Zusammenfassung
Was bedeutet es, schwer kranke und sterbende Menschen wirklich gut zu begleiten? Palliative Care stellt die Bedürfnisse von Patient:innen und Angehörigen in den Mittelpunkt – mit Fürsorge, Respekt und interdisziplinärer Zusammenarbeit. In diesem Artikel zeigen wir, worauf es in der palliativen Versorgung ankommt – und warum Haltung oft wichtiger ist als Handlung.
Definition
Palliative Care bezeichnet ein ganzheitliches Versorgungskonzept für schwer kranke und sterbende Menschen sowie deren Angehörige. Der Begriff leitet sich vom lateinischen pallium („Mantel“) ab und steht sinnbildlich für eine schützende, lindernde Begleitung. Im Zentrum stehen die individuellen Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen, unabhängig davon, ob es sich um pflegerische, medizinische oder seelsorgerische Maßnahmen handelt. Palliative Care ist vor allem durch die Haltung des betreuenden Teams geprägt – sie erfordert Empathie
Palliative Care richtet sich an Menschen mit weit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen, chronischen internistischen, neurologischen oder infektiösen Erkrankungen, Demenz oder Multimorbidität im Alter. Auch Menschen mit geistiger Behinderung in der letzten Lebensphase können palliativ begleitet werden.
MerkePalliative Care ist das umfassende Konzept der palliativen Versorgung im Team, während Palliativpflege die konkreten pflegerischen Maßnahmen innerhalb dieses Konzepts bezeichnet.
Dimensionen der Hospiz- und Palliativarbeit
Die Hospiz- und Palliativarbeit umfasst vier zentrale Dimensionen – Medizin, Pflege, psychosoziale Begleitung und Spiritualität – mit dem Ziel, schwer kranken und sterbenden Menschen eine möglichst hohe Lebensqualität zu ermöglichen. Dabei steht nicht die Lebensverlängerung im Vordergrund, sondern die ganzheitliche Linderung von Leid in all seinen Formen.
Dimension | Beschreibung |
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Medizin |
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Pflege |
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Psychosoziale Begleitung |
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Spiritualität |
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MerkeDiese vier Dimensionen wirken gemeinsam im Sinne einer individuellen, multiprofessionellen und respektvollen Begleitung am Lebensende.
Palliative Haltung
Die palliative Haltung bildet die Grundlage jeder palliativen Versorgung und orientiert sich an drei zentralen Werten: Autonomie, Würde und Lebensqualität der Patient:innen.
- Autonomie: Bedeutet, ehrliche Antworten zu geben, Entscheidungen zu respektieren und auch das Recht auf Nichtwissen zu akzeptieren
- Würde: Zeigt sich im achtsamen Umgang mit persönlichen und emotionalen Grenzen
- Im Mittelpunkt steht die Lebensqualität: Ziel ist es nicht, das Leben künstlich zu verlängern, sondern die verbleibende Zeit sinnvoll und lebenswert zu gestalten – getreu dem Leitsatz: „Nicht dem Leben mehr Tage, sondern den Tagen mehr Leben geben.“
Arbeit im multidisziplinären Team
Ein multidisziplinäres Palliative-Care-Team ist essenziell, um Menschen mit unheilbaren Erkrankungen ganzheitlich zu begleiten – körperlich, psychisch, sozial und spirituell.
Regelmäßige Teambesprechungen sorgen für einen einheitlichen Informationsstand und ermöglichen gemeinsame Entscheidungen. Im Zentrum stehen stets die Perspektive, der Wille und die Lebensqualität der Patient:innen – mit respektvoller, offener Kommunikation als Grundlage.
Aufgaben
Pflegekräfte übernehmen in der Palliativversorgung eine zentrale Rolle, da sie am engsten mit Patient:innen und Angehörigen in Kontakt stehen. Ihre Aufgaben reichen von der Grund- und Behandlungspflege über die Sterbebegleitung bis hin zur Koordination mit anderen Berufsgruppen. Im Fokus steht stets die Lebensqualität der Betroffenen – jede pflegerische Maßnahme muss individuell abgewogen werden.
Wichtige Kompetenzen in der Palliativpflege sind empathische Kommunikation, aktives Zuhören, Wahrnehmungsfähigkeit und Flexibilität. Diese Fähigkeiten entwickeln sich vor allem mit Erfahrung, weshalb der Austausch mit erfahrenen Kolleg:innen besonders wertvoll ist.
Zur Entlastung und Reflexion wird regelmäßige Teamsupervision empfohlen – sie unterstützt Pflegende im Umgang mit den emotionalen Herausforderungen der palliativen Arbeit.
Ziele
Die Palliativversorgung verfolgt das Ziel, Patient:innen und ihren Familien einen würdevollen letzten Lebensabschnitt ohne belastende Beschwerden zu ermöglichen. Dabei stehen körperliche, psychische und spirituelle Aspekte gleichermaßen im Fokus.
Zentrale Ziele sind:
- Lebensqualität verbessern: Schöne Momente ermöglichen, Beziehungen erhalten
- Schmerzeinstellung: Effektive Schmerztherapie zur Linderung körperlicher Beschwerden
- Symptomkontrolle: Behandlung belastender Symptome wie Atemnot, Übelkeit oder Verwirrtheit
- Psychologische Unterstützung: Hilfe bei Ängsten, Depressionen und emotionaler Belastung
- Spirituelle Begleitung: Unterstützung bei existenziellen und religiösen Fragen, wenn gewünscht
- Familienunterstützung: Entlastung und Begleitung der Angehörigen im Krankheits- und Sterbeprozess
Voraussetzungen
MerkePalliativpflege kommt zum Einsatz, wenn ein Mensch an einer unheilbaren, fortschreitenden Erkrankung leidet. Sie richtet sich nicht nur an sterbende Menschen im Endstadium, sondern auch an schwer erkrankte Patient:innen mit dem Ziel, Symptome und Leiden zu lindern – sowohl zu Hause als auch stationär.
Zentrale Grundlage der Palliativversorgung ist der Wille der betroffenen Person. Solange Patient:innen selbst über ihre Versorgung sprechen können, sollten Wünsche frühzeitig erfragt und dokumentiert werden. Ist das nicht mehr möglich, stehen Angehörige vor der schwierigen Aufgabe, die mutmaßlichen Vorstellungen der erkrankten Person zu ermitteln. Das gilt besonders in komplexen Situationen, etwa bei Demenz, wenn Patient:innen unruhig, aggressiv oder ablehnend auf Pflege reagieren.
Zur Orientierung
Besonderheiten in der Basispflege
In der Sterbephase hat die Basispflege das Ziel, Beschwerden zu lindern und Wohlbefinden zu fördern – nicht mehr die vollständige Versorgung im klassischen Sinn.
Besonderheit | |
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Ernährung und Flüssigkeit |
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Haut- und Körperpflege |
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Ausscheidung |
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Dekubitusprophylaxe |
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Sonstige Prophylaxen |
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MerkeEin Dekubitus in der Sterbephase ist laut Expertenstandard kein Pflegefehler, sondern in vielen Fällen nicht vermeidbar.
Symptomkontrolle
In der finalen Sterbephase kommt es häufig zu Symptomen, die den sterbenden Menschen belasten können. Damit eine Abschiednahme und ein würdevolles sowie schmerzfreies Sterben möglich sind, gilt es, die belastenden Symptome zu lindern.
Symptome | Wie können die Symptome gelindert werden? |
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Schmerzen |
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Dyspnoe |
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Übelkeit und Erbrechen |
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Obstipation |
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Mundtrockenheit |
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Angst |
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Unruhe |
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Juckreiz |
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Müdigkeit und Schwäche |
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Exulzerierende Wunden |
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Rechtliche Aspekte
Das Hospiz- und Palliativgesetz (HPG) von 2015 stärkt die Versorgung schwer kranker und sterbender Menschen. Es fördert die Finanzierung stationärer Hospize, den Ausbau ambulanter Dienste und die flächendeckende Einführung der Hospizkultur in allen Versorgungseinrichtungen. Ziele sind eine umfassende Betreuung am Lebensende, bessere Koordination, sowie Monitoring und Evaluation der Versorgungsangebote.
Im Hinblick auf den assistierten Suizid hat das Bundesverfassungsgericht 2020 ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben festgestellt. Die gesetzliche Regelung steht noch aus. Pflegefachpersonen in der Palliativversorgung begegnen diesem Thema zunehmend und sollten sich im Team und mit Vorgesetzten abstimmen – etwa über ethische Fallbesprechungen – um sicher und verantwortungsvoll handeln zu können.
Ambulante und stationäre Palliativpflege
Die Palliativpflege ermöglicht schwerstkranken Menschen ein würdevolles Leben und Sterben – idealerweise in der gewohnten häuslichen Umgebung.
Dabei wird zwischen der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung (AAPV) und der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) unterschieden:
Einrichtung | Beschreibung |
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AAPV |
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SAPV |
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Ambulante Hospizdienste |
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Hospize/Palliativstationen |
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Pflegeheime |
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Anlaufstellen
Prüfungswissen
Definition:
- Ganzheitliche Versorgung für schwer kranke und sterbende Menschen
- Fokus auf Bedürfnisse von Patient:in und Angehörigen
- Umfasst Pflege, Medizin und Seelsorge
- Geprägt von Haltung: Empathie
, Respekt, Teamarbeit - Zielgruppe: z.B. Menschen mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen oder Demenz
- Palliative Care = Konzept und Palliativpflege = pflegerische Maßnahmen
Dimensionen der Hospiz- und Palliativarbeit:
- Ziel: Ganzheitliche Linderung von Leid, nicht Lebensverlängerung
- Medizin: Schmerz- und Symptomlinderung bei unheilbaren Erkrankungen im interdisziplinären Team
- Pflege: Orientierung
an individuellen Bedürfnissen, Behandlung belastender Symptome, Einbezug psychischer und spiritueller Aspekte - Psychosoziale Begleitung: Ehrenamtliche bieten emotionale Unterstützung und entlasten im Alltag und Sterbeprozess
- Spiritualität: Begleitung in Sinnfragen unabhängig von Religion, mit Offenheit und ohne fertige Antworten
Palliative Haltung:
- Grundlage der palliativen Versorgung
- Drei zentrale Werte: Autonomie, Würde, Lebensqualität
- Autonomie: Ehrlichkeit, Entscheidungsfreiheit, Recht auf Nichtwissen
- Würde: Achtsamer Umgang mit persönlichen Grenzen
- Lebensqualität im Fokus: Leben nicht verlängern, sondern erfüllte Zeit ermöglichen
Arbeit im multidisziplinären Team:
- Ganzheitliche Begleitung bei unheilbaren Erkrankungen: körperlich, psychisch, sozial, spirituell
- Einsatz in Palliativstationen, ambulanten Diensten, geriatrischen und pflegerischen Einrichtungen
- Teammitglieder: Ärzt:innen, Pflegekräfte, Sozialarbeiter:innen, Seelsorger:innen, Therapeut:innen, Psychotherapeut:innen, Diätassistent:innen, ehrenamtliche Hospizhelfer:innen
- Regelmäßige Teambesprechungen für abgestimmte Versorgung
- Fokus: Wille, Perspektive und Lebensqualität der Patient:innen
- Grundlage: respektvolle, offene Kommunikation im Team
Aufgaben | Ziele | Voraussetzungen |
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Besonderheiten in der Basispflege:
- Ernährung/Flüssigkeit: Kein Zwang zum Essen oder Trinken; lindernde Mundpflege
und kleine Schlucke ausreichend - Körperpflege
: Nur nach Bedarf und Belastbarkeit; beruhigende Berührungen sinnvoll - Ausscheidung: Inkontinenz
häufig; Schutzhosen statt Dauerkatheter - Dekubitusprophylaxe
: Kein häufiger Positionswechsel bei Schmerzen; Mikrolagerung und Nestlage bevorzugt - Prophylaxen allgemein: Nur individuell und symptomorientiert durchführen
- Wichtig: Dekubitus in der Sterbephase ist kein Pflegefehler
Symptomkontrolle:
- Ziel: Würdevolles, schmerzfreies Sterben im Sinne der Patient:innenautonomie
- Symptome und Maßnahmen
Symptome | Wie können die Symptome gelindert werden? |
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Schmerzen |
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Dyspnoe |
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Übelkeit/Erbrechen |
|
Obstipation |
|
Mundtrockenheit |
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Angst |
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Unruhe |
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Juckreiz |
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Müdigkeit/Schwäche |
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Exulzerierende Wunden |
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Rechtliche Aspekte:
- Hospiz- und Palliativgesetz (HPG, 2015):
- Bessere Finanzierung stationärer Hospize
- Stärkung ambulanter Hospizdienste
- Ziel: Flächendeckende Versorgung, bessere Koordination, Monitoring
- Assistierter Suizid (Urteil 2020):
- Recht auf selbstbestimmtes Sterben festgestellt
- Gesetzliche Regelung steht noch aus
- Pflegefachpersonen sollten ethische Fallbesprechungen und Teamabsprachen nutzen
Ambulante und stationäre Palliativpflege:
- Ziel: Würdevolles Leben und Sterben in vertrauter Umgebung
- AAPV: Pflege durch ambulante Dienste, teils mit Zusatz „Palliative Care“
- SAPV: Spezialisierte Teams (Ärzt:innen, Pflege, Therapie), 24/7 verfügbar, Kassenleistung bei Verordnung
- Ambulante Hospizdienste: Ehrenamtliche psychosoziale Begleitung zu Hause
- Hospize/Palliativstationen: Stationäre Betreuung durch interdisziplinäre Teams
- Pflegeheime: Eigene Palliativkonzepte, Fokus auf Sterbebegleitung und Angehörigenunterstützung
Anlaufstellen:
- Hausärzt:innen: Beratung und Organisation der Versorgung
- Krankenhäuser: Informationen zu regionalen Palliativangeboten
- Hospiz- und Palliativverbände: Lokale Beratung und Unterstützung
- Online-Verzeichnisse: z.B. über die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP)
- Krankenkassen: Auskunft und Hilfe bei der Pflegeorganisation
Quellen
- Al-Abtah et al.: I care Pflege. Georg Thieme Verlag 2025, ISBN: 978-3-13-245226-8
- Deutscher Hospiz- und PalliativVerband e.V.: Palliative Care.
- Rosenberg, M. (2025): Palliativpflege: Lebensqualität am Ende des Lebens.