Vitamin B12:
- Vorkommen: Vitamin B12 wird ausschließlich von Mikroorganismen gebildet und ist in einer für den Menschen verwertbaren Form nahezu ausschließlich in tierischen Produkten enthalten
- Empfehlungen:
- Veganer:innen sollten Vitamin B12 dauerhaft supplementieren
- Personen, die sich vegan ernähren, sollten ihre Vitamin-B12-Versorgung regelmäßig überprüfen lassen → Klinische Mangelerscheinungen treten aufgrund großer hepatischer Speicher und hoher Reutilisationsraten im enterohepatischen Kreislauf meist erst nach einigen Jahren Vitamin-B12-freier Ernährung auf.
TippSpirulina und andere Cyanobakterienprodukte, die als natürliche Vitamin-B12-Quellen beworben werden, enthalten kein menschlich wirksames Cobalamin und sind zur Bedarfsdeckung ungeeignet.
InfoVitamin B12 - Diagnostik
Die Beurteilung der Vitamin-B12-Versorgung erfolgt durch eine Kombination verschiedener Biomarker. Dazu zählen Vitamin-B12-Serumspiegel, Holo-Transcobalamin (HTC), Methylmalonsäure (MMA) und Homocystein. Ein funktioneller, unter Umständen bereits symptomatischer Mangel kann auch bei normalen Vitamin-B12-Serumspiegeln bestehen.
Keiner der genannten Biomarker ist als alleiniger Parameter zur genauen Einschätzung der Vitamin-B12-Versorgung geeignet. Daher sollte insb. bei klinischem Verdacht oder bestehenden Risikofaktoren (pflanzliche Ernährung, Nieren- & Lebererkrankungen etc.) immer eine kombinierte Analyse erfolgen.
Jod:
- Versorgungslage: unabhängig von der Ernährungsweise gilt Jod in der deutschen Bevölkerung generell als kritischer Nährstoff. Bei pflanzenbetonter Kost ist die Zufuhr im Durchschnitt noch deutlich geringer.
- Empfehlungen:
- Verwendung von jodiertem Speisesalz und mit Jod angereicherten Lebensmitteln (z.B. Pflanzendrinks)
- Algenprodukte: der regelmäßige Verzehr von Algenprodukten mit deklariertem und moderatem Jodgehalt kann zur Bedarfsdeckung beitragen. Von Algenprodukten, bei denen der Jodgehalt nicht angegeben ist, wird aufgrund der stark schwankenden Jodgehalte abgeraten! Eine übermäßige Zufuhr (>500 µg/Tag) kann zu gesundheitlichen Problemen führen.
- Ist eine ausreichende Versorgung über jodhaltige Lebensmittel nicht möglich, sollten Erwachsene (nach ärztlicher Absprache) Jodpräparate in Höhe von 100 μg/Tag einnehmen
- Bei Kindern und Jugendlichen sollte die Supplementierung in individueller Absprache mit dem/der Pädiater/in erfolgen
InfoJod – Einschätzung der Versorgungslage
Laut aktuellem Positionspapier der DGE aus dem Jahr 2024 liegt die Jodzufuhr bei einer pflanzenbetonten Ernährung mit reduziertem Anteil tierischer Produkte bei etwa 128 μg/Tag (allgemeine Zufuhrempfehlung: 200 μg/Tag). Die Hauptquellen der Jodzufuhr waren in dieser Berechnung tierische Lebensmittel wie Milch & Milchprodukte, Eier und Fisch.
Wird bei veganer Ernährung Kuhmilch nicht durch jodangereicherte pflanzliche Milchalternativen ersetzt, beträgt die durchschnittliche Zufuhr lediglich 54 μg/Tag.
Omega-3-Fettsäuren:
- Fisch und Meeresfrüchte sind die Hauptquellen für langkettige Omega-3-Fettsäuren. Die Aufnahme von Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) ist daher bei einer veganen Ernährung sehr gering. Zudem ist die Umwandlung der Omega-3-Fettsäure α-Linolensäure (z.B. aus Lein- oder Rapsöl) in EPA und DHA eingeschränkt.
- Empfehlung: Supplementierung von DHA in Form von Mikroalgenöl (Algenöl ist eine direkte pflanzliche Quelle für DHA, die vom Körper effizient verwertet werden kann)
TippUnabhängig von der Ernährungsweise sollten pflanzliche Öle mit hohem Gehalt an α-Linolensäure (z.B. Raps-, Lein- oder Walnussöl) gegenüber Ölen mit hohem Linolsäuregehalt (Sonnenblumenöl, Keimöle…) bevorzugt werden. Dies kann zu einem ausgewogeneren Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-FS beitragen
Proteine:
- Pflanzliche Lebensmittel enthalten oft nicht alle essenziellen Aminosäuren in ausreichender Menge, wodurch die Proteinqualität im Vergleich zu tierischen Nahrungsmitteln vermindert ist. Durch die Kombination verschiedener Proteinquellen und eine insgesamt ausreichende Energiezufuhr kann trotzdem eine bedarfsgerechte Versorgung erreicht werden. Ob dies auch bei Kleinkindern möglich ist, ist derzeit noch unklar.
- Empfehlungen:
- Pflanzliche Eiweißquellen sollten gezielt über den Tag verteilt kombiniert werden, um das Aminosäureprofil zu ergänzen und so die Proteinqualität zu steigern.
- Bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen ist der anteilige Bedarf an essenziellen Aminosäuren, bezogen auf den Gesamtproteinbedarf, höher als bei Erwachsenen → In Wachstumsphasen sollte die Proteinzufuhr besonders sorgfältig überwacht werden!
- Auch Senior:innen, Schwangere und Stillende, die sich pflanzlich ernähren, sollten verstärkt auf eine ausreichende und günstig kombinierte Eiweißzufuhr achten.
- Beispiele für pflanzliche Proteinquellen: Hülsenfrüchte (Linsen, Bohnen etc.), Getreide (z.B. Hirse, Quinoa, Haferflocken…), Nüsse, Tofu
- Mögliche Kombination: Hülsenfrüchte + Getreide (z.B. Linseneintopf mit Reis, Kichererbsen mit Hirse)
Neben den genannten Nährstoffen wird auch die Versorgung mit Vitamin D, Vitamin B2, Calcium, Eisen, Zink und Selen als potenziell unzureichend eingestuft. Laut aktuellen Empfehlungen deutscher Fachgesellschaften müssen kritische Nährstoffe durch eine gezielte Auswahl nährstoffdichter Lebensmittel, angereicherter Produkte und ggf. in Form von Nährstoffpräparaten zugeführt werden. Darüber hinaus sollte die Versorgung mit kritischen Nährstoffen in regelmäßigen Abständen ärztlich überprüft werden.
Fazit:
Wie bei anderen Ernährungsformen auch, ist eine pauschale Bewertung der vegetarischen oder veganen Ernährung nicht möglich. Eine gut geplante pflanzliche Ernährung, ergänzt durch eine gezielte Lebensmittelauswahl und Supplementierung mit bestimmten Nährstoffen, kann jedoch grundsätzlich eine geeignete Ernährungsform für gesunde Erwachsene darstellen.
Für vulnerable Gruppen wie Kinder, Jugendliche, Schwangere, Stillende und Senior:innen bleibt die pflanzliche Ernährung ein komplexes Thema und sollte daher nur mit qualifizierter ernährungsfachlicher Begleitung umgesetzt werden, um potenzielle Nährstoffdefizite und irreversible Gesundheitsschäden zu verhindern.
Medizinische Fachkräfte sollten Menschen, die sich selbst oder ihre Kinder pflanzenbasiert ernähren möchten, offen begegnen und sie bei der Umsetzung einer gesundheitsfördernden Ernährung bestmöglich unterstützen.