen und körperlichen Veränderungen konfrontiert sind. Eine offene Kommunikation sowie ein vertrauensvolles Arzt-Patient-Verhältnis sind hier von großer Bedeutung, um die Jugendlichen dazu zu ermutigen, eigene Gesundheitsfragen zu stellen und Bedenken zu äußern.
Unabhängig vom Alter ist eine gründliche Anamnese unerlässlich, um den familiären Hintergrund, bestehende Vorerkrankungen oder aktuelle Beschwerden zu erfassen. Auch Impfstatus, Ernährungsgewohnheiten und Lebensumstände des Kindes oder Jugendlichen sollten überprüft werden. Der Erfolg der pädiatrischen Untersuchung hängt jedoch nicht nur von der medizinischen Expertise des Arztes ab, sondern auch von der Fähigkeit, auf die individuellen Bedürfnisse des Kindes oder Jugendlichen einzugehen. Empathie
Untersuchungsablauf von Säuglingen
TippStressfreie Umgebung schaffen
Die körperliche Untersuchung von Säuglingen stellt besondere Anforderungen an das medizinische Fachpersonal. Der strukturierte Untersuchungsablauf dient nicht nur der genauen Beurteilung der körperlichen Gesundheit, sondern berücksichtigt auch die spezifischen Bedürfnisse und das Verhalten des Kindes in dieser frühen Entwicklungsphase. Dabei ist es entscheidend, eine stressfreie Umgebung zu schaffen und sowohl das Kind als auch die Bezugsperson aktiv in den Untersuchungsprozess einzubeziehen.
1. Vorbereitung und allgemeine Hinweise
Bereits zu Beginn der Untersuchung ist es wichtig, eine ruhige und vertrauensvolle Atmosphäre herzustellen. Viele Säuglinge reagieren auf ungewohnte Reize oder Manipulationen mit Unruhe, was die Untersuchung erschweren kann. Daher sollte das medizinische Personal darauf achten, dass das Kind möglichst beruhigt bleibt. Ein vertrauter Körperkontakt, insbesondere durch das Halten auf dem Schoß der Bezugsperson, kann für das Kind beruhigend wirken und den Ablauf der Untersuchung erleichtern.
2. Untersuchung in zwei Phasen: Bezugsperson und Untersuchungsliege
Der Untersuchungsprozess bei Säuglingen erfolgt in der Regel in zwei Phasen: Die erste Phase findet im engen Kontakt mit der Bezugsperson statt, während die zweite Phase auf der Untersuchungsliege durchgeführt wird. Diese Struktur erlaubt es der ärztlichen Person, das Kind schrittweise zu untersuchen, was die Belastung für das Kind reduziert und die Effizienz der Untersuchung erhöht.
Phase 1: Untersuchung auf dem Schoß der Bezugsperson
In dieser Phase sollte das Kind in einer für die Untersuchung geeigneten Position gehalten werden, wobei es wichtig ist, die Symbiose zwischen Kind und Bezugsperson zu berücksichtigen. Häufig finden die ersten Untersuchungsschritte auf dem Schoß statt, da diese Position für das Kind beruhigend ist. Folgende Schritte gehören zu dieser Phase:
- Allgemeiner Eindruck und Inspektion: Man beginnt mit einer visuellen Beurteilung des Säuglings. Dies umfasst die Beobachtung des Hautbildes, der Körperhaltung und des allgemeinen Muskeltonus
. Kardiovaskuläre Untersuchung: Das Abhören von Herz und Lunge ist ein zentraler Bestandteil, der meist in engem Körperkontakt mit der Bezugsperson durchgeführt wird.
Tipp
Für die Auskultation von Herz und Lunge kann es hilfreich sein, gezielt die Pausen zwischen den Schreiphasen des Säuglings zu nutzen.
Palpation des Bauches: Um mögliche Abweichungen der inneren Organe zu erkennen, tastet man sanft den Bauchbereich ab, während das Kind weiterhin in engem Kontakt mit der Bezugsperson bleibt.
“The newborn baby in men.jpg” von Kimberly Vardeman, CC BY 2.0, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0, via Wikimedia Commons
Phase 2: Untersuchung auf der Untersuchungsliege
Im zweiten Teil wird das Kind auf eine Untersuchungsliege gelegt, um bestimmte Aspekte der körperlichen Untersuchung präziser durchführen zu können. Hierbei sollten die Bewegungen des Kindes, die Reaktion auf Berührungen und die allgemeine Aktivität des Kindes genau beobachtet werden. Wichtige Schritte dieser Phase sind:
- Inspektion und Palpation des Kopfes und Halses: Dazu gehört die Untersuchung der Schädelnähte, Fontanellen sowie die Inspektion des Mund- und Rachenraumes. Besondere Aufmerksamkeit wird der Beurteilung des Nackens geschenkt, um Anzeichen von Infektionen wie Meningitis frühzeitig zu erkennen.
- Orthopädische Untersuchung: Ein weiterer zentraler Punkt ist die Untersuchung des Bewegungsapparates. Dazu gehört die Beurteilung von Hüftgelenken, Extremitäten und der Wirbelsäule. Speziell bei Säuglingen ist der Hüftgelenks-Instabilitätstest (z.B. Ortolani- oder Barlow-Test) ein unverzichtbarer Bestandteil, um Hüftdysplasien frühzeitig zu diagnostizieren.
- Neurologische Untersuchung
: Auch die neurologische Entwicklung des Säuglings sollte bewertet werden. Dies umfasst die Reflexprüfung, wie etwa den Moro- oder Saugreflex, sowie die Beurteilung der Muskelspannung und Bewegungskoordination.
3. Besondere Hinweise und Empfehlungen
Während der Untersuchung von Säuglingen ist es wichtig, auf bestimmte Warnzeichen zu achten, die auf schwerwiegende Erkrankungen hinweisen könnten. Ein Meningismus
Insgesamt erfordert die Untersuchung von Säuglingen nicht nur fachliche Expertise, sondern auch Einfühlungsvermögen und Geduld. Das Ziel sollte immer sein, das Wohl des Kindes in den Vordergrund zu stellen und die Untersuchung so zu gestalten, dass Stress für das Kind und die Bezugsperson minimiert wird. Ein schrittweiser Ansatz, der die alters- und entwicklungsbedingten Besonderheiten berücksichtigt, stellt sicher, dass eine umfassende und effektive Untersuchung durchgeführt wird.
AchtungBei Fieber immer an Meningismus
denken. Weitere Symptomatik einer Meningitis bei Neugeborenen und Säuglingen sind spezifisch Berührungsempfindlichkeit und eine gespannte Fontanelle. Unspezifische Symmptome sind die Trinkschwäche und Erbrechen, Temeraturinstabilität, schrilles Schreien und Krampfanfälle.
Untersuchungsablauf von Kleinkindern
Die körperliche Untersuchung von Kleinkindern stellt für viele junge Assistenzärzte eine Herausforderung dar, da Kleinkinder oft nicht kooperativ sind und ihre Angst vor der ungewohnten Situation durch Weinen oder Abwehrreaktionen ausdrücken. Eine strukturierte Herangehensweise und der gezielte Einsatz von Techniken zur Beruhigung des Kindes sowie die Zusammenarbeit mit der Bezugsperson sind entscheidend, um eine erfolgreiche Untersuchung zu gewährleisten.
1. Vor der Untersuchung: Schaffung einer angenehmen Atmosphäre
Zu Beginn jeder Untersuchung ist es wichtig, eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, um die Kooperation des Kleinkindes zu erleichtern. Hierbei spielt die Bezugsperson eine zentrale Rolle. Das Kind kann während der Anamnese auf dem Schoß der Bezugsperson sitzen, um das Vertrauen zu stärken. Während des Gesprächs sollte man auf das Kind eingehen, ohne es direkt zu untersuchen, um ihm die Möglichkeit zu geben, sich an Ihre Anwesenheit zu gewöhnen.
TippBei jeder Untersuchung mit Kindern Geduld bewahren und hektische oder abrupt wirkende Bewegungen vermeiden!
2. Die Rolle der Bezugsperson während der Anamnese
Die Anamnese erfolgt idealerweise in der Gegenwart der Bezugsperson, um dem Kind Sicherheit zu geben. Fragen Sie nach den wichtigsten Aspekten wie früheren Erkrankungen, Impfstatus, Entwicklungsschritten und aktuellen Beschwerden. Währenddessen bietet es sich an, das Kind auf spontane Aktivitäten, die seine Motorik und Interaktionen widerspiegeln, zu beobachten. Dies kann erste Hinweise auf die Entwicklung und den Allgemeinzustand des Kindes geben.
Ein wichtiger Aspekt während der Anamnese ist die Beobachtung des Verhaltens des Kindes: Reagiert es angemessen auf Umgebungsreize? Wie ist der allgemeine Muskeltonus
3. Untersuchung auf dem Schoß der Bezugsperson
Im nächsten Schritt erfolgt die körperliche Untersuchung zunächst auf dem Schoß der Bezugsperson. Das Kleinkind fühlt sich in dieser Position oft sicherer, was die Durchführung der Untersuchung erleichtern kann. In dieser Phase konzentrieren Sie sich auf:
- Allgemeine Inspektion: Begutachtung des Hautzustand, die Haltung und den Muskeltonus
des Kindes. - Auskultation von Herz und Lunge: Dies lässt sich in dieser Phase oft gut durchführen, da das Kind sich in engem Kontakt mit der Bezugsperson befindet.
- Abdomen: Die Palpation des Bauches kann ebenfalls im Sitzen oder Halten des Kindes durch die Bezugsperson erfolgen. Dacbei achtet man vor allem auf abnorme Vergrößerungen von Organen oder auf schmerzempfindliche Stellen, die auf Erkrankungen hinweisen könnten.
4. Untersuchung auf der Untersuchungsliege
Wenn das Kind ruhig ist und eine gute Kooperation möglich scheint, verlagern Sie die Untersuchung auf die Untersuchungsliege. In dieser Position kann man gezielt die restlichen Körperregionen untersuchen:
Kopf/Hals-Untersuchung: Dazu gehört die Inspektion des Mund- und Rachenraumes sowie die Palpation der Halsregion auf vergrößerte Lymphknoten oder andere Auffälligkeiten.
Achtung
Bei dieser Untersuchung besonders die Tonsillitis oder Lymphadenopathie beachten.
- Orthopädische Untersuchung: Beurteilung des Bewegungsapparates, insbesondere die Funktion der Hüftgelenke, Knie und Füße. Es sollte darauf geachtet werden, ob das Kind symmetrisch läuft oder Zeichen von Bewegungseinschränkungen aufweist.
- Neurologische Untersuchung
: Hierbei sollten Reflexe, die Muskelspannung und die allgemeine Bewegungskoordination überprüft werden. Besonders auf Asymmetrien oder Hypotonien, die Hinweise auf neurologische Störungen sein könnten, sollte geachtet werden.
5. Besondere Vorsicht bei Warnzeichen
Bei der Untersuchung von Kleinkindern ist es wichtig, auf bestimmte Warnzeichen zu achten, die auf ernsthafte Erkrankungen hindeuten könnten. Eine verspannte Nackenmuskulatur in Verbindung mit Fieber kann auf eine Meningitis hinweisen. Ein schnelles Handeln ist in solchen Fällen entscheidend, um eine potenziell lebensbedrohliche Situation zu verhindern. Auch Symptome wie Lethargie, starke Reizbarkeit oder unstillbares Weinen sollten ernst genommen und weiter abgeklärt werden.
6. Tipps für eine erfolgreiche Untersuchung
- Geduld und Einfühlungsvermögen sind entscheidend, da Kleinkinder oft sensibel auf neue Umgebungen und Personen reagieren. Sanftes Sprechen und ausreichend Zeit können helfen, Vertrauen aufzubauen.
- Ablenkung durch Spielzeug kann unterstützend wirken: Kleine Spielsachen oder andere Ablenkungen beruhigen das Kind und lenken die Aufmerksamkeit von der Untersuchung ab.
- Schnelle Anpassung ist wichtig, da jede Untersuchungssituation anders ist. Es empfiehlt sich, auf das Verhalten des Kindes zu reagieren und den Ablauf entsprechend flexibel anzupassen.
Untersuchung der Lunge bei Kindern
Die Untersuchung der Lunge bei Kindern gehört zu den wesentlichen Bestandteilen einer pädiatrischen Untersuchung. Atemwegserkrankungen sind bei Kindern besonders häufig und können von harmlosen Infektionen bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen reichen. Eine sorgfältige Untersuchung der Lunge, insbesondere die Auskultation, ist daher von großer Bedeutung, um pathologische Veränderungen frühzeitig zu erkennen und entsprechend handeln zu können.
Dieser Leitfaden vermittelt die wichtigsten Schritte der Lungenauskultation bei Kindern und gibt Tipps, wie man die Untersuchung effektiv und patientenfreundlich gestalten kann.
1. Vorbereitung und allgemeine Hinweise
Bei der Untersuchung der Lunge sollten Kinder, soweit möglich, ruhig und kooperativ sein. Besonders bei jüngeren Kindern ist dies eine Herausforderung. Die richtige Vorbereitung und ein ruhiges Vorgehen sind entscheidend, um eine optimale Auskultation zu ermöglichen.
- Positionierung des Kindes: Bei älteren Kindern erfolgt die Auskultation meist im Sitzen, während kleinere Kinder auf dem Schoß der Bezugsperson sitzen oder liegen können. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass der Rücken des Kindes gut zugänglich ist.
- Beruhigung des Kindes: Ablenkung, beispielsweise durch Spielzeug oder ruhiges Ansprechen, kann helfen, das Kind zu beruhigen. Eine enge Einbeziehung der Eltern oder der Bezugsperson unterstützt zusätzlich den Beruhigungsprozess.
- Verwendung des Stethoskops: Ein kindgerechtes Stethoskop sollte genutzt und darauf geachtet werden, dass das Metallteil nicht zu kalt ist, um das Kind nicht zu erschrecken. Das Aufwärmen des Stethoskops in den Händen kann die Untersuchung angenehmer gestalten.
2. Inspektion: Erste Hinweise durch Beobachtung
Bevor mit der Auskultation begonnen wird, sollte ein visueller Eindruck vom Zustand des Kindes gewonnen werden. Dabei sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
Atmungsmuster: Die Atemfrequenz sollte über 30-60 Sekunden gezählt werden, da Kinder häufig unregelmäßig atmen. Es ist auf Zeichen von Atemnot, wie Tachypnoe, Nasenflügeln und Einziehungen im Bereich der Zwischenrippenmuskulatur oder des Jugulums, zu achten.
Thorax
3. Auskultation der Lunge: Schritt für Schritt
Die Auskultation der Lunge ist der zentrale Bestandteil der Untersuchung und kann wertvolle Hinweise auf Erkrankungen der Atemwege liefern. Hier einige Tipps für eine erfolgreiche Auskultation:
- Technik der Auskultation: Die Auskultation sollte systematisch durchgeführt werden – beginnend oben, wird symmetrisch von den oberen Lungenfeldern bis zu den unteren vorgearbeitet. Dabei sollten auch die Axillar- und infraklavikulären Bereiche nicht vergessen werden. In Ruhe arbeiten, um alle Atemgeräusche
gründlich zu bewerten. Atemfrequenz: Kinder neigen zu einem schnelleren Atemrhythmus als Erwachsene. Normale Atemfrequenzen variieren je nach Alter: etwa 30-40 Atemzüge pro Minute bei Säuglingen und 20-30 bei Kleinkindern.
"Physical exam of child with stethoscope on chest.jpeg" von User:Ragesoss, CC BY-SA 3.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons
Auskultation beim Kleinkind Tipp
Bei gestressten Kindern, die weinen oder unruhig sind, kann es hilfreich sein, die Pausen zwischen den Schreiphasen für die Auskultation zu nutzen.
Wichtige Atemgeräusche :
- Vesikuläres Atemgeräusch
: Ein normales, leises Atemgeräusch, das während der Inspiration zu hören ist. Dieses Geräusch sollte überall in der Lunge hörbar sein. - Abgeschwächtes Atemgeräusch: Kann auf eine Obstruktion, Pleuraerguss
oder Atelektase hinweisen. - Verstärktes Atemgeräusch: Ein lauter Atemton, der häufig bei Fieber, einer Lungenentzündung oder anderen entzündlichen Prozessen zu hören ist.
AchtungPathologische Geräusche:
- Rasselgeräusche
(Fein- oder grobblasig): Diese Geräusche entstehen durch Flüssigkeitsansammlungen oder Schleim in den Atemwegen und können auf eine Pneumonie oder Bronchitis hindeuten. Feine Rasselgeräusche treten häufig bei einer Pneumonie auf, während grobe Rasselgeräusche oft auf eine Bronchitis hindeuten. - Giemen
: Ein hoher, pfeifender Ton, der bei der Ausatmung zu hören ist und typisch für Asthma oder eine obstruktive Bronchitis ist. - Stridor
: Ein lautes, pfeifendes Atemgeräusch, das meist bei der Inspiration zu hören ist und auf eine Verengung der oberen Atemwege hinweist (z. B. bei Krupp oder Epiglottitis). - Pleura-Reiben: Ein kratzendes Geräusch, das bei einer Entzündung des Rippenfells (Pleuritis) zu hören ist. Es tritt in der Regel in den unteren Lungenfeldern auf und lässt sich von Rasselgeräuschen durch seine Unabhängigkeit vom Atemrhythmus unterscheiden.
4. Weitere Hinweise für die klinische Praxis
Akute Dyspnoe bei Kindern
Kinder, die an akuter Dyspnoe leiden, können oftmals nicht verbal ausdrücken, dass sie Probleme beim Atmen haben. Es ist wichtig, auf nonverbale Zeichen wie verstärkte Atemarbeit (z. B. Nasenflügeln, Einziehungen, Zyanose) zu achten. Wenn das Kind sprechen kann, achtet man darauf, ob es kurze Sätze bildet oder Pausen macht – dies könnte ein Hinweis auf Atemnot sein.
Kinder mit Fieber und Husten
Fieber in Kombination mit Husten kann auf eine Infektion der Atemwege hinweisen. Eine sorgfältige Auskultation ist notwendig, um zwischen viralen Infektionen und bakteriellen Pneumonien zu unterscheiden. Bei einem Verdacht auf Pneumonie
AchtungEine zentral gelegene Pneumonie
kann bei der Auskultation teilweise unauffällig bleiben.
Bronchitis oder Bronchiolitis
Bei kleinen Kindern und Säuglingen kann eine Bronchiolitis schwerwiegende Atemwegsbeschwerden verursachen. Charakteristisch sind feine Rasselgeräusche
Herz- & Kreislaufuntersuchung bei Kindern
Die Untersuchung des Herz-Kreislauf-Systems bei Kindern ist ein grundlegender Bestandteil der pädiatrischen Untersuchung und stellt häufig eine besondere Herausforderung dar. Nicht nur die Altersabhängigkeit der physiologischen Parameter, sondern auch die unterschiedliche Art und Weise, wie Herz- und Kreislauferkrankungen bei Kindern auftreten, erfordern eine differenzierte Herangehensweise.
1. Anamnese und Inspektion: Erste Hinweise sammeln
Bereits in der Anamnese sollte auf Symptome wie Atemnot, verminderte Belastbarkeit, Synkopen
Die Inspektion bietet wertvolle erste Hinweise.
- Allgemeinzustand: Die Hautfarbe des Kindes sollte aufmerksam begutachtet werden. Eine Zyanose (insbesondere perioral, an den Fingernägeln oder Zehen) kann auf eine Herz- oder Lungenerkrankung hinweisen.
- Atemfrequenz und Atemmuster
: Eine erhöhte Atemfrequenz (Tachypnoe) oder eine labile Atmung kann ein Hinweis auf eine Herzinsuffizienz sein, besonders bei Säuglingen. - Thorax
: Verformungen des Thorax oder asymmetrischen Bewegungen können bei Herzerkrankungen vorkommen. Ein prominentes Herzspitzenstoß -Areal kann bei kardiomegalen Zuständen auftreten.
AchtungZyanose: Eine generalisierte Zyanose bei Neugeborenen sollte sofort abgeklärt werden, da sie auf angeborene Herzfehler (z.B. Fallot-Tetralogie) hinweisen kann.
TippBei Säuglingen und Kleinkindern ist auf einen stark sichtbaren Herzspitzenstoß
, der auf eine kardiomegale Situation hindeuten kann zu achten.
2. Palpation: Taktile Untersuchung zur Beurteilung der Kreislaufsituation
Die Palpation liefert weitere wichtige Informationen.
- Herzspitzenstoß
: Der Herzspitzenstoß ist am besten im linken 4. bis 5. Interkostalraum medial der Medioklavikularlinie zu palpieren. Eine Verstärkung oder Verschiebung des Herzspitzenstoßes kann auf eine Linksherzhypertrophie oder andere kardiale Pathologien hinweisen. - Pulse: Die Palpation der peripheren Pulse (z.B. A. radialis
, A. femoralis ) sollte bei jedem Kind erfolgen. Schwache oder asymmetrische Pulse können Hinweise auf eine Aortenisthmusstenose oder andere vaskuläre Erkrankungen sein. - Leber: Eine vergrößerte Leber kann ein Zeichen einer Rechtsherzinsuffizienz
sein, insbesondere bei Säuglingen. Um eine Hepatomegalie auszuschließen tastet man die Lebergrenzen.
TippDer Herzspitzenstoß
bei Säuglingen kann in den unteren Interkostalräumen palpiert werden, während er bei älteren Kindern weiter nach oben wandert. Schwache femorale Pulse sind ein wichtiges Zeichen für eine Aortenisthmusstenose und erfordern eine sofortige weiterführende Diagnostik.
3. Auskultation: Entscheidende Untersuchung zur Beurteilung von Herzgeräuschen
Die Auskultation des Herzens ist ein zentraler Bestandteil der Untersuchung und liefert essenzielle Informationen. Die Herzfrequenz
Normale Befunde:
- Herztöne: Bei allen Kindern sollten zwei Herztöne (S1 und S2) gut hörbar sein. S2 sollte in der Regel gespalten sein, was bei Inspiration
physiologisch ist. - Herzfrequenz
: Diese variiert stark nach Alter. Bei Neugeborenen beträgt die normale Herzfrequenz 120-160 Schläge pro Minute, während sie bei älteren Kindern 70-100 Schläge pro Minute betragen kann.
Pathologische Befunde:
- Herzgeräusche
: Herzgeräusche können bei Kindern häufig vorkommen. Es ist wichtig, zwischen harmlosen funktionellen und pathologischen Herzgeräuschen zu unterscheiden. - Systolische Geräusche: Funktionelle Geräusche sind häufig leise, nicht fortgeleitet und treten systolisch auf. Ein lautes, raues Geräusch, das in den Rücken oder die Karotiden fortgeleitet wird, kann auf eine Aortenstenose hinweisen.
- Diastolische Geräusche: Diese sind immer pathologisch und können auf Klappeninsuffizienzen oder -stenosen hinweisen.
- Maschinengeräusch: Ein kontinuierliches Geräusch über dem 2. Interkostalraum links kann auf einen persistierenden Ductus arteriosus (PDA) hinweisen.
- Raues Holosystolikum: Kann auf einen Ventrikelseptumdefekt (VSD) hinweisen.
TippTIPP: Inspiration
und Exspiration : Herzgeräusche , die sich während der Atmung verändern, können auf spezifische Herzerkrankungen hinweisen. Zum Beispiel wird die Spaltung des zweiten Herztons bei einem Vorhofseptumdefekt (ASD) oft fixiert, unabhängig von der Atmung. Das Kind sollte in Ruhe gelagert oder spielerisch abgelenkt werden, um eine optimale Auskultation zu ermöglichen. Bei kleinen Kindern kann ein Spielzeug zur Ablenkung während der Untersuchung eingesetzt werden.
Besondere Aufmerksamkeit gilt der Lokalisation und Ausstrahlung der Geräusche. Geräusche, die in den Rücken oder die Karotiden fortgeleitet werden, sind häufig pathologisch und bedürfen einer weiterführenden Diagnostik.
4. Spezielle Situationen und Herzfehler
Angeborene Herzfehler:
- Zyanotische Herzfehler: Diese Herzfehler verursachen eine unzureichende Sauerstoffsättigung
des Blutes, was zu einer Zyanose führt. Dazu gehören komplexe Defekte wie die Fallot-Tetralogie oder die Transposition der großen Arterien. Bei Neugeborenen sollte bei jeglichem Hinweis auf Zyanose sofort eine Echokardiographie in Erwägung gezogen werden. - Nicht-zyanotische Herzfehler: Zu den häufigsten angeborenen Herzfehlern gehören der Ventrikelseptumdefekt (VSD) und der Vorhofseptumdefekt (ASD). Diese führen häufig zu links-rechts Shunts, die unbehandelt zu einer pulmonalen Hypertonie
führen können.
Erworbene Herzerkrankungen:
- Rheumatisches Fieber: In Entwicklungsländern und bei Kindern mit häufigen Streptokokkeninfektionen kann eine rheumatische Herzkrankheit auftreten. Typisch sind dabei entzündliche Veränderungen an den Herzklappen
, insbesondere die Mitral- und Aortenklappen. - Kawasaki-Syndrom: Diese Erkrankung betrifft vor allem Kleinkinder und kann eine gefährliche Koronararterienerkrankung verursachen. Zu den ersten Symptomen gehören Fieber, konjunktivale Injektion und eine Erdbeerzunge. Das Risiko einer Koronararterienaneurysma macht eine frühzeitige Diagnose und Therapie erforderlich.
TippBei Verdacht auf rheumatisches Fieber sollten Zeichen wie wandernde Polyarthritis, Fieber sowie das Auftreten eines neuen Herzgeräusches sorgfältig beobachtet werden.
Beim Kawasaki-Syndrom ist ein plötzliches Auftreten von Herzgeräuschen ein Zeichen für eine Beteiligung der Koronararterien
und erfordert eine umgehende kardiologische Abklärung.
Abdomenuntersuchung bei Kindern
Die Untersuchung des Abdomens
1. Inspektion: Erste Hinweise durch Beobachtung
Die Inspektion des Abdomens liefert wichtige erste Hinweise. Bevor man mit der Palpation oder Auskultation beginnt, sollte das Abdomen genau betrachtet werden:
- Form und Symmetrie: Es ist auf eine symmetrische Form des Abdomens zu achten. Ein aufgeblähter, asymmetrischer oder angespannt wirkender Bauch kann auf pathologische Zustände wie Volumenüberlastung, Darmverschluss oder Aszites
hindeuten. - Bewegung: Die Bauchdecke des Kindes sollte auf sichtbare Bewegungen beobachtet werden. Normale Atembewegungen sollten sich auf das Abdomen übertragen.
- Hautbefunde: Es ist auf Narben, Rötungen, Schwellungen oder Hautveränderungen zu achten, die auf vorausgegangene Operationen, Verletzungen oder Infektionen hinweisen könnten.
TippDas Kind sollte in einer entspannten Position untersucht werden. Die Rückenlage mit leicht angewinkelten Beinen ist am besten geeignet, um eine Entspannung der Bauchmuskulatur zu ermöglichen.
TippZur Ablenkung des Kindes können Spielsachen eingesetzt oder ein ruhiges Gespräch geführt werden, um die Untersuchung zu erleichtern und dem Kind ein Gefühl von Sicherheit und Wohlbefinden zu vermitteln.
2. Auskultation: Frühe Informationen sammeln
Die Auskultation sollte vor der Palpation erfolgen, da diese die Darmaktivität verändern kann. Die Auskultation sollte über allen vier Quadranten des Abdomens durchgeführt werden.
- Darmgeräusche: Normale Darmgeräusche sind weiche, gurgelnde Geräusche, die mindestens alle 5-10 Sekunden zu hören sein sollten. Verstärkte Geräusche können auf eine Hyperperistaltik, zum Beispiel bei Durchfall, hinweisen, während fehlende oder deutlich reduzierte Geräusche auf eine Darmlähmung (Ileus) hindeuten können.
- Gefäßgeräusche: Besondere Aufmerksamkeit gilt zusätzlichen Geräuschen, wie Strömungsgeräuschen, die auf vaskuläre Anomalien, beispielsweise eine Nierenarterienstenose, hindeuten könnten und eine weiterführende diagnostische Abklärung erforderlich machen.
AchtungBesondere Aufmerksamkeit sollte hochfrequenten, plätschernden Darmgeräuschen gelten, da diese auf eine mögliche Obstruktion im Darm hinweisen könnten und eine rasche diagnostische Abklärung erfordern.
Ein durchgehendes, lautes Strömungsgeräusch kann auf einen Gefäßdefekt hindeuten und sollte weiter abgeklärt werden.
3. Perkussion: Beurteilung der Bauchfüllung
Die Perkussion ist eine einfache Methode, um die Füllung und Konsistenz des Abdomens zu beurteilen:
- Klopfschall: Ein normaler, hohler Klopfschall sollte über den meisten Bereichen des Abdomens zu hören sein, da der Darm luftgefüllt ist. Ein gedämpfter Schall könnte auf Flüssigkeitsansammlungen (Aszites
), Vergrößerungen von Organen oder Tumore hinweisen. - Grenzen der Leber: Die Größe der Leber kann durch Perkussion festgestellt werden. Ein vergrößerter Leberbereich könnte auf eine Hepatomegalie hinweisen, beispielsweise bei Herzinsuffizienz
oder Lebererkrankungen.
TippDer Bauch des Kindes sollte locker mit den Fingerspitzen perkutiert werden, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Es empfiehlt sich, im rechten unteren Quadranten zu beginnen und sich dann schrittweise nach oben vorzuarbeiten.
4. Palpation: Das Herzstück der Abdomenuntersuchung
Die Palpation des Abdomens ist der wichtigste Teil der Untersuchung und liefert die meisten Informationen. Zunächst sollte eine sanfte, oberflächliche Palpation durchgeführt werden, um schmerzhafte Bereiche zu identifizieren. Anschließend kann zur tieferen Palpation übergegangen werden, um Organe sowie mögliche pathologische Befunde genauer zu untersuchen.
- Schmerzreaktionen: Es sollte auf jegliche Anzeichen von Schmerz oder Unbehagen des Kindes geachtet werden, insbesondere bei der Palpation in bestimmten Regionen. Schmerzen im rechten Unterbauch können beispielsweise auf eine Appendizitis
hindeuten. - Abwehrspannung: Ein harter, gespannter Bauch, der auf Druck nicht nachgibt, kann ein Hinweis auf eine Peritonitis sein und erfordert eine umgehende Abklärung.
- Vergrößerte Organe: Eine gezielte Palpation nach vergrößerter Leber (unter dem rechten Rippenbogen) oder vergrößerter Milz (unter dem linken Rippenbogen) ist notwendig. Bei verdächtigen Befunden sollte eine Sonographie in Erwägung gezogen werden.
TippDie Palpation kann für das Kind angenehmer gestaltet werden, indem die Hände vorher aufgewärmt werden. Das Abdomen sollte erfolgen während das Kind ausatmet, da sich die Bauchmuskulatur in diesem Moment entspannt. Gleichzeitig ist es wichtig, die Gesichtsausdrücke des Kindes aufmerksam zu beobachten, um subtile Anzeichen von Schmerzen oder Unbehagen frühzeitig zu erkennen.
5. Organspezifische Untersuchung des Abdomens
Die Untersuchung der Bauchorgane erfordert besondere Aufmerksamkeit:
- Leber: Die Leber sollte unter dem rechten Rippenbogen palpiert werden. In der Regel ist sie nicht über die Rippen
hinaus tastbar. Eine Hepatomegalie kann auf verschiedene Erkrankungen wie Herzinsuffizienz , Infektionen oder metabolische Störungen hinweisen. - Milz: Eine vergrößerte Milz kann auf Infektionen, hämatologische Erkrankungen oder Stoffwechselstörungen zurückzuführen sein.
- Nieren: Bei normalgewichtigen Kindern sind die Nieren in der Regel nicht tastbar. Eine Vergrößerung der Nieren kann auf angeborene Fehlbildungen oder Tumoren, wie beispielsweise einen Wilms-Tumor, hindeuten.
- Darm: Schmerzen bei der Palpation des rechten Unterbauchs können ein Hinweis auf eine Appendizitis
sein. Gegebenenfalls kann eine rektale Untersuchung notwendig sein, um tiefer liegende Prozesse besser beurteilen zu können.
AchtungWenn eine Leber- oder Milzvergrößerung festgestellt wird, sollte keine tiefe Palpation erfolgen, da ein Risiko der Ruptur besteht, insbesondere bei hämatologischen Erkrankungen wie Leukämie.
6. Dehydratationszeichen: Eine wichtige Zusatzuntersuchung
Eine wichtige Ergänzung der Abdomenuntersuchung
- Hautturgor: Ein vermindertes Zurückspringen der Haut nach Kneifen kann auf Dehydratation hinweisen.
- Schleimhäute: Trockene Schleimhäute sind ebenfalls ein Zeichen von Dehydratation.
- Vitalzeichen: Tachykardie
und verminderte Hautdurchblutung (kühle Extremitäten) sind Zeichen einer fortgeschrittenen Dehydratation.
AchtungDie Fontanellen bei Säuglingen sollten genau beobachtet werden, da eingesunkene Fontanellen ein klassisches Zeichen für Dehydratation darstellen.
7. Pathologische Befunde und Warnsignale
Während der Abdomenuntersuchung
- Akutes Abdomen
: Bei einem harten, gespannten Bauch in Kombination mit starken Schmerzen und Erbrechen muss an eine Notfallsituation wie eine Peritonitis gedacht werden. - Appendizitis: Schmerzen im rechten unteren Quadranten, eventuell begleitet von Fieber und Erbrechen, deuten auf eine Appendizitis
hin. - Hepatomegalie: Eine vergrößerte, druckempfindliche Leber kann auf eine Herzinsuffizienz
, Infektionen oder eine Stoffwechselstörung hinweisen. - Aszites
: Flüssigkeitsansammlungen im Abdomen (Aszites ) können auf Lebererkrankungen oder nephrotisches Syndrom hindeuten.
Quellen
- Richtlinie zur Früherkennung von Krankheiten bei Kindern, Gemeinsamer Bundesausschluss
- S2k-Leitlinie Betreuung von Neugeborenen in der Geburtsklinik, Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin e.V. (GNPI)