Zusammenfassung
Die periphere Leitungsanästhesie beschreibt die Blockade der Weiterleitung von Aktionspotentialen distal der Injektionsstelle durch die Anwendung von Lokalanästhetika
Für die exakte Lokalisation der Zielstrukturen sind gute anatomische Kenntnisse und ein sicherer Umgang mit dem Ultraschallgerät (und ggf. Nervenstimulationsgeräten) unerlässlich. Die periphere Leitungsanästhesie kann im Single-Shot-Verfahren oder als kontinuierliches Verfahren über einen Katheter durchgeführt werden.
Einteilung

Die periphere Leitungsanästhesie ist ein Teilgebiet der Regionalanästhesie, das sich auf spezifische Bereiche des Körpers konzentriert. Zu den Hauptverfahren der peripheren Leitungsanästhesie zählen:
- Verfahren für die obere Extremität: Diese Techniken zielen darauf ab, Schmerzen in den Armen, Händen und Schultern zu blockieren
- Verfahren für die untere Extremität: Diese Methoden werden angewendet, um Schmerzen in Beinen, Füßen und Hüfte zu lindern
- Leitungsblock nach Oberst: Dies ist eine spezielle Form der Anästhesie, die häufig bei kleineren Eingriffen an den Fingern oder Zehen verwendet wird
- Paravertebralblockade: Diese Technik betrifft die Nervenwurzeln, die unmittelbar neben der Wirbelsäule liegen, und wird oft zur Schmerztherapie in spezifischen Körperregionen eingesetzt.
Diese Verfahren ermöglichen eine gezielte Schmerzkontrolle während chirurgischer Eingriffe oder zur postoperativen Schmerzlinderung.
Verfahren der oberen Extremität
Es gibt verschiedene Regionalanästhesieverfahren für die obere Extremität, bei denen der Plexus brachialis
- Interskalenäre Plexusblockade: auf Ebene der Trunci
- Supraklavikuläre Plexusblockade: auf Ebene der Fasciculi
- Axilläre Plexusblockade: auf Ebene der peripheren Äste des Plexus brachialis
Anatomie des Plexus brachialis
Der Plexus brachialis
Übersicht über die verschiedenen Verfahren

Interskalenäre Plexusblockade
- Beschreibung: Blockade auf Ebene der Trunci
- Indikationen: Eingriffe am proximalen Humerus
und der Schulter (z.B. Schulterarthroskopie) - Spezielle Komplikationen:
- Bei Punktion in die Pleurahöhle →Pneumothorax
- Bei Blockade des Ganglion stellatum →Horner-Syndrom (Miosis, Ptosis, Pseudoenophthalmus)
- Bei Blockade des N. phrenicus
→ Atemlähmung mit Dyspnoe - Bei Blockade des N. laryngeus recurrens → Kehlkopflähmung mit Heiserkeit und Schluckstörungen
- Bei Punktion in die Pleurahöhle →Pneumothorax
AchtungEine bilaterale interskalenäre Plexusblockade darf nicht durchgeführt werden, da sie zu Ateminsuffizienz führen kann.

Supraklavikuläre Plexusblockade
- Beschreibung: Blockade auf Ebene der Fasciculi (Analgesiegebiet nicht genau den Dermatomen zuordenbar)
- Indikationen: Eingriffe an der Hand, dem Unterarm und dem distalen Humerus
- Komplikationen:
- Bei Punktion in die Pleurahöhle →Pneumothorax
- Bei Blockade des Ganglion stellatum →Horner-Syndrom (Miosis, Ptosis, Pseudoenophthalmus)
- Bei Blockade des N. phrenicus
→ Atemlähmung mit Dyspnoe - Bei Blockade des N. laryngeus recurrens → Kehlkopflähmung mit Heiserkeit und Schluckstörungen
- Bei Punktion in die Pleurahöhle →Pneumothorax
Axilläre Plexusblockade
- Beschreibung: Blockade auf Ebene der peripheren Nerven (N. radialis, N. medianus, N. ulnaris, N. cutaneus antebrachii medialis)
- N. musculocutaneus: verlässt Plexus brachialis
weit proximal und tritt in
M. coracobrachialis ein → Daher sollte für eine sichere Blockade
N. musculocutaneus gezielt sonografisch dargestellt und betäubt werden
- N. musculocutaneus: verlässt Plexus brachialis
- Indikationen: Eingriffe an der Hand und Unterarm (z.B. distale Radiusfrakur)
- Komplikationen:
- Geringe Komplikationsrate
AchtungDer N. axillaris wird bei diesem Verfahren in der Regel nicht betäubt!
Verfahren der unteren Extremität
Es gibt verschiedene Regionalanästhesieverfahren für die untere Extremität, bei denen der Plexus lumbosacralis über verschiedene Zugangswege blockiert werden kann:
- Femoralisblockade
- Ischiadicusblockade
Femoralisblockade
- Beschreibung: Blockade des N. femoralis (nach Passage der Lacuna musculorum
) - Indikationen:
- Eingriffe am ventralen Oberschenkel
- In Kombination mit einer Ischiadicusblockade sind Eingriffe an der gesamten unteren Extremität möglich
TippTipp: Mit der Merkhilfe IVAN kannst du dir die Strukturen der Leistengegend von medial nach lateral einfach merken.
- I: innen (medial)
- V: Vene (V. femoralis
) - A: Arterie (A. femoralis
) - N. Nerv (N. femoralis)
Ischiadicusblockade
- Beschreibung: Blockade des N. ischiadicus (proximal oder distal, distaler Block wird auch Knieblock oder Poplitealblock genannt)
- In Kombination mit einer Femoralisblockade sind Eingriffe an der gesamten unteren Extremität möglich
Kontraindikationen
- Absolute Kontraindikationen
- Ablehnung des Verfahrens durch Patient:in
- Unverträglichkeit gegenüber dem Lokalanästhetikum
- Lokale Infektion oder Tumor an der geplanten Einstichstelle
- Zeitkritischer Notfall
- Blutungsneigung (angeboren oder medikamentös bedingt)
- Relative Kontraindikationen
- Sepsis
- Vorbestehende neurologische Ausfälle
- Eingeschränkte Compliance (Demenz, Psychose etc.)
- Lange Operationsdauer
- Unbequeme Lagerung
- Tattoos an Einstichstelle (ggf. narbige Veränderung mit veränderter Optik)
Komplikationen
- Nervenschaden
- Blutung
- Infektion
- Allergie
- Systemische Lokalanästhetika
Intoxikation
Auswahl der Anästhesieverfahrens
Abhängig von der perioperativen Risikoabschätzung und der Art des geplanten Eingriffs werden den Patient:innen passende Narkoseverfahren erläutert und eine passende Auswahl getroffen.
Einflussfaktoren:
- OP-Dauer: Bei Operation >2 Std Allgemein- oder Kombinationsanästhesie vor Regionalanästhesie bevorzugen
→ Wirkdauer der Lokalanästhetikabegrenzt, lange Liegezeit ist unangenehm für Patient:innen - OP-Bereich: Regionalanästhesieverfahren eignen sich aufgrund der Zugänglichkeit insbesondere bei Eingriffen an den Extremitäten
- OP-Verfahren: Laparoskopische Eingriffe werden aufgrund des erhöhten intraabdominellen Drucks in der Regel in Allgemeinanästhesie
durchgeführt - OP-Lagerung: Bestimmte Lagerungen (Bauchlage
, Beach-Chair-Lagerung) können für die Patient:innen sehr unangenehm sein und stellen eine relative Kontraindikation für eine alleinige Regionalanästhesie dar - Muskelrelaxierung: Sofern intraoperativ eine Muskelrelaxierung (z.B. für eine Reposition) notwendig ist, muss eine Allgemeinanästhesie
durchgeführt werden - Kinder: Aufgrund fehlender Compliance meist Allgemein- oder Kombinationsanästhesie notwendig
- Schwieriger Atemweg/erhöhtes Aspirationsrisiko: Wenn möglich, Regionalanästhesie bevorzugen
- Patient:innenwunsch: Die Ablehnung eines Verfahrens wird als Kontraindikation angesehen (sollte dokumentiert werden)
- Beruf: Bei Sportler:innen besteht die Gefahr von Nervenverletzungen
→ Allgemeinanästhesiebevorzugen, bei Sängern besteht die Gefahr von Stimmbandverletzungen → Regionalanästhesie bevorzugen
TippUnter einer Kombinationsanästhesie versteht man die Kombination einer Allgemeinanästhesie
mit einem Regionalanästhesieverfahren. Dies bietet sich bei großen Operationen zur intra- und postoperativen Analgesie an. Außerdem kann bei unzureichender Wirkung der Regionalanästhesie eine zusätzliche Allgemeinanästhesie notwendig werden (in der Regel ist allerdings eine Analgosedierung ausreichend).
Quellen
- S1 Leitlinie: Hygieneempfehlungen für die Regionalanästhesie, Überarbeitete Handlungsempfehlung des AK Regionalanästhesie der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie (DGAI)